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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.12.2007
Aktenzeichen: 24 U 53/06
Rechtsgebiete: BGB, BeurkG, ZPO, UStG


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
BGB § 242
BGB § 249 Abs. 2 Satz 2
BGB § 280 Abs. 3
BGB § 281 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 3
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 633 Abs. 2
BGB § 634 Nr. 3
BGB § 634 Nr. 4
BeurkG § 17
BeurkG § 17 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 264 Nr. 2
UStG § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 3. Mai 2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 152.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2005 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den auf den ausgeurteilten Betrag entfallenden Mehrwertsteuerbetrag in Höhe von 19 %, entsprechend 28.975,00 €, zu ersetzen, falls der Kläger nicht berechtigt ist, diesen Betrag als Vorsteuer von seiner eigenen Steuerschuld abzusetzen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/4 und der Beklagte 3/4. Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat der Kläger zu 1/4 zu tragen, im Übrigen tragen die Nebenintervenienten ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger erwarb von dem Beklagten mit notariell beurkundetem Vertrag vom 15.06.2002, UR.-Nr. #### des Notars Q in C ein Erbbaurecht an verschiedenen Grundstücken in C2, die mit einem Wohnhaus, einer Reithalle und Stallungen bebaut sind, zu einem Kaufpreis von 1.235.000,00 €.

Wegen der Einzelheiten des notariellen Vertrags und des Schreibens der Stadt Z1 wird Bezug genommen auf die angefochtene Entscheidung, Bl.130 ff. d.A., sowie den notariell beurkundeten Vertrag, Bl.16-30 d.A..

Bis zum Jahr 2004 entwickelte sich sowohl an dem im Jahre 1998 errichteten Teil der Reithalle als auch an der Hallenerweiterung aus dem Jahre 2002 eine deutliche Rissbildung an der Fassade. Der Hauptriss zeigte sich an dem Übergang zwischen beiden Bauteilen und begann an dem Fundamentansatz des ehemaligen Giebelgerüstes. Im Übergangsbereich der neu errichteten Halle zu den Pferdeboxen entstand ein klaffender Riss, der an der Außenseite eine Rissbreite am Fußpunkt von 6 mm und an der Innenseite der Halle eine Rissbreite von 60 mm aufwies. Darüber hinaus wies das Dach der Reithalle einen Spalt in einer Größe von etwa 4 cm auf, so dass Wasser in das Gebäude eindringen konnte, und die Dachfläche bog sich durch.

In dem selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Münster (Az. 10 OH 18/04) stellte der Sachverständige T4 fest, dass sich im Übergangsbereich des neuen Fundaments der Reithallenerweiterung gegen das Punktfundament des ehemaligen Giebelgerüstes das Fundament nach links klaffend geneigt hatte, da der Boden im Bereich der Hallenerweiterung keine hinreichende Tragfähigkeit aufwies, sondern torfdurchsetzt war. Wegen der nicht ausreichende Gründung habe sich das gesamt Gebäude in nordöstliche Richtung bewegt, was zu der Rissbildung geführt habe. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf das Gutachten des Sachverständigen T4 vom 21.0.2.2004 sowie das Ergänzungsgutachten vom 24.06.2004 im selbstständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Münster, Az. 10 OH 18/04.

Der Kläger begehrt nunmehr von dem Beklagten Schadensersatz wegen unzureichender Gründung der Reithalle und des Pferdestalls.

Zur Schadenshöhe hat der Streithelfer zu 1) des Beklagten erstinstanzlich die Ansicht vertreten, der Vortrag des Klägers sei unschlüssig. Es sei erforderlich, dass der Kläger im Einzelnen darlege, wegen welcher Schäden er Ansprüche geltend mache, weil der Sachverständige T4 festgestellt habe, dass die Rissbildungen auf drei unterschiedliche Umstände zurückzuführen seien, nämlich auf Setzungsverhalten, baukonstruktive Mängel sowie thermische Längenänderung und Schwindverhalten.

Im Folgenden habe der Sachverständige auch noch Feuchtigkeitsschäden durch die Ausführung einer innenliegenden Dachrinne sowie nicht ordnungsgemäß ausgeführte Putzarbeiten festgestellt. Insoweit bezögen sich die Ausführungen, auf die pauschal Bezug genommen werde, auch auf Mängel, die der Kläger in der Klageschrift nicht vorgetragen habe.

Die von dem Sachverständigen T4 vorgenommenen Zuschläge für "Unvorhergesehenes" von 5 % sowie der Ansatz von 18 % für die Kosten einschließlich der Architektenleistungen sowie der notwendigen Bauleitung seien nicht nachvollziehbar und zudem überhöht; die von ihm in Ansatz gebrachten Minderwerte seien nicht ausreichend begründet.

Die Kosten der Nachbesserungsmaßnahmen beliefen sich für die Erweiterungshalle auf 100.700,00 € und für die Stallungen auf 29.200,00 €.

Bei der Erweiterungshalle sei die Sanierung durch ein Injektionsverfahren zur Verfestigung des Bodens, hydraulisches Anheben der Stahlstützen um ca. 25 cm, Unterfütterung der Stahlstützen mit neuen Stahlstützenfüßen und Betonauffüllung möglich. Die seitens des Sachverständigen als notwendig erachtete Sanierung in Form des Abrisses sei unverhältnismäßig.

Es müsse jedenfalls eine abschnittsweise Unterfangung der Fundamente in Betracht gezogen werden, ebenso die Möglichkeit des Einbringens von Hydraulikpressen in Presstaschen. Dies gelte auch deshalb, weil nach den Feststellungen des Sachverständigen die Gründung der Reithalle nicht vollständig sondern nur partiell wegen des unzureichenden Baugrundes fehlerhaft sei. Auch habe der Sachverständige Dr. T3, auf dessen Untersuchungen der Sachverständige T4 seine Feststellungen gestützt habe, das spezielle Mehrfachpressverfahren "Soil-Fracturing-Verfahren" für geeignet befunden. Die notwendigen Injektionen seien hier unproblematisch durchzuführen, weil die Reithalle keine Sohlplatte aufweise, so dass die Fundamente zu beiden Seiten zugänglich seien.

Bezüglich der Instandsetzung der Halle Westseite habe der Sachverständige T4 einen übersetzten Einheitspreis angesetzt. Realistisch sei ein Einheitspreis von 30 €/ m², so dass sich die Kosten auf netto 6.000 € beliefen.

Die Kosten für die Sanierung der Stallungen seien insoweit übersetzt, als der Sachverständige T4 die Baustelleneinrichtung offenbar so kalkuliert habe, als handele es sich um eine abgeschlossene Maßnahme. Es sei aber davon auszugehen, dass der Kläger die Instandsetzung der Hallenerweiterung mit der Instandsetzung der Stallungen gemeinsam durchführen könne, so dass sich die Kosten der für die Stallungen zusätzlich notwendigen Baustelleneinrichtung auf 7.500,00 € netto beliefen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung (Bl.130 ff. d.A.).

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Beklagte habe sich zu Recht auf den vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen, von dem die seitens des Klägers geltend gemachten Mängel der Fundamentierung erfasst seien. Ein arglistiges Verschweigen der fehlerhaften Gründung der Reithalle habe der Kläger nicht zu beweisen vermocht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung nimmt der Senat Bezug auf die angefochtene Entscheidung (Bl.130 ff. d.A.).

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 10.05.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 16.05.2006, eingegangen bei dem OLG am selben Tage, Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist nach Verlängerung der Frist bis zum 10.08.2006 am 13.07.2006 eingegangen.

Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht habe die Beweislast verkannt. Die Beweislast für die Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses trage der Verkäufer, der sich hierauf berufen wolle. In diesem Zusammenhang habe das Landgericht verfahrensfehlerhaft seinen Beweisantritt, seine Ehefrau zu der Behauptung zu vernehmen, der Notar Q habe ihn bei der Beurkundung nicht über Umfang und Bedeutung des Gewährleistungsausschlusses aufgeklärt, zurückgewiesen. Die Aussage des Zeugen Q sei erkennbar von dem Bestreben geprägt gewesen, angesichts der wiederholten Streitverkündungen Schaden von sich selbst abzuwenden.

Zur arglistigen Täuschung vertritt der Kläger die Auffassung, entscheidend sei, dass der Beklagte ihn nicht über die mangelnde Tragfähigkeit des Bodens aufgeklärt habe, die diesem nach den Angaben des Streithelfers bekannt gewesen sei. Der Beklagte habe auch bereits aufgrund des Baus des Wohnhauses Kenntnis über die unzureichende Tragfähigkeit gehabt. Die Tragfähigkeit des Baugrundes sei ein wesentliches Kriterium für den Erwerb von Grundstücken. Insoweit gehe es im vorliegenden Rechtsstreit nicht darum, dass der Beklagte konkret damit gerechnet habe, bei der Reithalle könnten sich später Rissbildungen ergeben. Auch seien angesichts des erheblichen investierten Geldbetrags an die Verpflichtung des Verkäufers, ungefragt auf Probleme hinzuweisen, ganz erhebliche Anforderungen zu stellen.

Der Beklagte schulde den Ersatz der für die Sanierung erforderlichen Kosten einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer, da er - der Kläger - nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. das am 03.05.2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster (10 O 536/05) abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag von 233.100,00 € abzüglich der darin enthaltenen Mehrwertsteuer, zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2005 sowie Verzugskosten resultierend aus der vorgerichtlichen Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 1.570.40 € zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den auf den ausgeurteilten Betrag entfallenden Mehrwertsteuerbetrag in Höhe von 19 % zu ersetzen, falls er - der Kläger - nicht berechtigt ist, diesen Betrag als Vorsteuer von seiner eigenen Steuerschuld abzusetzen,

hilfsweise

4. das am 03.05.2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster (10 O 536/05) einschließlich des ihm zugrunde liegenden Verfahrens aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung an das Landgericht Münster zurückzuverweisen,

5. den Beklagten zu verurteilen, an ihn im Zusammenhang mit der Halle gemäß § 2 Nr.2 des Kaufvertrages vom 15.06.2002 (UR-Nr. #### des Notars Q mit Amtssitz in C) sämtliche Ansprüche gegen Herrn P, N-Straße, C2, abzutreten und dabei folgende schriftliche Erklärung abzugeben: "Ich, I1, geboren am 14.11.1961, wohnhaft C2, Q1-Straße, habe mit Vertrag Kaufvertrages vom 15.06.2002 (UR-Nr. #### des Notars Q mit Amtssitz in C) u.a. die von mir errichtete Halle (Reithalle) an Herrn T2, geboren am 31.08.1956, wohnhaft C2, D-Straße, verkauft. Sämtliche im Zusammenhang mit dieser Halle (Reithalle) stehenden Ansprüche gegen Herrn P, N-Straße, C2, trete ich hiermit an Herrn T5 ab."

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, der Vortrag des Klägers, er - der Beklagte - habe von der mangelnden Tragfähigkeit gewusst, sei nicht zuzulassen. Sie sei neu, weil der Kläger bislang den Standpunkt vertreten habe, er hafte wegen der eingetretenen Rissbildungen. Sie sei auch falsch. Der Beklagte bestreitet, dass der Boden des Grundstücks insgesamt nicht tragfähig sei, und behauptet, beim Bau des Wohnhauses seien keine Probleme aufgetaucht. Er ist der Ansicht, die schlechtere Tragfähigkeit an zwei Stellen sei noch kein Mangel. Aus dem Umstand, dass das Grundstück in der Nähe des Flusses B liege, könne nicht geschlossen werden, die mangelnde Tragfähigkeit sei ihm bekannt gewesen; jedenfalls hätte auch der Kläger diesen Schluss ziehen können.

Des Weiteren ist er der Auffassung, dass der Kläger Schadensersatz nur in Höhe der Nettoaufwendungen begehren könne, da er zum Vorsteuerabzug berechtigt sei. Hierzu behauptet er, der Kläger betreibe die Reithalle gewerblich und erziele Einkünfte, die für eine mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübte Tätigkeit sprächen.

Der Streithelfer zu 1) des Beklagten beantragt,

die Berufung des Klägers mit allen Haupt- und Hilfsanträgen zurückzuweisen.

Er schließt sich zur Begründung den Ausführungen des Beklagten an.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Q und U sowie durch Einholung mündlicher Gutachten der Sachverständige Prof. Dr.-Ing. T, Dipl.-Ing. K und Dipl.-Ing. X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Berichterstattervermerke zum Senatstermin vom 13.03.2007 (Bl.235 f. d.A.), vom 21.06.2007 (Bl.287 ff. d.A.) und vom 20.12.2007 (Bl. 427 d.A.) sowie die Sanierungskostenermittlung des Sachverständigen Dipl.-Ing. X vom 21.06.2007, Bl.304 ff. d.A..

II.

Die Berufung des Klägers gegen das am 03.05.2006 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Münster ist zulässig und in dem zugesprochenen Umfang begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten wegen der mangelhaften Gründung der Reithalle und der Stallungen ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs.1, 634 Nr.3, 4 BGB zu.

Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch wegen Mängeln der streitgegenständlichen Reithalle und der Stallungen ist nach Werkvertragsrecht zu beurteilen.

Zwar haben die Parteien unter dem 15.06.2002 einen notariell beurkundeten "Kaufvertrag über ein Erbbaurecht" geschlossen. Beim Erwerb von Altbauten ist jedoch Werkvertragsrecht anwendbar, wenn der Erwerb des Grundstücks mit einer Herstellungsverpflichtung verbunden ist. Übernimmt der Veräußerer vertraglich Bauleistungen, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind, haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die in diesem Bereich vorhandene Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertrags (BGH NZBau 2007, 371; vgl. auch BGH NJW 2006, 214, NJW 2005,1115, NJW 1989, 2748, NJW-RR 1990, 786). Ohne Bedeutung ist es, ob die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben (BGH a.a.O.). Entscheidend ist allein, ob sich aus Inhalt, Zweck und wirtschaftlicher Bedeutung des Vertrages sowie aus der Interessenlage der Parteien die Verpflichtung des Veräußerers zur mangelfreien Erstellung des Bauwerks ergibt.

Nach diesen Grundsätzen haftet der Beklagte nach Werkvertragsrecht für die Mängel, die die Reithalle und die Stallungen nach der für die Herstellungspflichten der Beklagten maßgeblichen Beschaffenheitsvereinbarung aufweisen.

Insbesondere rechtfertigt die Tatsache, dass im Zeitpunkt des Vertragschlusses nur noch die Erweiterung der Bewegungshalle fertig zu stellen war, nach den obigen Ausführungen keine andere rechtliche Beurteilung. Auf dem streitgegenständlichen Grundstück ist die Errichtung der Bauwerke in mehreren Bauabschnitten geschehen; das Wohnhaus und die ursprüngliche Reithalle waren 1999 bezugsfertig, der Hühnerstall im Jahr 2000. Der Pferdestall und die Erweiterung der Reithalle wurden allerdings erst im Jahr 2001 und damit unmittelbar vor der Veräußerung an den Kläger errichtet. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 15.06.2002 waren diese Bauwerke auch noch nicht vollständig fertiggestellt. Vielmehr war an der Verlängerung der Reithalle und einem Teil des zweiten Stalls nach der Anlage zum Vertrag vom 15.06.2002 und den eigenen Erklärungen des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 25.01.2006 noch der Außenputz herzustellen. Die bereits dargestellten Grundsätze zur Anwendung von Werkvertragsrecht gelten jedoch auch dann, wenn die vom Veräußerer übernommenen Arbeiten vor Vertragsschluss bereits ausgeführt wurden, wobei unerheblich ist, ob bei der Ausführung der Arbeiten bereits die Absicht bestand, das Objekt zu veräußern (BGH NZBau 2007, 371).

Die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs liegen vor.

Die Sachen, die der Kläger aufgrund des Erbbaurechts besitzen darf, also Grundstück und aufstehende Bauwerke, bzw. das Werk des Beklagten weisen - was zwischen den Parteien unstreitig ist - Mängel i.S.d. § 633 Abs.2 BGB auf.

Der Sachverständige T4 hat festgestellt, dass die Erweiterung der Reithalle auf nicht tragfähigem Torfboden gegründet worden ist; im Bereich des Übergangs Reithalle/Erweiterung ist das Fundament außerdem an einer Stelle (Achse 6) zu schwach ausgeführt worden. Die Halle ist nicht standsicher. Schließlich sind keine Dehnfugen in das Gebäude eingearbeitet mit der Folge, dass Zug- und Druckspannungen, die aufgrund Temperaturschwankungen aufträten, zu Rissen in der Putzkonstruktion führten. Insoweit wird Bezug genommen auf das Ergebnis der Beweisaufnahme im selbstständigen Beweisverfahren, Seite 94 - 100 des Gutachtens vom 21.12.2004 mit Anlage 2 - Baugrundgutachten Dr. T3 - und Anlage 3 - statisches Gutachten Prof. Dr.-Ing. W. Die Stallungen an der Ostseite der Erweiterungshalle sind nicht tief genug gegründet worden (Seite 26 des Ergänzungsgutachtens vom 24.06.2005).

Die für den Schadensersatzanspruch erforderliche Setzung einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung gemäß §§ 280 Abs.3, 281 Abs. 1 BGB liegt vor, da der Kläger den Beklagten unstreitig mit Schreiben vom 28.07.2005 erfolglos aufgefordert hat, die im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel bis zum 30.09.2005 zu beseitigen.

Die dargestellte werkvertragliche Haftung für die Mängel der Reithalle und der Stallungen haben die Parteien in § 3 Abs.2 des notariell beurkundeten Vertrages vom 15.06.2002 nicht wirksam ausgeschlossen, § 242 BGB.

Der insoweit formelhafte Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel ist gemäß § 242 BGB nicht wirksam, weil sich - wie bereits ausgeführt - der Vertrag über den Erwerb neu errichteter oder so zu behandelnder Gebäude verhält und die Freizeichnung nicht mit dem Kläger unter ausführlicher Belehrung über die einschneidenden Rechtsfolgen eingehend erörtert worden ist (vgl. BGH NZBau 2007, 371, NJW 2006, 214, NJW 2005,1115, NJW 1989, 2748, NJW-RR 1990, 786).

Diesen Anforderungen genügt die Belehrung durch den beurkundenden Notar Q nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht.

Die von ihm geschilderte allgemein gehaltene Belehrung darüber, dass "für alles, auch für ausstehende Arbeiten, die Gewährleistung ausgeschlossen" sei, vermochte nicht zu gewährleisten, dass sich der Kläger hier der Reichweite seines Verzicht bewusst werden konnte. Vielmehr wäre hier - weil sich Baumängel typischerweise erst nach entsprechendem Zeitablauf zeigen - ein Hinweis des Zeugen Q darauf erforderlich gewesen, dass insoweit Werkvertragsrecht anwendbar sei und sich die Gewährleistungsfrist auf 5 Jahre belaufe. Dies gilt insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass bereits die Bezeichnung als Kaufvertrag hinsichtlich Art und Umfang der bestehenden Gewährleistungsansprüche eher irreführend erscheint. Eine diesen Erwägungen entsprechende Belehrung hat der Zeuge jedoch nach eigenen Bekundungen nicht vorgenommen.

Von einer eingehenden Erörterung und ausführlichen Belehrung des Klägers konnte auch nicht ausnahmsweise abgesehen werden.

Eine derartige Ausnahme kann nur unter solchen Umständen in Betracht kommen, unter denen ein beurkundender Notar unter Beachtung seiner Pflichten aus § 17 BeurkG auf eine Belehrung der Parteien verzichten kann, also dann, wenn sich der Notar davon überzeugt hat, dass sich die Beteiligten über die Tragweite ihrer Erklärungen und das damit verbundene Risiko vollständig im Klaren sind und dennoch die konkrete Vertragsgestaltung ernsthaft wollen (BGH NZBau 2007, 371 m.w.N.).

Die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme vermag der Senat nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festzustellen.

Insbesondere rechtfertigt der seitens des Zeugen Q geschilderte Eindruck, die Vertragsparteien, die beide Kaufleute seien, hätten "auf Augenhöhe" auch und gerade zur Frage des Gewährleistungsausschlusses verhandelt, nicht den Verzicht auf die erforderliche Belehrung. Dass der Kläger, der über die Frage des Gewährleistungsausschlusses nach Angaben des Zeugen hatte verhandeln wollen, sich auf die Weigerung des Beklagten, von dem Gewährleistungsausschluss gegebenenfalls auch teilweise Abstand zu nehmen, sich schließlich bereit erklärt hatte, zu unterzeichnen, belegt angesichts der rechtlichen Komplexität beim Erwerb von Grundstücken oder Erbbaurechten mit teilweisem Altbestand keinesfalls, dass er sich zu diesem Zeitpunkt über seine Gewährleistungsrechte, insbesondere über die Gewährleistungsfristen, im Klaren war. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Kläger vor dem Vertragsschluss anwaltlich hatte beraten lassen. Die nach § 17 Abs.1 BeurkG gebotene Rechtsbelehrung ist nicht allein deshalb entbehrlich, weil der Notar weiß, dass ein Beteiligter in derselben Angelegenheit anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen hat. Da der Notar im Rahmen der Beurkundung als Amtsperson tätig wird, obliegen ihm entsprechende Hinweispflichten. Ebenso wie die Pflicht des Gerichts zur Erteilung eines rechtlichen Hinweises nach § 139 ZPO auch bei anwaltlicher Vertretung der Parteien nicht entfällt, kann auch die der Beurkundung vorangegangene anwaltliche Beratung den Notar nicht von der gewissenhaften Belehrung der Vertragsparteien entbinden. Der Notar muss sich in diesem Falle vielmehr vergewissern, dass der Anwalt die Belehrung, die er (der Notar) schuldet, bereits erteilt hat (vgl. Ganter in: Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, 2004, Rdnr. 971 m.N.). Dies hat der Zeuge Q unterlassen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Senats fest, dass sich die erforderlichen und von dem Beklagten zu ersetzenden Sanierungskosten einschließlich des verbleibenden merkantilen Minderwerts auf insgesamt 152.500,00 € netto belaufen.

Nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. T, Dipl.-Ing. K und Dipl.-Ing. X, gegen die die Parteien und Streithelfer auch keine Einwendungen erhoben haben, ist ein Abriss der mangelbehafteten Gebäude entgegen der Auffassung des Sachverständigen T4 nicht erforderlich. Vielmehr stellt eine Untergrundaufbereitung nach dem sogenannten "HDI-Verfahren", bei der Zementleim eingepresst und mit dem verflüssigten Boden vermischt wird und so eine tragfähige Unterfangung bildet, die geeignetste Maßnahme dar. Das Verfahren muss dabei in dem Bereich durchgeführt werden, in dem die Oberkante der organischen Schicht tiefer liegt als die Gründung, was die in der Skizze des Büros Dr. T3 mit II bezeichneten Bereiche und die unmittelbar angrenzenden Bereiche, also auch die Erweiterungshalle und die Stallungen, betrifft.

Des Weiteren sind sowohl im Gebäudebereich der Reithallenerweiterung als auch der Stallungen an der Ostseite zur Erweiterungshalle Sanierungsmaßnahmen im Hochbau erforderlich, wegen deren Einzelheiten der Senat Bezug nimmt auf die Sanierungskostenermittlung des Sachverständigen Dipl.-Ing. X vom 21.06.2007, Bl.304 ff. d.A..

Der Betrag von 152.500,00 € netto setzt sich nach dieser Sanierungskostenschätzung, gegen die die Parteien keine Einwendungen erhoben haben, wie folgt zusammen:

 Untergrundaufbereitung 
im HDI-Verfahren netto rund 62.400,00 €
Mängelbeseitigungskosten 
Erweiterungshalle netto rund 62.900,00 €
Mängelbeseitigungskosten 
Stallungen netto rund27.200,00 €
Gesamt152.500,00 €.

Anerkanntermaßen (vgl. Ingenstau-Korbion-Wirth, VOB Teil A und B, Rdnr. 92 zu § 13 Nr. 7 VOB/B sowie Kniffka-Koeble, Kompendium des Baurechts, 2. Aufl., Teil 6 Rdnr. 214 und 215) kann ein merkantiler (ebenso wie ein technischer) Minderwert nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Minderung sondern auch als Schadensersatz verlangt werden. Auch gegen die insoweit zugrunde gelegte Schätzung haben die Parteien und Streithelfer keine Einwendungen erhoben.

Die geltend gemachte Zinsforderung rechtfertigt sich aus § 286 Abs.2 Nr. 3, § 288 Abs.1 BGB. Der Beklagte ist in Verzug geraten, weil er mit Schreiben vom 08.08.2005 endgültig die Nacherfüllung abgelehnt hat.

Die Berufung ist ebenfalls begründet, soweit der Kläger im Senatstermin vom 20.12.2007 die Klage teilweise umgestellt hat und neben der Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Schadensersatz in Höhe der geschätzten Nettosanierungskosten nunmehr begehrt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm den auf den zu leistenden Schadensersatzbetrag entfallenden Mehrwertsteuerbetrag in Höhe von 19 % zu ersetzen, falls er - der Kläger - nicht berechtigt ist, diesen Betrag als Vorsteuer von seiner eigenen Steuerschuld abzusetzen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und seines Streithelfers zu 1) findet § 249 Abs.2 Satz 2 BGB insoweit keine Anwendung, weil die Vorschrift nur anwendbar ist, soweit Schadensersatz wegen der Beschädigung einer Sache begehrt wird, während der Beklagte hier wegen der mangelhaften Erstellung der Gebäude haftet.

Grundsätzlich erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auch auf die anfallende Mehrwertsteuer, es sei denn, der Geschädigte ist zum Vorsteuerabzug berechtigt (Heinrichs in Palandt, BGB, 66. Aufl., § 249 Rdnr.15, 36; vgl. grundlegend die Entscheidung BGH NJW 1972, 1460). Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug ( § 15 UStG) führt im Wege der Vorteilsausgleichung dazu, dass die im Rahmen der Schadensbeseitigung gezahlte Umsatzsteuer vom Schädiger nicht zu ersetzen ist (Oetker in Münchener Kommentar zum BGB, § 249 Rdnr.240).

Da hier nicht auszuschließen ist, dass der Kläger als Unternehmer i.S.d. § 15 UStG anzusehen und vorsteuerabzugsberechtigt ist, hat er dieser zur Zeit noch bestehenden Unsicherheit bei der Feststellung der Schadenshöhe durch Umstellung der Klage Rechnung getragen. Insoweit liegt eine zulässige lediglich qualitative Klageänderung vor, § 264 Nr.2 ZPO (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 264 Rdnr.3 b).

Die Berufung ist allerdings unbegründet, soweit der Kläger den Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.570,00 € begehrt. Der Senat bejaht die Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten unter Berücksichtigung der Obersätze des RVG nur dann, wenn der Gläubiger aus besonderen Gründen darauf vertrauen durfte, dass der Schuldner ohne gerichtliche Hilfe leisten wird, weil sein Verhalten in diesem Fall demjenigen eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Geschädigten entspricht, der sich selbst vor Schaden bewahren will, da nicht ersichtlich ist, dass durch die Neuregelung der 2400 RVG VV eine Änderung dieser Rechtsprechung bezweckt und die Beauftragung von Inkassounternehmen zum Nachteil der Anwaltschaft wirtschaftlich erleichtert werden soll (vgl. Senat in NJW-RR 2006, 242).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war der Prozessbevollmächtigte des Klägers nach Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens gehalten, sich einen unbedingten Klageauftrag erteilen zu lassen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs.1, 101, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs.2 ZPO sind nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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