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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 17.02.2000
Aktenzeichen: 23 W 96/99
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 2
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 6 Abs. 1 Satz 1
- nicht notwendiger Anwaltswechsel eines Streitgenossen bei zunächst gemeinsamer anwaltlicher Vertretung; keine Anrechnung der bestandskräftig festgesetzten Gebühren des neuen Anwalts auf die Gebühren des ursprünglich gemeinsamen Anwalts -

Leitsatz:

1)

Lassen sich Streitgenossen zunächst durch einen gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten vertreten und beauftragt sodann ein Streitgenosse einen neuen Anwalt, so hängt die Erstattungsfähigkeit der Gebühren dieses Anwalts neben denjenigen des ursprünglich gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten grundsätzlich von der Notwendigkeit des Anwaltswechsels ab.

2)

Werden jedoch unbeschadet dessen die Gebühren trotz nicht notwendigen Anwaltswechsels zunächst für den neuen Anwalt festgesetzt und bleibt diese Festsetzung unangefochten, so kann der späteren Festsetzung der Gebühren für die Tätigkeit des ursprünglich gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten nicht entgegen gehalten werden, daß der Anwaltswechsel nicht notwendig gewesen und der Erstattungsanspruch der Streitgenossen in Höhe der ersten Festsetzung abgegolten sei.


OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

23 W 96/99 OLG Hamm 4 OH 12/96 LG Essen

in dem Verfahren

Der 23. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat am 17. Februar 2000 auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 02. Februar 1999 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Rechtspflegers des Landgerichts Essen 18. Januar 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Sandmann, die Richterin am Oberlandesgericht Rautenberg und den Richter am Oberlandesgericht Schnapp

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird kostenpflichtig nach einem Gegenstandswert bis zu 1.200 DM zurückgewiesen.

Gründe:

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluß, durch den zugunsten der Antragsgegner zu 1), 3) und 4) antragsgemäß die von ihren gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten verdiente 10/10Prozeßgebühr zuzüglich einer 6/10-Erhöhungsgebühr nebst Nebenkosten festgesetzt wurde, ist nicht zu beanstanden. Diese Kosten sind aus Anlaß der Vertretung der vorgenannten Antragsgegner im Ausgangsverfahren prozeßnotwendig angefallen und daher von der Antragstellerin aufgrund der Kostengrundentscheidung im Beschluß des Landgerichts Essen vom 08.12.1998 zu erstatten.

Dem Einwand der Antragstellerin, die zugunsten des Antragsgegners zu 2) bereits durch Kostenfestsetzungsbeschluß vom 08.09.1998 festgesetzte 10/10-Prozeßgebühr nebst Nebenkosten des nachträglich während des Ausgangsrechtsstreits von ihm gesondert beauftragten Rechtsanwalts seien aus den hier festgesetzten Kosten unter gleichzeitiger Berücksichtigung einer 3/10-Gebühr nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO für die vormalige Mitvertretung des Antragsgegners zu 2) herauszurechnen, kann nicht gefolgt werden.

Bei der Festsetzung der erstattungsfähigen Kosten der Prozeßparteien ist der konkrete Antrag maßgeblich. Dies folgt aus der auch im Verfahren nach den §§ 103, 104 ZPO maßgeblichen Dispositionsmaxime, wie sie in § 308 ZPO festgeschrieben ist. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind somit ausschließlich die mit Kostenfestsetzungsantrag der Antragsgegner zu 1), 3) und 4) vom 08.01.1999 angemeldeten Gebühren und Auslagen ihrer gemeinsamen Prozeßbevollmächtigten für ihrer gemeinschaftliche anwaltliche Vertretung im Ausgangsverfahren. Diese Kosten sind in vollem Umfang prozeßnotwendig angefallen und daher auch ohne Abzüge den Antragsgegnern zu 1), 3) und 4) zu erstatten.

Daß sich der Erstattungsanspruch des ursprünglich zusammen mit den übrigen Antragsgegnern vertretene Antragsgegner zu 2) letztlich auf eine 3/10-Erhöhungsgebühr der zunächst in Anspruch genommenen Anwälte zuzüglich anteiliger Mehrwertsteuer beschränken würde, weil ein berechtigter Anlaß für den Anwaltswechsel im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO weder vorgetragen noch ersichtlich ist (vgl. Senatsbeschluß vom 08.07.1980 in RPfleger 1981, 29), kann hier nicht berücksichtigt werden. Dieser Einwand hätte allenfalls im Rahmen des den Antragsgegner zu 2) betreffenden Kostenfestsetzungsverfahrens erfolgreich vorgebracht werden können mit der Folge, daß der Antrag auf Festsetzung der Kosten des ohne berechtigten Anlaß vom Antragsgegner zu 2) nachträglich gesondert beauftragten Rechtsanwalts abgelehnt worden wäre. Angesichts der Bestandskraft des dort bereits am 08.09.1998 ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses kann eine entsprechende Korrektur im vorliegenden allein die Antragsgegner zu 1), 3) und 4) betreffenden Kostenfestsetzungsverfahren nicht erfolgen.

Daraus resultiert zwar eine Kostenmehrbelastung der Antragstellerin. Dieses Ergebnis hat sie aber letztlich allein zu vertreten, weil sie den vom Antragsgegner zu 2) erwirkten und aus den genannten Gründen fehlerhaften Kostenfestsetzungsbeschluß nicht mit dem zulässigen Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde angefochten hat.

Das vorliegende Rechtsmittel der Antragstellerin ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Wertfestsetzung beruht auf den §§ 12 GKG, 3 ZPO.

Ende der Entscheidung

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