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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.08.2000
Aktenzeichen: 27 U 159/99
Rechtsgebiete: GWB, BGB, HGB, ZPO, GVG, ArbGG


Vorschriften:

GWB § 91 S. 2
GWB § 95
GWB § 1
GWB § 34
GWB § 87 Abs. 1
GWB § 92
GWB § 96 Abs. 2
GWB § 87
BGB § 138
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 139
HGB § 348
ZPO § 141
ZPO § 529 Abs. 2
ZPO § 91
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
GVG § 17 a Abs. 5
GVG § 17 a Abs. 4
GVG § 17 a Abs. 3 S. 2
ArbGG § 2
Leitsatz:

1.

Hängt die Entscheidung des Berufungsgerichts von der Beurteilung einer kartellrechtlichen Frage ab, ist nach §§ 91 S. 2, 95 GWB n.F. die ausschließliche Zuständigkeit des Kartellsenates gegeben.

2.

Ein vertragliches, mit einer Vertragsstrafe gesichertes Wettbewerbsverbot kann bei seiner Verletzung gleichwohl keinen Vertragsstrafeanspruch begründen, wenn die Regelung nicht hinreichend bestimmt ist und wegen ihres räumlichen, gegenständlichen und zeitlichen Umfanges die guten Sitten (§ 138 BGB) verletzt.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

27 U 159/99 OLG Hamm 5 O 156/98 LG Siegen

Verkündet am 24. August 2000

Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 27. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 24. August 2000 durch die Richter am Oberlandesgericht, und

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 23. September 1999 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Siegen wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das vorgenannte Urteil abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beide Parteien können Sicherheit durch Prozeßbürgschaft eines in Deutschland als Steuer- und Zollbürge zugelassenen Kreditinstitutes erbringen.

Die Urteilsbeschwer der Klägerin übersteigt 60.000,- DM.

Tatbestand:

Die Klägerin, Holdinggesellschaft des Sch Konzerns, begehrt vom Beklagten zweitinstanzlich noch Zahlung einer Vertragsstrafe von 500.000,- DM aufgrund von zwei Verstößen gegen ein durch Vertragsstrafeversprechen gesichertes Wettbewerbsverbot.

Der Beklagte war alleiniger Kommanditist der Fa. W S GmbH & Co. KG mit Sitz in (künftig: J KG), die an vier weiteren Gesellschaften Beteiligungen besaß, sowie Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der Komplementärgesellschaft, der J Verwaltungs-GmbH. Gegenstände des Unternehmens waren der Stahlhandel, der Schneidbetrieb, der Schrotthandel und die Entsorgung.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 10.02.1996 veräußerte und übertrug der Beklagte seinen Kommanditanteil an der Firma KG sowie seine Gesellschaftsanteile an der Komplementärgesellschaft zum Kaufpreis von 5,5 Mio. DM an die Klägerin. Der Vertrag enthält u.a. in § 8 folgende Regelung:

§ 8 Wettbewerbsverbot; Fortführung des Firmennamens

1.

Der Verkäufer verpflichtet sich, auf die Dauer von vier Jahren, gerechnet ab dem 01.01.1996, im bisherigen räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereich der KG, der GmbH und oder deren Beteiligungsgesellschaften jeden Wettbewerb mit dem Käufer zu unterlassen, insbesondere sich an Konkurrenzunternehmen weder unmittelbar noch mittelbar zu beteiligen, nicht in die Dienste eines Konkurrenzunternehmens zu treten oder ein solches Unternehmen auf sonstige Weise unmittelbar oder mittelbar durch Rat und Tat zu fördern. Ausgenommen ist der Erwerb börsennotierter Aktien an Konkurrenzunternehmen zum Zwecke der Kapitalanlage.

2.

Ausgenommen von diesem Wettbewerbsverbot sind die gegenwärtigen und etwaige zukünftige Beteiligungen des Verkäufers an der im Handelsregister des Amtsgerichts Siegen unter HR B 2738 eingetragenen Stahlbau H GmbH mit Sitz in, dies jedoch nur dann und insoweit, als diese weder unmittelbar, mittelbar noch in sonstiger Weise in dem gegenwärtigen Tätigkeitsbereich der KG, der GmbH und/oder deren Beteiligungsgesellschaften Geschäfte vornimmt, abwickelt oder in sonstiger Weise fördert und unterstützt.

3.

Für jeden Einzelfall der Verletzung des vorstehenden Wettbewerbsverbotes kann der Käufer unbeschadet weiterer Rechte und Ansprüche eine Vertragsstrafe in Höhe von 250.000,DM verlangen. Ansprüche des Käufers auf Ersatz eines weitergehenden Schadens oder auf Unterlassung bleiben unberührt."

Der Kaufpreis sollte nach dem Vertrag jedenfalls zum überwiegenden Teil zur Begleichung von Verbindlichkeiten des Beklagten und seiner Angehörigen gegenüber der Fa. J verwendet und auf deren Geschäftskonten eingezahlt werden.

Neben diesem Unternehmenskaufvertrag wurde am selben Tag zwischen der nun zur Firmengruppe der Klägerin gehörenden KG und dem Beklagten ein Dienst- und Anstellungsvertrag geschlossen, mit dem der Beklagte mit Wirkung ab dem 01.01.1996 für fünf Jahre als Geschäftsführer der Komplementär-Gesellschaft eingestellt wurde.

Nach Abschluß der Verträge entstanden zwischen den Parteien Differenzen darüber, ob sich der Beklagte im Hinblick auf die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Unternehmenskaufvertrag schadensersatzpflichtig gemacht habe, die letztlich dazu führten, dass die J KG den Anstellungsvertrag mit Schreiben vom 23.04.1996 fristlos kündigte, was seitens des Beklagten akzeptiert wurde. Inzwischen ist die J KG nicht mehr werbend tätig.

Am 11.06.1996 wurde die Firma GmbH mit Sitz in (künftig: R GmbH) gegründet, die in den Bereichen Stahlhandel, Schneidbetrieb und Schrotthandel tätig ist. Geschäftsführende Gesellschafter der GmbH waren zunächst die früheren Prokuristen der J KG Frank H und Karl Walter B Am 20.03.1997 erwarb der Sohn des Beklagten Gero J vom Gesellschafter H einen Geschäftsanteil dieser Gesellschaft, den er jedoch am 03.12.1997 auf die beiden Gesellschafter H und B zurück übertrug. Der Beklagte unterstützte 1996/97 - nach eigener Darstellung "im Rahmen und zur Förderung der Interessen seines Sohnes" - die Unternehmensleitung der R GmbH durch Hinweise und Ratschläge, akquirierte unstreitig mehrfach Kunden für diese und verbürgte sich für deren Verbindlichkeiten.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte in zwei Fällen gegen das vereinbarte Wettbewerbsverbot verstoßen habe, und hierzu vorgetragen, dass sie im Hinblick auf das von ihr mit dem Wettbewerbsausschluss verfolgte Ziel, den Beklagten von jeglicher Geschäftstätigkeit zu ihrem Nachteil auszuschließen, einen höheren Kaufpreis akzeptiert habe. Sie hat behauptet, der Beklagte habe auf die Führung der Geschäfte der R GmbH maßgeblichen Einfluß gehabt und die bis Juni 1996 für die J KG tätigen ehemaligen Mitarbeiter H und B für die Tätigkeit bei der R GmbH abgeworben. Der Gesellschafter H habe einen Teil seines Gesellschaftsanteils treuhänderisch für den Beklagten und dessen Ehefrau gehalten. Hilfsweise hat sie die Auffassung vertreten, dass der Beklagte jedenfalls aufgrund der mehrfach zugunsten der Firma R vorgenommenen Kundenakquise die Vertragsstrafe verwirkt habe.

Die Klägerin hat außerdem Auskunft darüber begehrt, welche Vorteile - insbesondere Zahlungen - der Beklagte aus der Geschäftstätigkeit zugunsten der R GmbH und zugunsten anderer Unternehmen erhalten habe, weil sie erst nach entsprechender Auskunftserteilung ihren Schadensersatzanspruch beziffern könne.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an sie 500.000,- DM nebst 4 % Zinsen hierauf seit dem 05.12.1997 zu zahlen,

2.

den Beklagten zu verpflichten, ihr Auskunft darüber zu erteilen,

a)

welche Vorteile - insbesondere Zahlungen - er deshalb erhalten hat, weil er die Geschäftstätigkeit der R GmbH, gefördert hat,

b)

in welchem Umfang er außerhalb dieser Förderung der Geschäftstätigkeit der R GmbH, sonst noch die Geschäftstätigkeit Dritter gefördert hat, fördern wollte und/oder fördern lassen wollte oder fördern ließ und welche Vorteile - insbesondere Zahlungen - er hieraus erhalten hat,

3.

den Beklagten zu verurteilen, die eidesstattliche Versicherung auf die nach dem Klageantrag zu 2. abgelegte Rechenschaft zu leisten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Vertragsstrafe auf einen angemessenen Betrag herabzusetzen.

Er hat zunächst die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt, weil eine arbeitsgerichtliche oder kartellrechtliche Streitigkeit vorliege. In der Sache hat er eine Verwirkung der Vertragsstrafe in Abrede gestellt, weil nach dem Wortlaut des Vertrages von dem Wettbewerbsverbot nur der Wettbewerb zu der Käuferin, nicht jedoch zur J KG, umfaßt gewesen sei, er der Beklagte - gegenüber der auf dem in Rede stehenden Geschäftsbereich nie selbst tätigen Klägerin jedoch nicht als Wettbewerber aufgetreten sei. Im übrigen hat er das vereinbarte Wettbewerbsverbot gemäß § 138 BGB für sittenwidrig erachtet. Dies ergebe sich schon daraus, dass eine unangemessen lange Zeit für das Wettbewerbsverbot vereinbart worden sei. Er - der Beklagte - habe aus dem Kaufpreis, der ausschließlich zur Sanierung der J KG erforderlich gewesen sei, keinerlei Barmittel erhalten sollen. Ferner sei der Anstellungsvertrag im Falle der Auflösung der Gesellschaft ohne Karenzentschädigung jederzeit fristlos kündbar gewesen. Das Wettbewerbsverbot übersteige auch die schützenswerten Interessen der Klägerin und beschränke ihn - den Beklagten - übermäßig in seiner beruflichen Betätigung, nachdem er bislang beruflich ausschließlich auf dem in Rede stehenden Geschäftsbereich tätig gewesen sei und nur hier über Kenntnisse verfüge. Damit habe er sich hinsichtlich seiner beruflichen Tätigkeit in eine von der Willkür der Klägerin abhängige Position begeben, da diese jederzeit die J KG habe liquidieren und so seinen Dienstvertrag habe beenden können. Schließlich sei das Wettbewerbsverbot auch aufgrund der Höhe der vereinbarten Vertragsstrafe sittenwidrig. Er - der Beklagte - habe sich, was der Klägerin bekannt gewesen sei, aufgrund der auf dem Markt stattfinden Konzentrationsbewegungen in einer Notlage befunden und nur deshalb den Vertrag in dieser Form akzeptiert.

Im übrigen verstoße das Wettbewerbsverbot aus im wesentlichen den gleichen Gründen auch gegen § 1 GWB, weil die Parteien mit dem Verbot auch gemeinsame Zwecke verfolgt hätten. Schließlich stehe der Wirksamkeit der wettbewerbsbeschränkenden Abrede § 34 GWB entgegen.

Das Landgericht hat nach uneidlicher Vernehmung der Zeugen Dr. Alfred K und Peter H eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit und des Kartellgerichts verneint und den Beklagten sodann unter Abweisung der Klage im übrigen zur Zahlung von 250.000,- DM verurteilt mit im wesentlichen folgender Begründung: Der Beklagte sei zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 250.000,- DM verpflichtet, weil er unter Verstoß gegen § 8 des Unternehmenskaufvertrages in Wettbewerb zur J KG getreten sei. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Kaufvertragsparteien die Wettbewerbsklausel übereinstimmend so verstanden hätten, dass sie Wettbewerb mit der J KG, nicht Wettbewerb mit der Klägerin, habe verhindern sollen. Das Wettbewerbsverbot verstoße nicht gegen § 138 BGB, weil ihm ein schützenswertes Interesse der Klägerin an einer Vermeidung von Konkurrenztätigkeit des Beklagten zugrunde gelegen habe, zumal die nach dem Erwerb der J KG mittelbar auf dem in Rede stehenden Markt tätige Klägerin das erworbene Unternehmen habe sanieren müssen. Vor diesem Hintergrund sei auch die Dauer des Wettbewerbsverbotes nicht zu beanstanden, zumal der Beklagte für weitere fünf Jahre als Komplementärgeschäftsführer für die Gesellschaft habe tätig sein sollen. Angesichts des Bedürfnisses der Klägerin, die Sanierung der gekauften Gesellschaft nicht zu gefährden, und angesichts der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten für diese sei auch der Umfang des Wettbewerbsverbotes unbedenklich. Die vertragliche Konkurrenzschutzregelung verstoße auch nicht gegen § 1 GWB, weil mangels Eignung der Vereinbarung, die Marktverhältnisse zu beeinflussen, eine Anwendung des § 1 GWB nicht in Betracht komme, und die Regelung im übrigen Bestandteil des Leistungsaustausches gewesen sei, ohne darüber hinausgehenden Zwecken zu dienen. Die Formvorschrift des § 34 GWB komme schon deshalb nicht zur Anwendung, weil der Vertrag nicht dem Anwendungsbereich des § 1 GWB unterliege.

Der Beklagte habe die Vertragsstrafe allerdings nur in einem Fall verwirkt. Zwar sei er unstreitig mehrfach für die R GmbH tätig geworden; diese Wettbewerbsverstöße hätten jedoch auf einem einheitlichen Willensentschluß beruht. Eine Herabsetzung der hierdurch verwirkten Vertragsstrafe sei gemäß § 348 HGB, der auf Alleingesellschafter und GmbH-Geschäftsführer entsprechend anwendbar sei, ausgeschlossen.

Die Klägerin könne im übrigen vom Beklagten keine Auskunft über von ihm aus der Konkurrenztätigkeit erzielte Vorteile beanspruchen, weil diese für die Bemessung des sich allein am Umsatzrückgang bei der Klägerin orientierenden Schadensersatzanspruchs ohne Belang seien. Auskunft darüber, inwieweit der Beklagte die Tätigkeit anderer Konkurrenzunternehmen gefördert habe, könne die Klägerin schon deshalb nicht beanspruchen, weil sie nichts für eine entsprechende Tätigkeit dargetan habe.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, wenden sich beide Parteien mit ihren Berufungen. Während der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt, macht die Klägerin Zahlung weiterer 250.000,- DM geltend.

Der Beklagte hält seine Rüge der Unzuständigkeit des allgemeinen Zivilgerichts aufrecht und vertritt weiterhin die Auffassung, die Konkurrenzschutzregelung sei gemäß §§ 1 GWB, 134 BGB sowie gemäß § 138 BGB nichtig. Die Vereinbarung unterliege dem Anwendungsbereich des § 1 GWB, weil die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung von vier Jahren aufgrund der konkreten Umstände nicht zur Wahrung der Interessen der Klägerin erforderlich gewesen sei. So habe die J KG eine relativ geringe Zahl von Kunden gehabt, mit denen aufgrund von Rahmenvereinbarungen kontinuierliche Geschäftsbeziehungen bestanden hätten. Eine Sanierung des Unternehmens sei weder erforderlich noch geplant gewesen. Hingegen sei er - der Beklagte - im Hinblick auf sein damaliges Alter von 48 Jahren auf eine weitere Berufstätigkeit angewiesen gewesen, zumal seine gesamte Berufsausbildung und -tätigkeit auf sein früheres Unternehmen zugeschnitten gewesen sei und der Kaufpreis nicht an ihn ausgekehrt, sondern zur Verrechnung mit negativen Gesellschafterkonten dienen habe sollen. Vor diesem Hintergrund gehe das sich auf den gesamten räumlichen und sachlichen Tätigkeitsbereich der J KG und der Klägerin erstreckende Wettbewerbsverbot, das jede Tätigkeit für andere Unternehmen erfasse, über das Maß des Erforderlichen hinaus. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin sich schon Anfang 1997 von einem Teil des Unternehmens - den Bereichen Stahlhandel und Schneidbetrieb - getrennt habe und auch den zunächst fortgeführten Bereich Schrotthandel umstrukturiert und im Jahre 1999 verkauft habe. Diese langfristig geplanten Veränderungen schlössen die Bewertung aus, dass ein vierjähriges Wettbewerbsverbot erforderlich sei, um die übernommenen Kundenbeziehungen zu konsolidieren. Eine Zurückführung des unzulässig weiten Wettbewerbsverbotes auf ein zeitlich zulässiges Maß sei unzulässig. Das vereinbarte Wettbewerbsverbot sei im übrigen auch geeignet gewesen, den relevanten Markt zu beeinflussen.

Der Beklagte macht außerdem nach wie vor geltend, die Regelung sei so zu verstehen, dass er - der Beklagte - nur Konkurrenz zur Klägerin habe unterlassen müssen. Insoweit sei ihm nicht verwehrt, sich auf den diesbezüglich klaren Wortlaut zu berufen. Schließlich wendet sich der Beklagte weiterhin gegen die Höhe der Vertragsstrafe.

Der Beklagte beantragt,

abändernd die Klage abzuweisen und

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten diesen abändernd zu verurteilen, an sie weitere 250.000,- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 05.12.1997 zu zahlen,

hilfsweise,

den Rechtsstreit an den Kartellsenat des OLG Düsseldorf, hilfsweise an die zuständige Kartellkammer des Landgerichts Dortmund zu verweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, soweit das vertragliche Wettbewerbsverbot und die Vertragsstrafenregelung für wirksam erachtet worden sind, hält das vertragliche Wettbewerbsverbot nach wie vor unter Berücksichtigung der näher dargelegten konkreten Umstände für zeitlich, örtlich und gegenständlich erforderlich, macht allerdings geltend, die vereinbarte Vertragsstrafe sei nach dem Vertrag für jeden Einzelfall der Verletzung des Wettbewerbsverbotes verwirkt. Eine Zusammenfassung von Fortsetzungstaten habe der Vertrag gerade ausschließen sollen. Im übrigen würden auch keine gleichgerichteten, sondern zumindest zwei isoliert zu betrachtende Verstöße vorliegen. Denn zum einen habe der Beklagte die früheren Prokuristen der J KG B und H abgeworben, um mit deren Hilfe ein Konkurrenzunternehmen zu gründen; daneben habe er später maßgeblich Einfluß auf die Geschäfte der R: GmbH genommen, insbesondere für diese der J KG eine Reihe von Altkunden abgeworben. Schließlich habe der Beklagte über seinen Sohn als Strohmann Gesellschaftsanteile der R GmbH übernommen.

Im Verhandlungstermin vor dem Senat hat die Klägerin klargestellt, dass sie die zweifache Verwirkung der Vertragsstrafe zum einen auf die Abwerbung der Mitarbeiter H und B zum anderen auf die Strohmannbeteiligung an der R GmbH stütze.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat den Beklagten gemäß § 141 ZPO persönlich gehört. Er hat erklärt, die J-Gesellschaften hätten Kunden nicht nur im Siegerland gehabt, sondern etwa auch in Hamburg, im Saarland, in den Niederlanden, in Luxemburg, Italien und in Polen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg, während das Rechtsmittel des Beklagten begründet ist.

I.

Der Senat ist trotz der erhobenen Zuständigkeitsrügen für die Entscheidung zuständig, weil weder der Arbeitsgerichtsweg eröffnet (1.) noch eine vorrangige Zuständigkeit des Kartellsenates beim OLG Düsseldorf gegeben (2.) ist.

1.

Die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtsweges bleibt aufgrund der Rüge des Beklagten auch zweitinstanzlich zu prüfen. Die insoweit maßgebliche - § 529 Abs. 2 ZPO überlagernde (Zöller, ZPO-Kommentar, 21. Aufl., Rn. 13 zu § 529) - Regelung des § 17 a Abs. 5 GVG, wonach aufgrund eines Rechtsmittels gegen eine Entscheidung in der Hauptsache die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges nicht mehr geprüft wird, schließt vorliegend diese Prüfung nicht aus, weil das Landgericht nicht vorab durch beschwerdefähigen Beschluß im Sinne des § 17 a Abs. 4 GVG über die Zuständigkeit entschieden hat (vgl. BGHZ 132, 245; 121, 367).

Eine arbeitsgerichtliche Streitigkeit gemäß § 2 ArbGG liegt nicht vor. Zum einen war der Beklagte zu keinem Zeitpunkt Arbeitnehmer der Klägerin, die den Klageanspruch ausschließlich auf die im Unternehmenskaufvertrag enthaltene Vertragsstrafenregelung stützt; zum anderen war der Beklagte auch vor dem Unternehmensverkauf nicht Arbeitnehmer oder Minderheitsgesellschafter der Jäger KG (vgl. hierzu BAG in NJW 1998, 1098), sondern Alleingesellschafter der Komplementärgesellschaft und alleiniger Kommanditist dieser Gesellschaft. Im übrigen kann dahin stehen, ob der Beklagte nach dem Unternehmensverkauf Arbeitnehmer der J KG war, da das insoweit aufgrund des Dienst- und Anstellungsvertrages vom 10.02.1996 zwischen beiden bestehende vertragliche Verhältnis und die heraus resultierenden Nachwirkungen nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind.

Ein Eintreten des Senates in das Vorabverfahren gemäß § 17 a Abs. 3 S. 2 GVG ist insoweit nicht erforderlich, weil die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts aus den angeführten Gründen gegeben ist und der Senat im Falle einer dieser Feststellung entsprechenden Vorabentscheidung keinen Anlaß hätte, gemäß § 17 a Abs. 4 S. 4 und 5 GVG eine Beschwerde zuzulassen (vgl. BGHZ 132, 247 m.w.N.). Die Entscheidung, dass keine arbeitsgerichtliche Zuständigkeit vorliegt, hat nämlich weder grundsätzliche Bedeutung, noch weicht sie von einer Entscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes ab, so dass im Urteil des Berufungsgerichts über die Rechtswegfrage entschieden werden kann.

2.

Die vom Beklagten weiterhin erhobene Rüge der Zuständigkeit des Kartellgerichts ist gemäß § 529 Abs. 2 ZPO, der auf die Frage der Zuständigkeit des Kartellgerichts Anwendung findet (Zöller, Rn. 9 zu § 529 ZPO), auch in zweiter Instanz beachtlich. Von einer rügelosen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache in erster Instanz kann abweichend von der Auffassung der Klägerin nicht die Rede sein, weil der Beklagte mit seiner Klageerwiderung, somit vor Beginn der Verhandlung zur Hauptsache (vgl. Zöller, Rn. 5 zu § 39 ZPO), die Zuständigkeit des Kartellgerichts reklamiert hat, ohne dass Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er bis zur mündlichen Verhandlung auf diese Rüge verzichtet hätte. Die auch im Tatbestand des angefochtenen Urteils (§ 314 ZPO) angeführte Zuständigkeitsrüge wurde im übrigen vom Landgericht sachlich beschieden.

Eine ausschließliche Zuständigkeit des Kartellsenates gemäß §§ 91 S. 2, 95 der zum 01.01.1999 in Kraft getretenen Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist nicht gegeben. Die Regelung des § 91 S. 2 GWB sieht vor, dass der Kartellsenat beim Oberlandesgericht unter anderem über die Berufung gegen Endurteile gegen sonstige Entscheidungen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gemäß § 87 Abs. 1 GWB entscheidet, knüpft also die Zuständigkeit des Kartellsenates anders als § 92 GWB a.F. nicht mehr an eine erstinstanzliche Entscheidung des Kartellgerichts, sondern an das Vorliegen einer kartellrechtlichen Streitigkeit. Gemäß § 87 Abs. 1 GWB n.F. ist erstinstanzlich eine ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte als Kartellgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen sowie dann gegeben, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits ganz oder teilweise von einer nach diesem Gesetz zu treffenden Entscheidung abhängt. Während das alte Recht bei derartigen kartellrechtlichen Vorfragen keine Zuständigkeit des Kartellgerichts für den gesamten Rechtsstreit begründete, sondern nur eine Verpflichtung des entscheidenden Nicht-Kartellgerichts, den Rechtsstreit gem. § 96 Abs. 2 GWB a.F. bis zur Entscheidung dieser Frage durch das Kartellgericht auszusetzen, ist nunmehr sowohl bei auf das GWB gestützten Ansprüchen als auch bei anderen nichtkartellrechtlichen Ansprüchen, die von der Entscheidung kartellrechtlicher Vorfragen abhängen, die Zuständigkeit des Kartellgerichts gegeben. Dies gilt selbst dann, wenn diese Vorfrage erst im zweiten Rechtszug zur Entscheidung gestellt wird, weil die Prüfung aller kartellrechtlichen Fragen nach neuem Recht ausschließlich den speziellen Kartellgerichten, die aufgrund der Spezialisierung besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf diesem Gebiet haben, zugewiesen ist (vgl. hierzu OLG Düsseldorf in NJWE-WettbR 1999, 41).

An dieser Zuständigkeit vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die kartellrechtliche Vorfrage möglicherweise einfach zu entscheiden ist. Zwar ging die zum alten Recht herrschende Auffassung dahin, dass eine Aussetzung des Rechtsstreits zur Beurteilung kartellrechtlicher Vorfragen gemäß § 96 Abs. 2 GWB ausnahmsweise entbehrlich war, wenn die Frage durch das Nicht-Kartellgericht ohne weitere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten zu beantworten war (Immenga/Mestmäcker, Kommentar zum GWB, 2. Aufl., Rn. 22 ff. zu § 96 GWB). Diese Auffassung ist allerdings auf das neue Recht nicht übertragbar (so auch Bechtold, Kommentar zum GWB n.F., 2. Aufl., Rn. 4 zu § 87 GWB), da die Beurteilung der Gerichtszuständigkeit nicht von der Komplexität der geforderten Beurteilung einer rechtlichen Frage abhängig sein kann. Da § 87 GWB n.F. die Zuständigkeit für Klagen aus Kartellvereinbarung und zur Beurteilung von kartellrechtlichen Vorfragen einheitlich regelt, kann es bei beiden nicht darauf ankommen, ob die Beurteilung eindeutig oder zweifelhaft ist (vgl. auch BGH in NJW 1975, 1841).

Vorliegend hängt das Bestehen des geltend gemachten Vertragsstrafenanspruchs nach Auffassung des Senates jedoch nicht von einer kartellrechtlichen Rechtsfrage ab. Zwar beurteilt sich die umstrittene Wirksamkeit des Konkurrenzverbotes im Hinblick auf die Argumentation des Beklagten auch nach § 1 GWB. Der Senat hält jedoch das in Rede stehende Wettbewerbsverbot bereits aus anderen, im einzelnen noch anzuführenden nicht kartellrechtlichen Gesichtspunkten für unwirksam, so dass es keiner Entscheidung bezüglich der Kartellrechtswidrigkeit der Klausel bedarf.

II.

Nachdem die Klägerin, die eine mehrfache Verwirkung der Vertragsstrafe und hieraus einen Mindestanspruch geltend macht, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat, auf welche Verstöße sie das Klagebegehren stützt, ist der Streitgegenstand hinreichend präzisiert.

III.

Die Klägerin kann aus § 8 des Unternehmenskaufvertrages keinen Vertragsstrafenanspruch für sich herleiten, weil sich diese vertragliche Regelung als nicht hinreichend bestimmt (1.) und als sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB (2.) darstellt.

1.

Das Wettbewerbsverbot ist trotz der bezüglich der Voraussetzungen der Verwirkungstatbestände bestehenden Möglichkeit der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB (vgl. BGH in WM 1975, 470) zumindest hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs nicht hinreichend bestimmt bzw. bestimmbar (vgl. zu diesem Erfordernis zuletzt BGH in ZIP 2000, 1338).

Das Wettbewerbsverbot sollte für den Beklagten gemäß § 8 des Kaufvertrages für den bisherigen räumlichen Tätigkeitsbereich der J KG und deren Beteiligungsgesellschaften gelten. Die Begrenzung bezieht sich danach nicht nur auf frühere Kunden des verkauften Unternehmens, sondern auf dessen gesamten räumlichen Tätigkeitsbereich, ohne diesen allerdings näher zu konkretisieren. Es verbleibt insoweit zunächst unklar, welcher Umkreis um den Firmensitz eines Geschäftspartners für eine konkurrierende Tätigkeit des Beklagten versperrt sein sollte, ob also eine Kundenbeziehung in einer bestimmten Stadt nur diese oder zugleich auch deren Umgebung, ggf. mit welcher Reichweite, erfassen sollte. Auslegungskriterien sind dem Vertrag diesbezüglich nicht zu entnehmen, so dass etwa nicht zu beurteilen ist, ob die unstreitige geschäftliche Tätigkeit der Beteiligungsgesellschaft der in Polen ansässigen P GmbH jegliche Tätigkeit des Beklagten in der gesamten Republik Polen ausschließen sollte. Daneben enthält der Vertrag keine Hinweise darauf, ob der maßgebliche räumliche Tätigkeitsbereich des verkauften Unternehmens durch dessen aktuelle Kundenbeziehungen oder auch durch ältere, eventuell längst beendete Geschäftsbeziehungen, möglicherweise sogar schon durch eine werbende Tätigkeit des Unternehmens in einem bestimmten geographischen Raum definiert wird. Diese für die Reichweite des Wettbewerbsverbotes entscheidenden Parameter hätten der näheren Bestimmung bedurft.

Nicht unbedenklich ist - bezogen auf die Frage der hinreichenden Bestimmtheit des Wettbewerbsverbotes - auch die Regelung über die Verwirkung der Vertragsstrafe, die nach ihrem Wortlaut "jeden Einzelfall", und zwar selbst bei mittelbarer Förderung eines Konkurrenzunternehmens durch Rat, gesondert als Verwirkungstatbestand erfassen will, so dass jede einzelne, auch wiederholte Kontaktaufnahme zu einem Kunden oder Konkurrenten, unabhängig von deren Erfolg, erneut die Vertragsstrafeverpflichtung auslösen würde. Anhaltspunkte für eine hinreichend bestimmte Begrenzung der Regelung, die in dieser Weite im Hinblick auf § 138 BGB von den Parteien schwerlich gewollt war, sind dem Vertrag an sich nicht zu entnehmen. Ob die Regelung durch Auslegung unter Berücksichtigung des Bestimmtheitserfordernisses eingegrenzt werden kann, etwa durch Zusammenfassung mehrerer auf einem einheitlichen Willensentschluß beruhender Handlungen zu einem Wettbewerbsverstoß, kann hier dahin stehen, weil die Wettbewerbsabrede schon aufgrund anderer Gesichtspunkte unwirksam ist.

2.

Das vertragliche Wettbewerbsverbot verstößt unter Berücksichtigung seines Ziels sowie seines räumlichen, gegenständlichen und zeitlichen Umfangs gegen § 138 BGB.

Zwar sind Wettbewerbsverbote im Zusammenhang mit einem Unternehmenskauf grundsätzlich zulässig, regelmäßig sogar erforderlich, um zu verhindern, dass der Verkäufer in illoyaler Weise die Kundenbeziehungen, die er verkauft und bezahlt erhalten hat, anschließend dem Käufer durch eigene Konkurrenztätigkeit wieder entzieht oder entscheidend beeinträchtigt. Eine Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbotes gemäß § 138 Abs. 1 BGB ist mit Rücksicht auf die bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden Wertentscheidungen der Verfassung - hier Art. 12 GG - jedoch dann anzunehmen, wenn das Verbot den Verpflichteten durch eine unangemessene Beschränkung seiner Berufsausübung und seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit übermäßig beschwert und es über die schutzwürdigen Belange des Berechtigten hinausgeht (vgl. z.B. BGH in ZIP 2000, 1337; NJW 1997, 3089; NJW-RR 1996, 742). Dies gilt nicht nur bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten in Gesellschafts- oder Geschäftsführerverträgen, sondern auch bei entsprechenden Vereinbarungen in Unternehmenskaufverträgen (vgl. BGH in NJW-RR 89, 800; NJW 1986, 2944; BB 1984, 1826; NJW 1982, 2000; Wollny, Unternehmens- und Praxisübertragungen, 4. Aufl., Rn. 913; Holzapfel, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 9. Aufl., Rn. 836). Ein Wettbewerbsverbot darf auch bei solchen Verträgen im Einzelfall bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht unangemessen sein, muß also unter Berücksichtigung der berechtigten geschäftlichen Interesses des Begünstigten örtlich, gegenständlich und zeitlich auf das Maß beschränkt sein, das erforderlich ist, damit der Erwerber die ihm bei der Unternehmensübertragung überlassenen Kundenbeziehungen festigen und nutzen kann und davor geschützt ist, dass der andere Teil die Erfolge seiner Arbeit illoyal verwertet. Nicht sachlich gerechtfertigt ist hingegen unter Berücksichtigung der grundgesetzlich geschützten Freiheit der Berufsausübung gemäß Art. 12 GG das Ziel bzw. Interesse des Käufers, eine unliebsame, fachlich qualifizierte Konkurrenz vom Markt fern zu halten (vgl. etwa BGH in NJW 1997,3089; NJW-RR 89, 801; WM 1986, 1253; NJW 1984, 2367; OLG Düsseldorf in ZIP 1999, 312 und in GmbHR 1998, 180; Bauer/Diller in GmbHR 1999, 887 f.). Danach verstößt das vorliegende Wettbewerbsverbot gegen die guten Sitten, weil es weder dem Schutz eines berechtigten Interesses der Klägerin als Unternehmenskäuferin dienen sollte (a) noch auf das hierzu erforderliche Maß beschränkt ist (b) und eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht kommt (c.).

a)

Schon das von der Klägerin erstinstanzlich mehrmals selbst dargelegte, ausdrücklich zum Gegenstand der Vertragsverhandlung gemachte Ziel des Wettbewerbsverbotes, den Beklagten von jeglicher Tätigkeit zu ihrem Nachteil auszuschließen, begründet die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung, weil dieser - wie noch darzulegen ist - auch im Umfang der Verbotsregelung zum Ausdruck kommende Wunsch der Klägerin nach einer "absoluten Enthaltsamkeit des Beklagten in geschäftlicher Hinsicht" kein legitimes Interesse an einem Wettbewerbsverbot begründet (vgl. hierzu OLG Düsseldorf in ZIP 1999, 313 m.w.N.; Bauer/Diller, a.a.O.).

b)

Die Wettbewerbsbeschränkung, die dem Beklagten jede Konkurrenztätigkeit zu Lasten der Klägerin untersagt, schränkt die berufliche Tätigkeit des Beklagten in einem auch unter Berücksichtigung schützenswerter Interessen der Klägerin nicht erforderlichen Maße ein.

aa)

Die räumliche Begrenzung des Wettbewerbsverbotes orientiert sich zwar an dem Gebiet, in dem das verkaufte Unternehmen bislang geschäftlich tätig geworden ist, geht aber dennoch über das zum Schutz der Klägerin Notwendige hinaus (vgl. hierzu BGH in NJW 1994, 385; Hanseatisches OLG in WPR 1987, 254). Da der räumliche Geltungsbereich nicht konkret definiert ist, etwa bezogen auf einen gewissen Umkreis um den Firmensitz, genügte schon eine einzelne Kundenbeziehung der J-Gesellschaften, letztlich sogar eine werbende Tätigkeit in einem bestimmten geographischen Raum, um dem Beklagten dort eine berufliche Konkurrenztätigkeit zu untersagen. Es kann hier dahin stehen, inwieweit der Vortrag des Beklagten zutrifft, das Unternehmen habe vor der Veräußerung Kunden in der gesamten Bundesrepublik, aber auch in den Niederlanden, Italien und Polen gehabt. Die Klägerin selbst hat jedenfalls Geschäftsbeziehungen mit Kunden in Hamburg, im Saarland und in den Niederlanden dargelegt und zudem bestritten, dass das veräußerte Unternehmen 90 % seines Umsatzes mit Kunden im Umkreis von 30 Kilometern um Siegen erwirtschaftet habe, ohne sich näher zum Firmensitz der Kunden zu äußern. Vor diesem Hintergrund beschränkt die Wettbewerbsregelung die verbleibenden Möglichkeiten des Beklagten, sich örtlich anderweitig beruflich zu betätigen, unnötig weit ein, da eine derart weitgehende Regelung zum Schutz der Klägerin, die ein unstreitig im Kern regional operierendes Unternehmen erworben hat, nicht erforderlich war. Es bedarf insoweit keiner abschließenden Entscheidung, ob das Wettbewerbsverbot grundsätzlich räumlich - unter Außerachtlassung einzelner Kundenbeziehungen im Randbereich - auf den Kernbereich der früheren Unternehmenstätigkeit zu beschränken ist. Jedenfalls ist ein vollständiges Verbot jeder Konkurrenztätigkeit auch bezogen auf ein Gebiet, in dem der Begünstigte nur zu einzelnen Kunden Geschäftsbeziehungen hat, nicht angemessen. Das schutzwürdige Ziel, es zu vermeiden, dass der Beklagte konkurrierend im Kundenkreis der J KG agierte, wäre jedenfalls außerhalb der unmittelbaren Umgebung des Stammsitzes der J KG in hinreichend durch eine Kundenschutzklausel erreichbar gewesen, zumal das Geschäft des Unternehmens vor dem Verkauf im wesentlichen durch noch gut überschaubare Zahl von Kunden geprägt war. Durch eine solche den Interessen der Klägerin hinreichend entsprechende Kundenschutzklausel (vgl. BGH in NJW 1994, 385) wäre der Beklagte wesentlich weniger belastet worden. Die Vereinbarung eines auch für ein Gebiet mit nur vereinzelten Kundenbeziehungen des verkauften Unternehmens geltenden umfassenden Wettbewerbsverbotes dient im Ergebnis nur dem - aus den angeführten Gründen - nicht geschützten Zweck, eine Person für einen bestimmten Zeitraum als Konkurrenten völlig auszuschalten (vgl. hierzu zuletzt BGH in BB 2000, 1421; OLG Düsseldorf in ZIP 1999, 313 m.w.N.).

Darüber hinaus können nach dem Wortlaut der Regelung auch ältere, längst beendete Geschäftsbeziehungen zu einzelnen Kunden zur Definition des bisherigen räumlichen Tätigkeitsbereichs des verkauften Unternehmens herangezogen werden, ohne dass eine derart weite Beschränkung der beruflichen bzw. gewerblichen Tätigkeit des Beklagten sachlich gerechtfertigt wäre (vgl. BGH in NJW 1991, 700).

Schließlich erschwert die - oben erwähnte - unzureichend bestimmte Festlegung des räumlichen Geltungsbereichs den Beklagten übermäßig, weil die bestehenden Unklarheiten über die räumlichen Grenzen des Wettbewerbsverbotes die Aufnahme anderweitiger beruflicher Möglichkeiten von vornherein mit einem erheblichen Risiko belastete.

bb)

Gegenständlich ist das Wettbewerbsverbot auf das Verbot jeglichen Wettbewerbes, insbesondere auf Unterlassung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an Konkurrenzunternehmen und einer jeglichen - auch nur mittelbaren - unselbständigen oder auch nur beratenden Tätigkeit für ein solches Unternehmen gerichtet. Auch diese umfassende Beschränkung ist nicht erforderlich gewesen, um den Zweck des Unternehmenskaufvertrages nicht zu gefährden. Zunächst ist kein sachlich gerechtfertigtes Interesse der Klägerin daran ersichtlich, dem Beklagten abgesehen vom Aktienerwerb - auch eine reine Kapitalbeteiligung - an Konkurrenzunternehmen zu untersagen (vgl. hierzu OLG Hamm in NJW-RR 1993, 1314). Ob ein Wettbewerbsverbot, das den Verpflichteten von jeglicher beruflicher Tätigkeit ausschließt, ohne das Verbot des Tätigwerdens auf die Kunden und die Geschäftsbeziehungen des verkauften Unternehmens zu beschränken, grundsätzlich als mit Art. 12 GG nicht vereinbar anzusehen ist (so OLG Düsseldorf in ZIP 1999, 313 und GmbHR 1998, 181 für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für ausgeschiedene Gesellschafter-Geschäftsführer), kann letztlich sogar dahin stehen. Für ein weitergehendes Konkurrenzverbot müssen jedenfalls sachliche Gründe ersichtlich sein, etwa das Vorliegen eines speziellen Know-hows des Verkäufers oder der erforderliche Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die ihm im Falle einer Konkurrenz zum Käufer unbillige Vorteile verschaffen würden. Für einen solchen Fall ist vorliegend nichts dargetan. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass der Beklagte unabhängig von seinen geschäftlichen Beziehungen allein aufgrund seiner speziellen branchenspezifischen Kenntnisse die geschäftliche Entwicklung der Klägerin übermäßig stören konnte. Zwar wird der Beklagte selbstverständlich in dieser Branche nach 20jähriger unternehmerischer Tätigkeit über besondere Sachkunde und wirtschaftliche Erfahrungen verfügen. Diese geschäftliche Erfahrung des Verkäufers entspricht allerdings dem Normalfall eines Unternehmensverkaufs und rechtfertigt für sich nicht das Ziel, eine unliebsame, fachliche qualifizierte Konkurrenz vom Markt fern zu halten. Es hätte daher ausgereicht, dem Beklagten für eine bestimmte Zeit Konkurrenz durch Beeinträchtigung der Geschäftsbeziehungen des verkauften Unternehmens zu deren Geschäftspartnern zu untersagen, um dem legitimen Interesse der Klägerin an der Nutzung der Kundenbeziehungen des erworbenen Unternehmens Rechnung zu tragen (vgl. BGH in NJW-RR 1989, 801; WM 1986, 1253; NJW 1984, 2367).

cc)

Auch in zeitlicher Hinsicht geht das Wettbewerbsverbot über das zum Schutz der Klägerin erforderliche Maß hinaus. Bei Unternehmenskaufverträgen ist ein schutzwürdiges Interesse des Begünstigten an einem Wettbewerbsverbot im allgemeinen nur für einen Zeitraum anerkannt, in dem die von dem Veräußerer erworbenen geschäftlichen Beziehungen fortwirken. Die Erfahrung zeigt, dass diese Beziehungen sich nach einer gewissen Zeit so verflüchtigen, dass das geschützte Unternehmen durch die Eröffnung eines Konkurrenzunternehmens des Verpflichteten keine wesentlichen Einbußen erfahren kann. Hier findet dann die Ausschaltung des Verpflichteten aus dem Tätigkeitsbereich des begünstigten Unternehmens ihre zeitliche Grenze. Die Schutzwürdigkeit des Käufers muss enden, sobald das übernommene Unternehmen und die Marktposition aus Sicht der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in den Händen des Käufers so weit konsolidiert sein wird, dass der Wiedereintritt des Verkäufers in den Wettbewerbsprozeß keine wesentlich größere Gefahr darstellt als die Konkurrenz eines neu auf den Markt kommenden Unternehmens (vgl. BGH in BB 2000, 1421; NJW 1991, 700; NJW-RR 89, 801; NJW 1982, 2001; 1979, 1606). Regelmäßig wird hierzu nach Auffassung des Senates auch bei einem Unternehmenskauf eine Dauer von zwei Jahren ausreichend sein, während eine längerdauernde Wettbewerbsbeschränkung in der Regel nur noch dem nicht schutzwürdigen Zweck dient, einen Konkurrenten auszuschalten (so wohl auch BGH in ZIP 2000, 1337; OLG Koblenz in MedR 1994, 368).

Für die Annahme eines Ausnahmefalles, der ein längerfristiges Wettbewerbsverbot rechtfertigen könnte, hat die Klägerin nichts Substanzielles dargetan. Dass der Beklagte in dem fraglichen Unternehmensbereich über mehr als 20 Jahre tätig war und über entsprechend gute geschäftliche Kontakte verfügte, ist für Unternehmensverkäufe jedenfalls nicht unüblich und schließt eine rasche Konsolidierung des Käufers nicht aus. Die Klägerin hat insoweit nichts dafür dargetan, warum es ihr nicht möglich gewesen sein sollte, ihre neuen Kunden innerhalb dieses Zeitraums bei den gebotenen eigenen Anstrengungen von ihrem Angebot zu überzeugen und sie so an sich zu binden (vgl. hierzu BGH in NJW 1994, 385), zumal die übernommene Firma an sich, ihr Sitz und ihr Geschäftsgegenstand nach dem Vertragsinhalt unverändert fortgeführt werden sollten und nach der - insoweit nicht substanziiert bestrittenen - Darstellung des Beklagten eine Reihe von Großkunden durch Dauerschuldverhältnisse an die J KG gebunden waren. Es ist von der Klägerin auch nicht dargelegt worden, dass sich die infolge der unternehmerischen Tätigkeit des Beklagten geschaffenen geschäftlichen Beziehungen - über den im Geschäftsleben normalen Umfang hinaus - derart verfestigt hatten, dass von vornherein damit gerechnet werden musste, dass der Beklagte von ihnen noch über deutlich mehr als zwei Jahre würde zehren können. Auch der bloße Hinweis der Klägerin auf die damalige Krise des gekauften Unternehmens begründet keinen Ausnahmefall, weil nicht ersichtlich ist, weshalb diese Krise die Kundenbindung an sie - die Klägerin - erschweren sollte und weil die Klägerin im übrigen nichts Konkretes für eine zum Zeitpunkt des Kaufs bestehende bestimmte Sanierungsplanung, die einen besonderen Schutz vor Konkurrenz durch den Beklagten voraussetzte, dargelegt hat.

dd)

Der nach alledem übermäßigen Beschränkung der grundgesetzlich geschützten Freiheit der Berufsausübung des Beklagten, der angesichts seines damaligen Alters von nur 48 Jahren auf eine weitere berufliche Tätigkeit angewiesen war, steht nach dem Vertrag kein angemessener Ausgleich gegenüber.

Eine Karenzentschädigung für das Wettbewerbsverbot sieht der Kaufvertrag nicht vor, so dass offen bleiben kann, ob ein solcher finanzieller Ausgleich überhaupt geeignet ist, ein die Berufsfreiheit übermäßig einschränkendes Wettbewerbsverbot der rechtlichen Bewertung als sittenwidrig zu entziehen.

Der von der Klägerin für das erworbene Unternehmen zu leistende Kaufpreis ist an sich nicht als Ausgleich für das Wettbewerbsverbot anzusehen, sondern vielmehr Gegenleistung für die Übertragung des Unternehmens. Soweit die Klägerin behauptet, sie habe den Kaufpreis in dieser Höhe nur im Hinblick auf das Wettbewerbsverbot akzeptiert, fehlt jedenfalls eine nähere Darlegung dazu, inwieweit der Kaufpreis einvernehmlich gerade im Hinblick auf die Abrede des Wettbewerbsverbotes erhöht worden ist. Es bedarf deshalb keiner weiteren Aufklärung dazu, inwieweit der Kaufpreis nach den Vorstellungen der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses einerseits zum Ausgleich von Verbindlichkeiten genutzt werden und andererseits dem Beklagten als Barmittel für seinen weiteren Lebensunterhalt zur Verfügung stehen sollte.

Auch die Anstellung des Beklagten als Geschäftsführer führt nicht zu einem angemessenen Ausgleich für die Beschränkungen des Konkurrenzverbotes, weil sie - wie die Entwicklung gezeigt hat - dem Beklagten keine entsprechenden Einkünfte für den Zeitraum des Verbotes sicherte. Die Beendigung des Anstellungsvertrages schon kurze Zeit nach dem Kaufvertrag, die angesichts der bestehenden Kündigungsmöglichkeiten nicht unvorhersehbar war, belegt, dass diese Anstellung kein angemessenes Äquivalent zur beruflichen Beschränkung durch das Wettbewerbsverbot bieten konnte. Hierzu hätten die Parteien das Wettbewerbsverbot an den Bestand der Anstellung koppeln oder für den Fall der Beendigung des Anstellungsverhältnisses eine Karenzentschädigung vereinbaren müssen, um den Beklagten auch für den Fall der Auflösung des Anstellungsverhältnisses finanziell abzusichern. Der Beklagte, der seit mehr als 20 Jahren ausschließlich für sein verkauftes Unternehmen tätig war, hat in diesem Zusammenhang plausibel dargelegt, dass er aufgrund seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrungen in kaum einer anderen Branche oder mit einer anderen Tätigkeit Perspektiven hatte.

c)

Eine geltungserhaltende Reduktion des Wettbewerbsverbotes in entsprechender Anwendung des § 139 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht, weil diese Möglichkeit, den Einklang mit der Rechtsordnung durch Reduzierung des Wettbewerbsverbotes auf das gerade noch vertretbare Maß wieder herzustellen, nur besteht, sofern die Vereinbarung über das Wettbewerbsverbot ausschließlich wegen der unangemessen langen Laufzeit gegen die guten Sitten verstößt (vgl. BGH in ZIP 2000, 1339; NJW-RR 1996, 741, NJW 1991, 700). Hingegen ist eine geltungserhaltende Reduktion eines aufgrund auch seines sachlichen oder örtlichen Umfangs sittenwidrigen Wettbewerbsverbots ausgeschlossen, weil sonst das sittenwidrige Rechtsgeschäft für die den Vertragspartner übervorteilende Partei risikolos wäre. (vgl. BGH a.a.O. sowie in NJW 1997, 3089; Hiller in GmbHR 2000, 373 m.w.N.).

IV.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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