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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 30.03.2001
Aktenzeichen: 23 W 649/00
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 43 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 2
BRAGO § 32 Abs. 1
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 13 Abs. 3
1)

Nach erfolgtem Widerspruch im Mahnverfahren ist der Beklagte mit der Nachricht von der Abgabe an das Streitgericht aus kostenrechtlicher Sicht berechtigt, einen Anwalt mit seiner Prozeßvertretung zu betrauen; mit dieser auf jeden Fall eine 5/10-Prozeßgebühr auslosenden Maßnahme braucht der Beklagte nicht bis zum Erhalt der Klagebegründung zuzuwarten.

2)

Es schadet nicht, wenn der Beklagte schon vorab mit dem Auftrag zur Einlegung des Widerspruchs den Prozeßauftrag erteilt hat; maßgeblich ist nur, daß dieser Prozeßauftrag bis zur Abgabe der Sache fortdauert.

3)

Die in einem solchen Falle verdiente 3/10-Widerspruchsgebühr geht in die 5/10-Prozeßgebühr auf.

Nimmt der Kläger die Klage zurück, bevor der Anwalt des Beklagten einen Sachantrag gestellt hat, fällt für den vom Beklagtenanwalt sodann gestellten Kostenantrag neben der schon zuvor ausgelösten 5/10-Prozeßgebühr nach dem Hauptsachestreitwert eine 10/10-Prozeßgebühr nach dem Kostenstreitwert an. Beide Gebühren dürfen in ihrer Summierung eine 10/10-Gebühr nach dem Gesamtbetrag beider Wertteile nicht übersteigen.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUß

23 W 649/00 OLG Hamm

in dem Rechtsstreit

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 30. März 2001 auf die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 11. Dezember 2000 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Bielefeld vom 29. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sandmann, die Richterin am Oberlandesgericht Rautenberg und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Funke

beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.

Die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden anderweitig auf 762,50 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26. Juni 2000 festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde und der weitergehende Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten werden zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert bis zu 600 DM.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert bis zu 1.200 DM tragen die Klägerin und die Beklagte zu je 1/2.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Beklagten, mit der sie den Ansatz einer vollen Prozeßgebühr weiterverfolgt, hat teilweise Erfolg.

Die erstattungsfähigen Kosten der anwaltlichen Vertretung der Beklagten im Ausgangsverfahren beschränken sich nicht auf die im angefochtenen Beschluß nach dem Hauptsachestreitwert von 25.578,00 DM zugebilligte 3/10-Prozeßgebühr in Höhe von 331,50 DM (3/10-Widerspruchsgebühr im Mahnverfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) zuzüglich 40,00 DM Auslagenpauschale. Vielmehr kann die Beklagte Erstattung einer 5/10-Prozeßgebühr nach dem Hauptsachewert in Höhe von 552,50 DM sowie eine 10/10-Prozeßgebühr nach dem Kostenstreitwert (2.212,50 DM) in Höhe von 170,00 DM nebst einer 40,00 DM Auslagenpauschale verlangen.

Aufgrund des unbestritten am 15.09.1999 noch im Mahnverfahren erteilten Prozeßauftrags haben die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten eine 5/10-Prozeßgebühr nach dem o.g. Hauptsachewert gemäß § 32 Abs. 1 BRAGO verdient, die als prozeßnotwendig im Sinne des § 91 ZPO von der Klägerin zu erstatten ist. Mit Zugang der Nachricht von der Abgabe der Verfahrensakten an das Landgericht Bielefeld als Prozeßgericht war die Beklagte berechtigt, ihren späteren Prozeßbevollmächtigten Prozeßauftrag zu erteilen. Die Sache galt nunmehr in Ansehung der Vorschrift des § 696 Abs. 3 ZPO als rechtshängig. Es lag daher im berechtigten Interesse der Beklagten, einen Anwalt mit ihrer Prozeßvertretung zu betrauen. Mit dieser eine 5/10-Gebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO auslosenden Maßnahme brauchte sie nicht bis zur Begründung der Klage zuzuwarten. Vielmehr war allein die Fortsetzung des bereits im Mahnverfahren begonnenen Verfahrens als Streitsache beim Prozeßgericht für die Beklagte hinreichend berechtigter Anlaß, ihre demnächstige Verteidigung im Rechtsstreit durch einen Anwalt alsbald vorzubereiten, zumal sich die spätere Klagerücknahme nicht abzeichnete. Daß die Mandatserteilung im konkreten Fall vorzeitig, nämlich schon im Mahnverfahren geschehen war, ist unschädlich, da der Prozeßauftrag noch im maßgeblichen Zeitpunkt der Kenntnisnahme der Beklagten von der Abgabe der Sache an das Streitgericht fortdauerte.

Neben der 5/10-Prozeßgebühr des § 32 Abs. 1 BRAGO nach dem Hauptsachewert kann die Beklagte die Erstattung einer 10/10-Prozeßgebühr nach dem Kostenstreitwert für den Kostenantrag ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 11.05.2000 beanspruchen. Diese beläuft sich ausgehend von dem Kostenstreitwertwert von 2.212,50 DM auf 170,00 DM (Berechnung des Kostenstreitwerts: (a) Gerichtskosten: 475,00 DM; b) Rechtsanwaltskosten der Klägerin: 1.105,00 DM + 40,00 DM = 1.145,00 DM; c) Rechtsanwaltskosten der Beklagten bis zur Klagerücknahme: 552,50 DM + 40,00 DM = 592,50 DM; insgesamt 2.212,50 DM). Da die Summe dieser beiden Gebühren (552,50 DM + 170,00 DM) mit 722,50 DM) die aus dem Gesamtbetrag beider Wertteile (25.578,00 DM + 2.212,50 DM = 27.790,50 DM) nach dem höchsten hier in Betracht kommenden Gebührensatz, nämlich 10/10, berechnete Gebühr von 1.105,00 DM nicht überschreitet, steht dem vollen Ansatz beider Gebühren die Vorschrift des § 13 Abs. 3 BRAGO nicht entgegen.

Die zuvor noch im Mahnverfahren gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO verdiente 3/10-Widerspruchsgebühr hat hingegen aufgrund der Anrechnungsvorschrift des § 43 Abs. 2 BRAGO - Anrechnung auf die hier mit 5/10 verdiente Prozeßgebühr - daneben außer Ansatz zu bleiben.

Die von der Klägerin zu erstattenden Kosten der Beklagten sind folglich mit 762,50 DM (722,50 DM zuzüglich 40,00 DM Auslagenpauschale) festzusetzen.

Der angefochtene Beschluß ist entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung folgt hinsichtlich der Gerichtskosten aus Nr. 1953 der Anlage 1 zu § 11 GKG und im übrigen aus § 92 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 12 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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