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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: 3 Ss 309/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 267 Abs. 4
StPO § 349 Abs. 4
Fehlen in einem Urteil die Beweisgründe und enthalten die Urteilsgründe weder die Einlassung des Angeklagten noch deren Würdigung unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise, so stellt dies einen sachlich-rechtlichen Mangel dar, der zur Aufhebung des Urteils führt.
Beschluss

Strafsache

gegen B.M

wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der VIII. kleinen Strafkammer des Landgerichts Essen vom 09.02.2006 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 22. 08. 2006 durch den Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und die Richterin am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird nebst den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Essen zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Der Angeklagte wurde durch Urteil des Amtsgerichts Essen vom 18.11.2005 wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten verurteilt.

Er wurde darüber hinaus verurteilt, an den Verletzten R.B. wegen der fahrlässigen Körperverletzung zu seinen Lasten ein Schmerzensgeld von 2.000,00 € zu zahlen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Essen mit dem angefochtenen Urteil als unbegründet verworfen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

II.

Die Revision hat mit der erhobenen Sachrüge zumindest vorläufig Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zu einer Zurückverweisung der Sache an das Landgericht Essen.

Das angefochtene Urteil ist bereits deshalb aufzuheben, weil es Beweisgründe und Beweiswürdigung vermissen lässt. Dieser Mangel ist auf die Sachrüge hin zu beachten (vgl. BGH, Beschluss vom 11.07.2002 - 4 StR 189/02 -; NStZ-RR 1999, 45).

Das angefochtene Urteil, das trotz der rechtzeitigen eingelegten Revision durch den Angeklagten in abgekürzter Form gem. § 267 Abs. 4 StPO verfasst worden ist, teilt zwar den festgestellten Sachverhalt mit, lässt aber sowohl Beweisgründe als auch Beweiswürdigung vermissen. Es enthält keine Angaben zur etwaigen durchgeführten Beweisen und legt auch nicht dar, auf welche Grundlagen die Strafkammer ihre Überzeugung von dem festgestellten Tatgeschehen sowie von der Täterschaft des Angeklagten stützt. Das Urteil teilt weder die Einlassung des Angeklagten mit, noch führt es aus, auf Grund welcher Beweismittel es den Angeklagten der ihm vorgeworfenen Taten für überführt hält. Davon, dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten jedenfalls nicht eingeräumt hat, ist auszugehen, da eingangs des angefochtenen Urteils ausgeführt wird, der Angeklagte habe gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 18.11.2005 Berufung mit dem Ziel, freigesprochen zu werden, eingelegt. Fehlen aber in einem Urteil die Beweisgründe und enthalten die Urteilsgründe weder die Einlassung des Angeklagten noch deren Würdigung unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise, so stellt dies einen sachlich-rechtlichen Mangel dar, der zur Aufhebung des Urteils führen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 27.09.1983 - 4 StR 550/83 - m. w. N., http://www.jurisweb.de). Denn bei derart unzulänglichen Urteilsgründen ist dem Revisionsgericht die Überprüfung des angefochtenen Urteils in rechtlicher Hinsicht nicht möglich.

Bereits der Schuldausspruch des angefochtenen Urteils konnte daher keinen Bestand haben.

Aber auch der Rechtsfolgenausspruch des Berufungsurteils ist nicht frei von Rechtsfehlern. So hat die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser vielfach vorbestraft ist und auch immer wieder wegen Gewaltdelikten verurteilt werden musste. Tatsächlich ergibt sich jedoch aus der Auflistung der Vorstrafen des Angeklagten in dem amtsgerichtlichen Urteil, auf die die Strafkammer Bezug genommen hat, nicht eine einzige Verurteilung wegen eines Gewaltdelikts.

Es war daher, wie aus dem Beschlusstenor ersichtlich, zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

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