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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: 28 U 9/09
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, WpHG


Vorschriften:

BGB § 162
BGB § 311 Abs. 1
BGB § 398
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
WpHG § 37a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 14. November 2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - teilweise abgeändert.

Die Klage bleibt mit dem Hauptantrag abgewiesen.

Auf den Hilfsantrag wird der Beklagte zu 1 verurteilt, an die Klägerin 228.350 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Januar 2009 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Lebensversicherungen bei der M, M3, zu den Verträgen

- X Versicherungsschein-Nr. #######

- und X1 Versicherungsschein-Nr. #########

- sowie X Versicherungsschein-Nr. #######

- und X1 Versicherungsschein-Nr. ########.

Der weitergehende Hilfsantrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Klägerin. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 1 zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu voll-streckenden Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten zu 1 (nachfolgend nur: Beklagter) Schadensersatz wegen einer behaupteten Garantieübernahme, hilfsweise wegen einer geltend gemachten Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Abschluss von vier Kapitallebensversicherungsverträgen mit einem britischen Anlageunternehmen.

Die am 19. Januar 1947 geborene Klägerin wollte Anfang 2002 einen Betrag von 211.550 € anlegen. Sie oder ihr Ehemann, der Zeuge F, hatten von einer Anlageform namens "5+7"-Modell erfahren. Der Anleger investiert dabei fünf Jahre in eine Lebensversicherung, die danach sieben Jahre beitragsfrei gestellt wird. Nach einer Vertragslaufzeit von zwölf Jahren kann der Anleger zwischen einem Entnahmeplan oder einer Auszahlung entscheiden.

Der Beklagte war zu dieser Zeit Chefredakteur einer Publikation namens "versicherungstip" aus dem "V". Ferner war er für die heute nicht mehr existierende "W" in S3 (fortan: W) tätig. Der Beklagte schulte als Dozent für W Versicherungsmakler bzw. Finanzvermittler auf Produkte der britischen Gesellschaft M (fortan M), der früheren Beklagten zu 2, die eine Niederlassung in K1 unterhielt. W war ein so genannter "Distributor" von M. Die Schulungen nahm der Beklagte unter der Firmenbezeichnung "M3" vor. Sein Honorar erhielt er nach seinen Angaben aus den Verträgen, die durch die Vermittlung der von ihm geschulten Personen zustande kam.

Der Ehemann der Klägerin wandte sich zunächst an die Redaktion des "versicherungstip" und sodann an den Beklagten, um Informationen über eine geeignete Kapitalanlage zu erhalten. Als Chefredakteur gehörte es zu den Aufgaben des Beklagten, Anfragen von Lesern zu beantworten. Der Ehemann der Klägerin interessierte sich hauptsächlich für das Thema "Erlangung des Steuerprivilegs für Einmalanlagen in britische Lebensversicherungen".

Am 28. Januar 2002 suchten die Klägerin und ihr Ehemann den Beklagten in dessen Privathaus auf. Durch Schreiben vom 29. Januar 2002 auf Briefpapier des "V" (GA 9) teilte der Beklagte dem Ehemann der Klägerin vier (heute nicht mehr vorhandene) Modellrechnungen mit. Die Musterberechnungen waren von der W erstellt worden. In dem vorgenannten Schreiben des Beklagten heißt es:

"Auf der Basis der von Ihnen genannten Eckdaten übersenden wir Ihnen vier Modellrechnungen. Modell 1 betrifft die Einmalanlage in den ,X'-Plan in Höhe von 150.000 €. Modell 2 entnimmt daraus monatlich 1.000 €. Sie sehen, dass selbst bei konservativster Annahme über die Renditeentwicklung kein Kapitalverzehr entsteht. ...

Die Kombination von Modellrechnung 3 und 4 entspricht dem sog. "5-7-Modell. Aus einem Depot werden 5 gleichgroße Entnahmen in einen ratierlichen Plan eingebracht. Die Erträge des ratierlichen Plans sind dann steuerfrei, wenn der Vertrag in der Gesamtheit mindestens 12 Jahre läuft...

Sie erwähnen, dass Ihre Frau ein ,günstigeres Eintrittsalter' hat; hier würde in der Tat ein Vorteil liegen. ...

Wir würden uns erlauben, Sie Ende der nächsten Woche telefonisch anzusprechen, um gegebenenfalls weitere Informationen und Modellrechnungen nachzureichen. Falls Sie einen Vertragsabschluss wünschen, wäre dies per Post an den Versicherer möglich, wir würden Sie hierbei selbstverständlich unterstützen; gegebenenfalls würde Sie jedoch auch ein Mitarbeiter eines autorisierten Distributors besuchen."

Später trafen sich der Beklagte und der Zeuge F wiederholt persönlich. Der Beklagte informierte den Zeugen F über die Kapitallebensversicherungen der von M angebotenen "X"-Serie. Das Finanzprodukt namens "X" war eine anteilsgebundene Kapitallebensversicherung mit fester Laufzeit. Beim Typ "X" hat der Versicherte einen Einmalbetrag zu entrichten, beim Typ "X1" sind laufende Beiträge zu leisten. M investiert die Beiträge in Wertpapiere und garantiert, dass der Anteilspreis am Ende des Anlagezeitraums der höchste bis zu diesem Zeitpunkt ist, wenn die Anlage die gesamte Vertragslaufzeit im selben Pool verbleibt.

Die Klägerin unterzeichnete im Februar und März 2002 insgesamt vier separate Versicherungsverträge mit M, zwei des Typs "X" und zwei des Typs "X1", wobei sie jeweils einen Vertrag des Typs "X" mit einem des Typs "X1" zu einem Paar kombinierte. Als Finanzvermittler war bei allen Verträgen angegeben: "K1 Dr. S2. Dr. S ist die Ehefrau des Beklagten. In der Rubrik "Stempel des Finanzvermittlers" war die "W" aus S3 angegeben. Im Einzelnen:

Am 11. Februar 2002 suchten die Klägerin und ihr Ehemann den Beklagten auf. Er hatte - mit Hilfe einer von M entwickelten Software - zwei "unverbindliche Musterberechnungen" vorbereitet, die auf die Klägerin lauteten (Anlage B 2.5 und B 2.6). Diese beruhen auf einer "angenommenen Wertentwicklung von 8,5 %. Das erste Vertragspaar unterzeichnete die Klägerin noch am 11. Februar 2002. Es handelt sich um folgende Verträge mit einer Vertragslaufzeit von 30 Jahren:

- X Versicherungsschein-Nr. ####### (fortan Vertrag 1; GA 31 ff.; Anlage B 2.1); auf diesen Vertrag sollten einmalig 78.000 € eingezahlt werden;

- X1 Versicherungsschein-Nr. ######## (fortan Vertrag 2; GA 35 ff.; Anlage B 2.2)

Aus dem Vertrag 1 sollten fünf Jahre jährlich 22.000 € in den Vertrag 2 eingezahlt werden.

Durch Schreiben vom 2. März 2002 sandte der Beklagte der Klägerin die Versicherungspolicen zu. Dort heißt es unter anderem:

"Wir übersenden Ihnen hiermit in der Anlage die Versicherungspolicen - wie beantragt. Mit Ihrem Gatten war vereinbart worden, dass wir die Policen bis auf Weiteres in unserem Policen-,Pool' unter Kontrolle halten. Bei uns liegt hier also eine Kopie. Ebenso wird uns jährlich eine Kopie der Kontoauszüge zugehen. Über die hier bei uns aufbewahrten Dokumente können Sie selbstverständlich jederzeit verfügen. Zu Rückfragen stehen wir gerne bereit."

Aus den Versicherungsbedingungen der M, die die Klägerin nach Vertragsabschluss erhielt, ergibt sich, dass bei dem gewählten Modell, durch regelmäßige Auszahlungen aus dem "X"-Vertrag den "X1"-Vertrag zu speisen, der Erhalt des eingesetzten Kapitals nicht garantiert wird. Unter 5.2.1 der Versicherungsbedingungen der "X"-Reihe heißt es dazu:

"Wir garantieren, dass der Preis der Anteile niemals fällt.

In der Tat wird garantiert, dass der Anteilspreis am Ende des betreffenden Anlagezeitraums der höchste bis zu diesem Zeitpunkt ist.

Die Garantie greift nur unter der Voraussetzung, dass Sie den gesamten Anlagezeitraum im betreffenden Pool verbleiben....

Steigen Sie vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit aus dem Pool aus, kann eine Marktpreisanpassung fällig werden."

Am 7. März 2002 suchten die Klägerin und ihr Ehemann den Beklagten erneut in dessen Privathaus auf. Er hatte zwei weitere auf die Klägerin lautende Musterberechnungen vorbereitet (Anlagen B 2.7 und B 2.8). Diese beruhten ebenfalls auf einer "angenommenen Wertentwicklung von 8,5 %". Das zweite Vertragspaar unterzeichnete die Klägerin noch am 7. März 2002; es handelte sich um folgende Verträge:

- X Versicherungsschein-Nr. ####### mit einer Laufzeit von 10 Jahren (fortan Vertrag 3; GA 22 ff.; Anlage B 2.3); dieser Vertrag sah eine einmalige Einzahlung von 110.000 € vor;

- X1 Versicherungsschein-Nr. ######## mit einer Laufzeit von 25 Jahren (fortan Vertrag 4; GA 18 ff.; Anlage B 2.4).

Aus dem Vertrag 3 sollten monatlich 1.550 € auf den Vertrag 4 gezahlt werden.

In der Folgezeit äußerte der Zeuge F gegenüber dem Beklagten Beanstandungen. Mit Schreiben vom 23. Mai 2004 (GA 178) teilte der Beklagte - nunmehr unter dem Briefkopf der "K1" - unter anderem mit:

"Entgegen der Ergebnisse unseres Gesprächs in Ihrem Hause sind sie nicht gewillt, meinen Ratschlägen zu folgen. Ich hatte angeboten, ab sofort als Ihr Makler zu fungieren, muss deshalb auch an meine Beraterhaftung denken.

"Die Vertragsmodifikationen, die Sie zu ..428Z und ..165B über mich an W S3 und damit am M herantragen, möchte ich nicht mittragen. Da hier offenbar im Vertragsstart Fehler gemacht worden waren, hatte ich mich dafür eingesetzt, dass diese Fehler durch eine Neuausstellung der jeweiligen Policen nachhaltig repariert würden...

Es ist richtig, dass Sie zu ..642Z und ..618B ein 5+7-Modell gezeichnet haben. ... Wenn Ihr "neutraler Beobachter" die "Katastrophe" (die ich immer noch nicht sehe) bereits beim Start sah, bewundere ich ihn ob seiner hellseherischen Gabe. Diese Konstruktionen waren seinerzeit ,Stand der Dinge' und wurden in derartigen Fällen stets genutzt. Es ist richtig, dass Sie seit 2 Jahren auf die drohenden Unterdeckung im X hinweisen, nur sehe ich nicht, wie diese hätte abgewendet werden können....".

Mit Schreiben vom 24. April 2006 (GA 12) und 5. Mai 2006 (GA 13) wies M die Klägerin auf einen Beitragsrückstand von 22.000 € für den Vertrag 2 hin. Dies beruhte darauf, dass der Vertrag 1 keine Auszahlungen mehr leisten konnte, weil die Wertentwicklung nicht 8,5% erreicht hatte (GA 75). Am 31. Mai 2006 leistete die Klägerin weitere 22.000 €.

Vom ersten Vertragspaar (Verträge 1 und 2) waren bei Klageerhebung nach den Kontoauszügen, die die Klägerin von M erhalten hatte, noch 46.791 € übrig, vom zweiten Vertragspaar (Verträge 3 und 4) noch 65.674 €.

Mit der am 28. Dezember 2006 eingegangenen Klage, die gegen den Beklagten und M gerichtet war, hat die Klägerin unter anderem behauptet, der Beklagte habe ihr zugesichert, dass das eingesetzte Kapital keinem Kapitalverzehr unterliege; es bestehe kein Verlustrisiko; sie werde einen Wertzuwachs von garantiert mindestens 8,5% im Jahr erlangen. Die Klägerin hat von dem Beklagten sowie von M im Wesentlichen Rückzahlung der nachgeschossenen 22.000 € verlangt sowie einen Feststellungsantrag gestellt, wonach der Beklagte verpflichtet sei, ihr die Differenz zu den abgeschlossenen Verträgen und einer festen, steuerfreien Verzinsung von 8,5% zu ersetzen.

Nach Klageerhebung haben die Klägerin und CMI am 24./25. August 2008 einen außergerichtlichen Vergleich geschlossen (GA 154), in dem beide Parteien unter anderem vereinbarten:

"Die Beiträge der ratierlichen Versicherungspolicen X Kapitallebensversicherung Nr. ####### und ###### werden auf der Basis einer fünfjährigen Zahldauer reallokiert. Die Reallokation wird nach Unterzeichnung dieses Vergleichs nach den Reallokationsschemen gemäß Anlage 1 (GA 156) und Anlage 2 (GA 157) zu diesem Vergleich durchgeführt."

Die Klägerin nahm die Klage gegen M daraufhin zurück. Das Landgericht hat die Klage gegen den Beklagten nach Anhörung der Parteien und Vernehmung des Ehemanns der Klägerin, des Zeugen F, und der Ehefrau des Beklagten, der Zeugin Dr. S, abgewiesen. Das Landgericht hat darauf abgestellt, dass die Parteien stillschweigend einen Auskunftsvertrag geschlossen hätten. Der Beklagte habe eine ihm obliegende Auskunftspflicht mangelhaft erfüllt, weil er nicht auf das Risiko einer negativen Marktanpassung hingewiesen habe. Allerdings könne die Klägerin nur Ersatz des negativen Interesses verlangen; sie könne nur verlangen, so gestellt zu werden, als hätte sie die Anlage nicht getätigt. Der Anleger könne Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Die Klägerin verlange jedoch das positive Interesse, also so gestellt zu werden, als würden die Lebensversicherungsverträge den Zusagen des Beklagten entsprechen. Eine dahingehende Garantie habe der Beklagte, wie das Landgericht nach Beweisaufnahme festgestellt hat, jedoch nicht übernommen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der Berufung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Aus der Aussage ihres Ehemanns sei zu schließen, dass der Beklagte bei Vertragsabschluss eine Verzinsung von 8,5% garantiert habe.

Sofern die Zusicherung eines garantierten Zinssatzes nicht bewiesen sei, habe sie zumindest Anspruch auf das negative Interesse. Der Beklagte müsse sie so stellen, als habe sie die Verträge nicht abgeschlossen. Er müsse ihr die an M geleisteten Zahlungen zurückerstatten. Er hätte sie darauf hinweisen müssen, dass die von ihm empfohlene Anlageform zu einem erheblichen Kapitalverzehr führen werde. Der Schaden liege bereits im Abschluss der Verträge.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 14. November 2008

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 22.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2007 zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte zu verpflichtet ist, ihr Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Wert der Lebensversicherungen bei der M, M3, zu den Verträgen

- X Versicherungsschein-Nr. #######,

- X1 Versicherungsschein-Nr. #######

- sowie X Versicherungsschein-Nr. #######

- und X1 Versicherungsschein-Nr. #######

und einer steuerfreien Kapitalanlage (Laufzeit 9. April 2002 bis zum 9. April 2014) in Höhe von 211.550,00 € mit einer festen Verzinsung von 8,5% pro Jahr zum Ablauftermin 9. April 2014 zu leisten;

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.118,44 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 17. Januar 2007 zu bezahlen.

Hilfsweise beantragt die Klägerin,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 233.550 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

- auf einen Betrag in Höhe von 100.000 € seit dem 20. Februar 2002,

- auf 1.550 € seit dem 4. April 2002,

- auf 110.000 € seit dem 9. April 2002

- und auf 22.000 € seit dem 31. Mai 2006

Zug um Zug gegen Abtretung der Lebensversicherungen bei der M, M3, zu den Verträgen

- X Versicherungsschein-Nr. #########

- und X1 Kapitallebensversicherung Versicherungsschein-Nr. ########

- sowie X Versicherungsschein-Nr. ########

- und X1 Versicherungsschein-Nr. ########.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht im Wesentlichen geltend: Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Der Beklagte behauptet dazu, Gespräche nur mit dem Ehemann der Klägerin geführt zu haben. Ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag sei nicht zustande gekommen, auch nicht stillschweigend; er selbst sei lediglich gefällig gewesen. Er sei kein Anlagevermittler gewesen. Für den geltend gemachten Schaden fehle es zudem an einer adäquat-kausalen Pflichtverletzung. Aus den der Klägerin kurze Zeit nach Vertragsschluss übersandten Verbraucherinformationen ergebe sich, dass die Garantie des Versicherungsunternehmens, dass der Preis der Anlage niemals falle, "nur unter der Voraussetzung, dass Sie die gesamte Vertragslaufzeit im betreffenden Pool bleiben", gelte. Die Angaben in den streitgegenständlichen Verträgen, unter anderem über die Laufzeit, beruhten nicht auf seinen Empfehlungen, sondern stammten von dem Zeugen F. Er selbst habe keine Garantie über die Entwicklung der Rendite gegeben. Der Hilfsantrag sei eine unzulässige Klageänderung. Der Beklagte erhebt erneut die Einrede der Verjährung; spätestens mit Übersendung der Verbraucherinformationen hätte der Klägerin bekannt sein müssen, dass ihr Kapital nicht gegen Verluste geschützt war.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere den Inhalt der oben angeführten Schreiben, das Sitzungsprotokoll sowie den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 21. April 2009 über die Anhörung der Parteien durch den Senat Bezug genommen.

II.

Die Berufung hat zum Teil Erfolg.

A. Der Hauptantrag ist unbegründet.

1. Der auf den Ersatz des positiven Interesses gerichtete Hauptantrag ist auf den von der Klägerin behaupteten Abschluss eines selbständigen, verschuldensunabhängigen Garantievertrags gestützt. Ein selbstständiges Garantieversprechen ist als Vertrag eigener Art i.S. des § 311 Abs. 1 BGB dadurch gekennzeichnet, dass sich der Garant verpflichtet, für den Eintritt eines bestimmten Erfolges einzustehen und die Gefahr eines künftigen Schadens zu übernehmen (BGH, Urteile vom 18. Juni 2001 - II ZR 248/99, NJW-RR 2001, 1611 unter II 1; vom 9 Dezember 1993 - III ZR 94/92, BGHR vor § 765 BGB Garantievertrag 1; vom 11. Juli 1985 - IX ZR 11/85, NJW 1985, 2941 unter II 1 c bb). Dem steht zwar nicht entgegen, dass der Beklagte keinen Einfluss auf den Wertzuwachs hat, den M erwirtschaftet; ebenso wenig wie er Einfluss darauf hat, was M davon an die Anleger weitergibt. Der Garant kann auch die Gewähr übernehmen, dass der gewährleistete Erfolg weiter geht als die bloße Vertragsmäßigkeit seiner Leistung (BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, NJW 1999, 1542 unter II 1 a). Er kann eine Einstandspflicht auch für das Eintreten eines nicht von ihm, sondern von einem Dritten geschuldeten oder sonstigen zukünftigen Erfolges übernehmen.

2. Einen dahingehenden Vertragsabschluss hat die Klägerin indes nicht bewiesen. Über ihrer Behauptung, dass der Beklagte ihr eine Rendite von 8,5% garantiert habe, hat das Landgericht Beweis erhoben und ist mit eingehenden und überzeugenden Erwägungen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin den Beweis dieser Behauptung nicht geführt hat (LGU 8). Von einer "Garantie" hat der Zeuge F nach den Feststellungen des Landgerichts erst im Jahr 2003 gesprochen (GA 182). Angesichts dessen ist die Übernahme einer Verpflichtung zur Schadloshaltung ohne besondere Anhaltspunkte bereits lebensfern. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit der vom Landgericht begründeten Feststellungen begründen könnten, bestehen nicht, so dass diese Feststellungen der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde zu legen sind (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

B. Der auf den Ersatz des negativen Interesses wegen schuldhafter Vertragsverletzung eines Auskunftsvertrags (§ 280 Abs. 1 BGB) gerichtete Hilfsantrag hat überwiegend Erfolg.

1. Der erstmals in zweiter Instanz gestellte Hilfsantrag ist unbeschadet des Umstands, dass der Beklagte seine Einwilligung nicht erklärt hat, zulässig. Der Hilfsantrag ist sachdienlich, weil er einen neuen Rechtstreit überflüssig macht (§ 533 Nr. 1 Alt. 2 ZPO) und auf Tatsachen gestützt wird, die der Senat seiner Entscheidung ohnehin zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2, § 529 ZPO). Aufgrund der umfassenden Feststellungen des Landgerichts muss die Klägerin keine neuen Tatsachen vortragen, um dem Hilfsantrag zum Erfolg zu verhelfen. Welche Beträge die Klägerin an M gezahlt hat, hat sie bereits in erster Instanz vorgetragen. Die Klägerin entrichtete im Jahr 2002 211.550 € an M:

- im Februar 2002 100.000 € (78.000 € plus 22.000 € auf den Vertrag 1),

- im April 2002 110.000 € auf den für Vertrag 3,

- im April 2002 1.550 € (Sonderzahlung auf den Vertrag 4),

Im Jahr 2006 wandte die Klägerin weitere 22.000 € auf. Die gezahlten Beträge waren in erster Instanz nicht streitig. Soweit der Beklagte diese Zahlen in zweiter Instanz mit Nichtwissen bestreitet, ist dies als neues Tatsachenvorbringen im zweiten Rechtszug unzulässig; einer der Fälle des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO liegt nicht vor; dies ist im Senatstermin erörtert worden. Zudem hat der Beklagte sich vier Schreiben der M an die Klägerin vom 5. September 2008 beschafft und im Senatstermin vorgelegt. Die vier Schreiben betreffen jeweils einen der vier von der Klägerin abgeschlossenen Verträge und enthalten Detailinformationen über Ein- und Auszahlungen. Da der Beklagte über alle Informationen verfügte, ist ein Bestreiten mit Nichtwissen gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. ein einfaches Bestreiten ist entgegen § 138 Abs. 3 ZPO nicht hinreichend konkretisiert.

2. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten ist (stillschweigend) ein Auskunftsvertrag zustande gekommen.

a) Allerdings war der Beklagte - anders als heute - im Jahr 2002 noch nicht als Versicherungsmakler tätig. Entgegen der Annahme des Landgerichts ist der Beklagte im vorliegenden Fall auch nicht als Anlagevermittler tätig geworden. Ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen kommt zwar im Rahmen der Anlagevermittlung zumindest stillschweigend zu Stande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind (st. Rspr., BGH, Urteile vom 19. Oktober 2006 - III ZR 122/05, NJW-RR 2007, 348, Tz. 9; vom 11. September 2003 - III ZR 381/02, NJW-RR 2003, 1690; vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, NJW-RR 2000, 998 unter II 1; vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 unter I 2).

Diese Gesichtspunkte greifen hier nicht ein. Anlagevermittler ist jemand, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden (hier: M) und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen hat (BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/02, NJW-RR 1993, 1114 unter I 3 b; Palandt/Heinrichs, aaO, § 280 Rn. 52). Der Beklagte war hingegen Fachjournalist; er dozierte vor Anlagevermittlern, hatte aber den Vertrieb von Finanzprodukten für M nicht unmittelbar übernommen.

b) Jedoch ist nach allgemeinen Grundsätzen stillschweigend ein Auskunftsvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zustande gekommen.

aa) Die Abgrenzung, ob den Erklärungen der Parteien ein Wille zur rechtlichen Bindung zu entnehmen ist oder die Parteien nur aufgrund einer außerrechtlichen Gefälligkeit handeln, ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu bewerten (vgl. BGHZ 56, 204, 209 f.; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, WM 2009, 369 = NJW 2009, 1141, Tz. 7). Ob bei einer Partei ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist danach zu beurteilen, ob die andere Partei unter den gegebenen Umständen nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auf einen solchen Willen schließen musste. Dies ist anhand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen und des Verhaltens der Parteien zu ermitteln, wobei vor allem die wirtschaftliche sowie die rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, insbesondere für den Begünstigten, und die Interessenlage der Parteien heranzuziehen sind (BGHZ 21, 102, 106 f.; 92, 164, 168; BGH, Urteile vom 21. Juli 2005 - I ZR 312/02, NJW-RR 2006, 117, Tz. 37; vom 18. Dezember 2008, aaO, Tz. 7).

Der stillschweigende Abschluss eines Auskunftsvertrags zwischen Geber und Empfänger der Auskunft und damit eine vertragliche Haftung des Auskunftgebers für die Richtigkeit seiner Auskunft ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn die Auskunft für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage wesentlicher Entschlüsse machen will. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Auskunftgeber für die Erteilung der Auskunft besonders sachkundig (BGHZ 74, 103, 106 ff.; 100, 117; BGH, Urteil vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90, NJW 1992, 2080 unter II 1 a; vom 18. Dezember 2008, aaO, Tz. 10).

Allerdings reichen nicht allein die Sachkunde des Auskunftgebers und die Bedeutung der Auskunft für den Empfänger aus (BGH, Urteile vom 16. Juni 1988 - III ZR 182/87, BGHR BGB § 676 Auskunftsvertrag 1; vom 17. September 1985 - VI ZR 73/84, NJW 1986, 180 unter II 1 a). Vielmehr ist auf die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls Rücksicht zu nehmen. Die vorgenannten Umstände stellen lediglich Indizien dar, die, wenn auch mit erheblichem Gewicht, in die Würdigung der gesamten Gegebenheiten des konkreten Falles einzubeziehen sind. Für den stillschweigenden Abschluss eines Auskunftsvertrags ist entscheidend darauf abzustellen, ob die Gesamtumstände unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung und des Verkehrsbedürfnisses den Rückschluss zulassen, dass beide Teile nach dem objektiven Inhalt ihrer Erklärungen die Auskunft zum Gegenstand vertraglicher Rechte und Pflichten gemacht haben (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008, aaO, Tz. 11).

bb) Danach haben die Parteien unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falls einen Auskunftsvertrag geschlossen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin und die umfangreiche Tätigkeit des Beklagten sprechen im vorliegenden Fall in besonderer Weise für einen Verpflichtungswillen des Beklagten und gegen die von ihm vertretene Ansicht, er habe nur gefälligkeitshalber Auskünfte erteilt. Denn die Klägerin hat eine namhafte Summe von über 200.000 € angelegt. Zudem hat der Beklagte in erheblichen Umfang Aktivitäten entfaltet, um Vertragsabschlüsse der Klägerin mit M zu fördern. Er hat sich wiederholt mit der Klägerin und ihrem Ehemann getroffen, hat Modellrechnungen beschafft und schließlich die Versicherungsverträge ausgefüllt.

Vorliegend geht es nicht um den Fall, dass sich ein Leser einer Ratgeberpublikation mit einer Frage an diese wendet. Der Zeuge F hat sich zwar zunächst an den "versicherungstip" und dann den Beklagten gewandt. Dies geschah wegen der besonderen Sachkunde des Beklagten. Der Beklagte ist zwar selbst nicht als Finanzvermittler tätig geworden, hat aber gegenüber einem Finanzvermittler als höher einzustufende Kenntnisse, weil er Finanzvermittler schult. Das unterscheidet den vorliegenden Sonderfall von bloßen Auskünften eines Organs der Ratgeberpresse.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin bzw. der Zeuge u der besonderen Sachkunde in Gestalt der Dozententätigkeit wussten, oder ob der Zeuge F vornehmlich deshalb auf den Beklagten gekommen ist, weil er den Beklagten für einen gut informierten Fachjournalisten hielt. Wenn der Beklagte zusätzlich zu seiner Publikationstätigkeit über weitere Kenntnisse verfügt, verstärkt dies seine Sachkunde.

Dem Umstand, dass der Beklagte für sein Tätigwerden nach seinen Angaben keine Vergütung erlangt hat, kommt kein entscheidendes Gewicht zu (siehe BGH, Urteile vom 21. Dezember 1989 - IX ZR 234/88, NJW-RR 1990, 1532 unter II 2 b; vom 18. Dezember 2008, aaO, Tz. 9; Palandt/Sprau, aaO, § 675 Rn. 30; Palandt/ Heinrichs, aaO, § 280 Rn. 47). Es kommt daher nicht darauf an, dass der Beklagte und auch seine Ehefrau nach ihren Angaben kein Entgelt von M erhalten haben. Einen gewissen geschäftlichen Vorteil im weiteren Sinn versprach sich der Beklagte im Übrigen dadurch, dass er über das anlegerische Engagement der Klägerin in der Publikation "versicherungstip" berichten wollte.

Das von der Berufungsbeantwortung angeführte Schreiben des Beklagten vom 23. Mai 2004 steht der Annahme eines Auskunftsvertrags nicht entgegen. Es datiert deutlich nach Abschluss des Auskunftsvertrags, der spätestens bereits im Rahmen des Abschlusses der vier Versicherungsverträge im Februar und März 2002 zustande gekommen ist.

3. Vertragspartner des Auskunftsvertrags mit dem Beklagten war nicht der Zeuge F, sondern die Klägerin. Die vom Beklagten beschafften Modellrechnungen, die den vier Vertragsabschlüssen der Klägerin unmittelbar vorausgingen, waren altersmäßig auf die Klägerin abgestimmt. Sie war es auch, die die Versicherungsanträge unterzeichnete. Soweit der Zeuge F abgegeben hat, geschah dies vor dem Hintergrund der vorgenannten Umstände erkennbar im Namen der Klägerin (§ 164 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB).

4. Art, Inhalt und Umfang der den Auskunftgeber treffenden Informationspflicht hängen von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2007 - III ZR 75/06, NJW-RR 2007, 1271, Tz. 11). Hier hat der Beklagte der Klägerin einen unrichtigen Eindruck von der Sicherheit und den Risiken der unter seiner Beratung gewählten Anlageform vermittelt. Darauf hat bereits das Landgericht zutreffend abgestellt.

a) Der Beklagte durfte der Klägerin keine für den Anlageentschluss wesentliche Informationen vorenthalten. Er hat jedoch einen falschen Eindruck über die Sicherheit der Geldanlage der Klägerin erweckt. Er hat durch Schreiben vom 29. Januar 2002 mitgeteilt, dass bei der Anlage "kein Kapitalverzehr entsteht" (GA 9). Es mag sein, dass sich dies nur eine bestimmte Modellberechnung bezog. Die Klägerin hat jedoch bereits im Rahmen ihrer Anhörung angegeben: "Herr T [Beklagter] erklärte uns, das Kapital könne sich nicht verringern". Dies ist glaubhaft, weil es mit dem Schreiben des Beklagten vom 29. Januar 2002 übereinstimmt und bei Anlagen in Lebensversicherungsverträgen naheliegt. Die Klägerin hat auf diese Weise jedoch Verträge abgeschlossen, bei denen sich das eingesetzte Kapital verringern kann und auch verringert hat, denn M garantiert einen Wertzuwachs nur, wenn das Kapital im sogenannten "Pool" verbleibt. Durch den Abfluss des Kapitals aus den "Noble"-Verträgen in die "X1"-Verträge war dies jedoch nicht der Fall. In einem maßgeblichen Umstand waren die Auskünfte des Beklagten daher unvollständig. Er hat die Klägerin in Unkenntnis gelassen, dass die von ihr verfolgte Anlagestrategie riskant und mit der Gefahr behaftet war, nicht aufzugehen.

Dazu kommt nach den Angaben des Beklagten im Senatstermin ein zweiter Umstand. Er hat erklärt, dass auch die Laufzeit der Verträge falsch gewählt worden sei, was dazu geführt hat, dass M keine Boni an die Klägerin ausgezahlt habe, so dass die Anlagestrategie der Klägerin zusätzlich gefährdet war.

b) Die vom Beklagten der Klägerin nicht aufgezeigte Gefahr hat sich realisiert.

aa) Entgegen der im Senatstermin geäußerten Ansicht des Beklagten verblieb das angelegte Geld der Klägerin nicht im selben "Pool". Das ergibt sich bereits aus den vom Beklagten im Senatstermin überreichten vier Abrechnungen der M von 5. September 2008. Die beiden Verträge des Typs "X" gehörten zur "Euro-Pool Serie 2000EINS", die beiden Verträge des Typs "X1" gehörten hingegen zum Pool "Euro-Pool (Serie II)."

bb) Im Senatstermin hat der Beklagte vorgetragen, dass M das Anlageengagement der Klägerin falsch abgerechnet habe. Dafür hat er jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte aufgezeigt, so dass die Behauptung nicht hinreichend konkretisiert ist (§ 138 Abs. 3 ZPO). Die Behauptung ist zudem als neue Tatsache in zweiter Instanz nicht zu berücksichtigen, weil der Beklagte sie bereits in erster Instanz hätte aufstellen können und einer der Fälle des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 nicht gegeben ist,

5. Der Haftung des Beklagten steht entgegen der Ansicht des Beklagten nicht entgegen, dass der Zeuge F möglicherweise keinen Vermittler und keine "ausführliche" Beratung" wünschte. Es ist auch unschädlich, dass der Zeuge F sich ebenfalls als sachkundig bezeichnete. Zwar besteht keine Aufklärungspflicht gegenüber einer um Auskunft nachsuchenden Person, die über ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen mit der favorisierten Kapitalanlage verfügt (Ellenberger, WM 2001, Sonderbeilage 1, S. 7 f.). Wer aber einen Sachkundigen hinzuzieht, gibt damit aber regelmäßig zu erkennen, dass er auf dem betreffenden Fachgebiet nicht die erforderlichen Kenntnisse hat und auf fremde Hilfe angewiesen ist, so dass sein Vertrauen besonderen Schutz verdient (BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 unter II 1; v. Heymann/Edelmann in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3. Aufl., § 4 Rn. 120). So war es auch hier. Der Ehemann der Klägerin wollte sich über Anlagen bei britischen Lebensversicherungen informieren. Selbst erfahrene Anleger sind über risikoerhöhende besondere Umstände aufzuklären, die erkennbar von wesentlicher Bedeutung für den Anlageentschluss sind (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2008 - III ZR 298/05, NJW-RR 2008, 1365, Tz. 25; Ellenberger, aaO, S. 8). Das gilt auch für das Risiko des Kapitalverzehrs, welches die Klägerin und ihr Ehemann nicht im Blick hatten. Aus dem vom Beklagten angeführten Urteil des OLG Koblenz vom 16. Juni 2000 (10 U 1483/99, WM 2000, 2006 = VersR 2000, 1268) folgt nicht anderes, denn dieser Fall betraf einen gewerblichen Kreditnehmer.

6. Die Pflichtverletzung des Beklagten ist ursächlich für die Anlageentscheidungen der Klägerin geworden. Die falschen Angaben müssen den Anleger zu seiner Entscheidung bestimmt haben und die Verletzung der Offenbarungspflicht muss ursächlich für den konkret geltend gemachten Schaden des Anlegers sein (v. Heymann/Edelmann, aaO, § 4 Rn. 114 m.w.N.). So war es hier. Die Klägerin wäre das Engagement nicht eingegangen, wenn sie die Gefahr des Kapitalverzehrs realisiert hätte. Alles andere wäre nach der Lebenserfahrung nicht plausibel, denn eine Anlage in Gestalt einer Lebensversicherung ist in aller Regel, von der eine Ausnahme im vorliegenden Fall nicht erkennbar ist, kein Spekulationsobjekt, das der Anleger der Gefahr eines Kapitalverzehrs aussetzt.

Unbeschadet dessen gilt im vorliegenden Fall die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, es sei denn, dass es vernünftigerweise mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhalten gegeben hätte (vgl. BGH, Nichtannahmebeschluss vom 1. April 1993 - III ZR 193/91, BGHR BGB § 676 Auskunftsvertrag 15; Ellenberger, aaO, S. 9; Palandt/Heinrichs, aaO, § 280 Rn. 54b). Bei der Möglichkeit des Kapitalverzehrs einer als sicher gewollten Anlage gibt es jedoch vernünftigerweise nur die Möglichkeit, vom Abschluss solcher Versicherungsverträge abzusehen.

7. Der Anleger kann verlangen, so gestellt zu werden, wie er ohne die Anlage gestanden hätte (Ellenberger, aaO, S. 9). Wie ausgeführt, hat die Klägerin 233.550 € an M entrichtet. Den entstandenen Vertrauensschaden kann die Klägerin ersetzt verlangen. Sie hat Anspruch auf Erstattung des für die Kapitalanlage gezahlten Entgelts Zug um Zug gegen Übertragung der Kapitalanlage; dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte nicht Partei des Anlage des Anlagegeschäfts ist (siehe BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - III ZR 28/08, WM 2009, 540 = VersR 2009, 543).

Der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens bei Verletzung von Beratungs- und Auskunftspflichten ist nicht durch das Interesse an der Richtigkeit der Auskunft begrenzt (BGHZ 69, 53, 56; 57, 191, 193; BGH, Urteil vom 9. Oktober 1989 - II ZR 257/88, WM 1990, 146 = NJW-RR 1990, 229 unter 6; v. Heymann/Edelmann, aaO, § 4 Rn. 125; Ellenberger, aaO, S. 9; Palandt/Heinrichs, aaO, Vorbemerkung vor § 249 Rn. 17).

8. Das Verschulden der Beklagten wird aufgrund der Pflichtverletzung vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Umstände, die ihn entlasten könnten, hat er nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht ersichtlich.

9. Ohne Erfolg erhebt der Beklagte die Einrede der Verjährung. Die Sondervorschrift § 37a WpHG greift schon deshalb nicht ein, weil der Beklagte nicht als Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 2 Abs. 4 WpHG) tätig geworden ist; dies macht er auch nicht geltend. Maßgeblich ist die dreijährige Regelverjährungsfrist (§§ 195, 199 BGB). Die am 28. Dezember 2006 eingegangene und dem Beklagten am 17. Januar 2007 zugestellte Klageschrift hat die Verjährung rechtzeitig gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Der Kostenvorschuss war bereits am 29. Dezember 2006 gezahlt worden (GA 40). Die Klage ist somit "demnächst" zugestellt worden (§ 167 ZPO) und hat die Verjährung rechzeitig gehemmt.

Der Anspruch der Klägerin wäre danach nur dann verjährt, wenn sie bereits im Jahr 2002 Kenntnis vom Schaden erlangt bzw. grob fahrlässig nicht erlangt hat. Dies ist nicht der Fall. Kenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BGB) vom Kapitalverlust hatte die Klägerin frühestens mit Zugang des Schreibens der M vom 24. April 2006. Im Jahr 2002 lag auch keine grob fahrlässige Unkenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB) von den Risiken der Kapitalanlage vor; nur dann wären die Ansprüche der Klägerin mit Ablauf des Jahres 2005 verjährt (§ 195 BGB). Grob fahrlässige Unkenntnis ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die Klägerin den Inhalt der ihr nach Vertragsabschluss zugänglich gemachten Versicherungsbedingungen nicht zur Kenntnis genommen hat. Die Klägerin hat die Versicherungsbedingungen erstmals drei bis vier Wochen nach Abschluss des ersten Vertragspaares am 11. Februar 2002 erhalten.

Grob fahrlässige Unkenntnis ist anzunehmen, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 395/07, NJW 2009, 587, Tz. 14). Eine besonders schwere Verletzung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt ist unter anderem gegeben, wenn der Geschädigte auf der Hand liegende Erkenntnismöglichkeiten nicht nutzt und sich auf diese Weise dem gebotenen Kenntnisstand verschließt (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14. Januar 2008 - 18 U 28/07, BKR 2009, 82, 83 = juris, Tz. 19; OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. April 2008 - 16 U 275/06, juris, Tz. 59). Dies ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt und mit dem Rechtsgedanken des § 162 BGB begründet (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2001 - VI ZR 30/00, NJW 2001, 1721 unter II 1 b m.w.N.)

Aus den Versicherungsbedingungen, die die Klägerin erhielt, ergibt sich zwar dass der Erhalt des eingesetzten Kapitals nicht ohne Weiteres garantiert ist. Denn die gegebene Garantie greift nur unter bestimmten Voraussetzungen; der Anleger muss im Pool verbleiben. Das war hier nicht der Fall. Es ist allerdings fraglich, ob das Klauselwerk der M hinreichend transparent war, um die Gefahr mit hinreichender Deutlichkeit in den Blick des Anlegers geraten zu lassen und der Klägerin Anlass geben musste, bereits im Jahr 2002 eine Schadensersatzklage zu erheben (zu den subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2008 - XI ZR 132/07, NJW-RR 2008, 1495, Tz. 32 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall ist jedenfalls die Besonderheit zu beachten, dass der Beklagte der Klägerin durch Schreiben vom 29. Januar 2002 (GA 9) mitgeteilt hat, dass "kein Kapitalverzehr" entstehe. Es mag zwar im Einzelfall sein, dass das Vertrauen auf die Angaben eines Auskunftgebers die Annahme grober Fahrlässigkeit nicht ausschließt, wenn der Anleger ihm überreichte Unterlagen nicht liest (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 18. April 2008 - 16 U 275/06, juris, Tz. 63). Im Unterschied zu einer herkömmlichen Anlageberatung hatte der Beklagte jedoch zum einen weitergehende Kenntnisse, weil er Anlagevermittler schult. Zum anderen war der Beklagte - als Presseorgan - nicht ohne Weiteres erkennbar interessengebunden. Auf diese besondere Stellung des Beklagten durfte die Klägerin vertrauen, weil sie die Auskünfte des Beklagten - jedenfalls im Jahr 2002 - einerseits als fundiert und andererseits auch als objektiv ansehen durfte. Es mag zwar sein, dass dies angesichts des Inhalts der Versicherungsbedingungen (einfach) fahrlässig war. Angesichts der besonderen Umstände der hier gegebenen Fallgestaltung hat die Klägerin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt aber jedenfalls nicht in erheblichen Umfang verletzt.

10. Ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, § 278 BGB) fällt der Klägerin nicht zur Last. Durchgreifende Anhaltspunkte zeigt der Beklagte nicht auf; sie sind auch nicht erkennbar. Zwar kann im Einzelfall der Einwand des Mitverschuldens begründet sein, etwa wenn Warnungen von dritter Seite oder differenzierende Hinweise des anderen Teils nicht genügend beachtet wurden oder wenn im Hinblick auf die Interessenlage, in der der Anlageinteressent und der Anlagevermittler in vertragliche Beziehungen zueinander treten, besondere Umstände vorliegen (BGH, Urteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92, NJW-RR 1993, 1114 unter II 1).

Hier kommt in Betracht, dass die Klägerin nicht von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht hat, welches M dem Anleger unter Nr. 14 des Klauselwerks einräumt. Dies betrifft jedoch nur den Zeitraum von vierzehn Tagen nach Vertragsabschluss. In dieser Zeit bestand kein Anlass zum Rücktritt, zumal die Gefahr des Kapitalverzehrs aus den Versicherungsbedingungen allenfalls schwerlich zu erkennen ist.

11. Die Klägerin hat bei ihrer Antragstellung berücksichtigt, dass sie ihre Rechte aus den Lebensversicherungsverträgen an den Beklagten abzutreten hat. Rechtsansprüche aus einer Lebensversicherung sind gemäß § 398 BGB abtretbar (vgl. Versicherungshandbuch/Brömmelmeyer, 2. Aufl., § 42 Rn. 199 ff.). Der Antrag der Klägerin auf Erstattung des gezahlten Entgelts Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Kapitalanlage entspricht dem im allgemeinen Schadenersatzrecht geltenden Prinzip des Vorteilsausgleichs (BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - III ZR 28/08, aaO; siehe auch BGH, Urteile vom 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, NJW 2001, 3190 unter II 2 b; vom 25. Januar 1990 - IX ZR 65/89, NJW-RR 1990, 407; v. Heymann/ Edelmann, aaO, § 4 Rn. 125).

Die Klägerin hat dem vor ihr angelegten Betrag achtmal jeweils 650 € entnommen. Der geltend gemachte Anspruch von 233.550 € ist insoweit im Wege der Vorteilsausgleichung um 5.200 € zu vermindern und reduziert sich auf 228.350 €. Dies ist im Senatstermin erörtert worden. Die Klägerin hat keine Einwände erhoben.

Für eine Anrechnung durch die Anlage erlangter Steuervorteile (vgl. BGH, Urteile vom 17. November 2005 - III ZR 350/04, NJW 2006, 499; vom 9. Oktober 1998 - II ZR 257/88, NJW-RR 1990, 229 unter 6 m.w.N.) ist hingegen kein Raum. Unstreitig hat die Klägerin solche Steuervorteile nicht erlangt.

12. Dem Anspruch der Klägerin steht der außergerichtliche Vergleich mit M nicht entgegen. Welche Wirkungen ein Vergleich mit einem Gesamtschuldner im Verhältnis zu anderen, nicht an ihm beteiligten Gesamtschuldnern hat, ist eine Frage des Einzelfalls (siehe BGH, Urteil vom 5. März 2009 - III ZR 17/08, www.bundesgerichtshof.de, Tz. 23). Nach eigenen Angaben des Beklagten im Senatstermin soll der Vergleich letztlich gar keine Vorteile für die Klägerin bewirken. Nach den Angaben der Klägerin verringert der außergerichtliche Vergleich mit M zwar den Schaden der Klägerin, jedoch kommt auf diese Weise auch der Beklagte aufgrund der Abtretung letztlich in den Genuss etwaiger wirtschaftlicher Vorteile durch den Vergleich.

13. Zinsen auf den Hilfsantrag verlangt die Klägerin ohne Erfolg bereits seit Zahlung der jeweiligen Teilbeträge. Ein Zinsanspruch kommt erst mit Zustellung der Berufungsschrift am 18. Januar 2009 in Frage (§ 291 BGB). Ein solcher Anspruch entfällt zwar bei einem Zurückbehaltungsrecht (Palandt/Grüneberg, aaO, § 291 Rn. 5 m.w.N.). Hier geht es jedoch nicht um ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten, sondern um das Prinzip der Vorteilsausgleichung (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 323/03, NJW-RR 2005, 170 unter 4).

14. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Ende der Entscheidung

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