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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: 26 U 49/04
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 640 a.F.
BGB § 641 a.F.
BGB § 641 Abs. 2 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 24. April 2004 verkündete Urteil der VI. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Restwerklohn i. H. v. 46.016,27 € (90.000,00 DM) nebst Zinsen aus einem Werkvertrag vom 03.08.1998, mit dem die Klägerin für die Beklagte die Durchführung von Tief- und Straßenbauarbeiten im Baugebiet I in C übernommen hat. Die Parteien haben insbesondere darüber gestritten, welche vertraglichen Anforderungen an die Druckfestigkeit der Schotterschichten zu stellen sind, weiterhin, ob diese erreicht worden sind. Erstinstanzlich hat die Klägerin zunächst auch die Herausgabe des Bürgschaftsscheins für eine Erfüllungsgarantie verlangt. Insoweit haben die Parteien nach deren Übergabe den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für erledigt erklärt.

Das Landgericht hat die Werklohnklage als zur Zeit unbegründet abgewiesen. Die Leistungen der Klägerin seien nicht abgenommen und auch nicht abnahmereif. Geschuldet gewesen seien die gegenüber den anerkannten Regeln der Technik erhöhten Anforderungen der Nr. 4.2.10 und 4.2.20 des Leistungsverzeichnisses, die nach dem eigenen Vortrag der Klägerin nicht erreicht seien.

Die Kosten des erledigten Teils trage die Klägerin, weil ihr ein Anspruch auf Herausgabe der Erfüllungsbürgschaft mangels Abnahme nicht zugestanden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des genauen Wortlauts der gestellten Anträge, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin.

Die für die Fälligkeit des Werklohns erforderliche Abnahme gem. § 12 des Werkvertrages sei am 16.04.1999 erfolgt. Die Unterzeichnung eines schriftlichen Abnahmeprotokolls sei nicht zwingend erforderlich gewesen, sondern sollte nur deklaratorische und beweissichernde Bedeutung haben. Jedenfalls sei ein Berufen auf das Fehlen einer Abnahme treuwidrig, weil die Stadt C die Leistung im Verhältnis zu der Klägerin abgenommen und die Klägerin die Leistung nach der Nachverdichtung rügelos über Jahre genutzt habe. Das Vorliegen einer Abnahme werde auch durch die Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft belegt.

Jedenfalls sei die Leistung abnahmefähig. Geschuldet gewesen seien nicht die vom Landgericht verfahrensfehlerhaft unter Nichtberücksichtigung des Klägervortrags zugrunde gelegten höheren Verformungswerte des Leistungsverzeichnisses, sondern die ausweislich des vor- und nachvertraglichen Verhaltens von den Parteien seinerzeit übereinstimmend als ausreichend angesehenen niedrigeren Werte der Bauklasse V der Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen, Ausgabe 1986, ergänzende Fassung 1989 (im Folgenden: RStO). Die abweichenden Angaben im Leistungsverzeichnis seien zumindest wegen Widersprüchlichkeit nicht zu berücksichtigen. Die danach geschuldeten Werte der RStO seien spätestens am 19.08.1999 erbracht worden. Im Übrigen wiederholt die Klägerin ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 46.016,27 € nebst 5 % Zinsen für die vom 16.06.1999 bis zum 06.12.2002 und 9,5 % Zinsen ab dem 07.12.2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Die Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls habe konstitutive Bedeutung gehabt. Eine förmliche Abnahme sei danach nicht gegeben, weil einerseits die beidseitige Unterzeichnung nicht gegeben sei und außerdem die im Protokoll benannten Abnahmebedingungen (Mängelbeseitigung) nicht erfüllt seien. Eine konkludente Abnahme komme danach nicht in Betracht. Sie sei aber auch nicht gegeben, zumal sich die Beklagte fortwährend auf das Erfordernis der förmlichen Abnahme berufen habe. Auch die Rückgabe der Bürgschaft führe nicht zur Abnahme, weil sie ausdrücklich ohne Anerkennung einer Abnahme erfolgt sei.

Die Leistung sei auch nicht abnahmefähig. Maßgeblich seien die vertraglich bindenden Vorgaben im Leistungsverzeichnis, die nicht eingehalten seien. Abweichende Vereinbarungen habe es vor- und nachvertraglich nicht gegeben. Die vertraglichen Vorgaben seien auch nicht widersprüchlich. Im Übrigen sei die Leistung selbst bei Zugrundelegung der geringeren Anforderungen mangelhaft.

Die Beklagte wiederholt im Übrigen ihre erstinstanzlichen Einwendungen.

Der Senat hat die Parteien im Senatstermin vom 08.04.2005 persönlich angehört. Er hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des S sowie durch mündliche Gutachten dieses Sachverständigen in den Senatsterminen vom 08.04.2005 und 12.12.2006. Wegen des Ergebnisses wird auf die Berichterstattervermerke verwiesen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Auf das Schuldverhältnis der Parteiein sind die Gesetze in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung anwendbar (Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB).

1.

Das Landgericht ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass die Restwerklohnforderung nicht fällig ist.

a.

Die gem. § 641 BGB a.F. erforderliche Abnahme gem. § 640 BGB a.F. liegt nicht vor.

Die Parteien haben in § 12 des Werkvertrages eine förmliche Abnahme vereinbart.

Die Regelung ist eindeutig und hat nach ihrem Sinn und Zweck konstitutive Bedeutung. Die dadurch aufgestellten Voraussetzungen sind nicht erfüllt worden. Insbesondere hat die Beklagte das Protokoll zur Abnahmeverhandlung vom 16.04.1999 nicht unterzeichnet und damit das Werk der Klägerin nicht als im Wesentlichen vertragsgemäß gebilligt. Das Werk war schon zuvor ausweislich der Schreiben aus dem Zeitraum vom 11.01.1999 bis zum 05.03.1999 wegen fehlender Druckfestigkeit als erheblich mangelhaft gerügt worden. Das handschriftliche Abnahmeprotokoll vom 16.04.1999 wurde sodann nicht unterzeichnet. Dasselbe gilt für das maschinenschriftliche Protokoll. Es enthält zusätzliche Vorgaben, von denen die Beklagte die Billigung abhängig gemacht hat, die jedoch von der Klägerin ausweislich des handschriftlichen Vermerkes unter Nr.10 abgelehnt worden sind. Die Nichtunterzeichnung durch die Beklagte ist deshalb als Verweigerung der Abnahme anzusehen.

Eine spätere konkludente Abnahme durch Nutzung ist schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Parteien die Billigung des Werkes ausdrücklich an die förmliche Abnahme geknüpft haben.

Darüber hinaus kann in der wegen des Erfordernisses der weiteren Bebauung ohnehin nur gezwungenermaßen erfolgten Nutzung auch deshalb keine Billigung gesehen werden, weil sich die Beklagte auch nach dem 16.04.1999 - etwa mit den auf die Schreiben vom 18.05.1999 und 08.06.1999 gesetzten Antwortvermerken sowie mit Schreiben vom 16.12.2002 - auf das Fehlen der Abnahme berufen und diese damit ausdrücklich verweigert hat.

Auch ein Verzicht auf die förmliche Abnahme kommt bei diesem Verhalten nicht in Betracht.

Eine Abnahme im Verhältnis der Stadt C zu der Beklagten begründet nicht die Fälligkeit der Werklohnforderung im Verhältnis der Parteien. Die dazu einschlägige Vorschrift des § 641 Abs. 2 S. 1 BGB ist erst später in Fraft getreten und auf das vorliegende Rechtsverhältnis nicht anwendbar. Die Vorschrift stellt auch auf die Zahlung und nicht schon auf die Abnahme ab.

Die Parteien sind auch nicht in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen, das eine Abnahme entbehrlich machen würde.

Die Rückgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft kann schon deshalb keine Auswirkungen haben, weil sie ausdrücklich ohne Anerkennung einer Abnahme erfolgt ist.

Auch ansonsten ist ein Übergang in ein Abrechnungsverhältnis nicht anzunehmen. Denn die Erfüllung der Leistungspflichten steht weiterhin im Raume. Die Beklagte verweigert weiterhin die Abnahme, verlangt primär Nachbesserung und beruft sich nur nachrangig auf Zurückbehanltungsrecht wegen der Mängelbeseitigungskosten.

b.

Abnahmereife hat ebenfalls nicht vorgelegen.

aa.

Mangelfreiheit ist jedenfalls hinsichtlich der Frostschutzschicht nicht festzustellen.

Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Parteien durch die Aufnahme besonderer Anforderungen in das Leistungsverzeichnis - unter 4.2.10. für die Frostschutzschicht: "Verformungsmodul EV2 auf der Oberfläche min. 120MN/qm" und unter 4.2.20. für die Schottertragschicht: "Verformungsmodul EV2 auf der Oberfläche min. 180MN/qm" - eine vertragliche Sollbeschaffenheitsvereinbarung getroffen haben.

Selbst dann, wenn das nicht der Fall sein sollte, hatte die Klägerin jedenfalls die Anforderungen der Bauklasse V 3.1 der RStO 1986 als anerkannte Regeln der Technik einzuhalten. Dass dies geschehen ist, hat die Klägerin mangels erfolgter Abnahme zu beweisen (vgl. etwa BGH BauR 1992, S. 627 [628]). Diesen Beweis hat sie jedoch nicht führen können:

Nach den Ausführungen des Sachverständigen S in seinem schriftlichen Gutachten vom 10.11.2005 , denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt, ist festzustellen, dass die Frostschutzschicht an zwei von drei repräsentativen Prüfstellen nicht die nach der RStO erforderliche Festigkeit von Ev2 größer oder gleich 100 MN/qm aufweist. Das lässt nach den Erklärungen des Sachverständigen im Senatstermin vom 12.12.2006 den Schluss darauf zu, dass die zu fordernden Werte auch an anderen Stellen nicht erreicht werden. Der Sachverständige geht insoweit von mangelhaften Bereichen im Umfang von jedenfalls der Hälfte der Straßen aus. Bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 24.11.2003 sind eine Reihe von Senkungen und Vertiefungen dokumentiert, die der Sachverständige auch auf diese Mängel zurückführt. Die Nachbesserung erfordert dabei Aufwendungen, die der Sachverständige mit bis zu 15.000 € und der Geschäftsführer der Klägerin selbst immer noch mit 5.000 bis 10.000 € beziffert hat. Auf dieser Basis lässt sich jedenfalls nicht feststellen, dass nur unwesentliche Mängel vorliegen. Die Beklagte verweigert deshalb die Abnahme zu Recht.

bb.

Darüber hinaus ist auch die Verfüllung der Kanalgräben als fehlerhaft anzusehen.

Die Klägerin hat nicht das in Ziff. 2.2.80. des Leistungsverzeichnisses vereinbarte Verfüllmaterial Sand eingebaut, sondern - wie von dem Sachverständigen festgestellt ein Konglomerat aus Ton, Sand, Schluff und anderen Materialien. Auch insoweit ist dann aber die Mangelfreiheit der erbrachten Leistung nicht feststellbar. Es liegt eine Abweichung von dem vereinbarten Soll-Zustand vor, die nicht als unwesentlich zu bezeichnen ist. Das tatsächlich eingebaute Material ist nicht lediglich schwieriger zu verdichten, sondern es ist nach den Ausführungen des Sachverständigen unklar, ob es überhaupt ausreichend verdichtungsfähig ist. Weil der einschlägigen DIN-Vorschrift die Verfüllung mit Sand zugrunde liegt, existiert überdies weder ein allgemeiner Maßstab für die Prüfung der Geeignetheit des tatsächlich eingebauten Materials, noch haben die Parteien stattdessen eine entsprechende vertragliche Vereinbarung getroffen. Auf dieser Basis ist dann aber nicht festzustellen, dass das vom Leistungsverzeichnis abweichend eingebaute Verfüllmaterial als mangelfrei anzusehen ist.

Auch von daher bleibt festzustellen, das die Klägerin das Vorliegen einer abnahmereifen Leistung nicht hat beweisen können.

2.

Mangels Abnahmereife hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Herausgabe der Vertragserfüllungsbürgschaft gehabt. Die Klage wäre deshalb insoweit unbegründet gewesen, so dass die Klägerin nach übereinstimmender Erledigungserklärung die Kosten zu tragen hat.

Die Berufung der Klägerin hat demnach insgesamt keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch keine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitliche Rechtsprechung erfordert.

Ende der Entscheidung

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