Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: 26 U 28/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 280 Abs. 1
BGB § 253 Abs. 1
BGB § 611
BGB § 823 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 412
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.12.2007 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung zukünftigen Schadensersatzes sowie Ersatz von Verdienstausfall wegen behaupteter Behandlungsfehler bei einer Gallenblasenoperation.

Am 03.02.2003 wurde die Klägerin in der von der Beklagten zu 2) betriebenen Klinik stationär aufgenommen. Wegen eines Gallensteinleidens sollte die Gallenblase lapraskopisch entfernt werden. Diese minimalinvasive Operation wurde am 04.02.2003 durchgeführt. Bei der Operation wurden versehentlich der Hauptgallengang sowie die Anschlüsse beider Lederlappen mit entfernt bzw. verletzt. Dabei war sich die Operateurin subjektiv sicher, den Ductus cysticus (Auführungsgang der Gallenblase) zu durchtrennen und nicht, wie tatsächlich geschehen, den Ductus choledochus (Hauptgallengang).

Diese Komplikation wurde am 07.02.2003 entdeckt, als die radiologische Darstellung der Gallengänge im ERCP nicht gelang. Durch eine sofort anschließende Operation wurden die Schädigungen versorgt.

Der weitere Behandlungsverlauf stellte sich problemlos dar; am 28.02.2003 konnte die Klägerin die Klinik der Beklagten zu 2) verlassen.

Der Beklagte zu 1) leitet die chirurgische Klinik der Beklagten zu 2).

Die Klägerin hat behauptet, die Operation vom 04.02.2003 sei behandlungsfehlerhaft verlaufen. Die Operateurin habe sich erst darüber vergewissern müssen, dass sie tatsächlich den Ductus cysticus durchtrennt. Aus dem von der Gutachterkommission der Ärztekammer eingeholten Gutachten des Sachverständigen L ergebe sich, dass es dem medizinischen Standard entspreche, die wichtigen anatomischen Strukturen zuerst darzustellen und dann zu durchtrennen. Diese seien hier der Ductus cysticus und die Arteria cystica. Die von der Operateurin beschriebene Arteria cystica, die sich in drei Arme aufspalte, sei eine absolute anatomische Rarität. Daher habe sie sich fragen müssen, ob dies nicht eine andere anatomische Struktur gewesen sei - tatsächlich habe es sich ja um die Hauptäste der Gallengangssysteme zur rechten und linken Leber gehandelt.

Wegen dieses Behandlungsfehlers leide die Klägerin weiterhin an erheblichen Beschwerden und habe sich einer weiteren Operation unterziehen müssen. Außerdem könne sie deswegen ihrer Arbeit als Raumpflegerin nicht nachgehen, so dass sie finanzielle Verluste erlitten habe.

Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens und ergänzender mündlicher Anhörung des Sachverständigen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe einen Behandlungsfehler der Beklagten nicht bewiesen. Nach den Ausführungen des Sachverständigen sei der Hauptgallengang versehentlich durchtrennt worden, was eine seltene, aber nicht zu vermeidende Komplikation darstelle. Eine Entfernung des Hauptgallenganges oder der Anschlüsse zu den Leberlappen habe der Sachverständige nicht feststellen können. Dies ergebe sich unter anderem aus dem Operationsbericht vom 04.02.2003, aus dem weiterhin hervorgehe, dass der Gallenblasengang eindeutig identifiziert worden sei. Daher sei von einer ausreichenden Präparation der anatomischen Verhältnisse auszugehen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Klagebegehren weiter verfolgt. Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass es unstreitig sei, dass bei der Operation Hauptgallengang und Anschlüsse zu den Leberlappen entfernt worden seien. Dies sei dem Sachverständigen zwar noch im Beweisbeschluss vorgegeben worden, dieser habe sich aber über die Vorgaben hinweggesetzt. Aus dem OP-Bericht der zweiten Operation folge zudem, dass es nicht nur eine Läsion, sondern mehrere gesetzt worden seien.

Aus dem Operationsbericht der ersten Operation sei zudem nicht beschrieben, zu welchem Zeitpunkt der Ductus cysticus durchtrennt worden sei, sondern nur, dass ein Clip gesetzt worden sei. Daher sei der Bericht unvollständig.

Die Operation vom 04.02.2003 sei auch deshalb behandlungsfehlerhaft, weil eine intraoperative Röntgendarstellung der Gallengänge unterlassen worden sei.

Der Klägerin ist daneben der Ansicht, ihr komme eine Beweiserleichterung zugute, weil das Videoband der Operation vernichtet worden sei, obwohl sie schon im März 2004 Schadensersatzansprüche geltend gemacht habe.

Schließlich sei die postoperative Versorgung behandlungsfehlerhaft, da sie zu spät vorgenommen worden sei. Aus den Behandlungsunterlagen sei ersichtlich, dass schon zu einem früheren Zeitpunkt Maßnahmen hätten ergriffen werden können. Bei einer engmaschigen Laborkontrolle wäre die Revisionsoperation früher vorgenommen worden und eine Rekonstruktion des Hauptgallengangs möglich gewesen. Über die nun gewählte Möglichkeit der Wiederherstellung sei eine Keimwanderung vom Dünndarm in die Galle möglich, die zu den beschriebenen Entzündungen der Klägerin führten.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 18.12.2007

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 20.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.03.2006,

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und derzeit nicht voraussehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihr aus der fehlerhaften Behandlung n der Zeit vom 03.02.2003 bis 07.02.2003 in der Klinik S entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden,

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 7.962,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil. Eine Haftung des Beklagten zu 1), der an der Operation nicht beteiligt gewesen sei, sei nicht ersichtlich. Sie halten die versehentliche Resektion des Hauptgallengangs für eine der Operation innewohnende Komplikation, die nicht immer zu vermeiden sei. Da sich die Ärzte bei der Operation über die anatomischen Strukturen sicher gewesen seien, sei eine Abklärung über eine Cholangiographie nicht erforderlich gewesen.

Das Videoband diene der routinemäßigen Aufnahme der Operation. Es könne nicht mehr angegeben werden, wann es gelöscht worden sei. Die Videobänder würden jeweils überspielt, wenn nicht eines von ihnen gesichert werden müsste. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, da der OP-Bericht der Revisionsoperation ausführlich den vorgefundenen Zustand berichte. Diese Operation habe den Schaden daneben behoben.

Der Senat hat die Klägerin und den Beklagten zu 1) sowie den Sachverständigen erneut mündlich angehört. Insoweit wird auf den Berichterstattervermerk über die mündliche Verhandlung vom 30.09.2008 verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes aus §§ 280 Abs. 1, 611, 253 Abs. 1 BGB bzw. §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB. Auf die Frage der persönlichen Haftung des Beklagten zu 1) kommt es daher nicht an.

Ein solcher Anspruch setzt einen Behandlungsfehler voraus. Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn das Verhalten des Arztes nicht dem allgemeinen medizinischen Standard entspricht.

Einen solchen den Beklagten zurechenbaren Behandlungsfehler hat die Klägerin nicht bewiesen.

Zunächst hat die Klägerin nicht bewiesen, dass den operierenden Ärzten bei der Operation vom 04.02.2003 Behandlungsfehler unterlaufen sind. Nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen ist davon auszugehen, dass die bei der Klägerin vorgenommene Operation nach dem allgemeinen medizinischen Standard ausgeführt worden ist, obwohl es zu einer versehentlichen Durchtrennung des Hauptgallengangs gekommen ist.

Dabei kommt es nicht darauf an, ob bei der Operation der Hauptgallengang sowie die Anschlüsse beider Lederlappen mit entfernt wurden, also eine Resektion dieser Organteile vorliegt, oder ob diese lediglich durchtrennt wurden. Denn auch wenn man die von der Klägerin vorgetragene Resektion des Hauptgallengangs als wahr unterstellt, ist ein Behandlungsfehler nicht gegeben.

Mit dem Sachverständigen ist davon auszugehen, dass die versehentliche Durchtrennung des Hauptgallengangs und der Anschlüsse oder eine Rezektion dieser Organteile ein operationsimmanentes Risiko und kein Behandlungsfehler der Operateurin ist.

Nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen entsprach die Wahl der laparoskopischen Operation dem medizinischen Standard. Diese Art der Operation war kein Fehler. Bei einer solchen Operation wird die Gallenblase entfernt, indem der Operateur zunächst den Verbindungsgang der Gallenblase durchtrennt und dann die arterielle Versorgung der Galle. Anschließend wird die Galle herausgeschält. Die Einmündung des Gallengangs ist jedoch sehr variantenreich und sehr zufällig. Dabei ist die Durchtrennung des Gallenganges bei einer solchen Operation eine seltene, aber nicht immer zu vermeidende Komplikation, die keinen Behandlungsfehler darstellt. Hier war sich die Operateurin subjektiv sicher, nicht den Hauptgallengang, sondern den Ductus cysticus zu durchtrennen, was nicht vorwerfbar ist. Die Möglichkeit der Verwechslung dieser anatomischen Strukturen besteht vor allem dann, wenn sich die Kaliber der Gänge sehr ähnlich sind, was sie normalerweise nicht sind. Eine andere Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Gallenblasengang und der Ductus cysticus lange parallel verlaufen oder der Gallenblasengang den Hauptgallengang hinterkreuzt oder auf der anderen Seite einmündet.

Dies gilt auch, wenn der Hauptgallengang resektiert worden ist. Auch dann ist der Rückschluss auf einen Behandlungsfehler nicht möglich, denn nach den Ausführungen des Sachverständigen ist nicht auszuschließen, dass die organischen Strukturen scheinbar so eindeutig sind, dass versehentlich der Hauptgallengang entfernt (und nicht nur durchtrennt) wird. In seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige ausdrücklich klargestellt, dass es für die Feststellung eines Behandlungsfehlers unerheblich ist, ob der Hauptgallengang durchtrennt oder entfernt worden ist.

Die Operateurin war nach dem medizinischen Standard auch nicht verpflichtet, den Gallenblasengang bis zur Einmündung freizupräparieren. Dies ist nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zwar frühere Lehrmeinung, jedoch ist von dieser Meinung wieder abgerückt worden. Die Präparation kann zu weiteren Komplikationen führen, da die Durchblutung gestört werden kann. Dies kann wiederum Narbenfibrosen und Wundheilungsstörungen führen. Es reichte also aus, den Ductus cysticus zu präparieren, wie hier verfahren worden ist.

Der Klägerin kommen keine Beweiserleichterungen oder ein Beweislastumkehr wegen einer unzureichenden Dokumentation zugute. Zwar können Beweiserleichterungen Folge einer unzureichenden und lückenhaften Dokumentation sein. Jedoch ist die Operateurin der Beklagten zu 2), die die Operation an der Klägerin vorgenommen hat, ihrer Dokumentationspflicht nachgekommen. Nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen war der Operationsbericht ausführlich. Es war zwar nicht angeben, zu welchem Zeitpunkt die Durchtrennung nach dem Setzen des Clips vorgenommen worden ist. Das wäre aus Sicht des Sachverständigen wünschenswert gewesen, allerdings nicht medizinischer Standard. Jedenfalls ergibt sich aber aus dem Operationsbericht der zeitliche bzw. chronologische Ablauf der Operation, was ausreichend ist.

Dass das Videoband überspielt worden ist, lässt die Dokumentation ebenfalls nicht lückenhaft oder unvollständig werden. Auch insoweit ist den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu folgen, nach denen keine Verpflichtung zum Mitschneiden von Videobändern besteht. Zur Sicherung eines Befundes ist die Aufnahme nicht erforderlich. Auch für den nachfolgenden Behandler, beispielsweise den Operateur der Revisionsoperation, ist eine solche Aufnahme nicht erforderlich. Es sind keine hinreichenden Erkenntnisse aus dem Band zu erwarten, da sich das Operationsgebiet in den Tagen nach der Operation durch die (Heilungs-)Prozesse im Körper verändert.

Im übrigen ist die Beklagte nicht verpflichtet, Beweise für ein forensisches Verfahren für die Klägerin zu sichern (vgl. OLG Oldenburg vom 28.02.2007, 5 U 147/05).

Auch hinsichtlich der postoperativen Versorgung hat die Klägerin Behandlungsfehler nicht bewiesen.

Sie behauptet zwar, die postoperative Versorgung sei deshalb fehlerhaft, weil die Laborkontrollen nicht engmaschig genug gewesen seien. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen haben die Beklagten aber nach dem allgemeinen medizinischen Standard gehandelt. Es wurde eine Drainage gelegt, die dazu dient, Komplikationen zu erkennen. Bei der Klägerin kam es zu galliger Sekretion. Eine solche Sekretion ist am häufigsten durch eine Leckage in einem kleinen Gang bedingt, die sich in der Regel von selbst wieder verschließt. Die behandelnden Ärzte durften also zunächst abwarten. Es entsprach dann auch dem medizinischen Standard, ein ERCP vorzunehmen, als die gallige Sekretion nicht von selbst aufhörte. Bei dieser Behandlung wird der Druck auf die Gallengänge gesenkt. Dabei ist die Komplikation bei der Klägerin erkannt worden und medizinisch richtig reagiert worden.

Die Revisionsoperation ist darüber hinaus nicht verspätet vorgenommen worden. Auch bei einer früheren Operation wäre das Zurückgreifen auf eine Dünndarmschlinge erforderlich gewesen. Die primäre Wiederherstellung des Hauptgallengangs ist nämlich nur sofort möglich, also nur, wenn die Durchtrennung des Gallengangs bereits während der Operation bemerkt wird. Dies war hier aber nicht der Fall. Daher entsprach es dem allgemeinen medizinischen Standard, abzuwarten, ob sich die Leckage - wie in den meisten Fällen - gegebenenfalls selbst wieder verschließt.

Auch der nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 30.10.2008 rechtfertigt keine andere Entscheidung.

Die Tatsache, dass weder den Parteien noch dem Sachverständigen die Röntgenbildes ERCP zur Verfügung standen und die daraus resultierende Annahme der Klägerin, dass diese Aufnahmen verloren gegangen sind, lässt weder Zweifel an der Richtigkeit der sachverständigen Schlussfolgerungen aufkommen, noch führt sie zu Beweiserleichterungen der Klägerin. Denn diese ERCP-Röntgenaufnahmen sind für die Entscheidung des Rechtsstreits unerheblich, da sie lediglich beweisen können, ob eine Resektion des Hauptgallengangs vorliegt oder nicht. Auf diese Frage kommt es nach den obigen Ausführungen nicht an, da weder die versehentliche Resektion noch die versehentliche Durchtrennung des Hauptgallengangs einen Behandlungsfehler darstellen.

Soweit dem Sachverständigen unterstellt wird, sein Gutachten tendenziell und einseitig erstellt zu haben, kann dem nicht gefolgt werden. Insgesamt war der Sachverständige vor allem um eine unvoreingenommene Klärung der Behandlung bemüht und hat auch Umstände angemerkt, die negativ für die Beklagten gewesen sind. So hat er - wie bereits erörtert - den im Operationsbericht fehlenden Zeitpunkt der Durchtrennung bemängelt und sich damit auch gegen die Beklagten gestellt. Auch hat der Sachverständige nicht unterstellt, dass die anatomischen Verhältnisse beengt waren (...), sondern hat klargestellt, dass er eine Interpretation des Operationsberichts vornimmt ("Ich habe den Operationsbericht so verstanden, dass..."). Auch wenn die Klägerin die Schlussfolgerungen des Sachverständigen nicht teilt, vor allem hinsichtlich der Erklärung für die Defektstrecke des Gallengangs und der daraus folgenden Ursache, ist weder aus den Ausführungen der Klägerin noch sonst eine Unzuverlässigkeit des Sachverständigen zu erkennen. Die Voraussetzungen zur Einholung eines neuen Gutachtens nach § 412 ZPO liegen nicht vor. Vor allem stellt der Sachverständige selbst klar, dass es zur Beurteilung des Behandlungsfehlers letztlich nicht darauf ankommt, ob der Hauptgallengang nur durchtrennt oder resektiert worden ist, da dies in beiden Fällen eine nicht immer zu vermeidende Komplikation wäre.

Darüber hinaus hat der Sachverständige gerade nicht ausgeführt, dass eine Verwechslung von Gallenwegen mit Gefäßen als fehlerhaft eingestuft werden muss. Der Sachverständige hat vielmehr nicht angenommen, dass Gefäße mit Gallenwegen verwechselt worden sind, da auf ersteren ein Puls liegt, den man sieht - auch ohne Kontrolle, so dass eine unbeabsichtigte Verwechslung nicht in Betracht kommt. Auch ist der zitierte Vortrag der Beklagten nicht so zu verstehen, als dass die Verwechslung eines Gefäßes mit einem Gallengang unstreitig gestellt werden sollte, denn Behandlungsfehler bestreiten die Beklagten insgesamt. Ein gerichtliches Geständnis oder ein Zugeständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO liegt in dem aus dem Zusammenhang zitierten Nebensatz nicht. Daher musste es bei der Beweisbedürftigkeit dieser Tatsache und damit bei der Beweislast der Klägerin bleiben.

Da die Klägerin nach den obigen Ausführungen einen Behandlungsfehler der Beklagten nicht bewiesen hat, hat sie aus §§ 280 Abs. 1, 611, 823 Abs. 1 BGB weder Anspruch auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, zukünftigen Schadensersatz zu leisten, noch auf Zahlung eines Verdienstausfallschadens.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10; 711; 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Die Voraussetzungen, unter denen eine Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist, sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück