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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.01.2007
Aktenzeichen: 26 U 36/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 185 Nr. 1
ZPO § 188
ZPO § 339 Abs. 2
BGB § 177
BGB § 707
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 13. Januar 2006 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 26. September 2005 wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt, ausgenommen sind die Kosten der Säumnis vom 26. September 2005, die der Beklagte zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst Bezug genommen auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 13. Januar 2006.

Es ergeben sich folgende Ergänzungen:

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage die Freistellung von einer Verbindlichkeiten gegenüber der I2 AG (im Folgenden: B-Bank) in Höhe von 124.688,00 € aus einer Garantieerklärung des Beklagten vom 05.12.2005.

Der Beklagte war für seine Firma U mbH mit der Vermittlung von Kapitalanlagen befasst. Im Zuge dieser Tätigkeit bot er dem Beklagten die Beteiligung an einem Bauträgermodell in I4 an. Zur Realisierung dieses Bauträgermodells wurde die I GbR (im Folgenden: GbR) gegründet. Wegen der Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages wird auf die zu den Akten gereichte Kopie desselben (Blatt 79 ff. der Gerichtsakten) verwiesen.

Unter dem 22.06.1990 trat der Kläger durch handschriftliche Erklärung der GbR mit einer Einlage von 500.000,00 DM bei. Dies entsprach einem Eigenkapitalanteil der GbR von 12,4688 %.

Am 05.12.1990 erklärte der Kläger nochmals den Beitritt in notariell beurkundeter Form und erteilte den Geschäftsführern der GbR, dem Dipl.-Kfm. T und der I GmbH, umfassende Vollmacht. Gemäß Ziffer II. 3. der notariellen Urkunde waren die Geschäftsführer unter anderem bevollmächtigt, Darlehensverträge mit Banken über die Finanzierung des Investitionsvorhabens der GbR und die Vorfinanzierung des Eigenkapitalteils sowie Verträge über die Zwischenfinanzierung abzuschließen.

Auf Wunsch des Klägers gab der Beklagte am selben Tag folgende notariell beglaubigte Garantieerklärung ab:

"Ich, der unterzeichnende U, geboren am 6. Oktober 1943, geschäftsansässig: T-Straße, C2, gebe gegenüber Herrn C, geboren am 21. November 1934, wohnhaft B-Straße, T, folgende Garantieerklärung ab:

Herr C beteiligt sich als Gesellschafter an der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung I GbR, deren Zweck der Erwerb von 9.500/10.000 des Grundstücks F-Straße, I4, verbunden mit 71 Wohnungen sowie 71 Tiefgaragen- und PKW-Stellplätzen und 7 ebenerdigen Stellplätzen sowie die anschließende Vermietung und Verwaltung des Grundbesitzes ist.

Herr C übernimmt hierbei eine Kapitaleinlage in Höhe von 500.000,-- DM nebst 5 % Agio, insgesamt 525.000,--DM. Darüberhinaus wird er anteilig einen Teilbetrag in Höhe von 1.500.000,-- DM des erforderlichen Fremdkapitals darlehnsweise übernehmen, so daß sich sein Gesamtengagement auf nominell 2.025.000,-- DM beläuft.

Dies vorausgeschickt übernimmt der Unterzeichnende gegenüber Herrn C die Garantie, daß

1 . für den Zeitraum der Zinsfestschreibung der Endfinanzierungsmittel (15 Jahre) hinsichtlich des anteiligen, auf Herrn C entfallenden Liquiditätsergebnisses der Gesellschaft unter Berücksichtigung anfallender AfA, die in dem Prospekt der Gesellschaft (Stand: November 1989) auf Seite 8 bzw. 9 dargestellten Zahlen und Angaben mindestens erreicht werden, insbesondere eine Unterdeckung nicht entsteht, die gegebenenfalls vom Zeichner aus eigenen Mitteln auszugleichen wäre,

2. eine Inanspruchnahme des sonstigen Vermögens von Herrn C infolge der von ihm anteilig aufzunehmenden objektbezogenen Fremdmittel sowie aus den sonstigen namens der Gesellschaft abgeschlossenen Verträgen nicht stattfindet. Gegebenenfalls verpflichtet sich der Unterzeichnende, Herrn C von einer derartigen Inanspruchnahme unverzüglich freizustellen.

Diese Garantieübernahme ist befristet auf einen Zeitraum von 15 Jahren."

Die GbR erwarb das Grundstück F-Straße, I4, und errichtete darauf die vorgesehen Wohnanlage mit 71 Wohnungen und Stellplätzen.

Zur Finanzierung der Wohnanlage nahm die GbR bei der B-Bank unter den Kontennummern #####/#### und #####/#### zwei Darlehen in Höhe von nominal 6.385.000,00 DM und 6.783.000,00 DM auf.

In beiden Darlehen war der vereinbarte Zinssatz bis zum 31.12.2004 festgeschrieben. In Ziffer III. 2 des Darlehensvertrages über 6.385.000,00 DM war vorgesehen, dass die B-Bank dem Darlehensnehmer spätestens 1 Monat vor Ablauf des Festschreibungszeitraums die neuen Konditionen mitteilt. Bei Ablehnung der neuen Konditionen durch den Darlehensnehmer sollte die Darlehensverlängerung entfallen. Eine entsprechende Regelung befand sich unter Ziffer 1. 6 in dem Darlehensvertrag über die Summe von 6.873.000,00 DM.

Die Geschäftsführer der GbR erklärten namens der Gesellschaft die Übernahme der persönlichen Haftung für die Darlehensverbindlichkeiten mit Vollstreckungsunterwerfung begrenzt auf den Anteil der Beteiligung des jeweiligen Gesellschafters der GbR.

Die GbR vermietete die Wohnungen an einen gewerblichen Zwischenvermieter.

Im Jahr 1992 verlangte die GbR von den Gesellschaftern Liquiditätszuschüsse. Der Kläger verweigerte eine Zahlung. Die daraufhin gegen ihn erhobene Klage wurde 1996 rechtskräftig vom OLG Köln mit der Begründung abgewiesen, der Gesellschaftsvertrag beinhalte keine Nachschusspflicht.

Daraufhin ging die GbR dazu über, die Darlehensverbindlichkeiten, soweit sie den Gesellschaftsanteil des Klägers betrafen, nicht mehr zu bedienen. Die B-Bank verlangte sodann unmittelbar Zahlung von dem Kläger, die er auch in Höhe von insgesamt 236.608,29 DM erbrachte.

Aufgrund der Garantieerklärung vom 05.12.1990 nahm der Kläger den Beklagten auf Zahlung und Freistellung in Anspruch.

Mit am 19.11.1999 verkündetem Urteil verurteilte der Senat (Aktenzeichen 26 U 38/99) den Beklagten, den an die B-Bank gezahlten Betrag von 236.608,29 DM nebst Zinsen dem Beklagten zu erstatten. Unter Ziffer 2 des Tenors verurteilte der Senat den Beklagten ferner,

"den Kläger gegenüber der I2 AG von allen künftig fälligen Verbindlichkeiten aus den Darlehen Konten-Nrn. #####/#### und #####/####, die von der I GbR nicht bedient werden, freizustellen."

Das Urteil wurde rechtskräftig.

Ende 2004 geriet die GbR in wirtschaftliche Schwierigkeiten, weil die Miteinnahmen einbrachen. Ferner liefen die Zinsbindungen der Darlehen, die noch mit 3.933.000,00 € valutierten, aus.

Die B-Bank war zur Fortführung der Darlehen unter der Voraussetzung bereit, dass die GbR zum 31.03.2005 eine Sondertilgung von 1.000.000,00 € leistete. Da der Beklagte die Erklärung, den Kläger hinsichtlich der Sondertilgung freizustellen, verweigerte, stimmte der Kläger einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss vom 07.12.2004 nicht zu.

Die Geschäftsführung der GbR, N GmbH, die mit der I GmbH identisch ist, nahm daraufhin erneut Verhandlungen mit der B-Bank auf. Am 12./18.04.2005 einigte sich die Geschäftsführung im Namen der GbR mit der B-Bank unter anderem auf eine Sondertilgung von 1.000.000,00 €.

Mit Schreiben vom 21.04.2005 forderte die B-Bank den Kläger auf, den seinem Eigenkapitalanteil der GbR entsprechenden Betrag von 124.688,00 € der Sondertilgung zu zahlen.

Mit Anwaltsschreiben vom 29.04.2005 ließ der Klägervertreter den Beklagten über den Beklagtenvertreter auffordern, den Kläger bis zum 04.05.2005 von der Forderung gegenüber der B-Bank freizustellen und drohte die Zwangsvollstreckung an.

Der Kläger stellte zunächst einen Antrag auf Vollstreckung eines Befreiungsanspruchs in dem Verfahren 2 O 163/09 LG Bielefeld = 26 U 38/99 OLG Hamm. Nachdem das Landgericht Bielefeld dem Kläger den Hinweis erteilt hatte, Ziffer 2 des Tenors des Urteils des OLG Hamm vom 19.11.1999 (26 U 38/99) sei zu unbestimmt, nahm der Kläger seinen Antrag zurück und erhob vorliegende, auf Freistellung von der Verpflichtung zur Sondertilgung gerichtete Klage.

Der Versuch, die Klage durch einen Gerichtsvollzieher unter der früheren Anschrift des Beklagten in C2 zuzustellen, scheiterte. Die dort angetroffene Haushälterin erklärte am 18.07.2005 dem Gerichtsvollzieher, der Beklagte sei dort nicht mehr gemeldet und halte sich auch nicht dort auf. Seine neue Wohnanschrift sei nicht bekannt. Eine Auskunft des Bürgeramtes der Stadt C2 vom 01.06.2005 ergab, dass der Beklagte nach unbekannt abgemeldet war. Der Beklagte meldete sich am 28.06.2005 unter seiner neuen Anschrift in H2 an.

Mit Beschluss vom 27.07.2005 hat das Landgericht Bielefeld die öffentliche Zustellung der Klageschrift angeordnet. Mit Versäumnisurteil vom 26. September 2006 hat es den Beklagten antragsgemäß verurteilt, den Kläger von der Verbindlichkeit, an die I2 AG 124.688,00 € zuzüglich 6,21 % Verzugszinsen ab dem 01.04.2005 zu zahlen, freizustellen. Mit Beschluss vom 23.09.2006 hat es die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils angeordnet. Die Zustellungsfiktion gemäß § 188 ZPO ist am 03.11.2005 eingetreten. Mit am 29.12.2005 beim Landgericht Bielefeld eingegangenem Anwaltsschriftsatz hat der Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil erhoben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Mit Urteil vom 13. Januar 2006 hat das Landgericht Bielefeld den Einspruch des Beklagten verworfen und den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist zurückgewiesen.

Mit der Berufung begehrt der Beklagte die Klageabweisung.

Er macht geltend, unverschuldet keine Kenntnis von dem Verfahren vor dem Landgericht Bielefeld gehabt zu haben und auch unverschuldet die Einspruchsfrist versäumt zu haben. Im Zeitpunkt der Bewilligung der öffentlichen Zustellung der Klageschrift sei er - was unstreitig ist - bereits bei der Gemeinde H2 mit der Anschrift "L-Straße" gemeldet gewesen. Von dem Prozess habe er erst am 28.12.2005 erfahren, als ihm das Urteil durch die Gerichtsvollzieherin zum Zwecke der Zwangsvollstreckung zugestellt worden sei.

Im Übrigen sei die Klage weder zulässig noch begründet. Nach der "Ne bis in idem-Regel" stehe die Rechtskraft des Urteils aus dem Verfahren 2 O 163/98 dem vorliegenden Rechtsstreit entgegen.

Die Klage sei unbegründet, weil die Garantieerklärung vom 05.12.1990 auf 15 Jahre befristet sei.

Ferner sei der von der GbR gefasste Beschluss, eine Sondertilgung in Höhe von 1.000.000,00 € vorzunehmen, um eine Verlängerung der Finanzierung bis zum 31.03.2006 zu erhalten, nichtig. Es handele sich um einen Beschluss über eine gesellschaftsvertraglich nicht vorgesehene Nachschussverpflichtung der Gesellschafter. Derartige Beschlüsse könnten, wenn im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen sei, was vorliegend nicht der Fall sei, nur einstimmig geschlossen werden.

Da der Beschluss nichtig sei, sei auch die mit der B-Bank geschlossene Sondertilgungsvereinbarung vom 12./18.04.2005 unwirksam. Die Vollmacht der Geschäftsführer erstrecke sich nicht auf solche Rechtshandlungen, die Grundlagen der Gesellschaft wie die Erhöhung von Beiträgen oder Sonderumlagen berührten. N GmbH sei nicht berechtigt gewesen, die Sondertilgungsvereinbarung ohne entsprechenden Gesellschafterbeschluss zu vereinbaren. Die zwischen der B-Bank und der GbR getroffene Vereinbarung sei daher nach § 177 BGB schwebend unwirksam.

Abgesehen davon hafte der Beklagte nicht, weil sich die Begründung der vorzeitigen Zahlungsverpflichtung durch die Vereinbarung zwischen der B-Bank und der GbR als Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich zu seinen Lasten, darstelle. Ferner entspreche es höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass ein Garantiegeber nicht für eine nachträgliche Erweiterung bzw. Veränderung der Verbindlichkeit, für die er eine Einstandspflicht übernommen habe, hafte.

Der Beklagte bestreitet, dass die Mieteinnahmen der GbR eingebrochen seien und sich gleichzeitig die Bewirtschaftungskosten erhöht hätten. Er bestreitet auch, dass die GbR die Darlehen nicht mehr habe bedienen können.

Ferner bestreitet der Beklagte, dass die B-Bank eine Verlängerung der Finanzierung von einer Sondertilgung in Höhe von 1.000.000,00 € abhängig gemacht habe. Die B-Bank sei auch nicht berechtigt gewesen, die Darlehen wegen nachhaltiger Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der GbR zu kündigen.

Schließlich behauptet der Beklagte, bei einer Fälligstellung der Darlehen hätte die B-Bank die Immobilien verwertet. Es sei dann ein Teil der Darlehen, mindestens 50 %, durch Verwertung der Immobilien gedeckt worden.

Schließlich sei die B-Bank auch nicht berechtigt gewesen, die Zinsanpassungsklauseln zur Vereinbarung einer Sondertilgungsvereinbarung auszunutzen.

Der Beklagte beantragt,

das Endurteil des Landgerichts Bielefeld vom 13.01.2006, Aktenzeichen 2 O 385/05, aufzuheben und ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gegen das Versäumnisurteil des Landgerichts Bielefeld vom 26.09.2006, Aktenzeichen 2 O 385/05, zu gewähren, das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger räumt ein, dass die GbR nicht berechtigt ist, von dem Beklagten eine Nachschusszahlung zu verlangen. Dies ergebe sich schon aus dem Urteil des OLG Köln vom 14.12.1994, Aktenzeichen 17 U 33/93, bestätigt durch Beschluss des BGH vom 15.01.1996, Aktenzeichen II ZR 22/95, durch welches eine Klage der GbR gegen den Kläger auf Leistung von Liquiditätszuschüssen abgewiesen worden sei. Vorliegend werde der Kläger aber nicht von der GbR in Anspruch genommen, sondern von der B-Bank, einer Gläubigerin der GbR. Dieser gegenüber könne er sich nicht auf § 707 BGB berufen.

Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass die Nachtragsvereinbarung mit der B-Bank wirksam sei. N GmbH sei gemäß § 6 Ziffer 1 des Gesellschaftsvertrages in Verbindung mit den notariellen "Beitrittserklärungen nebst Vollmacht" der Gesellschafter als Geschäftsführerin der GbR zum Abschluss der Finanzierungsverträge bevollmächtigt worden. Die Geschäftsführervollmacht, die von allen Gesellschaftern erteilt worden sei, erstrecke sich insbesondere auf den Abschluss von Darlehensverträgen mit Banken über die Finanzierung des Investitionsvorhabens der GbR.

Der Kläger macht geltend, die B-Bank habe die Rückzahlung der Darlehen verlangen können, wenn es nicht zu einer Einigung gekommen sei. Ohne eine Einigung über neue Darlehenskonditionen seien die Darlehen ausgelaufen. Ferner habe die B-Bank das Darlehen kündigen dürfen, da das Grundstück wegen einbrechender Mieteinnahmen eine Wertminderung erfahren habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die gemäß § 339 Abs. 2 ZPO bestimmte Einspruchsfrist war bei Erhebung des Einspruchs gegen das Versäumnisurteil vom 26. September 2005 noch nicht abgelaufen. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Freistellung von Ansprüchen der B-Bank aus der Sondertilgungsvereinbarung.

I.

Das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 13. Januar 2006 war abzuändern. Der gegen das Versäumnisurteil vom 26. September 2005 gerichtete Einspruch des Beklagten ist zulässig. Insbesondere war bei Eingang der Einspruchsschrift beim Landgericht Bielefeld am 29.12.2005 die im Versäumnisurteil gemäß § 339 Abs. 2 ZPO festgesetzte Einspruchsfrist von 3 Wochen noch nicht abgelaufen. Sie hatte noch nicht zu laufen begonnen.

Gemäß § 339 Abs. 1 ZPO beginnt die Einspruchsfrist erst mit der Zustellung des Versäumnisurteils zu laufen. Der Beginn der Einspruchsfrist setzt somit eine wirksame Zustellung voraus, an der es vorliegend fehlt. Die vom Landgericht bewilligte öffentliche Zustellung war unwirksam, weil die Voraussetzungen für die Anordnung einer öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils nicht vorlagen (vgl. BGH NJW 2002, 827 ff.).

Die öffentliche Zustellung ist gemäß § 185 Nr. 1 ZPO zulässig, wenn der Aufenthaltsort einer Person unbekannt und eine Zustellung an einen Vertreter oder Zustellungsbevollmächtigten nicht möglich ist. Unbekannt ist der Aufenthalt, wenn er nicht nur dem Gericht oder dem Gegner, sondern allgemein unbekannt ist. An die Feststellung der Voraussetzungen der öffentlichen Zustellung sind hohe Anforderungen zu stellen. Dies folgt daraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass der Zustellungsadressat von der öffentlichen Zustellung tatsächlich Kenntnis erlangt, gering ist und daher sein grundrechtlicher Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG durch die Bewilligung einer öffentlichen Zustellung faktisch beeinträchtigt wird. Eine öffentliche Zustellung darf jedenfalls nicht erfolgen, wenn das Gericht bei sorgfältiger Prüfung der vom Kläger vorgelegten Unterlagen hätte erkennen können, dass die Voraussetzungen zur Anordnung einer öffentlichen Zustellung nicht gegeben sind (BGH NJW 2002, 827, 830).

Das Landgericht hat die öffentliche Zustellung des Versäumnisurteils aufgrund der Nachweise angeordnet, die der Kläger bereits mit dem Antrag auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung der Klageschrift vorgelegt hatte. Bei Bewilligung der öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils am 23. September 2005 war die Auskunft des Einwohnermeldeamtes der Stadt C2 vom 01.06.2005 bereits annähernd vier Monate alt. Auch die Auskunft der Haushälterin, die der Gerichtsvollzieher beim Versuch der Klagezustellung an der früheren Wohnanschrift des Beklagten angetroffen hatte, die neue Adresse des Beklagten sei unbekannt, war bereits älter als zwei Monate. Es war daher zumindest nicht fern liegend, dass neue Erkundigungen über den Aufenthaltsort des Beklagten erfolgreich sein würden. Dem steht auch nicht der Umstand entgegen, dass sich der Beklagte möglicherweise unter Verstoß gegen die einschlägigen Meldegesetze nicht innerhalb der gesetzlichen Meldefristen bei der Meldebehörde umgemeldet hatte. Eine etwaige Verletzung der Meldefrist lässt nicht den Schluss zu, der Beklagte beabsichtige, dauerhaft gegen die Meldepflicht zu verstoßen. Es wäre aus der Sicht des Landgerichts Bielefeld im Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung wegen der einschneidenden Folgen der Bewilligung einer öffentlichen Zustellung daher angezeigt gewesen, zumindest eine aktuelle Auskunft des Einwohnermeldeamtes einzuholen oder vom Kläger einholen zu lassen. Wäre dies geschehen, wäre die neue Anschrift des Beklagten, unter der er zum Zeitpunkt der Bewilligung der öffentlichen Zustellung des Versäumnisurteils annähernd drei Monate gemeldet war, ohne weiteres bekannt geworden.

II.

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten aus der Garantieerklärung vom 05.12.1990 keinen Anspruch auf Freistellung von der Zahlung des auf seinen Eigenkapitalanteil der GbR entfallenden Anteils der Sondertilgung. Die Sondertilgungsvereinbarung vom 12./18.04.2005 ist unwirksam.

1. Der Gesellschafterbeschluss vom 07.12.2004 ist nichtig. Die darin vorgesehene Sondertilgung stellt eine Nachschussverpflichtung dar, weil sie dazu führt, dass die Gesellschafter zusätzliche Mittel aus ihrem Privatvermögen zur Erreichung des Gesellschaftszwecks aufzuwenden haben. Eine Nachschusspflicht kann durch Mehrheitsbeschluss nur dann getroffen werden, wenn dies aus dem Gesellschaftsvertrag eindeutig hervorgeht und der Gesellschaftsvertrag Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung erkennen lässt (BGH NJW-RR 2005, 1347 und NJW-RR 2006, 829; MünchKomm/Ulmer, BGB, 4. Aufl. 2004 Rdnr. 6). Dies ist wie zwischen den Parteien auch unstreitig ist - vorliegend nicht der Fall.

Der Kläger war auch nicht aufgrund seiner gesellschaftsvertraglichen Treuepflicht verpflichtet, der Sondertilgung zuzustimmen. Ein Gesellschafter ist zur Hinnahme von Eingriffen in seine Mitgliedschaft nur verpflichtet, wenn diese im Gesellschaftsinteresse geboten und unter Berücksichtigung seiner eigenen schutzwürdigen Belange zumutbar sind. Dies ist nur unter strengen Voraussetzungen denkbar. Es genügt nicht, dass der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten ohnehin nach außen haftet (BGH NJW-RR 2006, 829, 831, unter Ziffer 25) oder bei einem geschlossenen Immobilienfonds, der nach dem Unterdeckungsmodell konzipiert ist, die projektierten Einnahmen unterschritten werden und ohne Beitragsleistungen der Gesellschafter die Liquidation oder Auflösung der Gesellschaft droht (BGH NJW-RR 2006, 829, 831; 2005, 1347, 1348 f.). Gründe, die zu einer Zustimmungspflicht des Klägers führen, sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht.

2. Die Sondertilgungsvereinbarung wurde auch nicht wirksam durch die Geschäftsführerin der GbR, der N GmbH, begründet. N GmbH war von den Gesellschaftern nicht bevollmächtigt, die im 2. Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 12./18.04.2005 enthaltene Sondertilgungsvereinbarung zu treffen.

Die Vertretungsmacht eines Geschäftsführers kann sich grundsätzlich nicht auf Rechtshandlungen erstrecken, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen, wie etwa die Änderung des Gesellschaftsvertrages oder die Erhöhung der Beiträge (MünchKomm/Ulmer, BGB, 4. Aufl. 2004, § 714 Rdnr. 25 m. w. N.; Staudinger/ Habermeier, BGB, 2003, § 714 Rdnr. 8; Bamberger/Roth/Timm BGB, § 714 Rdnr. 9 f.). Der Begriff des Beitrages ist dabei weit auszulegen, hierzu kann auch die Übernahme von Gesellschaftsschulden gehören (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl. 2006, Rdnr. 4; Bamberger/Roth/Timm, § 706 Rdnr. 6.). Die Vereinbarung vom 12./18.04.2005 beinhaltete eine solche Beitragserhöhung, die grundsätzlich nicht Gegenstand einer Bevollmächtigung der Geschäftsführer sein kann. Sie beschränkte sich nicht auf eine Prolongierung der Darlehensversträge der GbR, die ohne weiteres von den erteilten Vollmachten gedeckt wäre, sondern forderte mit der Sondertilgungsvereinbarung den einzelnen Gesellschaftern persönliche Sonderopfer in beträchtlicher Höhe ab. Allein auf den Kläger entfiel ein Betrag in Höhe der Klageforderung von 124.688,00 €, der direkt durch Einzahlung zu erbringen war (Ziffer 2 auf Seite 2 des 2. Nachtrags zu den Darlehensverträgen vom 14./18.04.2005).

3. Eine Vertretungsmacht der N GmbH folgt auch nicht aus Rechtsscheinsgrundsätzen. Es ist nicht ersichtlich, dass die B-Bank den 2. Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 12./18.04.2005 im Vertrauen auf einen von den Gesellschaftern der GbR gesetzten Rechtsschein, N GmbH sei zum Abschluss einer Sondertilgungsvereinbarung bevollmächtigt, abgeschlossen hat. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die B-Bank als Kreditinstitut, das seit 1990 für die GbR die Finanzierung übernommen hatte, über ausreichende Informationen und juristische Kenntnisse verfügte, um zu erkennen, dass es sich bei der Sondertilgungsvereinbarung um ein Grundlagengeschäft handelt, das einen einstimmigen Gesellschafterbeschluss voraussetzt und das von dem Geschäftsführer auch aufgrund der erteilten Vollmacht nicht abgeschlossen werden kann. Dass die B-Bank über ein entsprechendes Problembewusstsein verfügte, wird an ihrem an N GmbH gerichteten Schreiben vom 05.01.2005 deutlich, in welchem sie erklärte, wegen der fehlenden Einstimmigkeit des Gesellschafterbeschlusses vom 07.12.2004 nicht an ihrem Sanierungsangebot festhalten zu können.

4. Da der Kläger lediglich Freistellung von der Verpflichtung zur Sondertilgung begehrt und die B-Bank sonstige Ansprüche bisher nicht geltend gemacht hat, kommt es auf die Frage, welche Ansprüche der B-Bank bei Unwirksamkeit des 2. Nachtrags zum Darlehensvertrag vom 12./18.04.2005 zustehen, nicht an. Es kann daher dahinstehen, ob die B-Bank andere Ansprüche hat als den, der Gegenstand dieses Rechtsstreits ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 344 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

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