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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.02.2002
Aktenzeichen: 27 U 127/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 730 ff.
BGB § 675
BGB § 667
1. Nach Kündigung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Publikums-GbR besteht für den Anleger nur noch ein Anspruch auf Ermittlung und Auszahlung des Abfindungsguthabens. Ein nach dem Gesellschaftsvertrag zuvor bestehender Anspruch auf Vorableistung kann grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden.

2. Der Treuhandgesellschafer ist aus dem Treuhandverhältnis verpflichtet, nach erfolgter Kündigung ggf. auf die Erstellung der Auseinandersetzungsrechnung durch den geschäftsführenden Gesellschafter hinzuwirken. Jedoch ist diesem eine angemessene Zeit zur Aufstellung der Bilanz einzuräumen.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 U 127/01 OLG Hamm

Verkündet am 7. Februar 2002

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht und die Richter am Oberlandesgericht und

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 25. April 2001 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Berufung. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Kläger zeichneten am 04.04.1989 eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds, dem C Fonds X. Die Beteiligungssumme von jeweils 18.000 DM sollte durch monatliche Raten von 125 DM über eine Laufzeit von 12 Jahren eingezahlt werden. Die Beteiligung erfolgte dabei nicht unmittelbar, sondern über eine Treuhänderin, die Fa. G eine Gründungsgesellschafterin des als GbR errichteten Immobilienfonds. Ende 1983 stellte die Fa. G ihre Tätigkeit als Treuhänderin ein. Neue Treuhänderin wurde die Beklagte.

Den Klägern lag nach ihrer Darstellung zum Zeitpunkt des Beitritts eine Broschüre "Sachwertgesichertes Tilgungssparen" vor, die auf die Möglichkeit des Erhalts von Vorableistungen während der 12-jährigen Laufzeit bei ausreichender Liquidität des Fonds sowie auf eine Garantieauszahlung von 26.000 DM nach 12 Jahren hinweist.

Mit der Klage haben sie eine Vorableistung von jeweils 18.945 DM geltend gemacht. Die Beklagte hat die Leistung unter Berufung auf § 5 des Treuhandvertrages wegen nicht ausreichender Liquidität des Fonds abgelehnt.

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Gutachtens aus diesem Grunde abgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger den Anspruch auf Vorableistung weiter. Sie halten die Regelung in § 5 des Treuhandvertrages für unwirksam.

Nachdem die Kläger ihre Beteiligungen an dem Fonds unstreitig mit Wirkung zum 31.12.1999 gekündigt haben, haben sie den Anspruch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hilfsweise - insoweit als Teilklage - auf den Garantiebetrag von 26.000 DM, äußerst hilfsweise auf ein Guthaben aus der Abrechnung des Fonds gestützt.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Ein Anspruch der Kläger auf Zahlung der Klageforderung ist gegen die Beklagte derzeit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.

1.

Soweit die Kläger den in erster Instanz geltend gemachten Anspruch auf Vorableistung weiterverfolgen, spricht vieles dafür, daß dieser Anspruch wie vom Landgericht ausgeführt schon wegen der mangelnden Liquidität des Fonds aufgrund der (wirksamen) Regelung in § 5 Abs. 3 des Treuhandvertrages nicht gegeben gewesen ist.

Dies bedarf jedoch keiner weiteren Darlegung und keiner abschließenden rechtlichen Beurteilung, weil die Kläger ihre Beteiligung am Fonds mit Wirkung zum 31.12.2001 gekündigt haben, so daß diese Beteiligungen nunmehr abzurechnen sind. Hierüber besteht zwischen den Parteien auch Einigkeit.

Diese Beendigung der Beteiligung der Kläger am Fonds schließt es indessen aus, daß sie einen Anspruch auf Vorableistung noch isoliert geltend machen. Vielmehr besteht nach Beendigung der Gesellschaftsbeteiligung aufgrund der Kündigung nur noch der Anspruch gegen die GbR auf Auszahlung des auf den Stichtag der Kündigung ermittelten Abfindungsguthabens, für den die Beklagte als deren Gesellschafterin akzessorisch haftet. Alle Einzelansprüche eines Gesellschafters, die im Gesellschaftsverhältnis ihre Grundlage haben, sind nur noch unselbständige Rechnungsposten und für die Feststellung des Auseinandersetzungsguthabens bedeutsam (BGH NJW 1998, 376; ständige Rechtsprechung). Das gilt auch für die Vorableistung, die nichts anderes darstellt als einen abrechnungspflichtigen Vorschuß auf den zu erwartenden Gewinn. Auch dieser Anspruch kann nur dann ausnahmsweise isoliert geltend gemacht werden, wenn feststeht, daß der Gesellschafter das auf diese Weise Erlangte keinesfalls zurückerstatten muß. Das ist hier nicht der Fall.

2.

Denn die Kläger haben insbesondere keinen Anspruch gegen den Fonds auf Zahlung eines Garantiebetrages von 26.000,00 DM, so daß die Klage auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Teilklage auf Auszahlung eines solchen Garantiebetrages begründet ist.

a)

Zum einen ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte selbst oder die frühere Treuhänderin, die Firma G sich im Sinne einer Garantie zur Auszahlung dieses Betrages verpflichtet hätten. Ebensowenig ist der C Fonds X, dem die Kläger beigetreten sind, eine entsprechende Verpflichtung eingegangen.

In den von den Klägern gezeichneten Beitrittserklärungen (Bl. 4 und 5 GA) heißt es eindeutig:

"Ich stelle hiermit den Antrag auf Beteiligung per Treuhandvertrag an der oben genannten Objektgesellschaft und erkenne die umseitigen Bedingungen des Treuhandvertrages an. Mir ist bekannt, daß sich alle Gesellschafterrechte nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages und des Treuhandvertrages bestimmen ..."

Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser klaren und eindeutigen Regelung sind nicht ersichtlich. Weder der Treuhandvertrag noch der Gesellschaftsvertrag enthalten indes eine Verpflichtung irgendeines der Beteiligten zur Auszahlung einer Garantiesumme, die zudem dem Wesen einer GbR, in der die Gesellschafter an Gewinn und Verlust beteiligt sind, widersprechen würde.

Die Kläger können sich für ihr Begehren insoweit lediglich auf eine Passage in der Broschüre "Sachwertgesichertes Tilgungssparen" stützen, mit der nach ihrer Darstellung für den Beitritt zum Fonds geworben worden ist. Damit sind die Angaben in der Werbebroschüre jedoch nicht entgegen der zitierten eindeutigen Vereinbarung aufgrund der Beitrittserklärung zum Vertragsinhalt geworden.

b)

In Betracht kommen könnten insoweit allenfalls Ansprüche aus sog. Prospekthaftung. Abgesehen davon, daß gegenüber diesen Ansprüchen aber zumindest die erhobene Verjährungseinrede der Beklagten Erfolg haben würde, ist die Klage auf Ansprüche aus Prospekthaftung nicht gestützt. Insoweit handelt es sich um einen anderen, selbständigen Streitgegenstand. Es kann deshalb auch offen bleiben, ob die Beklagte als Treuhänderin überhaupt Adressatin derartiger Ansprüche wäre, zum Beispiel weil sie entsprechende Verpflichtungen der Firma G mit Wirkung, gegenüber den Anlegern übernommen hat.

3.

Des weiteren ist die Klage derzeit nicht als Teilklage unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs auf Auszahlung des sich bei der Abrechnung zum 31.12.2001 ergebenden Abfindungsguthabens begründet.

a)

Zwar haftet für diesen Anspruch gegen die Fondsgesellschaft bürgerlichen Rechts auch die Beklagte als deren Gesellschafterin. Denn die Gläubiger können aufgrund der akzessorischen Gesellschafterhaftung auch einzelne Gesellschafter in Anspruch nehmen und verklagen (vgl. BGH ZIP 2001, 1364, 1365).

Indessen fehlt es jedoch an der Vorlage einer entsprechenden Auseinandersetzungsrechnung, die nach § 11 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung des § 738 BGB die Grundlage für das Abfindungsguthaben bildet. Wie der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, befindet sich der Fonds derzeit in der Abrechnung. Daher können die Kläger die von der geschäftsführenden Gesellschafterin des Fonds zu erstellende Bilanz nicht vorlegen, da diese bislang noch nicht aufgestellt ist. Alternativ hätten die Kläger zwar die Möglichkeit, die Klage auch auf eine von ihnen selbst aufgestellte Auseinandersetzungsbilanz zu stützen. Auch eine solche ist jedoch nicht Gegenstand der Klage. Ohne Vorlage einer solchen Auseinandersetzungsrechnung handelt es sich aber bei dem geltend gemachten Anspruch der Sache nach nur um die isolierte Geltendmachung einer Einzelforderung, die nicht mehr möglich ist (vgl. oben unter 1.).

b)

Auch unmittelbar aus dem Treuhandverhältnis zur Beklagten besteht jedenfalls derzeit noch kein Auszahlungsanspruch. Denn die Beklagte hat bislang aus der Geschäftsbesorgung für die Kläger noch nichts erlangt, was sie gemäß §§ 675, 667 BGB herauszugeben hätte. Dies beruht auch nicht auf einer Pflichtverletzung der Beklagten, da die Aufstellung der Bilanz zum 31.12.2001 naturgemäß einige Zeit in Anspruch nimmt und die Beklagte deshalb jedenfalls zunächst die Aufstellung der Bilanz durch die geschäftsführende Gesellschafterin abwarten darf, auch wenn sie aufgrund des Treuhandvertrages grundsätzlich verpflichtet ist, im Interesse der Kläger auf die Erstellung der Auseinandersetzungsrechnung hinzuwirken.

4.

Schließlich verhilft auch die von den Klägern erklärte Anfechtung der Klage nicht zum Erfolg.

Insoweit kann es offen bleiben, ob die Kläger durch unzutreffende Werbeaussagen zur Beteiligung an dem Fonds veranlaßt worden sind und ob es sich hierbei um eine arglistige Täuschung im Sinne von § 123 BGB handelt, die die Beklagte oder die Fondsgesellschaft gegen sich gelten lassen müssen. Denn selbst ein durch arglistige Täuschung veranlaßter Beitritt eines Anlegers zu einer Publikumspersonengesellschaft führt nicht zur Anwendung der bürgerlich-rechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, daß seine gesellschaftsrechtliche Stellung rückwirkend beendet wird und die gezahlten Einlagen zurückzugewähren sind; vielmehr kann bei einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft der getäuschte Anleger seine Mitgliedschaft nur durch ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht beenden und erhält in diesem Fall - Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung - sein Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt (BGHZ ZIP 1992, 247; 2001, 1364, 1366). Auch insoweit bedarf es deshalb der Aufstellung einer Auseinandersetzungsrechnung. Diese wäre lediglich auf einen anderen Stichtag zu erstellen. Jedoch fehlt auch insoweit entsprechender Vortrag.

5.

Der Anspruch auf Erstellung einer Auseinandersetzungsbilanz (vgl. BGH NJW-RR 1995, 1061, 1062) wird im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Eine Zulassung der Revision gemäß § 543 ZPO ist nicht veranlaßt.

Ende der Entscheidung

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