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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 16.01.2003
Aktenzeichen: 27 U 208/01
Rechtsgebiete: BGB, StGB


Vorschriften:

BGB § 393
BGB § 774 Abs. 1 S. 1
BGB § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.
BGB § 818
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 818 Abs. 4
BGB 3 819
BGB § 819 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 852 Abs. 2
BGB § 852 Abs. 3
StGB § 266
StGB § 266 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. September 2001 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Siegen teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 57.575,56 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 16. März 2001 zu zahlen.

Die Anschlußberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin ist eine KG in Liquidation. Der Beklagte und der Liquidator der Komplementär-GmbH der Klägerin, Dipl.-Ing. S, beide öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, hatten sich zur gemeinsamen Berufsausübung zusammengetan und einerseits eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und andererseits die Klägerin gegründet, deren Unternehmensgegenstand u.a. technische Vermessungsarbeiten waren. Sie waren Kommanditisten der Klägerin und zugleich beide Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, wobei der Beklagte im Gegensatz zu Herrn S nicht alleinvertretungsberechtigt war.

Am 07.02.1992 schloß der Beklagte namens der Klägerin mit der Firma O und einer Firma U einen Vertrag über Vermessungsarbeiten in O mit der Nummer ###1 ab (sog. Vertrag O II). Die Klägerin hatte bereits früher aufgrund eines Vertrages mit O zusammengearbeitet. Der Beklagte informierte anschließend umgehend seinen Mitgesellschafter S von dem Vertragsabschluß, der ihm sodann unter dem 11.02.1992 und nach Vorlage des vollständigen Vertrages unter dem 17.02.1992 jeweils schriftlich mitteilte, daß er von neuen Geschäften in O nichts mehr wissen wolle und mit dem Vertragsabschluß für die Klägerin nicht einverstanden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 49 ff. d.A. 7 O 116/98 LG Siegen verwiesen.

Unter dem 28.02.1992 erteilte der Beklagte namens der Klägerin der Firma O die Rechnung Nr. 1 über 69.120,00 US-Dollar, die die Firma O am 23.04.1992 auf ein Konto der Klägerin bei der T-Bank zahlte, wo der Betrag auch einging. Der Beklagte, der Vollmacht für das Konto der Klägerin besaß, überwies anschließend am 07.05.1992 von diesem Konto der Klägerin den Betrag von 69.120,00 US-Dollar = 105.608,00 DM auf sein Privatkonto, wo die Summe am 08.05.1992 gutgeschrieben wurde.

Ebenfalls Anfang Mai 1992 schied der Beklagte als Kommanditist der Klägerin aus, nachdem es zwischen ihm und Herrn S mindestens seit 1991 zu Unstimmigkeiten gekommen war und beide seit dieser Zeit beabsichtigten, ihre gemeinsame berufliche Tätigkeit zu beenden. Mit Schreiben vom 06.10.1992 legte der Beklagte sein Amt als Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin nieder, was am 13.08.1993 in das Handelsregister eingetragen wurde. Die GmbH ist nach Kündigung des nunmehrigen Liquidators S am 27.01.1996 aufgelöst worden, was aufgrund des Gesellschaftsvertrages der Klägerin zugleich zu deren Auflösung führte.

In dem Rechtsstreit 7 O 116/98 LG Siegen, in dem die Klägerin den Beklagten auf Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit dem Vertrag O II in Anspruch genommen hatte, hatte der Beklagte erklärt, er habe mit Ausnahme der Vertragsunterzeichnung keine Geschäfte im Zusammenhang mit dem Vertrag O II getätigt. Insbesondere habe auch die Klägerin keinerlei Leistungen auf den Vertrag erbracht. Vielmehr sei der Vertrag nach der Verweigerung der Genehmigung durch Herrn S von der Firma F GmbH übernommen und ausgeführt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 112.608,00 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit (= 16. März 2001) zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, daß die Klägerin keinen Rückzahlungsanspruch habe, weil ihr der von der Firma O überwiesene Betrag nicht zugestanden habe. Denn aufgrund des rechtskräftig abgeschlossenen Vorverfahrens 7 O 116/98 LG Siegen stehe fest, daß die Klägerin keinen vertraglichen Anspruch gegenüber der Firma O habe.

Selbst wenn die Klägerin aber einen Anspruch gegen den Beklagten haben sollte, dürfe dieser derzeit noch nicht geltend gemacht werden, da noch keine Auseinandersetzungsbilanz der in Liquidation befindlichen Klägerin vorliege.

Hilfsweise hat der Beklagte die Aufrechnung mit seinem unstreitig bestehenden Kostenerstattungsanspruch aus dem genannten Verfahren vor dem Landgericht Siegen gegen die Klägerin in Höhe von 14.846,84 DM erklärt.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat einen Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB in Höhe von 112.608,00 DM für gegeben erachtet. Jedoch könne die Klägerin keine Zahlung im Wege der Leistungsklage begehren. Sie habe lediglich einen Anspruch auf Feststellung, daß ihr Rückforderungsanspruch in die Auseinandersetzungsbilanz eingestellt werde. Denn während der Abwicklung könnte die auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhenden Ansprüche der Gesellschafter gegen die Gesamthand und umgekehrt sowie gegen Mitgesellschafter grundsätzlich nicht selbständig geltend gemacht werden, sondern bildeten einen unselbständigen Rechnungsposten der Auseinandersetzungsbilanz. Eine Durchbrechung dieser grundsätzlich geltenden sog. Durchsetzungssperre komme hier nicht ausnahmsweise in Betracht. Demzufolge sei die entsprechende Feststellung auszusprechen, die als Minus in der Leistungsklage mitbeantragt und enthalten sei. Die Aufrechnung des Beklagten gehe aus dem gleichen Grunde ins Leere. Auch dieser Anspruch sei der Schlußabrechnung vorzubehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung begehrt die Klägerin unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils weiterhin die erstinstanzlich beantragte Verurteilung zur Zahlung.

Sie ist der Auffassung, daß die Überweisung des Betrages vom Konto der Klägerin auf das Privatkonto des Beklagten durch diesen auch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung und einen Straftatbestand darstelle. In einem solchen Falle müsse eine Ausnahme von der grundsätzlich geltenden Durchsetzungssperre gelten. Das folge auch aus dem Rechtsgedanken des § 393 BGB. Da sich der Anspruch auf das beschränke, um was der Beklagte bereichert worden sei, sei er auch aus unerlaubter Handlung nach § 852 Abs. 3 BGB nicht verjährt. Auch auf diesen Anspruch finde § 393 BGB Anwendung.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Siegen abzuändern und den Beklagten gemäß dem erstinstanzlichen Antrag zur Zahlung zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlußberufung beantragt er abändernd,

die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die gegnerische Anschlußberufung zurückzuweisen.

Der Beklagte erhebt gegenüber einer Forderung aus unerlaubter Handlung die Einrede der Verjährung. In diesem Zusammenhang ist unstreitig, daß dem Liquidator der Klägerin bereits im Mai 1992 die Überweisung des Betrages auf das Konto des Beklagten bekannt geworden war.

Im übrigen ist der Beklagte der Auffassung, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 266 StGB nicht vorlägen. Insbesondere habe ihm jedes Bewußtsein gefehlt, die Klägerin zu schädigen, da die erhaltenen Gelder von der Firma O nicht der Klägerin, sondern der Firma F zugestanden hätten.

Jedenfalls ist er der Auffassung, daß kein Ausnahmefall der Durchsetzungssperre vorliege.

Weiter meint er, es bestehe überhaupt kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten. Das folge daraus, daß der Zahlungseingang bei der Klägerin ohne Rechtsgrund erfolgt und diese nicht berechtigt gewesen sei, das Geld zu behalten. Daher liege die Fallkonstellation eines sog. Doppelmangels vor, weil bei drei Beteiligten beide Kausalverhältnisse fehlerhaft gewesen seien, wenn man davon ausgehe, daß auch der Beklagte gegenüber der Klägerin keinen direkten Anspruch auf Auskehrung des Geldes an ihn bzw. die Firma F gehabt habe. Dies sei ein Falle der sog. Einheitskondiktion, bei dem nur ein Durchgriffsanspruch der Firma O gegenüber dem Beklagten bestehe, aber kein Anspruch der Klägerin. Im übrigen bestehe im Verhältnis der O zur Klägerin auch deshalb kein Bereicherungsanspruch, weil letzterer entreichert sei. Denn die Leistung der O sei bei ihr nicht mehr wertmäßig in ihrem Vermögen geblieben, worauf sie sich gem. § 818 Abs. 3 BGB auch berufen könne.

Der Beklagte erklärt gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin hilfsweise die Aufrechnung, und zwar erstrangig mit dem bereits in erster Instanz zur Aufrechnung gestellten Betrag von 14.846,84 DM, und im Range danach und begrenzt bis zur Höhe der Klageforderung mit einem angeblich auf den Beklagten gem. § 774 Abs. 1 S. 1 BGB übergegangenen Anspruch aus einer Darlehensverpflichtung der Klägerin gegenüber der Sparkasse P, für die der Beklagte eine Bürgschaft übernommen hatte, aus der er im Verfahren 2 O 7/99 vor dem Landgericht Siegen in Höhe von 182.494,99 DM in Anspruch genommen und zur Zahlung verurteilt worden ist. Der Beklagte behauptet, diesen Betrag auch an die Sparkasse P gezahlt zu haben.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg; die Anschlußberufung des Beklagten ist dagegen unbegründet.

A. Berufung der Klägerin

Die Forderung der Klägerin in Höhe des zuerkannten Betrages ist nicht nur gem. § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB, sondern auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 Abs. 1 StGB, § 852 Abs. 2 BGB begründet (I.). Dieser Anspruch unterliegt keiner Durchsetzungssperre, sondern ist auf Zahlung an die Klägerin gerichtet (II.).

I.

1.

Der Beklagte hat durch die Überweisung des Geldes vom Konto der Klägerin auf sein Privatkonto die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, mißbraucht. Die durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis bestand in der Kontovollmacht. Diese hat er mißbraucht, weil er zu einer solchen Überweisung - abweichendes hat er selbst nie behauptet - im Verhältnis zur Klägerin nicht berechtigt gewesen war. Er hat damit das rechtliche Dürfen im Rahmen seines rechtlichen Könnens überschritten und damit den Mißbrauchstatbestand der Untreue objektiv erfüllt.

2.

Der Beklagte hatte auch die Vermögensinteressen der Klägerin zu betreuen. Hierfür sind zwar keine bloßen Nebenpflichten ausreichend. Vielmehr muß die Vermögensbetreuungspflicht wesentlicher Bestandteil der ihm übertragenen Aufgaben sein. Das folgt aber ohne weiteres aus seiner Stellung sowohl als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Klägerin als auch als Kommanditist der Klägerin, dem eine Kontovollmacht erteilt war. Beide Aufgaben beinhalteten im Kern, das Vermögen der Klägerin zu betreuen. Unerheblich ist hierfür, daß ihm als GmbH-Geschäftsführer keine Einzelvertretungsmacht zustand.

3.

Der Beklagte hat durch diesen Mißbrauch der Klägerin auch einen Nachteil zugefügt. Der Nachteil besteht in dem Verlust des Auszahlungsanspruchs der Klägerin gegen ihre Bank in Höhe des entsprechenden Guthabens auf dem Konto, das vom Beklagten auf sein Konto überwiesen wurde. Irgendeine anrechenbare Kompensation, die einen Nachteil ausschließen würde, kommt nicht in Betracht. Insbesondere wurde die Klägerin hierdurch nicht von einem Bereicherungsanspruch der Firma O befreit. Denn die Klägerin haftete nach §§ 818 Abs. 4, 819 BGB der Firma O verschärft, weil sie beim Empfang der Überweisung durch die O, vertreten durch Herrn S und den Beklagten, wußte, daß sie die Zahlung ohne Rechtsgrund erhielt. Denn beiden war bekannt, daß der Vertrag aufgrund verweigerter Genehmigung durch Herrn S endgültig unwirksam war.

4.

Zwar kann eine Kommanditgesellschaft selbst nicht Geschädigte i.S.v. § 266 StGB sein. Aber es reicht aus, wenn das gesamthänderisch gebundene Sondervermögen dadurch geschädigt wird, daß gleichzeitig das Vermögen der Gesellschafter berührt wird (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1991, 4 Str 258/91, wistra 1992, 24 ff. mit Verweis auf BGH wistra 1984, 71 und 226). Insoweit kann zwar nicht auf den Beklagten als Gesellschafter abgestellt werden, weil Geschädigter i.S.v. § 266 StGB nur ein mit dem Täter nicht identischer Träger fremden Vermögens sein kann. Geschädigt waren aber die mit der Verfügung nicht einverstandenen Gesellschafter S und die GmbH.

5.

Der Beklagte hat auch vorsätzlich gehandelt. Hierfür reicht die Kenntnis aller Tatumstände aus (vgl. § 16 StGB). Es ist vom Beklagten weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, daß ihm irgendwelche der objektiven Tatumstände nicht bekannt gewesen sind. Unerheblich ist die Behauptung des Beklagten, daß er gewußt habe, daß der Klägerin die erhaltenen Gelder von der Firma O nicht zugestanden hätten. Denn die Herkunft der Gelder, die zu einem Auszahlungsanspruch bezüglich des Guthabens bei der Bank der Klägerin geführt haben, spielt für das Bestehen dieses Auszahlungsanspruches keine Rolle. Es spielt auch keine Rolle, ob die Klägerin einem Rückzahlungsanspruch der Firma O ausgesetzt war. Einen solchen Rückforderungsanspruch hat der Beklagte mit seiner Verfügung gerade nicht erfüllt oder erfüllen wollen. Er hat auch gewußt, daß er im Innenverhältnis zur Klägerin unter keinem Gesichtspunkt berechtigt war, das Geld auf sein Privatkonto zu überweisen. Sofern er darüber hinaus behauptet, ihm habe jedes Bewußtsein gefehlt, die Klägerin zu schädigen, spielt auch dies keine Rolle. Denn es reicht aus, daß ihm der objektiv eingetretene Nachteil, der Verlust des Auszahlungsanspruches gegen die Bank durch die Klägerin durch Verminderung des Guthabens, bekannt war. Das war aber der Fall. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, ihm habe das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit seines Handelns gefehlt, so ist auch dies unerheblich, weil es sich insoweit allenfalls um einen vorwerfbaren vermeidbaren Verbotsirrtum gehandelt haben kann, der die Schuld nicht beseitigt (vgl. nur Palandt-Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rdn. 143 und Palandt/Heinrichs, § 276 Rdn. 11 m.w.N.).

6.

Dieser Anspruch ist nicht verjährt. Der Beklagte haftet nach § 852 Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 818 Abs. 2, Abs. 4, 819 Abs. 1 BGB auf Wertersatz des Betrages, der auf sein Konto überwiesen wurde. Er kannte beim Empfang des Geldes den Mangel des rechtlichen Grundes, da er wußte, daß ihm das Geld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustand.

II.

Dieser Zahlungsanspruch der Klägerin unterliegt keiner Durchsetzungssperre unter dem Gesichtspunkt, daß der Beklagte aus der Klägerin und der Komplementär-GmbH ausgeschieden ist und diese sich in Liquidation befinden. Dies folgt aus einem aus § 393 BGB abzuleitenden Rechtsgedanken (ebenso OLG Köln, BB 1986, 1888). § 393 ist auch auf einen Anspruch nach § 852 Abs. 3 BGB anwendbar (BGH, Urteil vom 24. November 1976, IV ZR 232/74, NJW 1977, 529 f.).

Es spricht bereits einiges dafür, eine Durchsetzungssperre nach dem allgemeinen Sinn des § 393 BGB bei Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung grundsätzlich nicht anzunehmen, damit der durch eine vorsätzlich unerlaubte Handlung Geschädigte in angemessener Frist ohne Erörterung von Gegenansprüchen des Klägers zu seinem Recht kommt. Ob dies in dieser Allgemeinheit in jedem Fall einer unerlaubten Handlung anzunehmen ist (vgl. auch Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl., § 131 Rdn. 44), kann hier aber letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls dann, wenn die unerlaubte Handlung zu einem Zeitpunkt stattfindet, in dem das Ausscheiden eines Gesellschafters und damit die durchzuführende Saldierung der Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschafter bereits feststeht, darf der aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung resultierende Ersatzanspruch nicht mehr einer Durchsetzungssperre unterliegen. Denn anderenfalls würde eine (zivilrechtlich) sanktionslose unzulässige Selbsthilfe des ausscheidenden Gesellschafters ermöglicht. Denn dann könnte der ausscheidende Gesellschafter, der einen Abfindungsanspruch erwartet, diesen sanktionslos dadurch vorzeitig realisieren, indem er in Höhe dieses erwarteten Abfindungsanspruchs der Gesellschaft vorsätzlich in einer Weise Schaden zufügt, daß er gleichzeitig hierdurch in dieser Höhe bereichert wird, also insbesondere durch Entnahme von Geld. Würde auf den hieraus resultierenden Anspruch eine Durchsetzungssperre angewandt, hätte er nichts weiter zu befürchten, als daß sich sein Ausgleichsanspruch durch Saldierung mit diesem hieraus resultierenden Anspruch auf Null reduziert. Er hätte mithin das erreicht, was er wollte, nämlich sich sofort wegen seines erwarteten Abfindungsanspruches befriedigt. Ein solches eigenmächtiges Vorgehen wollen aber die Regeln eines geordneten Ausscheidens mit einer Auseinandersetzungsbilanz verhindern.

So liegt der Fall auch hier: Der Beklagte hat sich praktisch zeitgleich mit der Beendigung seiner Tätigkeit in der Klägerin und seinem Ausscheiden als Kommanditist das Geld auf sein Privatkonto überwiesen. Zu diesem Zeitpunkt stand fest, daß es zu einer Gesamtabrechnung der Ansprüche zwischen den Parteien kommen würde.

III.

Die Hilfsaufrechnungen des Beklagten greifen nicht durch. Sie scheitern bereits unmittelbar an § 393 BGB. Im übrigen sind die mit ihr zur Aufrechnung gestellten Ansprüche des Beklagten ohnehin nicht selbständig durchsetzbar, sondern in die Auseinandersetzungsrechnung als unselbständiger Rechnungsposten einzustellen. Denn wenn es sich auch bei der in zweiter Linie zur Aufrechnung gestellten Forderung ursprünglich um einen Drittgläubigeranspruch handelte und solche Ansprüche auch nach Abtretung an einen Gesellschafter ihren Charakter nicht verlieren und deshalb grundsätzlich nicht der Durchsetzungssperre unterliegen (vgl. MünchKomm/ Ulmer, § 730 BGB, Rdn. 240), so hat die Bürgschaft für die Klägerin doch ihre Grundlagen im Gesellschaftsverhältnis, so daß alle daraus resultierenden Ansprüche gleichermaßen der Durchsetzungssperre unterliegen (vgl. MünchKomm/Ulmer, a.a.O., Rdn. 41; BGHZ 103, 72).

B. Anschlußberufung des Beklagten

Die Anschlußberufung ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten - wie dargelegt - einen Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 StGB, 852 Abs. 3 i.V.m. §§ 818, 819 BGB.

Darüber hinaus hat das Landgericht in seinem Urteil, auf dessen zutreffende Gründe verwiesen werden kann, zu Recht einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB bejaht. Ergänzend ist hierzu lediglich auszuführen, daß der Beklagte die Gutschrift auch auf Kosten der Klägerin erlangt hat, weil durch die Überweisung unmittelbar und zugleich der entsprechende Anspruch der Klägerin auf Auszahlung des Guthabenbetrages gegen ihre Bank vermindert wurde. Nach § 818 Abs. 2 BGB hat der Beklagte den Wert der auf seinem Konto erlangten Gutschrift zu ersetzen. Auf eine Entreicherung kann er sich nach § 818 Abs. 4 i.V.m. § 819 BGB nicht berufen, weil er wußte, daß die Überweisung an ihn ohne Rechtsgrund erfolgte.

Dieser Anspruch kann auch nicht mit Erwägungen verneint werden, daß hier ein unmittelbarer Durchgriff der Firma O gegen den Beklagten bestehe. Ein solcher Durchgriffsanspruch besteht schon deshalb nicht, weil die Firma O keines besonderen Schutzes in der Form bedarf, daß ihr neben oder anstelle eines Anspruchs gegen die Klägerin ein unmittelbarer Durchgriffsanspruch gegen den Beklagten gewährt wird, weil sich die Klägerin - wie bereits ausgeführt - wegen des Eingriffs des Beklagten im Verhältnis zur Firma O nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. Darüber hinaus bedeutet die Zulassung eines Durchgriffs nicht automatisch, daß der Bereicherungsanspruch des zweiten gegen den dritten Beteiligten einer Kette nicht mehr bestehe. Denn ein Durchgriff wird immer nur zugunsten des ersten Beteiligten der Beteiligten der Kette, nicht zugunsten des letzten Empfängers zugelassen. Insoweit ist dieser nicht schutzwürdig. Er hat mit dem ersten Beteiligten der Kette nichts zu tun. Sein Eingriff erfolgt in das Vermögen des zweiten Beteiligten der Bereicherungskette, demgegenüber er deshalb auch ausgleichspflichtig ist. Das Begehren des Beklagten im vorliegenden Fall läuft darauf hinaus, daß er Einwendungen, die er (zufällig) dem ersten Beteiligten der Kette entgegensetzen könnte, auch demjenigen entgegensetzen möchte, in dessen Vermögen er unmittelbar eingegriffen hat. Hierfür besteht aber kein schutzwürdiges Interesse.

C.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung einer Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Frage, ob eine Durchsetzungssperre für Ansprüche einer Gesellschaft gegen einen ausgeschiedenen Gesellschafter grundsätzlich auch für Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung besteht oder nicht, ist im vorliegenden Fall letztlich nicht entscheidungserheblich. Denn die Entscheidung des Senats beruht - wie dargelegt - darauf, daß es einem ausgeschiedenen Gesellschafter nicht im Wege einer "Selbsthilfe" möglich sein darf, durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung vorzeitig einen vermeintlichen Abfindungsanspruch zu realisieren. Auf diese besondere Situation des vorliegenden Falles bleibt die Anwendung des dem § 393 BGB zugrunde liegenden Rechtsgedankens hier beschränkt.

Es ist weder ersichtlich noch von den Parteien vorgetragen, daß in dieser Frage unterschiedliche Auffassungen oder eine abweichende Rechtsprechung existieren.

Es ist nicht zu erwarten, daß es sich hier um eine klärungsbedürftige Frage handelt, die in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten wird.

Ende der Entscheidung

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