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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 05.11.1999
Aktenzeichen: 29 U 26/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 657
BGB § 661
BGB § 518
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
ZPO § 546 Abs. 2
Redaktioneller Leitsatz:

Auch wenn ein Werbebrief bewußt so mißverständlich formuliert ist, um den Eindruck zu erwecken, als ob der Empfänger bereits gewonnen habe und nur einen Coupon zurückschicken müsse, kann er nicht verlangen, so gestellt zu werden, als ob er tatsächlich gewonnen habe.


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

29 U 26/99 OLG Hamm 6 O 303/98 LG Bielefeld

Verkündet am 5. November 1999

Klement, Justizangestellte, als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

R S

Kläger und Berufungskläger,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dr. Reiff, Dr. Kieserling, Dr. Salomon und Dr. Brinker in Hamm

gegen

B Club GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Bielefeld,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

- Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Dres. Rinsche, Speckmann, Müller, Batereau, Schlüter, Apel, Terbille, Berninghaus, Deppen, Brocker, Wohlleben, Neumann, Born, Raming, Barbasch, Ockenfels, Rechtsanwältin Kloppenburg und Rechtsanwalt Dr. Lange in Hamm hat der 29. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Leibold und die Richter am Oberlandesgericht Dr. Linke und Kausträter für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 22. Dezember 1998 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das Urteil beschwert den Kläger in Höhe von 50.000,00 DM.

Entscheidungsgründe

(Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.)

I.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, denn zu Recht hat das Landgericht Ansprüche des Klägers aus dem "Gewinnspiel" verneint.

Dabei kann offen bleiben, ob die Klage schon wegen des in den Teilnahmebedingungen niedergelegten Rechtswegausschlusses unzulässig ist. Ein solcher Ausschluß der Klagbarkeit ist zwar grundsätzlich zulässig und auch geschäftstypisch, jedoch machen Rechtsprechung und Literatur vielfach den Vorbehalt, daß es sich um eine freie Entscheidung beider Seiten gehandelt haben müsse (vgl. OLG Hamm Report 1997, 1; Stein/Jonas/Schumann, 21. Aufl., vor § 253 Rz. 90; Zöller/Greger, 21. Aufl., Vor § 253 Rz. 19; Thomas/ Putzo, 22. Aufl., § 253 Vorbem. Rz. 33). Daran könnte es im vorliegenden Fall fehlen, weil dem Kläger als Alternative zur Unterwerfung unter diese Bedingung nur der vollständige Teilnahmeverzicht offen stand.

Die Klage ist jedenfalls unbegründet, denn die Zivilrechtsordnung stellt dem Kläger für seine Forderung auf Gewinnauszahlung keine Anspruchsnorm zur Verfügung.

II.

1. An einer Auslobung im Sinne von § 657 BGB fehlt es nicht nur, weil keine öffentliche Bekanntmachung vorliegt (vgl. z.B. OLG Düsseldorf NJW 1997, 2122), sondern weil überhaupt keine Belohnung für die Vornahme einer Handlung, insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, ausgesetzt worden ist. Typische Handlungen und Erfolge, die im Wege der Auslobung erstrebt werden, sind z.B. das Auffinden und Herbeischaffen verlorener Gegenstände oder entlaufener/entflogener Tiere, die Ergreifung von Straftätern, die Lösung wissenschaftlicher Probleme, die Erbringung von Leistungen in künstlerischem oder sportlichem Wettbewerb (vgl. MünchKomm-Seiler, 3. Aufl., § 657 Rz. 16). Hier ist keine Belohnung, sondern ein Gewinn in Aussicht gestellt worden. Der Gewinn wurde auch nicht als Belohnung für eine bestimmte Handlung versprochen, sondern die Antwort mit aufgeklebter "Gewinn-Prüfziffer" diente dem Abruf des Gewinns bzw. der Aktualisierung der Gewinnchance. Die Verknüpfung mit einer Bestellung bestand nicht, worauf in den Teilnahmebedingungen ausdrücklich hingewiesen wurde.

2. Es liegt auch kein Preisausschreiben im Sinne des § 661 BGB vor, das sich von der Auslobung nur durch die abweichende Art der Preiszuteilung unterscheidet. Auch hier muß der Preisbewerbung eine Leistung des Bewerbers vorausgehen und als solche muß eine "nennenswerte menschliche Leistung" verlangt werden (OLG Stuttgart MDR 1986, 756). Das ist dann nicht mehr der Fall, wenn die gestellte Aufgabe von jedermann ohne große Mühe gelöst werden kann (MünchKomm-Seiler, § 661 Rz. 5). Es bedarf keiner weiteren Ausführung, daß das Aufkleben einer vorgegebenen "Gewinn-Prüfziffer" keine nennenswerte menschliche Leistung darstellt. Vorliegend handelt es sich deshalb nur um ein sog. unechtes Preisausschreiben, wie es z.B. Gratisverlosungen und Gewinnspiele im weitesten Sinne sind, auf die §§ 661, 657 BGB keine Anwendung finden (MüchKomm-Seiler, aaO; OLG Düsseldorf, aaO).

3. Wenn man in dem "Gewinnangebot" der Beklagten ein Schenkungsversprechen sehen könnte, wäre es, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gemäß § 518 BGB formunwirksam. Es fehlt aber schon an einem Schenkungsversprechen. Die Beklagte wollte dem Kläger nichts schenken, sondern ihm eine Gewinnchance eröffnen. Dieser Begriff durchzieht die Texte. In den Teilnahmebedingungen steht schließlich unmißverständlich, daß man nur und erst gewonnen hat, wenn die "persönliche Gewinn-Prüfziffer" mit einer schon gezogenen Gewinn-Nummer übereinstimmt. Das war offensichtlich nicht der Fall.

4. Es besteht letztlich auch kein Bedürfnis, dem mit einem solchen "Gewinnspiel" Angesprochenen rechtsgeschäftliche Ansprüche zu eröffnen. Aber selbst wenn man dem Kläger zugestehen würde, daß die Beklagte mit dem vielleicht irreführenden Text einen schützenswerten Vertrauenstatbestand geschaffen hat, wäre ihm kein erstattungsfähiger Schaden entstanden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO und die Festsetzung der Beschwer aus § 546 Abs. 2 ZPO.



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