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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 27.05.2008
Aktenzeichen: 28 U 158/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, StGB, VVG, ARB 94/2000


Vorschriften:

ZPO § 139
ZPO § 287
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 117
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 164
BGB § 276 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 475 Abs. 1 Satz 2
BGB § 611
BGB § 675
BGB § 675 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 25 Abs. 2
StGB § 263
VVG § 67
ARB 94/2000 § 17 Abs. 3
ARB 94/2000 § 17 Abs. 5
ARB 94/2000 § 17 Abs. 8 S. 1
ARB 94/2000 § 17 Abs. 8 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 05.10.2007 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Münster abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin legt dem Beklagten, der als Rechtsanwalt in N4 tätig ist, fehlerhafte Sachbearbeitung zur Last.

Der Zeuge Dr. E, ein Architekt aus F, verfügt über einen Rechtsschutzversicherungsvertrag mit der Klägerin. Ende des Jahres 2003 beabsichtigte er, ein Turnier-Dressurpferd für seine Tochter X anzuschaffen. Er wurde von deren Reitlehrer E2 an M2 aus H2 verwiesen. Es kam zu Verhandlungen, in deren Verlauf das Pferd Q vorgestellt wurde. Es befand sich auf dem Gelände von O, der in J einen Handelsstall für Sportpferde betrieb. Dort konnte Q zweimal von X und ihrer Mutter X2 besichtigt und geritten werden. Am 03.12.2003 wurde das Pferd von Dr. M aus M3, dem Haustierarzt des Beklagten, untersucht.

Am 10.12.2003 traf Dr. E mit M2 eine schriftliche Einigung, die mit "Vertrag über einen Pferdetausch mit Wertausgleichszahlung und Provisionsvereinbarung" überschrieben war (Bl. 16/17 GA). Darin heißt es auszugsweise:

" ...

§ 1 Herr M2 verschafft Herrn Dr. E im Tausch gegen das unter § 2 genannte Pferd das Eigentum und den Besitz an dem Reitpferd Q ... Besitzer: N5, ... Herr M2 erklärt, dass er über das Pferd verfügen darf und im Auftrag des Besitzers für diesen bevollmächtigt handelnd die Abwicklung des Pferdetausches mit Wertzahlungsausgleich vornimmt.

§ 2 Herr Dr. E verschafft Herrn M2 im Tausch gegen das unter § 1 genannte Pferd das Eigentum und den Besitz an dem Reitpferd Q ..."

§ 5 Als Ausgleich für die wertmäßige Differenz der zu tauschenden Pferde zahlt Herr Dr. E an Herrn M2 einen Betrag in Höhe von brutto 135.000 EUR mit der Maßgabe der ordnungsgemäßen Weiterleitung an den Besitzer sowie zur Befriedigung von Ansprüchen Dritter, u.a. von Personen, die an dem Zustandekommen und der Abwicklung des Pferdetausches beteiligt waren bzw. sind. ...

§ 6 Herr M2 erhält ... eine Provisionspauschale in Höhe von brutto 7.500 EUR zum Ausgleich seiner persönlichen Aufwendungen und Vergütung seiner Vermittlungs- und Abwicklungstätigkeit.

§ 7 Beide Seiten verzichten im Wege des Pferdetausches ausdrücklich auf das Wandlungsrecht. ..."

O, der Betreiber des Handelsstalls für Sportpferde, wird in dem Vertragstext nicht erwähnt. Dr. E erbrachte die genannten Zahlungen in Höhe von 135.000,00 € und 7.500,00 € jeweils per Scheck. In den Tagen danach wurde der Pferdetausch vollzogen. Pocahontas wurde an M2 überlassen und Q an E2, den Reitlehrer von X, ausgeliefert. Es kam zu tierärztlichen Untersuchungen, bei denen man u.a. feststellte, dass das Pferd lahmte und unter Entzündungen an den vorderen Gliedmaßen und im Rücken litt. In der Folgezeit boten sowohl M2 als auch O mehrere Tauschpferde an, die sich alle in dem Stall in J befanden. Sie wurden jedoch von der Familie E aus verschiedenen Gründen jeweils als ungeeignet angesehen.

Ende Juni 2004 beauftragte Dr. E zunächst den Rechtsanwalt H aus F mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Eine Anfrage bei N5, dem in dem Tauschvertrag vom 10.12.2003 benannten Besitzer des Pferdes Q (s.o.), ergab, dass er das Tier im September 2003 an O veräußert habe (Bl. 63 GA). Mit Schreiben vom 02.07.2004 erklärte Rechtsanwalt H gegenüber M2 die Anfechtung des Tauschvertrags (Bl. 64-67 GA). Mit Schreiben vom 28.07.2004 verlangte er von O die Rücknahme des Pferdes unter Rückzahlung des Kaufpreises (Bl. 68/69 GA). An dem selben Tag forderte Rechtsanwalt H zudem M2 u.a. letztmals auf, ein geeignetes Tauschpferd zu beschaffen. Am 19.08.2004 meldeten sich anwaltliche Bevollmächtigte für O und erklärten, dass dieser nicht Vertragspartner von Dr. E geworden sei.

Ende September 2004 erhielt Dr. E von E2, dem Reitlehrer seiner Tochter, die Ablichtung eines mit dem Datum des 10.12.2003 versehenen Schriftstücks, wonach O2, vertreten durch seinen Bruder O, das Pferd Q für 90.000,00 € an M2 verkauft habe. Es trägt die Unterschriften von O - mit dem Zusatz "i.A." - und M2.

Am 04.10.2004 erstellte Rechtsanwalt H ein Gutachten zur Sach- und Rechtslage (Bl. 74-77 GA). Er gelangte darin zu dem Ergebnis, dass Verfahren sowohl gegen M2 als auch gegen O jeweils mit Prozessrisiken behaftet seien. Wesentlich schwieriger dürfte jedoch ein Obsiegen gegen O sein, da man insofern kaum über entsprechende interne Kenntnisse verfüge. Ein Verfahren gegen M2 dürfte angesichts des von diesem eigenständig vorgenommenen Preisaufschlags in Höhe von 20.000,00 € wesentlich leichter zu führen sein. Jedoch erscheine dieser als der wirtschaftlich schwächere Gegner und werde möglicherweise nicht dazu in der Lage sein, den ausgeurteilten Zahlungsbetrag zu leisten. In jedem Fall sollte, gegen wen auch immer man das Verfahren beginne, dem jeweils anderen der Streit verkündet werden.

Auf die Empfehlung von Rechtsanwalt H hin beauftragte Dr. E sodann den Beklagten mit der Wahrnehmung seiner Interessen. Hintergrund war u.a., dass der Beklagte als Reitsportexperte geschätzt wurde, der zudem bereits mehrere andere Verfahren gegen O führte. Er vermutete, dass der Handelsstallbetreiber ein eigenes System entwickelt habe, bei dem er zwar immer wieder nach außen hin gegenüber potentiellen Kunden auftrete, in den schriftlichen Verträgen dann aber Dritte, insbesondere seinen Bruder und seine Lebensgefährtin, aufführen lasse. Das Gutachten, das Rechtsanwalt H am 04.10.2004 gefertigt hatte, wurde dem Beklagten zur Verfügung gestellt.

Der Beklagte erstellte zunächst den Entwurf einer Klageschrift gegen O. Diesen sandte ihm Dr. E unter dem 11.11.2004 zurück, nachdem er den Text mit handschriftlichen Anmerkungen versehen hatte. Der Mandant bat darum, eine Streitverkündung gegen M2 zu überprüfen. Außerdem solle in der Klagebegründung "noch deutlicher das vorsätzlich betrügerische Netzwerk des O angeprangert werden" (Bl. 121 GA). Unter dem 26.11.2004 fertigte der Beklagte im Namen von Dr. E schließlich die Klageschrift gegen O (Bl. 36-44 GA), die am 29.11.2004 bei dem Landgericht Memmingen einging. Das Begehren war u.a. auf Rückabwicklung des Pferdetauschvertrages, Ersatz von Tierarzt-, Hufschmiede und Unterstellungskosten etc. gerichtet (Aktenzeichen 3 O 2377/04; Beiakte). Zuvor hatte die Klägerin, nachdem ihr ein Entwurf der Klageschrift übersandt worden war, eine Deckungszusage für das Vorgehen erteilt. Der Beklagte vertrat im Namen von Dr. E die Auffassung, dass der Tauschvertrag in Wirklichkeit mit O zustande gekommen sei, schon weil dieser Q bereits im September 2003 von N5 erworben habe. Verkäufer des Pferdes an M2 sei daher nicht O2, sondern dessen Bruder O gewesen. O und M2 hätten kollusiv durch Scheingeschäfte zusammengewirkt, um Dr. E zu schaden und Gewährleistungsansprüche gemäß den Regeln über den Verbrauchsgüterkauf zu umgehen. So sei Q2, das von Dr. E im Rahmen des Tausches übergebene Pferd, im weiteren Verlauf von M2 an O überlassen worden, der das Tier schließlich zum Preis vom 60.000,00 € weiterverkauft habe. Auch zeige die Tatsache, dass O später mehrere, wenn auch ungeeignete Turnierpferde zum Tausch gegen Q angeboten hätte, dass in Wirklichkeit er selbst der Vertragspartner von Dr. E gewesen sei. Im Übrigen seien die Angaben von O und M2 widersprüchlich gewesen. Bevor deren - wohl rückdatierter - Vertrag vom 10.12.2003 vorgelegt worden sei, habe es noch geheißen, dass Q durch U, die Lebensgefährtin von O, an M2 veräußert worden sei. Die von Dr. M vor dem Tauschgeschäft durchgeführte Untersuchung sei wertlos, da die entnommene Blutprobe zur Ermittlung etwaiger schmerzstillender Substanzen von ihm falsch gehandhabt bzw. auf "mysteriöse Art und Weise verschwunden" sei.

Am 17.12.2004 überwies die Klägerin 4.808,00 € als Gerichtskostenvorschuss an den Beklagten.

O verteidigte sich gegen seine Inanspruchnahme vor dem Landgericht Memmingen. Er machte geltend, nie Vertragspartner von Dr. E geworden zu sein. Zwischen beiden sei es niemals zu Verhandlungen gekommen. Unerheblich sei, dass M2 in dem Tauschvertrag fälschlicherweise N5 als Eigentümer von Q bezeichnet habe. Das Pferd Q2 habe O als Provision erhalten, weil er für seinen Bruder den Verkauf von Q an M2 getätigt habe. Soweit er vorprozessual bereit gewesen sei, einen Austausch mit einem anderen Pferd aus seinem Stall vorzunehmen, so habe es sich um ein völlig neues Geschäft gehandelt. Höchst vorsorglich werde bestritten, dass bei Q zur Zeit des Gefahrübergangs irgendeine gesundheitliche Beeinträchtigung vorgelegen habe (Bl. 13-17 der Beiakte). Im Übrigen verkündete O gegenüber M2 den Streit (Bl. 18/19 der Beiakte). Ein Beitritt ist daraufhin allerdings nicht erfolgt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Memmingen am 21.04.2005 regte die erkennende Einzelrichterin an, die Klage zurückzunehmen, da eine Passivlegitimation Os nicht dargelegt sei. Dr. E würde sich damit nichts vergeben. Es bliebe ihm unbenommen, nach Aufklärung ggf. auch in strafrechtlicher Hinsicht erneut Klage zu erheben. Daraufhin äußerte der Prozessbevollmächtigte von O, dass sein Mandant im Falle einer Klagerücknahme bereit wäre, ein neues Tauschgeschäft bezüglich des Pferdes Q einzugehen. Daraufhin gab Dr. E zu Protokoll (Bl. 34 der Beiakte):

" ... Auch nachdem das Gericht mich darauf hingewiesen hat, dass dieser Vorschlag wohl eine wirtschaftlich sinnvollere Lösung dieser ganzen Angelegenheit wäre, bestehe ich darauf, ein Urteil zu erhalten. ..."

Durch Urteil des Landgerichts Memmingen vom 12.05.2005 wurde die Klage von Dr. E abgewiesen. Zur Begründung hieß es, dass eine Passivlegitimation von O nicht erkennbar sei. Zu unmittelbaren Vertragsverhandlungen zwischen ihm und Dr. E sei es nicht gekommen. Die Voraussetzungen eines Scheingeschäfts zwischen O2 und M2 seien ebenfalls nicht erfüllt. Auf die Umstände hinsichtlich der von O angebotenen Tauschpferde komme es nicht an. Seine unstreitige Bereitschaft habe er mit dem Interesse an neuen Geschäften mit Dr. E erklärt, ohne dass diese Behauptung widerlegt worden sei (Bl. 7-15 GA).

Die Klägerin erbrachte Zahlungen in Höhe von insgesamt 6.340,04 € im Hinblick auf die Anwaltsgebühren des Beklagten.

Im Auftrag von Dr. E legte der Beklagte Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts Memmingen ein und begründete diese (Aktenzeichen 24 U 391/05 Oberlandesgericht München). Die Klägerin lehnte eine Deckungszusage für das Rechtsmittelverfahren ab, da sie das Vorgehen nicht für erfolgversprechend hielt (Bl. 270/271 GA).

Mit Verfügung vom 06.09.2005 wies das Oberlandesgericht München darauf hin, dass es beabsichtige, die im Namen von Dr. E durch den Beklagten eingelegte Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 II ZPO zurückzuweisen. Das Landgericht habe zu Recht eine Passivlegitimation Os verneint. Für die Bejahung eines Vertragsschlusses komme es weder auf die Eigentumsverhältnisse an dem Pferd, noch die dubiosen Begleitumstände des Kauf- und Tauschvertrages, noch das nachträgliche Verhalten Os an. Als Vertragspartner könnten danach allenfalls M2 oder N5 in Betracht kommen. O hingegen habe weder zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, also bei der Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen, noch bei der Abwicklung des Geschäftes zur Debatte gestanden. Auch ein unterstelltes kollusives Zusammenwirken zwischen O und M2 hätte allenfalls möglicherweise zu Schadensersatzansprüchen, nicht aber zur Fiktion eines Vertragsschlusses mit O führen können (Bl. 75-77 der Beiakte). Mit Schriftsatz vom 27.09.2005 nahm der Beklagte daraufhin die Berufung zurück (Bl. 79 der Beiakte).

Am 11.10.2005 wandte sich Dr. E an die N mbH und bat um Unterstützung gegenüber der Klägerin. Darin fasste er den Sachverhalt aus seiner Sicht zusammen (Bl. 18-20 GA) und äußerte die Absicht, nach dem klageabweisenden Urteil des Landgerichts Memmingen nunmehr Rechtsanwalt H mit der gerichtlichen Inanspruchnahme von M2 beauftragen zu wollen. Abschießend heißt es in dem Schreiben:

" ... Die Kosten des Berufungsverfahrens gegen das Urteil des LG Memmingen trage ich. Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass die S das Verfahren gegen Herrn M2 finanziell abdeckt. ..."

Zwischenzeitlich hatte der Beklagte in einem anderen Rechtsstreit im Namen von Dr. E eine Verurteilung von M2 zur Rückzahlung der gezahlten Provision von 7.500,00 € erreicht (Versäumnisurteil im schriftlichen Verfahren; Beiakte 11 O 57/05 Landgericht Hannover). Allerdings blieben die danach eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Titelschuldner erfolglos.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.02.2006 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 16.895,24 € bis spätestens zum 08.03.2006 auf (Bl. 21-23 GA - der Betrag umfasst neben den eigenen Anwaltsgebühren des Beklagten und dem Gerichtskostenvorschuss auch eine Kostenerstattung an die Prozessbevollmächtigten von O in Höhe von 5.737,20 €). Leistungen wurden daraufhin jedoch nicht erbracht. Der Beklagte lehnte eine Erstattung ab.

Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin eine Schadensersatzforderung aus übergegangenem Recht in Höhe von 11.158,04 € geltend (Sie betrifft nur die eigenen Anwaltsgebühren des Beklagten und den Gerichtskostenvorschuss. Hingegen wurde die Kostenerstattung an die Prozessbevollmächtigten von O nicht mit einbezogen).

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass der Beklagte in O den falschen Gegner für ein gerichtliches Vorgehen ausgewählt habe. Dessen Inanspruchnahme sei von vornherein rechtlich aussichtslos gewesen. Sollte es tatsächlich ein betrügerisches "System O" gegeben habe, so sei es dem Beklagten nicht gelungen, dieses den erkennenden Gerichten durch entsprechenden substantiierten Vortrag zu verdeutlichen. Vielmehr hätte der Beklagte aufgrund der ihm damals bereits vorliegenden Dokumente und Informationen von vornherein zu einer Klage gegen M2 raten müssen. Die Klägerin hat behauptet, Dr. E sei sich nicht darüber im Klaren gewesen, dass der Beklagte ein höchst risikobehaftetes Vorgehen gewählt habe. Wenn aber nach der Darstellung des Beklagten die Problematik angeblich so ausführlich besprochen worden sei, dann hätte er auch die Klägerin darüber aufklären müssen. Bei zutreffender Unterrichtung hätte sie für ein aussichtslosen Verfahren keine Deckungszusage erteilt. In derartigen Fällen verliere der Anwalt seinen Vergütungsanspruch gegenüber dem Versicherungsnehmer und werde für einen weitergehenden Schaden ersatzpflichtig.

Der Beklagte hat behauptet, vor der Klageerhebung gegen O eine umfassende Prüfung sämtlicher tatsächlicher und rechtlicher Aspekte vorgenommen und die Eheleute E ausführlich über die Prozessrisiken aufgeklärt zu haben. Es habe gewichtige Argumente für eine erfolgreiche Realisierung der Forderung gegeben. So habe eine gründliche Abwägung zwischen den existierenden schriftlichen Verträgen und den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen des Pferdes Q stattgefunden. M2 habe vorgerichtlich erklärt, dass O Eigentümer von Q sei. Daher sei auf die ausdrückliche Anweisung des Mandanten Dr. E die Klage gegen O erhoben worden. Zuvor sei erläutert worden, dass ein solcher Prozess mit großen Hürden verbunden sei und praktisch nur dann Erfolg haben würde, wenn ein Gericht bereit und in der Lage sein würde, die Umgehungsstrategien, die O nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes entwickelt habe, zutreffend rechtlich einzuordnen und ihnen ein Ende zu setzen. Man sei sich darüber einig gewesen, dass O derjenige sei, der sämtliche Fäden in der Hand hielt und sowohl Eigentümer als auch wirtschaftlicher Verkäufer des Pferdes Q gewesen sei. Die Frage sei nur gewesen, ob dies auch bewiesen werden könne. Dabei sei der Beklagte immer wieder darauf hingewiesen worden, dass ein solcher Beweis allenfalls durch Indizien geführt werden könne. Hierfür seien die Chronologien der angeblichen Verkäufe von Q im Vorfeld des Vertrags und der Tauschversuche im Anschluss an die Einigung sowie die aus Vergleichsfällen bekannten Praktiken von O in Betracht gekommen. Im Ergebnis sei von Dr. E ganz klar ein Verfahren gegen O favorisiert worden. Dabei habe der Beklagte aufgezeigt, dass ein Rechtsstreit leichter gegen M2 zu führen sei, wobei aber über dessen finanzielle Verhältnisse nur negative Erkenntnisse vorgelegen hätten. Außerdem hat der Beklagte die Ansicht vertreten, dass die Klägerin einen Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht geltend machen könne, weil sie sowohl durch Dr. E als auch durch Rechtsanwalt H als auch durch den Beklagten im Vorfeld der Klageerhebung gegen O auf das Problem der Passivlegitimation hingewiesen worden sei. Gleichwohl habe sie jedoch eine Deckungszusage erteilt.

Das Landgericht hat die Zeugen Dr. E (Bl. 146-149 GA), X2 (Bl. 149/150 GA) und H (Bl. 150-152 GA) vernommen. Sodann hat es - unter Klageabweisung in Höhe von 10,00 € (Rechenfehler der Klägerin bei der Addition ihrer einzelnen Forderungen) - den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 11.148,04 € nebst gesetzlicher Zinsen zu zahlen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die anwaltliche Vorgehensweise des Beklagten fehlerhaft gewesen sei. Er habe nicht den sichersten Weg zu Gunsten des Mandanten gewählt, sondern zu Unrecht die Klage vor dem Landgericht Memmingen gegen O erhoben. Dieser sei nicht passiv legitimiert gewesen. Aus keinem der vorliegenden Verträge und keiner der sonstigen Unterlagen sei zu schließen gewesen, dass O richtiger Beklagter hätte sein können. Dessen etwaige Eigentümerstellung besage nichts über die Person des Vertragspartners. Nichts anderes ergäbe sich dann, wenn M2 vorgeschoben worden sei, um den Zeugen Dr. E die Gewährleistungsansprüche aus dem Pferdetauschvertrag vorzuenthalten. Eine Umgehung des § 475 I 2 BGB führe nämlich nicht zu einem Austausch des Vertragspartners, sondern nur dazu, dass der "Vorgeschobene" sich nicht auf den Haftungsausschluss berufen könne. Auch ein dem Agenturgeschäft im Gebrauchtwagenhandel vergleichbarer Fall liege nicht vor. Dies gelte schon deshalb, weil O nicht als Verhandlungspartner und auf Verkäuferseite Handelnder unmittelbar im Rahmen des Vertragsabschlusses aufgetreten sei. Der Tauschvertrag sei auch nicht als Scheingeschäft i.S.d. § 117 BGB anzusehen. Dies setze ein kollusives Zusammenwirken zwischen M2 und Dr. E voraus. Dass aber der Mandant einen dahingehenden Willen gehabt haben könnte, wonach O als eigentlicher Vertragspartner anzusehen gewesen wäre, behaupte der Beklagte selbst nicht. Im Verhältnis zwischen den Brüdern O und M2 liege schon deshalb kein Scheingeschäft vor, weil es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass M2 nach dem Willen der Vertragsparteien nicht Eigentümer des Pferdes Q habe werden sollen. Der Beklagte könne sich auch nicht durch seinen Vortrag entlasten, dass es bei dem Verfahren vor dem Landgericht Memmingen in erster Linie um die Aufdeckung des "Systems O" gegangen sei. Zum einen sei ein solches weder in dem damaligen noch in dem jetzigen Rechtsstreit substantiiert dargelegt worden; Schadensersatzansprüche aus §§ 823 II, 263 StGB seien mit der Klage vor dem Landgericht Memmingen gar nicht geltend gemacht worden. Zum anderen würde ein betrügerisches "System O" ohnehin nur zu der Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses, nicht aber zu einem Austausch der Vertragspartner führen. Entsprechend sei auch Rechtsanwalt H in seinem Gutachten vom 04.10.2004 zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Vorgehen gegen M2 der sicherere Weg sei. Darüber hinaus habe der Beklagte seinen Mandanten auch nicht in zutreffender und umfassender Weise über die Sach- und Rechtslage sowie die Risiken eines Prozesses gegen O aufgeklärt. Der Zeuge Dr. E habe glaubhaft ausgesagt, dass der Beklagte ihm keinen Hinweis auf die Aussichtslosigkeit des Vorgehens erteilt habe. Es sei lediglich erklärt worden, dass er keine Garantie abgeben könne. Weiterhin hat das Landgericht ausgeführt, dass die festgestellten Pflichtverletzungen auch nicht durch die von der Klägerin erteilte Deckungszusage in Frage gestellt werden. Da hier ein Anspruch aus übergegangenem Recht geltend gemacht werde, sei entscheidend darauf abzustellen, dass der Beklagte im Verhältnis zu seinem Mandanten sachgerecht gearbeitet habe. Dr. E müsse sich jedoch kein etwaiges Mitverschulden der Klägerin zurechnen lassen, da der Rechtsschutzversicherer nicht als Erfüllungsgehilfe des Mandanten im Verhältnis zum Rechtsanwalt anzusehen sei. Mit der Prüfungsbefugnis der Rechtsschutzversicherung korrespondiere keine Prüfungspflicht. Die Pflichtverletzung sei auch kausal für den entstandenen Schaden. Zwar greife hier angesichts der erteilten Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung die Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens nicht ein. Jedoch ergebe sich aus der glaubhaften Aussage des Zeugen Dr. E, dass dieser bei zutreffender Information über die Aussichtslosigkeit eines Rechtsstreits gegen O von diesem Weg Abstand genommen hätte. Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass ein Vorgehen gegen M2 - zumindest aus wirtschaftlichen Gründen - sinnlos gewesen wäre. Dies rechtfertige es nämlich nicht, eine Klage ohne Erfolgsaussicht gegen einen anderen zu erheben. Wegen der weiteren Einzelheiten einschließlich der erstinstanzlichen Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 189-201 GA).

Der Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Entscheidung des Landgerichts. Zur Begründung führt er im Wesentlichen Folgendes aus:

I.

Es sei schon unzutreffend, dass die Prozessführung gegen O fehlerhaft gewesen sei. Hier habe die Kammer verkannt, dass ein Vorgehen gegen den in dem seinerzeitigen Tauschvertrag genannten M2 wegen dessen Insolvenz nicht etwa den sichersten Weg dargestellt hätte, sondern wirtschaftlich völlig aussichtslos gewesen sei.

II.

Dr. E habe in seiner erstinstanzlichen Aussage deutlich gemacht, dass er sich durch O - insbesondere auch wegen weiterer bekannter Parallelfälle - betrogen fühlte und es ihm ein Anliegen gewesen sei, diesen Machenschaften ein Ende zu bereiten. Der Mandant habe sich daher ausdrücklich zu einem Vorgehen gegen O - und nicht etwa gegen M2 - entschieden. Er habe dem Beklagten einen entsprechenden Auftrag erteilt, weil der Prozess gegen O als einzige, wenngleich sehr schwierige, Möglichkeit erschien, Ansprüche aus der festgestellten Mangelhaftigkeit des Pferdes auch mit wirtschaftlicher Aussicht auf Erfolg durchzusetzen. Dabei sei der Mandant ausreichend über das Prozessrisiko aufgeklärt worden. Er wusste aus dem ihm bekannten Gutachten des Rechtsanwalts H, dass es leichter sein würde, den im Vertrag ausdrücklich genannten M2 zu verklagen. Im Übrigen habe der Zeuge Dr. E schon in erster Instanz bekundet, dass er im Hinblick auf die wirtschaftliche Erfolglosigkeit einer Inanspruchnahme von M2 auf jeden Fall eine Klage gegen O wegen dessen Machenschaften habe wagen wollen.

III.

Jedenfalls fehle es an der Kausalität zwischen einer vermeintlichen Pflichtverletzung des Beklagten und dem eingetretenen Schaden. Hierzu bleibe es bei der Beweislast der Klägerin, da im vorliegenden Fall die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens wegen der für den Mandanten eintretenden Rechtsschutzversicherung nicht eingreife. Darauf habe das erstinstanzliche Urteil zwar zu Recht hingewiesen. Ersichtlich falsch sei aber die Annahme des Landgerichts, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass Dr. E bei ordnungsgemäßer Belehrung von der Prozessführung gegen O Abstand genommen hätte. Die Äußerung des Zeugen, dass er "nicht um jeden Preis" geklagt hätte, habe sich lediglich auf die hypothetischen Frage bezogen, ob er die Klage auch ohne die Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung in Auftrag gegeben hätte. Im Übrigen hätte das Landgericht Anlass gehabt, die Darstellung zu hinterfragen. Immerhin habe sich Dr. E in seinem Schreiben vom 11.10.2005 an die N mbH sogar noch nach dem verlorenen Prozess gegen O bereit erklärt, die Kosten des Verfahrens selbst zu tragen. Dafür spreche auch, dass der Mandant die Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht München selbst getragen habe, nachdem eine Kostendeckung hierfür von der Klägerin verweigert worden sei. Die finanziellen Aspekte der Prozessführung hätten für Dr. E keine Rolle gespielt. Er hätte in jedem Fall den Versuch unternommen, das in seinen Augen betrügerische System des O durch eine Klage gegen diesen zu stoppen - und zwar unabhängig von dem bestehenden Risiko.

IV.

Im Übrigen habe das Landgericht den Schaden nicht ordnungsgemäß berechnet. Hätte der Beklagte seinen Mandanten dahingehend beraten müssen, M2 anstelle von O zu verklagen, so wären zumindest die erstinstanzlichen Verfahrenskosten des Vorprozesses ebenso angefallen, und Dr. E hätte seinen Kostenerstattungsanspruch gegen den zahlungsunfähigen Prozessgegner nicht durchsetzen können. Gehe man hingegen davon aus, dass der Anwalt richtigerweise von jeglicher Prozessführung hätte abraten müssen, so wäre auch dafür eine 1,3-Geschäftsgebühr nach dem Streitwert der Klage gegen O angefallen und dem Beklagten in voller Höhe verblieben.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Rechtsanwälte Dr. F2 pp. in I2 vom 10.01.2008 (Bl. 223-230 GA) genommen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Münster vom 05.10.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts, insbesondere auch dessen Würdigung der Aussage des Zeugen Dr. E. Im Übrigen wiederholt bzw. vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Über die Vermögensverhältnisse von M2 habe zum Zeitpunkt der Beauftragung des Beklagten keine exakte Information vorgelegen. Vorsorglich werde die wirtschaftliche Aussichtslosigkeit mit Nichtwissen bestritten. Jedenfalls aber habe sich die Motivation zur Klage gegen O nicht aus prognostizierten finanziellen Problemen bei M2 ergeben, sondern aus der Einschätzung des Beklagten über vermeintliche Umgehungsgeschäfte. Dabei habe Dr. E lediglich gewollt, dass der Beklagte Ansprüche aus der festgestellten Mangelhaftigkeit des Pferdes durchsetze. Eine ausdrückliche Beauftragung zu einer Inanspruchnahme gerade von O sei dabei nicht erfolgt. Zu einem konsequenten risikounabhängigen Vorgehen gegen ihn sei Dr. E nicht entschlossen gewesen. Auch aus seinem Schreiben an die N vom 11.10.2005 ergebe sich nicht, dass er in jedem Fall gegen O vorgegangen wäre. Zum damaligen Zeitpunkt habe der Mandant nur noch keine Anhaltspunkte für ein Anwaltsverschulden gehabt. Die Einwendungen der Berufung zur Schadenshöhe seien unzutreffend. Mit der außergerichtlichen Beratung für Dr. E sei nur der Rechtsanwalt H beauftragt gewesen. Da der spätere Wechsel hin zum Beklagten nicht notwendig gewesen sei, habe die Klägerin ihm nur die Kosten für das Klageverfahren erstattet. Wegen der Einzelheiten wird im Übrigen auf die Berufungserwiderung der Rechtsanwälte E3 pp. in N3 vom 01.02.2008 (Bl. 250-256 GA) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Parteivortrag wird gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Akten 3 O 2377/04 LG Memmingen (= 24 U 391/05 Oberlandesgericht München), 11 O 57/05 Landgericht Hannover und 2 C 210/04 Amtsgericht Erfurt sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2008 haben die Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme bis zum 30.04.2008 erhalten. Hiervon haben beide jeweils mit Schriftsätzen ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2008 Gebrauch gemacht (Klägerin: Bl. 331-340 GA; Beklagter: Bl. 319-325 GA). Die weiteren Schriftsätze der Klägerin vom 23.05.2008 und des Beklagten vom 26.05.2008 haben vorgelegen und sind von dem Senat zur Kenntnis genommen worden.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Der Klägerin steht die geltend gemachte Forderung gegen den Beklagten nicht zu.

A. Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung

Ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergibt sich nicht als Schadensersatz gem. §§ 280 I, 675, 611 BGB aus übergegangenem Recht gem. §§ 67 VVG, 17 VIII 1, 3 ARB 94/2000.

I. Anwaltsvertrag

Allerdings ist zwischen Dr. E, dem Versicherungsnehmer der Klägerin, und dem Beklagten ein Anwaltsvertrag gem. §§ 675 I, 611 BGB zustande gekommen. Der Rechtsanwalt sollte die Interessen des Mandanten im Anschluss an den Tauschvertrag über das Pferd Q wahrnehmen.

II. Pflichtverletzung

In diesem Zusammenhang ist dem Beklagten auch eine anwaltliche Pflichtverletzung unterlaufen.

1. Grundlagen

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrages verpflichtet, innerhalb der Grenzen des (auch beschränkten) Mandats (vgl. BGH NJW 2002, 1147 ff.; BGH NJW 1997, 2168, 2169) die Interessen seines Auftraggebers nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen (BGH NJW-RR 2000, 791 ff.; BGH NJW 1998, 900, 901; BGH NJW 1988, 1079, 1080; BGH NJW 1988, 486, 487). Er hat zunächst zu klären, welches Ziel der Auftraggeber in seiner Rechtsangelegenheit verfolgt. Der Anwalt muss dann den ihm vorgetragenen und ggf. durch Nachfragen weiter aufzuklärenden Sachverhalt dahin prüfen, ob er geeignet ist, den von dem Auftraggeber erstrebten Erfolg herbeizuführen. Dem Auftraggeber hat der Anwalt danach diejenigen Schritte zu empfehlen, die zu dem erstrebten Ziel führen können. Dabei muss er den Auftraggeber vor Nachteilen bewahren, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat der Anwalt seinem Auftraggeber den sichersten Weg vorzuschlagen und ihn über die möglichen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken aufzuklären, damit der Auftraggeber eine sachgerechte Entscheidung treffen kann. Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, muss der Anwalt darlegen und mit seinen Auftraggebern erörtern (BGH NJW 1998, 900; BGH NJW 1995, 449 ff.; BGH NJW 1994, 1211, 1212; BGH NJW 1993, 1320).

2. Unzutreffende Beratung

Ausgehend davon ist dem Beklagten zur Last zu legen, dass er seinen Mandanten Dr. E nicht hinreichend und im Ergebnis unzutreffend über das gravierende Ausmaß der Risiken einer gerichtlichen Inanspruchnahme von O belehrt hat.

a)

Ist für den beratenden Rechtsanwalt erkennbar, dass ein zu erwartender Rechtsstreit nahezu sicher oder jedenfalls mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für seinen Mandanten verloren gehen wird, so genügt er seiner Beratungspflicht in der Regel nicht schon durch den Hinweis, dass ein Risiko bestehe und der Ausgang des Rechtsstreits offen sei. Er muss vielmehr von sich aus deutlicher zum hohen Grad des Risikos und zur Wahrscheinlichkeit eines Prozessverlustes Stellung nehmen (BGH NJW 1997, 2168; BGH NJW 1988, 2113; BGH NJW 1984, 791).

b)

Diesen Anforderungen an die Risikobelehrung des Mandanten ist der Beklagte bereits auf der Grundlage seines eigenen Vorbringens nicht gerecht geworden. Er hat behauptet, vor der Klageerhebung gegen O eine umfassende Prüfung sämtlicher tatsächlicher und rechtlicher Aspekte vorgenommen und die Eheleute E ausführlich über die Prozessrisiken aufgeklärt zu haben. Es habe gewichtige Argumente für eine erfolgreiche Realisierung der Forderung gegeben. So habe eine gründliche Abwägung zwischen den existierenden schriftlichen Verträgen und den tatsächlichen Eigentumsverhältnissen des Pferdes Q stattgefunden. M2 habe vorgerichtlich erklärt, dass O Eigentümer von Q sei. Vor der Klageerhebung sei erläutert worden, dass ein solcher Prozess mit großen Hürden verbunden sei und praktisch nur dann Erfolg haben würde, wenn ein Gericht bereit und in der Lage sein würde, die Umgehungsstrategien, die O nach dem Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes entwickelt habe, zutreffend rechtlich einzuordnen und ihnen ein Ende zu setzen. Man sei sich darüber einig gewesen, dass O derjenige sei, der sämtliche Fäden in der Hand hielt und sowohl Eigentümer als auch wirtschaftlicher Verkäufer des Pferdes Q gewesen sei. Die Frage sei nur gewesen, ob dies auch bewiesen werden könne. Dabei sei der Beklagte immer wieder darauf hingewiesen worden, dass ein solcher Beweis allenfalls durch Indizien geführt werden könne. Hierfür seien die Chronologien der angeblichen Verkäufe von Q im Vorfeld des Vertrags und der Tauschversuche im Anschluss an die Einigung sowie die aus Vergleichsfällen bekannten Praktiken von O in Betracht gekommen.

c)

Mit dieser - so von ihm selbst geschilderten - Beratung hat der Beklagte dem Mandanten jedoch keine sachgerechte Grundlage für die letztlich von Dr. E selbst zu treffende Entscheidung über eine Klageerhebung gegen O gegeben. Die Darstellung des Beklagten in ihrer Gesamtheit verdeutlicht, dass er die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche in den Mittelpunkt seiner Erwägungen stellte und deren Durchsetzung gegen O trotz "großer Hürden" immerhin von "gravierenden Argumenten" getragen werde, wenn das Gericht nur bereit sei, die Umgehungsstrategien "zutreffend rechtlich einzuordnen". Diese Einschätzung durfte von dem juristischen Laien dahingehend verstanden werden, dass der anvisierte Rechtsstreit auf der von dem Beklagten aufgezeigten Grundlage zumindest noch durchschnittliche Erfolgsaussichten aufweisen könnte. Das Obsiegen hinge demnach von dem allgemeinen prozessualen Risiko der Beweisbarkeit und zudem von der Frage ab, ob das erkennende Gericht die Vorgehensweise O unter Berücksichtigung der spezifischen Besonderheiten des Pferdesports und -handels "zutreffend" subsumieren würde. Der so gegenüber Dr. E vermittelte Eindruck von den Aussichten des bevorstehenden Verfahrens war aber deutlich zu optimistisch. Vielmehr versprach eine auf die vertragliche Rückabwicklung des Pferdetausches gerichtete Klage gegen O eine allenfalls geringfügige Erfolgsaussicht. Dagegen deutet das eigene Vorbringen des Beklagten darauf hin, dass er die Rechtslage deshalb nicht sachgerecht eingeschätzt hat, weil er die schuldrechtliche und die dingliche Ebene nicht hinreichend auseinandergehalten hat. So hieß es auch in der damaligen Klagebegründung gegenüber dem Landgericht Memmingen (dort Seite 5; Bl. 40 GA):

" ... Jede andere Eigentumskonstruktion außer der Verkäuferstellung des Beklagten dürfte sich als reine Schutzbehauptung erweisen. ..."

Der Beklagte hatte damit die Frage des Vertragspartners mit der Frage des Eigentümers in unsystematischer Weise vermengt. Dabei kam es in diesem Zusammenhang auf eine detaillierte Vertiefung der pferdespezifischen Verwicklungen gar nicht an. Die erfolgversprechende Geltendmachung von vertraglichen Mängelrechten gegenüber O hätte vor allem grundlegend vorausgesetzt, dass dieser überhaupt als Partner des Vertrages mit Dr. E anzusehen gewesen wäre. Dies aber kann man schon bei der insofern angezeigten Auslegung der wechselseitigen Willenserklärungen vom objektiven Empfängerhorizont gem. §§ 133, 157 BGB nicht annehmen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt, über den Landgericht und Oberlandesgericht Karlsruhe in den von dem Beklagten zu den Akten gereichten Urteilen zu befinden hatten (Bl. 88-105R GA). Dort war im Verhältnis zwischen einem tatsächlich Handelnden und einem davon personenverschiedenen Vertragspartner von einer Stellvertretung gem. § 164 BGB ausgegangen worden. Zur Begründung hatten die zuständigen Gerichte auf die für die Käuferseite beim Vertragsschluss erkennbaren objektiven Umstände abgestellt, u.a. eine Übereinstimmung der Nachnamen. Vorliegend gestaltete sich die Tatsachenlage grundlegend anders. Es ist kein Grund ersichtlich, warum am 10.12.2003 das damalige Verhalten von Dr. E bei objektiver Auslegung gem. §§ 133, 157 BGB so hätte verstanden werden können bzw. müssen, dass er den im Text der Vereinbarung gar nicht benannten O als seinen Vertragspartner - und M2 etwa nur als dessen Vertreter - ansah. Entsprechend verweist auch das Gutachten des Rechtsanwalts H vom 04.10.2004 darauf, dass Dr. E mit O zu keinem Zeitpunkt im Jahr 2003 in Kontakt getreten ist, mit ihm gesprochen oder ihn gar gesehen habe (Bl. 76 GA). So trug Rechtsanwalt H namens der Eheleute E in dem Rechtsstreit 2 C 2107/04 Amtsgericht Erfurt im Rahmen der Verteidigung gegen eine tierärztliche Kostenforderung von Dr. M auszugsweise vor (Seite 2 eines Schriftsatzes vom 01.07.2004; Bl. 30 der Beiakte):

" ... Soweit ein Herr O als Zeuge benannt wird, erlauben wir uns zunächst den Hinweis darauf, dass dieser dem Beklagten bis zum heutigen Tage noch nie persönlich begegnet ist. Anders verhält sich dies bei der Beklagten, die den Pferdestallbesitzer O im Rahmen des Erwerbes des Pferdes "Q" durch den Beklagten anlässlich von Inaugenscheinnahmen des Pferdes gesehen hat, ohne jedoch mit diesem jemals in irgendeine vertragliche Beziehung zu treten. ..."

Auch in seiner erstinstanzlichen Zeugenaussage vor dem Landgericht (Bl. 148 GA) hat Dr. E angegeben, dass sich O gegenüber seiner Frau und seiner Tochter nur als derjenige vorgestellt habe, bei dem das Pferd lediglich zur Pension eingestellt wäre. Dass dieser Mitteilung etwa misstraut worden wäre, ist nicht ersichtlich. Wen genau Dr. E bei der Einigung über den Tausch am 10.12.2003 für seinen Vertragspartner hielt und halten durfte - insofern kommt neben M2 auch noch der im Vertrag als "Besitzer" bezeichnete N5 in Betracht - ist dabei unerheblich. In jedem Fall war es jedoch nicht O.

3. Zutreffende Beratung

Jedoch musste der Beklagte trotz der vorstehend geschilderten Problematik in der konkreten Beratungssituation für Dr. E nicht schlechterdings von jeglicher Klageerhebung gegen O abraten.

a)

Wenn der Bundesgerichtshof im Vorfeld eines Rechtsstreits eine Auskunft des Anwalts zum Grad des Risikos und der Wahrscheinlichkeit eines Prozesserfolges verlangt, so stellt er damit sehr weitgehende Anforderungen. Tatsächlich erwartet jedoch die Mandantschaft vielfach eine Prognose über den Ausgang des Verfahrens, mit der die Erfolgsaussichten prozentual eingeschätzt werden sollen. Ebenso wie eine hundertprozentige Aussage über den Ausgang eines Rechtsstreits nicht möglich ist, kann natürlich nicht mit mathematischer Genauigkeit die Wahrscheinlichkeit eines Prozesserfolges in Prozentzahlen angegeben werden. Trotz dieser Schwierigkeiten ist vom Anwalt zu verlangen, dass er bei Vorliegen schwerer Risiken diese auch entsprechend verdeutlicht, etwa in dem Sinne, dass der Prozess mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verloren gehen werde und das Kostenrisiko allenfalls insoweit vertretbar sei, als man auf den Abschluss eines Vergleichs hoffen könne (vgl. Zugehör-Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rdz. 634, 635; Rinsche/ Fahrendorf/Terbille, Die Haftung des Rechtsanwalts, 7. Auflage, Rdz. 521).

b)

Diese Voraussetzungen waren vorliegend jedoch erfüllt. Das Vorgehen gegen O aus der Perspektive einer objektiven ex-ante-Betrachtung zu der Zeit der konkreten Beratung durch den Beklagten deutete zwar mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf eine Niederlage hin, war jedoch nicht völlig aussichtslos. Zwar hatte der Beklagte die materiell-rechtliche Lage nicht hinreichend differenziert analysiert. Ihm ist jedoch zuzubilligen, dass der für seine Beratung grundlegende Eindruck, O sei als der dolose Hintermann und eigentliche Verantwortliche des Geschehensablaufs anzusehen, gut nachvollziehbar erscheint. Das skizzierte "System O" war sowohl von dem Beklagten als auch von Dr. E selbst als betrügerisch eingeschätzt worden. Hierfür gab es beachtliche Argumente: Einem gutgläubigen Kunden wird ein angeblich hochwertiges Dressur-, Springsport- o.ä. Pferd zu einem entsprechenden hohen Preis veräußert. Tatsächlich ist das Tier so krank, dass es eine absprachegemäße erfolgversprechende Teilnahme an Wettbewerben nicht leisten kann. Dieser Gesundheitszustand wird jedoch durch die Beteiligung eines dolosen Tierarztes verschleiert. Bereits bis hierher dürften die Voraussetzungen für einen Betrug erfüllt sein. Hinzu kommt dann aber noch, dass dem Kunden ein insolventer Ansprechpartner als vermeintlicher Verkäufer untergeschoben wird. Deshalb können etwaige Gewährleistungsrechte, sollten die Mängel des Tieres erkannt und bewiesen werden, jedenfalls im wirtschaftlichen Endergebnis gegen den nicht leistungsfähigen Gegner nicht durchgesetzt werden können. O als Hintermann und Organisator profitierte davon, weil an ihn der Kaufpreis weitergeleitet worden war, was man durch ein Scheingeschäft z.B. im Sinne einer Provisionsvereinbarung zu erklären versuchte.

Insofern kann dahinstehen, dass die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit die tatsächlichen Voraussetzungen des "betrügerischen Systems" O umfassend mit Nichtwissen bestritten hat (siehe noch zuletzt im Schriftsatz vom 23.05.2008). Entscheidend ist - wie oben ausgeführt - die konkrete Beratungssituation des Beklagten im Vorfeld der erhobenen Klage, in welcher der sich dort darstellende Sachverhalt die Möglichkeit nicht ausschloss, O letztlich mit einer gewissen Erfolgsaussicht in Anspruch nehmen zu können.

c)

Ausgehend davon war die von dem Beklagten befürwortete Klageerhebung gegen O jedenfalls nicht schlechthin unvertretbar. Auch wenn die geltend gemachten Forderungen schriftsätzlich ausdrücklich auf vertragliche Grundlagen gestützt worden waren, so hätte das Vorbringen den erkennenden Gerichten durchaus Anlass für eine Prüfung geben können, ob hier nicht ein Hinweis gem. § 139 ZPO auf eine mögliche Haftung Os aus §§ 823 II BGB, 263, 25 II StGB in Betracht gekommen wäre. Jedenfalls aber zeigt die - aus heutiger Sicht - jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung deutliche Tendenzen dahin, dass Umgehungsversuche durch Zubilligung vertraglicher Ansprüche zu Gunsten der getäuschten Partei gegenüber dem dolosen Hintermann sanktioniert werden sollen. Exemplarisch hierfür kann auf die durch den Beklagten zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs NJW 2007, 320, 321 (Urteil vom 22.11.2006) verwiesen werden: Der dortige Kläger hatte einen PKW von dem Geschäftsführer einer GmbH erworben. Das Fahrzeug war auf das Unternehmen zugelassen. Bei den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger hatte ein Gebrauchtwagenhändler den Beklagten vertreten. In den Entscheidungsgründen hat der Bundesgerichtshof dann zwar im Ergebnis offen gelassen, ob sich möglicherweise aufgrund eines Umgehungsgeschäfts die GmbH als Verkäuferin des PKWs behandeln lassen müsse. Die höchstrichterlichen Ausführungen setzen sich aber gleichwohl näher mit diesem Ansatz auseinander:

" ... Selbst wenn die GmbH in wirtschaftlicher Hinsicht als "eigentliche" Verkäuferin des Fahrzeuges anzusehen wäre, würde die Anwendung des § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB nur dazu führen, dass sich die GmbH - also der Unternehmer - gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB so behandeln lassen müsste, als hätte sie selbst das Fahrzeug an den Kläger verkauft, ... Etwaige Mängelrechte hätte der Kläger demzufolge gegen die GmbH ... geltend zu machen. ..."

Überträgt man aber die so von dem Bundesgerichtshof skizzierte Konstellation auf den vorliegenden Fall, ergäbe sich daraus letztlich in der Tat die Möglichkeit, O so zu behandeln, als sei er selbst Partner des Tauschvertrages mit Dr. E geworden, wenn er in wirtschaftlicher Hinsicht als der "eigentliche" Veräußerer des Pferdes Q anzusehen sein sollte.

d)

Zwar stammt das maßgebliche Urteil des Bundesgerichtshofs erst vom 22.11.2006 und kam somit in den Jahren 2004/2005 allein schon nach dem chronologischen Ablauf nicht als eine tragfähige Grundlage für die Beratung des Beklagten gegenüber Dr. E in Betracht. Jedoch kann es für die Bewertung des zeitlich früheren anwaltlichen Verhaltens nicht unberücksichtigt bleiben, wenn die dafür grundlegende Einschätzung zumindest mit einer späteren höchstrichterlichen Entscheidung durchaus in Einklang zu bringen ist. Nach allem war hier zwar die von dem Beklagten vertretene Risikoeinschätzung gegenüber dem Mandanten pflichtwidrig zu optimistisch. Jedoch verlangte die rechtliche Ausgangslage kein vollständiges Abraten von jeglicher Klageerhebung gegen O. Vielmehr war ein gerichtliches Vorgehen nicht schlechthin unvertretbar, hätte aber einen deutlicheren - vor allem unmissverständlichen - Hinweis des Beklagten an Dr. E auf gravierende rechtliche wie tatsächliche Risiken vorausgesetzt.

4. Unzutreffende Prozessführung

Ausgehend von der vorstehenden Würdigung kann dem Beklagten - entsprechend einem Hilfsargument der Klägerin - jedoch nicht zur Last gelegt werden, dass er das "betrügerische System O" in dem Rechtsstreit 3 O 2377/04 LG Memmingen (= 24 U 391/05 Oberlandesgericht München) nicht hinreichend substantiiert erläutert habe. Vielmehr waren aus der ausschlaggebenden damaligen Perspektive alle seinerzeit bekannten Umstände umfassend vorgetragen worden. Hingegen konnten die entscheidenden tatsächlichen Erkenntnisse, aufgrund derer nach einer heutigen Betrachtung ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 II BGB, 263, 25 II StGB nicht schlechterdings auszuschließen gewesen wäre, erst wesentlich später gewonnen werden. Dies lässt sich aus der erstinstanzlichen Zeugenaussage von H, dem zunächst von Dr. E beauftragten Rechtsanwalt aus F, herleiten. Er hat vor dem Landgericht auszugsweise Folgendes angegeben (Bl. 151 GA):

" ... Herr M2 hatte zugesagt, dass er gegen Herrn O aussagen wollte. Er wollte helfen, gegen diese von ihm so bezeichneten "Machenschaften" vorzugehen. ... Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass der Bruder von O, O2, Lehrer an einem Gymnasium ist und mit dem Ganzen nichts zu tun hat. Vielmehr hat O Verträge auf den Namen seines Bruders gefälscht und ohne dessen Kenntnis in dessen Namen Verträge abgeschlossen. Diese Kenntnisse habe ich später aufgrund eines informellen Telefonats mit der Steuerfahndung erhalten. ..."

Danach wurden entscheidende Details aus den Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung, die letztlich wohl auch zum Freitod von O im Dezember 2006 führten, also erst im Nachhinein gewonnen. Auch das "Umkippen" von M2 hin zu dessen Aussagebereitschaft gegen O war erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Wenn nämlich Rechtsanwalt H dahingehende Anhaltspunkte bereits gehabt hätte, ließe sich nicht erklären, warum solche in seinem Gutachten vom 04.10.2004 keine Erwähnung finden. Dann hätte er auch seinen Mandanten Dr. E nicht mit der Begründung an den Beklagten weiterleiten müssen, dass dieser über tiefergehende Kenntnisse des "Systems O" verfügen solle.

III. Verschulden

Die danach einzig verbleibende Pflichtverletzung in Form einer unzureichenden Risikobelehrung ist dem Beklagten fahrlässig i.S.d. § 276 II BGB unterlaufen.

IV. Kausalität

Jedoch ist die Pflichtverletzung des Beklagten nicht kausal für den Schaden der Klägerin geworden. Vielmehr kann auch unter Berücksichtigung der erleichterten Anforderungen des § 287 ZPO an das Beweismaß (BGH NJW 2000, 1572, 1573 f.; BGH MDR 2000, 297, 298) nicht festgestellt werden, dass Dr. E bei einem pflichtgemäßem Rat des Beklagten von einer gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche gegenüber O Abstand genommen hätte, wenn er über das sehr hohe Risiko eines solchen Prozesses sachgerecht belehrt worden wäre.

1.

In diesem Zusammenhang greift nicht die tatsächliche Vermutung des aufklärungsgerechten Verhaltens zu Gunsten der Klägerin ein. Zwar besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass derjenige, der einen anderen wegen seiner besonderen Sachkunde um Rat fragt, sich beratungsgemäß verhalten hätte, wenn er von diesem zutreffend aufgeklärt und beraten worden wäre (BGH NJW 2000, 2814, 2815; BGH NJW-RR 1999, 641, 642; BGH NJW 1998, 749, 750; BGH NJW 1993, 3259). Sie gilt dann, wenn bei sachgerechter Aufklärung im Hinblick auf die Interessenlage oder andere objektive Umstände aus der Sicht eines vernünftig urteilenden Menschen eindeutig eine bestimmte Reaktion nahegelegen hätte (vgl. BGH NJW 1994, 3295, 3298; BGH NJW 1993, 3259). Liegen hingegen Tatsachen vor, welche die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens entkräften, so kommt sie dem Regressgläubiger nicht zugute. Im Gegensatz zu Konstellationen, in denen der Kläger das Kostenrisiko der Rechtsverfolgung selbst zu tragen hat, ist dabei die Deckungszusage einer Rechtsschutzversicherung zu berücksichtigen. Für diesen Fall kann jedenfalls nicht aufgrund eines Anscheinsbeweises davon ausgegangen werden, dass die Partei dem anwaltlichen Rat gefolgt wäre. Im Falle des Unterliegens droht ihr kein Nachteil. Insofern kann angenommen werden, dass auch ein vernünftig handelnder Mandant bei Vorliegen einer Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung das Wagnis einer nur wenig erfolgversprechenden Prozessführung eingegangen wäre, da er selbst im Falle der Niederlage wegen deren Eintrittspflicht letztlich nicht mit Kosten belastet wird (Senat NJW-RR 2005,134, 135; OLG Düsseldorf OLG-Report 2002, 102, 104).

2.

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann jedoch nicht festgestellt werden, dass Dr. E von der Geltendmachung vertraglicher Ansprüche gegen O Abstand genommen hätte, wenn er von dem Beklagten umfassend sachgerecht aufgeklärt worden wäre.

a)

In seiner erstinstanzlichen Aussage hat Dr. E im Wesentlichen Folgendes angegeben (Bl. 146-149 GA):

" ... Rechtsanwalt L2 und zuvor auch Rechtsanwalt H haben über Risiken einer Klage gegen M2 und O aufgeklärt. Sie haben dazu gesagt, dass es keine Garantie für einen Erfolg gebe. Es war dann eine gemeinsame Einschätzung, dass Drahtzieher und wirtschaftlich Verantwortlicher für diese Sache, die ich als Betrugsfall ansehe, O war. Ich habe über Rechtsanwalt H auch noch eine Strafanzeige gegen M2 gestellt. Über Rechtsanwalt H habe ich auch einen vollstreckbaren Titel über 200.000,00 € gegen M2 erwirkt. Dieser ist aber in Privatinsolvenz. ... Die Deckungszusage der Versicherung hat für meinen Entschluss letztlich keine Rolle gespielt. Ich bin finanziell so gestellt, dass ich darauf nicht angewiesen bin. Entscheidend waren andere Überlegungen. Ich fühlte mich in diesem Fall betrogen. Drahtzieher war nach meiner Überzeugung O. Beide Anwälte konnten nicht sagen, wer der richtige Gegner wäre. Insoweit weiß ich auch, dass ich den Vertrag mit M2 geschlossen habe. Aber schließlich haben wir uns entschlossen, gegen O vorzugehen. Dieser war Zwischeneigentümer des Pferdes. Der im Vertrag genannte N5 war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages schon nicht mehr Eigentümer. Das wussten wir schon vor der Klageerhebung. Bei der Vorstellung des Pferdes hatte O sich gegenüber meiner Frau und meiner Tochter als Pensionsstallinhaber vorgestellt, als derjenige, bei dem das Pferd lediglich zur Pension eingestellt wäre. Das haben meine Frau und meine Tochter so berichtet. Nach dem, was ich danach erfahren habe, vor der Klageerhebung, hatte er aber das Pferd von Herrn N5 erworben ... Im Termin vor dem Landgericht Memmingen hat dann der Prozessbevollmächtigte von O einen Vertrag vorgelegt. Danach soll der Bruder O2 das Pferd am M2 verkauft haben, wobei O2 allerdings vertreten worden sein soll durch O. Aus meiner Sicht ergibt sich daraus ein System O. Das ist nach meiner Einschätzung ein System, bei dem ich ins Leere lauf, egal was ich mache. Nehme ich M2 in Anspruch, laufe ich letztlich ins Leere. Er hat kein Geld. Versuche ich, O in Anspruch zu nehme, passiert das auch. Mit seiner Vertragssystematik war er hier offenbar erfolgreich. ... Ich hätte auch selbst geklagt, d.h. ohne Deckungszusage, wenn die Klage geringe Erfolgsaussichten gegen O gehabt hätte. Allerdings hätte ich nicht um jeden Preis geklagt. Wenn mir jemand gesagt hätte, E vergessen Sie es, das hat keinen Sinn, dann hätte ich nicht geklagt. So vernünftig bin ich. Ich wollte nicht um jeden Preis etwas unternehmen. ..."

b)

Diese Aussage kann der Senat für die Beurteilung im Berufungsverfahren zugrunde legen. Ihre inhaltliche Richtigkeit und Glaubhaftigkeit wurde von den Parteien nicht in Frage gestellt. Danach aber hätte Dr. E nur dann von einem Prozess gegen O Abstand genommen, wenn dieser ihm von dem Beklagten als aussichtslos dargestellt worden wäre. Hierzu war der Anwalt jedoch im vorliegenden Fall nicht verpflichtet. Vielmehr hätte der Beklagte seinen Pflichten dann genügt, wenn er im Rahmen einer Risikoprognose darauf hingewiesen hätte, dass der Rechtsstreit gegen O mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit verloren gehen werde. Nach der insofern unmissverständlichen erstinstanzlichen Aussage des Zeugen Dr. E hätte dieser sich dann aber zu einer Klageerhebung entschlossen. Er hat ausdrücklich klargestellt, dass er sich bereits bei dem Aufzeigen von nur geringen Erfolgschancen zu einem solchen Schritt entschlossen hätte.

B. Anspruch der Klägerin wegen einer Obliegenheitsverletzung

Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch aus übergegangenem Recht wegen einer etwa von dem Beklagten zu verantwortenden Obliegenheitsverletzung zu - § 17 V ARB 94/2000. Sie beruft sich hier in tatsächlicher Hinsicht darauf, dass sie nicht über die genauen Umstände im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Anspruchs aufgeklärt worden sei. Wären ihr sämtliche von Dr. E bestätigten Gespräche insbesondere im Zusammenhang mit den sehr erheblichen Risiken mitgeteilt worden, so hätte sie eine Deckungszusage nicht erteilt (Bl. 158/159 GA). Dieser Einschätzung der Klägerin kann allerdings nicht gefolgt werden. Es obliegt dem Anwalt, den Rechtsschutzversicherer über die Sachlage und alle Umstände, die im Zusammenhang mit dem begehrten Rechtsschutz von Bedeutung sind, vollständig und umfassend zu informieren (OLG Köln NJW-RR 2004, 1573). Eine Pflichtverletzung des Rechtsanwalts kann sich dabei gerade daraus ergeben, dass er gegenüber der Versicherung "verschleiernde" Angaben unterbreitet. Der Anwalt, der es übernimmt, eine Kostendeckung einzuholen, ist im Rahmen des Auftrags verpflichtet, sich die Versicherungsbedingungen geben zu lassen und auf deren Einhaltung zu achten (Rinsche/Fahrendorf/Terbille, Rdz. 1479, 1481). Vorliegend ist die Deckungszusage jedoch nicht aufgrund fehlerhafter anwaltlicher Sachbearbeitung, etwa in Form "verschleiernder" Angaben, erlangt worden. Vielmehr ist der Beklagte den Anforderungen des § 17 III ARB 94/2000 gerecht geworden. Er hat der Klägerin keine relevanten Umstände verschwiegen, die andernfalls zu einer Verweigerung der Deckungszusage geführt hätten. Der Vorwurf gegen den Beklagten gründet schließlich nicht darauf, den Fall in tatsächlicher Hinsicht falsch angegangen zu sein, sondern eine rechtlich fehlerhafte Würdigung vorgenommen zu haben. Er hat jedoch der Klägerin keine relevanten Informationen vorenthalten. Der grundlegende Sachverhalt wird in der zur Deckungsprüfung übersandten Klageschrift in tatsächlicher Hinsicht durchaus vollständig geschildert. Der Klägerin standen somit alle Informationen zur Verfügung, die sie für ihre seinerzeitige Entscheidung benötigte.

C. Prozessuale Nebenentscheidungen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

D. Nichtzulassung der Revision

Die Voraussetzungen der Zulassung einer Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage weitgehend vertretener und anerkannter Auffassungen in Rechtsprechung und Literatur getroffen hat. Der wesentliche Kern der Angelegenheit besteht in der Feststellung der grundlegenden Tatsachen und deren spezifischer Würdigung. Die Rechtssache besitzt so weder grundsätzliche Bedeutung, noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.

Ende der Entscheidung

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