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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.06.2005
Aktenzeichen: 29 U 103/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, EGBGB


Vorschriften:

BGB § 284 Abs. 1 S. 1
BGB § 288 Abs. 1 a. F.
BGB § 326 a. F.
ZPO § 78 Abs. 1 S. 1
ZPO § 282 Abs. 2
ZPO § 296 Abs. 2
ZPO § 411 Abs. 4 S. 1
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
EGBGB Art. 229 § 5 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 2. September 2004 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Anzahlung für die Entwicklung und Lieferung eines Datenverarbeitungsprogramms in Anspruch.

Am 2. 5. 2000 schlossen die Parteien einen Vertrag, in dem sich der Beklagte verpflichtete, für die Klägerin ein Datenverarbeitungsprogramm mit der Bezeichnung "N" zu planen, zu erstellen und es ihr zu liefern. § 1 Abs. 4 dieses Vertrages sieht vor, dass das Programm den im Vertragsanhang "Produktbeschreibung" festgelegten Anforderungen entsprechen müsse. Die Vergütung des Beklagten betrug nach § 7 des Vertrages 60.000 DM nebst MwSt. § 4 des Vertrages enthält folgende Regelung:

"1) Der Auftragnehmer liefert die vereinbarte Software spätestens 50 Arbeitstage nach Vertragsabschluss.

2) Nach dem 20. Arbeitstag der Verspätung ist der Aufraggeber berechtigt, den Auftrag fristlos zu kündigen. Die bis zu diesem Zeitpunkt vom Auftraggeber getätigten Zahlungen sind dann umgehend zu erstatten."

Wegen des weiteren Vertragsinhalts wird auf die Kopie der Vertragsurkunde und der Produktbeschreibung (Bl. 11 - 29 d. A.) Bezug genommen.

In der Folgezeit leistete die Klägerin eine Anzahlung in Höhe von 54.000 DM an den Beklagten.

Nachdem der Beklagte der Klägerin bis Ende August 2000 keine lauffähige Version des Programms überlassen hatte, vereinbarten die Parteien am 1. 9. 2000, dass er der Klägerin eine lauffähige Version des Programmmoduls "Wertschöpfung" bis zum 21. 9. 2000 und eine lauffähige Version des Moduls "Zeitwirtschaft" bis zum 30. 10. 2000 liefern solle. Mit E-Mail vom 1. 11. 2000 teilte er der Klägerin mit, er werde ihr neue Teilversionen des Programms in der 45., 46, 47. und 48. Kalenderwoche 2000 liefern. Unter dem 21. 1. 2001 teilte er der Klägerin mit, er gehe davon aus, noch fehlende Elemente in der nächsten Woche zu liefern. Alsdann könne die Abnahme der Software vorbereitet werden. Er bemühe sich darum, eine stabil laufende, komfortablere Version des Programms herzustellen. Diese Version werde er der Klägerin erst ausliefern, wenn ihre Stabilität nachgewiesen sei.

Am 25. 5. 2001 führte der Beklagte der Klägerin das Programm zum Zweck der Abnahme vor. Die Klägerin stellte eine Reihe von Mängeln des Programms fest, teilte sie dem Beklagten mit und verweigerte die Abnahme. Für die Darstellung der gerügten Mängel im einzelnen wird auf die Aufstellung der Klägerin vom 28. 5. 2001 (Bl. 42 f. d. A.) Bezug genommen.

Am 23. 8. 2001 führte der Beklagte der Klägerin das überarbeitete Programm erneut zum Zweck der Abnahme vor. Die Klägerin rügte wiederum zahlreiche Mängel und lehnte die Abnahme ab.

Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 10. 9. 2001 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr bis zum 19. 9. 2001 eine vollständige, ordnungsgemäß funktionierende Fassung des Programms zu liefern. Im Fall fruchtlosen Fristablaufs werde sie weitere Leistungen des Beklagten ablehnen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung geltend machen. Am 18. 9. 2001 überließ der Beklagte der Klägerin eine überarbeitete Fassung des Programms. Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 17. 10. 2001 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die zuletzt gelieferte Programmversion habe bei ihr nicht installiert werden können. Zugleich forderte sie den Beklagten auf, das Programm bis zum 31. 10. 2001 bei ihr zu installieren und ihr vorzuführen. Am 18. 10. und 6. 11. 2001 übersandte der Beklagte der Klägerin weitere überarbeitete Versionen des Programms. Mit Anwaltsschreiben vom 14. 11. 2001 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, auch die zuletzt übersandten Versionen des Programms funktionierten nicht. Deshalb lehne sie weitere Leistungen des Beklagten ab und verlange Schadensersatz wegen Nichterfüllung, u. a. die Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 54.000 DM. Der Beklagte antwortete mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 6. 12. 2001, das Programm funktioniere einwandfrei, und lehnte jedwede Zahlungen an die Klägerin ab.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von 54.000 DM in Anspruch genommen. Sie hat behauptet: Keine der Versionen des Programms, die der Beklagte ihr geliefert habe, habe ordnungsgemäß funktioniert.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 27.609,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2001 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat behauptet: Er habe der Klägerin eine vollständige, ordnungsgemäß funktionierende Version des Programms geliefert. Andere Kunden setzten dieses Programm erfolgreich und ohne Beanstandungen ein. Insbesondere könnten mit dem Programm bereits vorhandene Daten ohne weiteres bearbeitet werden. Dass das Programm bei der Klägerin nicht zu deren Zufriedenheit funktioniere, beruhe darauf, dass sie ihr EDV-System und vorhandene Daten nicht ordnungsgemäß vorbereitet und das Programm nicht ordnungsgemäß administriert habe.

Das Landgericht hat über die Behauptung des Beklagten, das Programm funktioniere einwandfrei, Beweis durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens erhoben. Mit Verfügung vom 13. 5. 2004 hat der Kammervorsitzende den Parteien das Gutachten des Sachverständigen S übersandt, ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gutachten binnen 4 Wochen gegeben und Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 2. 9. 2004 anberaumt. Das Gutachten und die Terminsladung sind dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 18. 5. 2004 zugestellt worden. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hat der Kammervorsitzende mit Verfügung vom 8. 6. 2004 die Frist zur Stellungnahme zum Sachverständigengutachten für den Beklagten um 4 Wochen verlängert. Mit Schriftsatz vom 5. 7. 2004 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten beantragt, diese Frist nochmals stillschweigend bis zum 27. 7. 2004 zu verlängern. Mit Schriftsatz vom 26. 8. 2004, bei dem Landgericht eingegangen am 27. 8. 2004, hat der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Beklagten beantragt, den Sachverständigen zum Termin am 2. 9. 2004 zu laden, und eine Stellungnahme des Beklagten zum Sachverständigengutachten nebst Anlagen, insgesamt 115 Bl., überreicht.

Mit seinem am 2. 9. 2004 verkündeten Urteil hat das Landgericht den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 27.609,76 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. 12. 2001 zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Beklagte sei nach § 326 BGB a. F. und § 4 Abs. 2 des Vertrages vom 2. 5. 2000 zur Rückzahlung der Anzahlung verpflichtet. Er habe sich in Verzug befunden, da er der Klägerin bis zum 14. 11. 2001 keine funktionsfähige Version des Programms "N" geliefert habe. Dass die gelieferten Programmversionen nicht funktionierten, stehe aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen S fest. Insbesondere sei aufgrund dieser Feststellungen davon auszugehen, dass der Beklagte das Programm "N" nicht im EDV-System der Klägerin installiert habe. Der Datenbestand des Vorgängerprogramms "N" sei nicht vollständig in das neue Programm konvertiert worden. Benötigte Druckausgaben seien nicht vorhanden. Der Beklagte habe weder eine System- noch eine Anwenderdokumentation erstellt. Zudem habe er Schulungsergebnisse und Tests nicht dokumentiert. Durchgreifende Einwendungen gegen die Feststellungen des Sachverständigen habe der Beklagte nicht erhoben. Die mit Schriftsatz vom 26. 8. 2004 überreichte Stellungnahme des Beklagten zum Sachverständigengutachten habe wegen des hier geltenden Anwaltszwanges nicht berücksichtigt werden können. Zudem seien diese Einwände und der Antrag auf Ladung des Sachverständigen wegen Verspätung zurückzuweisen.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung begehrt der Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht, hilfsweise die Klageabweisung. Er trägt vor: Das Landgericht habe mehrere schwerwiegende Verfahrensfehler begangen. Es hätte seine mit Schriftsatz vom 26. 8. 2004 vorgelegte Stellungnahme berücksichtigen müssen. Schriftsätzliche Darstellungen einer Partei seien im Anwaltsprozess zu berücksichtigen, sofern sie geordnet und übersichtlich seien, was bei seiner Stellungnahme der Fall sei. Das Landgericht habe diese Stellungnahme auch nicht als verspätet zurückweisen dürfen. Zudem hätte das Landgericht seinem Antrag auf Ladung des Sachverständigen zum Termin vom 2. 9. 2004 entsprechen müssen. Die Klage sei auch nicht begründet. § 4 Abs. 2 des Vertrages vom 2. 5. 2000 sei nicht einschlägig, denn die Klägerin habe den Vertrag nicht gekündigt. Ebensowenig bestehe ein Zahlungsanspruch der Klägerin nach § 326 BGB a. F. Das Programm "N" funktioniere einwandfrei. In zwei anderen Unternehmen werde es mit Erfolg eingesetzt. Auch die Klägerin habe es 10 Monate genutzt. Die Rügen der Klägerin beträfen die Administrierung des Programms, für die sie selbst verantwortlich sei. Die Konvertierung von Daten aus dem Programm "N" in die neue Software sei erfolgt. Erforderliche Druckausgaben seien vorhanden und dem Sachverständigen vorgestellt worden. Er, der Beklagte, habe auch eine System- und eine Administratordokumentation erstellt und dem Sachverständigen vorgelegt. Der Sachverständige habe den Begriff der "freien Administrierbarkeit" verkannt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil das Landgerichts Essen vom 2. September 2004 aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen,

hilfsweise, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

B.

I.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 27.609,76 € gemäß § 4 Abs. 2 des Vertrages vom 2. 5. 2000 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. 12. 2001 nach den §§ 284 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB a. F.

1. Gemäß § 4 Abs. 1 des Vertrages vom 2. 5. 2000 hatte der Beklagte die Software spätestens 50 Arbeitstage nach dem Vertragsschluss zu liefern. Nach § 4 Abs. 2 S. 1 des Vertrages ist die Klägerin berechtigt, den Vertrag nach dem 20. Arbeitstag der Verspätung fristlos zu kündigen. Der Beklagte ist in diesem Fall nach § 4 Abs. 2 S. 2 des Vertrages verpflichtet, sämtliche von der Klägerin erhaltenen Anzahlungen umgehend zu erstatten. Die Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs der Klägerin nach dieser Bestimmung liegen hier vor.

a) Die Klägerin hat den Vertrag mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 14. 11. 2001 gekündigt. In diesem Schreiben hat sie erklärt, sie lehne weitere Leistungen des Beklagten ab und fordere stattdessen Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Aus dieser Erklärung ergibt sich unmissverständlich, dass sie den Vertrag mit Wirkung für die Zukunft beenden, d. h. kündigen wollte.

b) Am 14. 11. 2001 lagen die Kündigungsvoraussetzungen gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 des Vertrages vor.

Die Frist für die Lieferung der Software, nach deren Ablauf die Klägerin berechtigt war, den Vertrag fristlos zu kündigen - Ablauf von 50 Arbeitstagen nach dem Vertragsschluss, Ablauf von weiteren 20 Arbeitstagen - war seinerzeit längst verstrichen, ohne dass der Beklagte der Klägerin eine funktionsfähige Fassung des Programms geliefert hätte.

Das Landgericht hat festgestellt, dass der Beklagte bis zum 14. 11. 2001 keine funktionsfähige Version des Programms "N" in das EDV-System der Klägerin installiert hat, die Daten der Klägerin aus der Vorgängersoftware "N" nicht in das neue Programm konvertiert worden sind und der Beklagte erforderliche Druckausgaben nicht erstellt hat. Diese Feststellungen hat der Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seiner Entscheidung zugrundezulegen. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen begründen und eine erneute Feststellung gebieten. Neue zu berücksichtigende Tatsachen (§ 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) hat der Beklagte nicht vorgetragen.

Das Landgericht hat die genannten Feststellungen aufgrund der in jeder Hinsicht nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen S getroffen. Durchgreifende Einwendungen gegen die Richtigkeit der gutachterlichen Feststellungen hat der Beklagte nicht erhoben.

aa) Die mit Schriftsatz vom 26. 8. 2004 überreichte Stellungnahme des Beklagten vom 25. 8. 2004 hat das Landgericht zu Recht nicht berücksichtigt. Diese Stellungnahme und die Bezugnahme auf sie im Schriftsatz vom 26. 8. 2004 verstoßen gegen den hier geltenden Anwaltszwang nach § 78 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Anwaltszwang gilt im Anwaltsprozess auch für vorbereitende Schriftsätze. Zwar darf der Anwalt im Anwaltsprozess auf Anlagen wie Stellungnahmen der Partei Bezug nehmen. Die Bezugnahme darf jedoch nicht pauschal, sondern muss substantiiert erfolgen, denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts und des Prozessgegners, sich aus umfangreichen Unterlagen das "Passende" herauszusuchen. Deshalb obliegt es im Anwaltsprozess dem Rechtsanwalt, den Vortrag der Partei zu ordnen, Anlagen nach rechtlichen Gesichtspunkten auszuwerten und entsprechend vorzutragen (OLG Düsseldorf MDR 1993, 798; OLG Schleswig MDR 1976, 50; OLG Hamm NJW-RR 1996, 593; Peters, in MüKo zur ZPO, 2. Aufl., § 130 Rz. 3; Musielak-Stadler, ZPO, 4. Aufl., § 130 Rz. 10; Leipold, in: Stein-Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 130 Rz. 9; Zöller-Greger, ZPO, 25. Aufl., § 130 Rz. 2). Diesen Anforderungen genügen der Schriftsatz vom 26. 8. 2004 und die darin enthaltene Bezugnahme auf die Stellungnahme des Beklagten vom 25. 8. 2004 nicht. In dem - lediglich aus zwei Sätzen bestehenden - Schriftsatz vom 26. 8. 2004 sind die Stellungnahme des Beklagten vom 25. 8. 2004 und die von ihm beigefügten Anlagen nicht ansatzweise nach rechtlichen Gesichtspunkten ausgewertet und ihr Inhalt entsprechend vorgetragen worden. Vielmehr ist in diesem Schriftsatz ganz pauschal auf die Stellungnahme des Beklagten und die Anlagen Bezug genommen worden, was, wie oben ausgeführt, im Anwaltsprozess nicht zulässig ist.

bb) Zudem lagen für den Schriftsatz vom 26. 8. 2004, die Stellungnahme des Beklagten vom Vortag und den Antrag des Beklagten auf Ladung des Sachverständigen zum Termin vom 2. 9. 2004 die Voraussetzungen für die Zurückweisung wegen Verspätung gemäß den §§ 411 Abs. 4 S. 1, 296 Abs. 2, 282 Abs. 2 ZPO vor.

Nach § 411 Abs. 4 S. 1 ZPO hatte der Beklagte seine Einwendungen gegen das Gutachten und seinen Antrag auf Ladung des Sachverständigen binnen angemessener Frist mitzuteilen. Gemäß § 282 Abs. 2 ZPO, der für derartige Einwände und Anträge ebenfalls gilt (Musielak-Huber, a. a. O., § 411 Rz. 8), hätte der Beklagte seine umfangreichen Einwände gegen die Ausführungen des Sachverständigen so rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung vom 2. 9. 2004 mitteilen müssen, dass die Klägerin die erforderlichen Informationen hierzu rechtzeitig vor dem Termin hätte einholen können. Gegen diese Verpflichtungen hat der Beklagte schwerwiegend verstoßen. Seine Stellungnahme zum Sachverständigengutachten ist erst am 27. 8. 2004, 4 Werktage vor dem Verhandlungstermin vom 2. 9. 2004, bei dem Landgericht eingegangen. Vor dem 30. 8. 2004 konnte die Klägerin diese Stellungnahme keinesfalls erhalten. Bis zu dem Termin vom 2. 9. 2004 war es ihr und ihren Prozessbevollmächtigten nicht möglich, diese Stellungnahme auszuwerten und sachgerecht zu ihr vorzutragen. Ebensowenig konnte der Sachverständige diese Stellungnahme vor dem 30. 8. 2004 erhalten.

Die Berücksichtigung des Schriftsatzes vom 26. 8. 2004, der Stellungnahme des Beklagten zum Sachverständigengutachten und des Antrages auf Ladung des Sachverständigen zum Verhandlungstermin hätten zu einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits geführt. Im Termin vom 2. 9. 2004 hätte die Klägerin nicht sachgerecht zu den Einwänden des Beklagten gegen das Sachverständigengutachten Stellung nehmen und den Sachverständigen nicht sachgerecht zu diesen Einwänden befragen können. Ebensowenig hätte die Kammer den Sachverständigen abschließend zu diesen Einwendungen befragen noch die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sachgerecht und erschöpfend mit beiden Parteien erörtern können. Daher hätte sie der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Einwendungen des Beklagten geben und alsdann neuen Termin unter Ladung des Sachverständigen anberaumen müssen.

Die verspätete Mitteilung der Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten und des Antrages auf Ladung des Sachverständigen zum Termin vom 2. 9. 2004 beruhen auf grober Nachlässigkeit des Beklagten. Das Gutachten nebst der Ladung zum Termin vom 2. 9. 2004 ist dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 18. 5. 2004 zugestellt worden. Die Kammer hat die dem Beklagten gesetzte vierwöchige Frist zur Stellungnahme zum Gutachten zunächst um 4 Wochen und sodann bis zum 27. 7. 2004 verlängert. Die verlängerte Frist war ausreichend bemessen, um sachgerecht zu dem Gutachten Stellung nehmen zu können, zumal der Beklagte als Diplom-Ingenieur und Softwareentwickler über die insoweit erforderliche Fachkunde verfügt. Gründe, die entschuldigen könnten, dass er seine Stellungnahme zu dem Gutachten erst 141/2 Wochen nach dessen Erhalt und 4 Werktage vor dem Verhandlungstermin vom 2. 9. 2004 vorgelegt hat, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Gleiches gilt für den Antrag auf Ladung des Sachverständigen zum Termin vom 2. 9. 2004. Unter diesen Umständen stellen sich die verspätete Mitteilung der Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten und des Antrages auf Ladung des Sachverständigen als grob nachlässig i. S. des 296 Abs. 2 ZPO dar.

c) Die Einwände, die der Beklagte in zweiter Instanz gegen die Richtigkeit der gutachterlichen Feststellungen erhebt, sind nicht zuzulassen. Bei ihnen handelt es sich um neue Verteidigungsmittel i. S. des § 531 Abs. 2 ZPO, denn in der ersten Instanz hat der Beklagte, wie oben unter aa) und bb) ausgeführt, keine zu berücksichtigenden Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten erhoben. Die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO liegen für die neuen Einwände gegen das Sachverständigengutachten nicht vor. Insbesondere sind § 531 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO nicht einschlägig. Das Landgericht hat dadurch, dass es den Schriftsatz vom 26. 8. 2004 sowie die Stellungnahme des Beklagten vom 25. 8. 2004 nicht berücksichtigt und den Sachverständigen nicht zu dem Termin vom 2. 9. 2004 geladen hat, keine Verfahrensfehler begangen, wie oben unter aa) und bb) ausgeführt. Ebensowenig kann der Senat feststellen, dass den Beklagten bzw. seinen erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigter daran, dass sie die Einwände gegen die Feststellungen des Sachverständigen in erster Instanz nicht entsprechend den im Anwaltsprozess maßgeblichen Anforderungen und nicht rechtzeitig mitgeteilt haben, kein Verschulden trifft (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).

d) Auch im übrigen rechtfertigt das Berufungsvorbringen keine Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Wie oben unter 1. a) ausgeführt, hat die Klägerin den Vertrag vom 2. 5. 2000 mit Anwaltsschreiben vom 14. 11. 2001 gekündigt. Davon, dass diese Erklärung nicht eindeutig und unmissverständlich auf die Beendigung dieses Vertrages gerichtet sei, kann nicht die Rede sein.

Dass seine Leistungen für die Klägerin werthaltig sind, hat der Beklagte nicht bewiesen. Nach den gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrundezulegenden Feststellungen des Landgerichts ist die Software, die er der Klägerin geliefert hat, weder vollständig noch bei der Klägerin installiert. Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie diese Software nicht einsetzt. Konkrete Anhaltspunkte, diese Erklärung sei unrichtig, liegen nicht vor. Ein Zahlungsanspruch des Beklagten, der mit der Forderung der Klägerin zu saldieren wäre, besteht deshalb nicht.

Das Landgericht hat die Vereinbarungen der Parteien hinsichtlich der Beschaffenheit des zu liefernden Programms nicht verkannt. Das Landgericht hat die Sollbeschaffenheit der zu liefernden Software zu Recht nach dem Vertrag vom 2. 5. 2000 bestimmt und dabei die maßgeblichen Vertragsbestimmungen zutreffend ausgelegt.

e) Rechtsfolge der fristlosen Kündigung ist gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 des Vertrages vom 2. 5. 2000 die Verpflichtung des Beklagten, sämtliche von der Klägerin erhaltenen Zahlungen umgehend zu erstatten. Mithin hat er der Klägerin nach dieser Bestimmung die erhaltene Anzahlung in Höhe von 27.609,76 € (54.000 DM) zurückzuzahlen.

2. Die Gegenforderungen, die der Beklagte zunächst im Wege der Hilfsaufrechnung geltend gemacht hat, hat er im Termin vom 10. 6. 2005 fallen lassen.

3. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 27.609,76 € seit dem 1. 12. 2001 ergibt sich aus den §§ 284 Abs. 1 S. 1, 288 Abs. 1 BGB a. F. i. V. mit Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB. Mit Schreiben vom 14. 11. 2001 hat die Klägerin den Beklagten zur Rückzahlung der 54.000 DM bis zum 30. 11. 2001 aufgefordert und damit gemahnt, so dass der Beklagte am 1. 12. 2001 durch Nichtzahlung in Verzug geraten ist.

II.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf die §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

III.

Die Revision war nicht zuzulassen. Der Rechtsstreit weist keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Der Streit der Parteien liegt ganz überwiegend auf tatsächlichem Gebiet. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Ende der Entscheidung

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