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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.04.2007
Aktenzeichen: 27 U 197/06
Rechtsgebiete: HGB


Vorschriften:

HGB § 171
Der Kommanditist, der die im Handelsregister eingetragene Einlage nicht erbracht hat, kann gegenüber einer Inanspruchnahme aus § 171 Abs. 1 HGB Einwendungen aus dem Gesellschaftsverhältnis nicht schon deshalb erheben, weil die Forderung vom Gläubiger allein zum Zwecke der Geltendmachung gegen den Kommanditisten erworben worden ist.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 15. August 2006 verkündete Urteil der IV. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

A. Der Beklagte ist Kommanditist der C3 GmbH & Co. KG (im Folgenden auch kurz: Fa. C3). Seine ursprüngliche Kommanditeinlage betrug 7.000 €.

Die Klägerin, deren Geschäftsführer zugleich Geschäftsführer der Komplementärin der Fa. C3 ist, erwarb von Drittgläubigern der Fa. C3 - wie vom Beklagten in zweiter Instanz nicht mehr bestritten wird - diverse Forderungen gegen die Fa. C3 in einer Gesamthöhe von 23.000 €. Sie begehrt nunmehr vom Beklagten die Bezahlung dieser Forderungen gemäß §§ 171, 172 HGB mit der Behauptung, dieser habe seinen Kommanditanteil an der Fa. C3 um 23.000 € auf 30.000 € erhöht, die weitere Einlage jedoch nicht erbracht. Die Eintragung einer Kommanditeinlage des Beklagten von 30.000 € in das Handelsregister (HRA #### AG Bad Oeynhausen) ist am 17.1.2005 erfolgt.

Wegen der vom Beklagten in erster Instanz erhobenen Einwendungen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme in vollem Umfang entsprochen. Die Klage sei gemäß §§ 171 Abs. 1, 172 Abs. 1 HGB begründet. Für die Haftung mit einer Einlage in Höhe von 30.000 € sei allein entscheidend, dass diese im Handelsregister eingetragen sei. Dass er diese Einlage erbracht habe, müsse der Beklagte darlegen und beweisen. Das sei ihm nicht gelungen. Die geltend gemachten Forderungen und deren Abtretung seien dagegen durch die Beweisaufnahme bewiesen. Auf den Beschluss der Gesellschafterversammlung und ein etwaiges Auskunfts- und Einsichtsrecht gegenüber der Fa. C3 komme es nicht an. Dies könne der Beklagte weder den Zedenten noch der Zessionarin entgegen halten.

Gegen dieses Urteil, auf das wegen weiterer Einzelheiten seiner Begründung sowie des Parteivorbringens in erster Instanz verwiesen wird, richtet sich die Berufung des Beklagten.

Neben einer pauschalen Bezugnahme auf sein Vorbringen erster Instanz macht er nunmehr geltend, dass der Geschäftsführer der Klägerin die Abtretungen in rechtsmissbräuchlicher Weise bewirkt habe, um ihm ebenso rechtsmissbräuchlich seine Einwendungen aus dem Gesellschaftsverhältnis als Gesellschafter der C3 GmbH & Co KG abzuschneiden.

Er behauptet, die Abtretung sei allein zu diesem Zweck erfolgt. Einen anderen Grund für die Klägerin, diese Drittforderungen zu bezahlen und sich abtreten zu lassen, um sich die Beträge im günstigsten Falle bei ihm zurückzuholen, gebe es nicht. Der Geschäftsführer der Klägerin habe damit eine Untreuehandlung zu deren Lasten vorgenommen.

Zu den ihm abgeschnittenen Einwendungen gehöre sowohl die Tatsache, dass ihm Einsichts- und Informationsrechte durch die Komplementärin verweigert würden als auch der Umstand, dass es einen rechtsverbindlichen Gesellschafterbeschluss über Art und Zeitpunkt der Erbringung der Kommanditeinlagen nicht gebe. Hinzu komme aber vor allem, dass der Geschäftsführer der Klägerin und der Fa. C3 letztere wirtschaftlich aushöhle, indem er deren Umsätze auf andere Gesellschaften umleite. Wegen der insoweit vorgetragenen Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung verwiesen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich des neuen Vorbringens ist sie der Ansicht, der Einwand rechtsmissbräuchlicher Abtretung sei verspätet, weil er nicht bereits in erster Instanz vorgebracht worden sei. Weiter meint sie, durch die Abtretung habe sich weder für die Fa. C3 noch für den Beklagten etwas geändert. Sie selbst habe mit der Fa. C3 nicht das Geringste zu tun. Darauf, dass ihr Geschäftsführer auch Geschäftsführer der Fa. C3 sei, komme es nicht an. In der Sache selbst bestreitet sie unter näherer Darlegung das Vorbringen des Beklagten.

B. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I. Der Beklagte haftet der Klägerin als Gläubigerin der Gesellschaft gemäß § 171 Abs. 1 HGB in Höhe seiner nicht erbrachten Einlage von 23.000 € unmittelbar. Dass die Klägerin Forderungen gegen die KG in einer Gesamthöhe von 23.000 € erworben hat und dass der Beklagte, der für die Leistung der Einlage darlegungs- und beweisbelastet ist, diesen Beweis nicht erbracht hat, hat das Landgericht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme überzeugend festgestellt. Konkrete Angriffe dagegen bringt die Berufung nicht vor.

Ebenso zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass sich die Höhe der übernommenen Einlage gegenüber den Gläubigern ausschließlich nach der Eintragung richtet, § 172 Abs. 1 HGB. Dass die Eintragung nicht auf einer entsprechenden Anmeldung beruht, die gemäß § 108 Abs. 1 HGB von sämtlichen Gesellschaftern, also auch den Kommanditisten zu bewirken ist, behauptet der Beklagte nicht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er selbst diese Eintragung mit veranlasst hat.

II. Auf weitere gesellschaftsinterne Vereinbarungen zu Art und Zeitpunkt der Einlageleistung kommt es nicht an. Der Kommanditist kann im Rahmen der Haftung aus § 171 HGB den Gesellschaftsgläubigern weder darauf beruhende noch sonstige Einwendungen aus dem Gesellschaftsverhältnis entgegen halten. Von diesem Grundsatz ist auch im vorliegenden Fall keine Ausnahme zu machen.

Dabei kann es dahinstehen, ob die Abtretung der Forderungen vom Geschäftsführer Rathmann zu dem alleinigen Zwecke veranlasst worden ist, ihn (den Beklagten) damit zu einer Einlagezahlung zu zwingen. Denn durch die Abtretung ist der Beklagte nicht schlechter gestellt als zuvor. Es handelte sich bei den abgetretenen Forderungen auch in der Hand der Zedenten um Forderungen von Drittgläubigern, denen er die jetzt reklamierten Einwendungen nicht entgegenhalten konnte. Ob auch die Zedenten sich tatsächlich an ihn persönlich gehalten oder ihre Forderungen nur gegen die KG geltend gemacht hätten, ist nicht entscheidend. Ein Vertrauen des Kommanditisten, der seine eingetragene Einlage nicht erbracht hat, darauf, von Gesellschaftsgläubigern nicht in Anspruch genommen zu werden, ist rechtlich nicht schutzwürdig, weil die Haftung des Kommanditisten aus § 171 HGB keine subsidiäre Haftung ist. Er muss deshalb immer damit rechnen, dass ein Gesellschaftsgläubiger ihn in Anspruch nimmt, wenn und soweit er die im Handelsregister verlautbarte Einlage nicht erbracht hat. Dieses Risikos ist die zwangsläufige Folge der Anmeldung seiner (nicht erbrachten) Kommanditeinlage zum Handelsregister.

Erst recht kann der Beklagte keine Einwendungen aus den internen Rechtsbeziehungen innerhalb der Klägerin (angebliche Untreue ihres Geschäftsführers im Verhältnis zur Gesellschaft) geltend machen.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs könnte allenfalls dann Erfolg haben, wenn die Klägerin, die sich das Wissen ihres Geschäftsführers zurechnen lassen muss, die geltend gemachten Forderungen nur zu dem Zweck erworben hat, den Beklagten aufgrund der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme in Anspruch zu nehmen, und dabei positiv wusste, dass er die Einlage nicht schuldete, und deshalb die Voraussetzungen der §§ 826, 242 BGB zu bejahen wären. Ein derartiges positives Wissen lässt sich aber schon nicht feststellen. Aus dem Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 29.7.2005 (Bl. 27 ff. GA) lässt sich vielmehr entnehmen, dass zu der Frage, ob und in welcher Höhe die Kommanditeinlage des Beklagten rückständig ist, unterschiedliche Auffassungen bestehen.

Davon abgesehen lassen sich die Voraussetzungen der §§ 826, 242 BGB auch deshalb nicht bejahen, weil nicht ersichtlich ist, dass die Rechte des Beklagten gegenüber der KG verkürzt werden, wenn er Drittgläubiger befriedigen muss. Denn der Beklagte erwirbt hierdurch einen Regressanspruch gegen die KG gemäß § 110 Abs. 1 HGB. Schuldet er der KG tatsächlich die Einlage, so kann er diese nunmehr durch Aufrechnung mit seiner Regressforderung erbringen (vgl. BGH NJW 1984, 2291). Schuldet er die Einlage dagegen im Innenverhältnis nicht, so kann er die Regressforderung geltend machen und die Gesellschaft muss, wenn sie ihrerseits mit der Einlageforderung aufrechnen will, diese genauso belegen wie sie es auch sonst müsste.

Eine sittenwidrige Schädigung des Beklagten (§ 826 BGB) ist deshalb letztlich nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Regressforderung gegen die KG nicht werthaltig wäre. Dafür ist indessen nichts ersichtlich.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

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