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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.03.2004
Aktenzeichen: 29 U 67/02
Rechtsgebiete: KWKG


Vorschriften:

KWKG § 2 Abs. 2
KWKG § 5 Abs. 1
KWKG § 3
KWKG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 05.07.2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten trägt die Streithelferin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Belastungsausgleich in Höhe von 87.676,39 EUR nebst Zinsen nach dem Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) vom 12.5.2000 in Anspruch, und zwar für die Zeit vom 18.5. - 31.12.2000.

Sie ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen und bezieht Strom, der in Blockheizkraftwerken im Wege von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) produziert und von ihr zur allgemeinen Versorgung von Letztverbrauchern verwandt wird. Sie hat im Zeitraum 18.5.2000 bis 31.12.2000 die Anlagen "I" und "O" - betrieben von der Fa. X1 GmbH - , "L" - betrieben von der Fa. X2 GmbH - und E GmbH angeschlossen und insgesamt 5.716.004 kWh KWK-Strom (I 1.540.593 kWh, O 837.822 kWh, L 1.705.749 kWh, G 1.631.840 kWh) - abgenommen.

Die Klägerin vereinbarte mit den vier Betreibern, an denen sie zum Teil beteiligt war, für den Zeitraum vom 18.5.2000 bis zum 31.12.2000 unterschiedlich hohe Vergütungen zwischen 4,85 Pf/kWh und 11,3 Pf/kWh, zum Teil differenziert nach Hoch- und Niedertarif. Tatsächlich gezahlt wurden jedoch aufgrund einer nachträglichen Vereinbarung, die weitergehende Zahlungsverpflichtungen unter die aufschiebende Bedingung stellte, daß der Klageanspruch gegenüber der Beklagten durchgesetzt ist, niedrigere Beträge, und zwar einem Betreiber 4,016 Pf/kWh und den übrigen Betreibern 6,0 Pf/kWh.

Die Beklagte betreibt ein an das Verteilernetz der Klägerin angrenzendes Übertragungsnetz, das der Übertragung elektrischer Energie zu nachgeordneten Verteilernetzen dient und eine höhere Spannungsebene als das Netz der Klägerin aufweist.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 87.676,39 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf nach unterschiedlichen Zeiten gestaffelte Einzelbeträge zu zahlen. Die Beklagte und die Streithelferin haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben und sie lediglich hinsichtlich der Zinsansprüche für die Zeit vor dem 9.3.2001 abgewiesen. Die Klägerin sei als Netzbetreiberin verpflichtet gewesen, den Strom aus den KWK-Anlagen zu vergüten und könne selbst Belastungsausgleich geltend machen. Hierfür sei nach dem Sinn des Gesetzes nicht erforderlich, daß die Voraussetzungen des ersten Förderweges vorlägen und der Anlagenbetreiber selbst Letztverbraucher versorge. Die Mindestproduktionsquoten des § 2 Abs. 2 KWKG bräuchten nach dem Gesetzeswortlaut nur beim ersten Förderweg und somit nicht im vorliegenden Fall erreicht zu sein. Die Beklagte sei vorgelagerter Netzbetreiber im Sinne von § 5 Abs. 1 KWKG und es sei lediglich erforderlich, daß den Anlagenbetreibern Zahlungen in Höhe von mindestens 3 Pf/kWh geleistet worden seien.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese ordnungsgemäß begründet. Die Streithelferin der Beklagten hat gegen dieses Urteil ebenfalls Berufung eingelegt.

Die Beklagte, die weiterhin Klageabweisung begehrt, wendet gegen das Urteil insbesondere ein, ein Belastungsausgleich komme nicht in Betracht, da die Betreiber der Heizwerke nicht Inhaber von Ansprüchen aus §§ 3, 4 KWKG seien; die Zahlungsvereinbarungen zwischen der Klägerin und den Anlagebetreibern führten zu einem Mißbrauch der Fördersystematik des KWKG; dem Erfordernis, daß eine gesetzliche Mindestvergütung von 9 Pf/kWh gezahlt werde, sei nicht genügt und die gesetzlich vorgesehenen Mindestquoten an eigenerzeugtem Strom aus KWK-Anlagen seien nicht erreicht.

Die Klägerin, die das Urteil verteidigt, hat die buchhalterische Erfassung der in ihr Netz eingespeisten Strommengen und den Anteil des eingespeisten KWK-Stroms am insgesamt von ihr vermarkteten Strom dargelegt. Insoweit wird auf ihren Schriftsatz vom 17.10.2003 (Bl. 556 ff. d.A.) Bezug genommen.

Im übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils, den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie der vorgelegten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

B.

I. Die Berufung ist zulässig.

Bei der Berufung, die die Beklagte und die Streithelferin eingelegt haben, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, über das der Senat einheitlich zu entscheiden hat. Die Streithelferin war lediglich befugt, Berufung namens der Beklagten, nicht aber im eigenen Namen einzulegen. Sie ist einfache, nicht aber streitgenössische Nebenintervenientin i. S. des § 69 ZPO, denn die Rechtskraft des Urteils erfaßt das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Klägerin nicht. Als einfache Nebenintervenientin konnte die Streithelferin Berufung lediglich namens der Beklagten einlegen (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 67 Rz. 5). Legen - wie hier - Hauptpartei und Streithelferin Berufung ein, handelt es sich um ein einheitliches Rechtsmittel, über das das Berufungsgericht einheitlich zu entscheiden hat (Zöller-Gummer-Heßler, a. a. O., Vor § 511 Rz. 24).

II. Die Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Belastungsausgleich in Höhe von 87.676,39 EUR gemäß § 5 Abs. 1 KWKG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.3.2001 nach den §§ 291, 288 BGB a.F.

Die Rechtsbeziehungen der Parteien sind nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz vom 12. Mai 2000 zu beurteilen. Auf die zutreffenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil wird verwiesen. Ergänzend ist unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Parteien und der Streithelferin in der Berufungsinstanz folgendes auszuführen:

1.

Die Klägerin ist Netzbetreiberin im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 KWKG. Sie ist ein kommunales Energieversorgungsunternehmen und versorgt über ein Stromnetz Letztverbraucher mit Strom. Sie ist deshalb grundsätzlich Inhaberin des sich aus § 5 Abs. 1 KWKG ergebenden Belastungsausgleichsanspruchs.

2.

Die Klägerin war im Zeitraum vom 18.5.2000 bis zum 31.12.2000, für den sie Ansprüche geltend macht, verpflichtet, Zahlungen gemäß § 3 Abs. 1 KWKG an die X1 GmbH, die X2 GmbH und die E GmbH zu leisten. Nach dieser Vorschrift sind Netzbetreiber verpflichtet, KWK-Anlagen nach § 2 Abs. 1 KWKG an ihr Netz anzuschließen, den Strom aus Anlagen nach § 2 KWKG abzunehmen und den eingespeisten Strom nach § 4 KWKG zu vergüten. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der Strom, den die Klägerin im hier maßgeblichen Zeitraum von den genannten Anlagebetreibern bezogen hat, unterfällt § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 ("dritter Förderweg"), der von den Firmen X1 GmbH und X2 GmbH, an denen die Klägerin zu 2/3 bzw. 1/3 und somit zu mindestens 25 % beteiligt gewesen ist, bezogene Strom auch § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWKG ("zweiter Förderweg").

Der Strom wurde unstreitig in vor dem 1.1.2000 in Betrieb genommenen Anlagen (§ 2 Abs. 1 S. 2 KWKG) im Wege von Kraft-Wärme-Kopplung (§ 2 Abs. 3 KWKG) produziert.

3.

Die Klägerin ist verpflichtet, den Strom, den sie im hier maßgeblichen Zeitraum von den genannten KWK-Anlagenbetreibern bezogen hat, nach den §§ 3, 4 KWKG zu vergüten, obwohl es sich bei ihnen nicht um Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung gemäß § 9 Energiewirtschaftsgesetz i. d. F. v. 24.4.1998 (EnWG) handelt. Der Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG ist nicht auf Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung beschränkt, sondern erfaßt auch andere Betreiber von KWK-Anlagen, sofern der von ihnen erzeugte Strom für die allgemeine Versorgung bestimmt ist. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift (vgl. BGH, Urteile v. 10.3.2004, Az. VIII ZR 213/02, u. v. 11.2.2004, Az. VIII ZR 236/02; Bräutigam/Reichert-Clauß RdE 2003, 210; Salje, KWKG, 2. Aufl. 2003, Einführung Rz. 140 ff.; Herrmann RdE 2000, 184, 187).

Nach § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG ist Strom aus KWK-Anlagen, der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 1.1.2000 geschlossen wurden, von einem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird, dem von § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG erfaßten Strom gleichgestellt. Nach seinem Wortlaut erfaßt § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG alle Energieversorgungsunternehmen i. S. des § 2 Abs. 3 EnWG i. d. F. vom 24.4.1998 und nicht nur solche der allgemeinen Versorgung.

Die Einbeziehung aller Energieversorgungsunternehmen, die KWK-Strom erzeugen, der für die allgemeine Versorgung bestimmt ist, in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG entspricht dem Zweck des KWKG. Dieser besteht nach § 1 KWKG im befristeten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung im Interesse von Energieeinsparung und Klimaschutz. Dem entspricht, die Stromerzeugung in KWK-Anlagen stets dann in den Geltungsbereich dieses Gesetzes einzubeziehen, wenn der erzeugte Strom für die allgemeine Versorgung bestimmt ist, nicht aber nur dann, wenn es sich bei dem jeweiligen Anlagenbetreiber um ein Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung handelt.

Diese Auslegung des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG entspricht dem Willen des Gesetzgebers. Dies ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Nach dem ursprünglichen Entwurf dieser Bestimmung war "Strom aus KWK-Anlagen ..., der auf der Grundlage von Lieferverträgen, die vor dem 1.1.2000 abgeschlossen wurden, von dem Energieversorgungsunternehmen bezogen wird", dem in § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG erfassten Strom gleichgestellt (BT-Drucksache 14/2765 S. 2). Mit der Formulierung "von dem Energieversorgungsunternehmen" hatte der Gesetzgeber in diesem Entwurf unmißverständlich auf das in § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG genannte Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung Bezug genommen. Im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde diese Formulierung aufgrund einer Beschlussempfehlung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie in "von einem Energieversorgungsunternehmen" geändert (BT-Drucks. 14/3007 S. 2). Ausweislich der Stellungnahme des Ausschuß-Berichterstatters hat der Ausschuß vorgesehen, Strom aus industriellen KWK-Anlagen einzubeziehen, die für die allgemeine Versorgung der Letztverbraucher Strom lieferten (BT-Drucks. 14/3007 S. 4).

4.

Den Anlagenbetreibern standen im hier maßgeblichen Zeitraum Vergütungsansprüche gemäß den §§ 3 Abs. 1, 4 KWKG gegen die Klägerin als Netzbetreiberin zu. Die in diesen Vorschriften begründeten Vergütungsansprüche stehen - ebenso wie die darin normierten Abnahmeansprüche - den jeweiligen Anlagenbetreibern zu. Allerdings enthält das KWKG in bezug auf die Anspruchsberechtigung nach den §§ 3, 4 KWKG keine ausdrückliche Regelung. Aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte des KWKG ergibt sich jedoch, daß insoweit die Anlagenbetreiber anspruchsberechtigt sind. Der Zweck dieses Gesetzes besteht ausweislich § 1 KWKG im befristeten Schutz der Kraft-Wärme-Kopplung in der allgemeinen Versorgung im Interesse von Energieeinsparung und Klimaschutz. In der Begründung des ersten Entwurfs des KWKG ist ausgeführt, dieses Gesetz habe das Ziel, die bestehenden KWK-Anlagen der öffentlichen Versorgung zu sichern, "stranded investments" im Bereich bestehender KWK-Anlagen der allgemeinen Versorgung zu vermeiden, Produktionsstandorte zu erhalten und Beschäftigung zu sichern (BT-Drucks. 14/2765 S. 4). Zur Realisierung dieser Ziele hat das KWKG eine Abnahme- und Vergütungspflicht für KWK-Strom begründet und einen Mindestpreis angeordnet. Die in § 1 KWKG genannten Ziele können nur dann erreicht werden, wenn die Betreiber der KWK-Anlagen Inhaber der Abnahme- und der Vergütungsansprüche sind. Stünden diese Ansprüche nicht ihnen, sondern den den KWK-Strom beziehenden Energieversorgungsunternehmen zu, wäre nicht gewährleistet, daß die Anlagenbetreiber für den von ihnen produzierten Strom auskömmliche Preise erhielten und "stranded investments" im Bereich bestehender KWK-Anlagen vermieden würden. Der Fortbestand dieser Anlagen wäre nicht gesichert, sondern gefährdet (BGH, Urteil v. 11.2.2004, VIII ZR 236/02; Bräutigam/Reichert-Clauß RdE 2003, 212).

Bei der vergleichbaren Abnahme- und Vergütungspflicht für Strom aus erneuerbaren Energien gilt gemäß den §§ 2 Stromeinspeisegesetz, 3 Abs. 1 EEG ebenfalls, daß die jeweiligen Anlagenbetreiber Inhaber des Abnahme- und des Vergütungsanspruchs sind. Dies ergibt sich aus dem Zweck und den Regelungsinstrumenten dieser Gesetze, die Erzeugung von Strom aus regenerativen Energien mittels eines privatrechtlichen Kontrahierungszwangs zu fördern (BGH ZNER 2003, 234). Zwischen dem Zweck des KWKG und seinen Regelungsinstrumentarien besteht ein vergleichbarer Zusammenhang. Mit diesem Gesetz will der Gesetzgeber die Erzeugung von KWK-Strom ebenfalls mittels eines privatrechtlichen Kontrahierungszwanges sichern. Konsequenterweise müssen auch die Abnahme- und Vergütungsansprüche nach dem KWKG dem jeweiligen Stromerzeuger, d. h. dem Betreiber der KWK-Anlage, zustehen.

Für die Anspruchsberechtigung der Anlagenbetreiber sprechen auch die §§ 3 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. und 4 Abs. 2 KWKG. Diese Vorschriften regeln das Konkurrenzverhältnis zwischen der gesetzlichen Abnahme- und Vergütungspflicht nach den §§ 3 Abs. 1 S. 1 1. Halbs., 4 Abs. 1 KWKG und entsprechenden vertraglich begründeten Pflichten. Wären die Betreiber von KWK-Anlagen nicht Inhaber der Abnahme- und Vergütungsansprüche gemäß den §§ 3 Abs. 1 S. 1 1. Halbs., 4 Abs. 1 KWKG, stünden diese vielmehr dem den Strom beziehenden Energieversorgungsunternehmen zu, bestünde zwischen den vertraglichen Abnahme- und Vergütungsansprüchen des Anlagenbetreibers und den gesetzlichen Ansprüchen nach den §§ 3 Abs. 1 S. 1 1. Halbs., 4 Abs. 1 KWKG kein Konkurrenzverhältnis, da letztgenannte Ansprüche nicht dem Anlagenbetreiber zustünden. Die §§ 3 Abs. 1 S. 1 2. Halbs., 4 Abs. 2 KWKG wären bei dieser Auslegung gegenstandslos (BGH, Urteil v. 11.2.2004, Az. VIII ZR 236/02).

5.

Schuldnerin des Anspruchs der Klägerin auf Belastungsausgleich ist die Beklagte. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 KWKG richtet sich der Anspruch auf Belastungsausgleich gegen den vorgelagerten Netzbetreiber. Betreiberin des Netzes, das dem der Klägerin vorgelagert ist, ist unstreitig die Beklagte.

6.

Der Anspruch der Klägerin auf Belastungsausgleich beläuft sich auf 87.676,39 EUR.

a) Nach § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 KWKG beträgt der Ausgleich im Zeitraum vom 18.5.bis zum 31.12.2000 3 Pf je kWh der zu vergütenden Strommenge. Der Klägerin steht Belastungsausgleich in dieser Höhe zu, obwohl sie den in Rede stehenden Strom mit weniger als 9 Pf/kWh vergütet hat und sich zum Teil auch nur zu geringeren Vergütungssätzen verpflichtet hat. Der Anspruch auf Belastungsausgleich in der in § 5 Abs. 1 KWKG vorgesehenen Höhe setzt nicht voraus, daß das anspruchsberechtigte Energieversorgungsunternehmen mit dem Stromerzeuger einen Strombezugspreis in der in § 4 Abs. 1 KWKG vorgesehenen Höhe vereinbart hat. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 KWKG.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 S. 2, S. 3 KWKG beträgt der Ausgleichsbetrag 3 Pf/kWh und wird er jeweils zum 1.1. eines neuen Jahres um 0,5 Pf gesenkt. Anhaltspunkte dafür, der Ausgleichsbetrag sei mit niedrigeren als den in § 5 Abs. 1 S. 2, S. 3 KWKG genannten Beträgen zu bemessen oder entfalle, wenn der anspruchsberechtigte Netzbetreiber mit dem Anlagenbetreiber eine Vergütung vereinbart hat, die die in § 4 Abs. 1 KWKG vorgesehenen Preise unterschreitet, sind dem KWKG und insbesondere § 5 KWKG nicht ansatzweise zu entnehmen. Ebensowenig enthält die Gesetzesbegründung Anhaltspunkte, das anspruchsberechtigte Energieversorgungsunternehmen könne Belastungsausgleich in der in § 5 Abs. 1 KWKG vorgesehenen Höhe nur dann beanspruchen, wenn es mit dem Anlagenbetreiber eine Vergütung in der in § 4 Abs. 1 KWKG vorgesehenen Höhe vereinbart habe.

Der Zweck des KWKG spricht ebenfalls für die Auslegung, derzufolge der Belastungsausgleich unabhängig von der Höhe der Vergütung zu zahlen ist, die der anspruchsberechtigte Netzbetreiber mit dem Anlagenbetreiber vereinbart hat. Der Gesetzgeber wollte mit dem KWKG den Erzeugern von KWK-Strom, die nach seiner Einschätzung "angesichts weitgehend fixer Stromgestehungskosten bei gegenwärtig stark sinkenden Preisen in akute wirtschaftliche Not geraten waren" (BT-Drucksache 14/3007 S. 7) und "umgehende Hilfe" benötigten (BT-Drucksache 14/2765 S. 4), eine "rasche Übergangshilfe" bzw. eine "befristete Überbrückungshilfe" verschaffen (BT-Drucksache 3007 S. 1, 7). Diesen Zwecken dient auch der Belastungsausgleich gemäß § 5 KWKG (BT-Drucks. 14/2765 S. 5). Die Erreichung dieser Ziele wäre gefährdet, wenn in jedem Verfahren auf Zahlung von Belastungsausgleich zu prüfen wäre, welche Vergütung im Verhältnis zwischen dem anspruchsberechtigten Netzbetreiber und dem Anlagenbetreiber gerechtfertigt ist. In diesem Fall würden Unsicherheiten aus dem Rechtsverhältnis zwischen Anlagen- und Netzbetreiber in das Verfahren über den Belastungsausgleich verlagert.

Daß die Preisvereinbarungen der Klägerin mit den Anlagebetreibern ihrem Anspruch auf Belastungsausgleich in der in § 5 Abs. 1 KWKG vorgesehenen Höhe nicht entgegenstehen, ergibt sich auch daraus, daß sie den Anlagebetreibern im hier maßgeblichen Zeitraum grundsätzlich die in § 4 Abs. 1 KWKG vorgesehene Mindestvergütung von 9 Pf/kWh zu zahlen hat, sofern nicht Treu und Glauben ausnahmsweise eine Anpassung auf eine niedrigere Vergütung gebieten. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, der Systematik und dem Zweck des KWKG (vgl. BGH, Urteil vom 11.2.2004, Az. VIII ZR 236/02). Ein Mißbrauch der Fördersystematik des KWKG droht daher hier entgegen der Auffassung der Beklagten und ihrer Streithelferin nicht.

§ 4 Abs. 1 KWKG erfaßt ohne jede Einschränkung auch die in § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG geregelten Stromlieferungen, denn nach § 4 Abs. 1 KWKG beträgt die Vergütung für Strom "nach § 2", d. h. auch für Strom nach § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG, mindestens 9 Pf/kWh. Würde die Vergütung für Strom gemäß § 4 Abs. 2 KWKG ausschließlich auf der Grundlage von Lieferverträgen geregelt, liefe § 4 Abs. 1 KWKG insoweit leer. Daß der Gesetzgeber dies beabsichtigt hat, hält der Senat für ausgeschlossen. Hätte der Gesetzgeber die Verpflichtung zur Zahlung der Mindestvergütung auf den ersten Förderweg beschränken wollen, hätte er dies entsprechend formuliert, etwa dadurch, daß er in § 4 Abs. 1 KWKG lediglich auf Strom gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG Bezug genommen hätte, oder dadurch, daß er in § 3 Abs. 1 S. 1 2. Halbs. KWKG formuliert hätte, daß vertragliche Abnahme- und Vergütungspflichten unberührt bleiben.

Dafür, daß § 4 Abs. 1 KWKG die Parteien des Stromliefervertrages regelmäßig verpflichtet, den Strombezugspreis auf die in § 4 Abs. 1 KWKG vorgesehene Vergütung anzuheben, spricht auch die Formulierung in § 4 Abs. 2 KWKG, wonach die Vergütung für Strom gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 KWKG aufgrund von Lieferverträgen "geregelt wird", nicht aber, daß sie bereits "geregelt ist" (BGH, Urteil v. 11.2.2004, Az. VIII ZR 236/02; Bräutigam/Reichert-Clauß RdE 2003, 213). Zudem würde § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG insgesamt leerlaufen, wenn die gesetzliche Mindestvergütung gemäß § 4 Abs. 1 KWKG insoweit durch § 4 Abs. 2 KWKG ausgeschlossen wäre. Die Einbeziehung des Stroms gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG in den Geltungsbereich des KWKG wäre sinnlos, da es für die Abnahme und Vergütung dieses Stroms uneingeschränkt bei den liefervertraglichen Vereinbarungen bliebe (BGH, Urteil v. 11.2.2004, VIII ZR 236/02; Bräutigam/Reichert-Clauß, RdE 2003, 213).

b) Die eingespeiste Strommenge von insgesamt 5.716.004 kWh ist unstreitig und führt bei einem Ausgleichsanspruch von 3 Pf/kWh zu einer Gesamtforderung von 171.480,12 DM oder 87.676,39 EUR.

7.

§ 2 Abs. 2 KWKG steht dem Anspruch der Klägerin auf Belastungsausgleich nicht entgegen.

§ 2 Abs. 2 KWKG erfaßt Strom gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und Nr. 2 KWKG, um den es hier geht, nicht. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift.

Nach seinem ausdrücklichen Wortlaut gilt § 2 Abs. 2 KWKG nur für Strom von Energieversorgungsunternehmen gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG, mithin nicht für Strom von Gemeinschaftsunternehmen nach § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWKG und nicht für Strom, den ein Energieversorgungsunternehmen aufgrund eines Liefervertrages gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG bezieht. Hätte der Gesetzgeber die Fälle des zweiten und dritten Förderweges in den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 2 KWKG einbeziehen wollen, hätte eine allgemeine Bezugnahme in § 2 Abs. 2 KWKG auf Abs. 1 dieser Vorschrift ausgereicht.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten solche Anlagen der öffentlichen Versorgung von der Förderung ausgenommen werden, bei denen aufgrund ihres geringen Anteils an der Stromproduktion des jeweiligen Unternehmens davon auszugehen ist, daß sie auch ohne Förderung weiterbetrieben werden (BT-Drucks. 14/2765 S. 4). Offensichtlich hat der Gesetzgeber hierbei nur an die Energieversorgungsunternehmen gedacht, die den KWK-Strom selbst herstellen, denn für nicht dem Energieversorgungsunternehmen gehörende fremde Anlagenbetreiber paßt diese Überlegung nicht, da ihr Bestand nicht vom Anteil des vom Energieversorgungsunternehmen produzierten Stroms abhängt.

Auch aus der Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 2 KWKG ergibt sich zweifelsfrei, daß der Gesetzgeber Strom gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 KWKG nicht in den Geltungsbereich des § 2 Abs. 2 KWKG einbeziehen wollte. Der ursprüngliche Entwurf dieser Vorschrift enthielt die Einschränkung "gemäß Absatz 1 Satz 1" nicht (BT-Drucks. 14/2765 S. 2). Diese wurde erst im Lauf des Gesetzgebungsverfahrens mit der Begründung "Klarstellung des Gewollten" in § 2 Abs. 2 KWKG aufgenommen (BT-Drucks. 14/3007 S. 2, 6). Deshalb besteht kein Zweifel, daß der Gesetzgeber mit der Formulierung "Energieversorgungsunternehmen gemäß Absatz 1 Satz 1" in § 2 Abs. 2 KWKG ausschließlich auf die in § 2 Abs. 1 S. 1 KWKG genannten Energieversorgungsunternehmen der allgemeinen Versorgung Bezug nehmen wollte.

Aufgrund des eindeutigen Willens des Gesetzgebers, die Gemeinschaftsunternehmen nach § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 KWKG und die Parteien eines Stromliefervertrages gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 KWKG nicht der "25/10-Klausel" des § 2 Abs. 2 KWKG zu unterwerfen, ist für eine analoge Anwendung des § 2 Abs. 2 KWKG in den Fällen des § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 und Nr. 2 KWKG kein Raum (Herrmann RdE 2000, 184, 188).

8.

Das KWKG verstößt nicht gegen europäisches Recht.

a) Verpflichtungen zur Zahlung unzulässiger Beihilfen (Art. 87 und 88 EG-Vertrag) begründet das KWKG nicht. Der Begriff der Beihilfe i. S. dieser Bestimmungen erfaßt lediglich Zahlungen des Staates oder aus staatlichen Mitteln. Derartige Zahlungen sieht das KWKG nicht vor. Sämtliche Zahlungen, die nach diesem Gesetz zu leisten sind, sind von Privatunternehmen aufzubringen.

b) Das KWKG verstößt auch nicht gegen die in Art. 28 EG-Vertrag geschützte Freiheit des Warenverkehrs. Diese Vorschrift verbietet alle staatlichen Maßnahmen, die mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen oder Maßnahmen mit gleicher Wirkung vorsehen. Eine derartige Wirkung kommt dem KWKG nicht zu.

Selbst wenn das KWKG die Freiheit des Warenverkehrs beschränken sollte, wäre diese Beeinträchtigung aus Gründen des Umweltschutzes gerechtfertigt. Auch beim Umweltschutz handelt es sich, wie sich beispielsweise aus Art. 6 EG-Vertrag ergibt, um ein Ziel der Europäischen Union. Deshalb kann der Umweltschutz nach ständiger Rechtsprechung des EuGH Beschränkungen der Freiheit des Warenverkehrs rechtfertigen (EuGH Rs 379/98; EuGH Rs 389/96; EuGH Rs 302/86). So liegt es auch hier. Das KWKG bezweckt, wie sich aus seinem § 1 ergibt, den Schutz der Umwelt und des Klimas. Gegen die Verhältnismäßigkeit der darin vorgesehenen Maßnahmen bestehen keine Bedenken. Selbst wenn sie zu Einschränkungen der Freiheit des Warenverkehrs i. S. des Art. 28 EG-Vertrag führen sollten, sind diese deshalb aus Gründen des Umweltschutzes gerechtfertigt.

9.

Das KWKG verstößt auch nicht gegen das Grundgesetz.

a) Das Grundrecht auf freie Berufsausübung gemäß Art. 12 Abs. 1 GG wird durch das KWKG nicht verletzt. Die Berufsausübung kann nach Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Die Belastungen, die das KWKG den Betreibern von Energieversorgungsunternehmen und Stromnetzen auferlegt, erfolgen aus Gründen des Umweltschutzes, der gemäß Art. 20 a GG ebenfalls verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot verstößt das KWKG nicht. Deshalb handelt es sich bei ihm um eine gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG zulässige Inhaltsbestimmung der Berufsausübung.

b) Das KWKG verstößt auch nicht gegen Grundsätze der grundgesetzlichen Finanzverfassung (Art. 105 ff. GG). Die Zahlungen, zu denen es Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber verpflichtet, werden ausschließlich von Privatleuten abgewickelt und gelangen nicht - auch nicht teilweise - in staatliche Verfügungsbefugnis. Staatliche Einnahmen, die der parlamentarischen Kontrolle entzogen wären, kann es unter keinen Umständen begründen.

Demgemäß haben sowohl das BVerfG in seinem Beschluß vom 27.4.2000, Az. 2 BvR 801/99, als auch der BGH in seinen Urteilen vom 10.3.2004, Az. VIII ZR 213/02, und vom 11.2.2004, Az. VIII ZR 236/02, inzidenter die Vereinbarkeit des KWKG sowohl mit europäischem Recht als auch mit dem Grundgesetz bejaht.

10.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 284 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 2. Halbs. ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Revision ist zuzulassen.

Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die mit dem Belastungsausgleich gemäß § 5 Abs. 1 KWKG zusammenhängenden Rechtsfragen können für eine unbestimmte Zahl von weiteren Verfahren entscheidungserhebliche Bedeutung haben.

Zudem erfordern sowohl die Fortbildung des Rechts als auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Frage, ob der Anspruch auf Belastungsausgleich von der Höhe des Strompreises abhängt, den der anspruchsberechtigte Netzbetreiber dem KWK-Anlagenbetreiber schuldet, ist in der Rechtsprechung unterschiedlich entschieden worden. Eine Entscheidung des BGH zu dieser Frage ist bislang, soweit ersichtlich, noch nicht ergangen.



Ende der Entscheidung

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