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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 09.02.2005
Aktenzeichen: 3 Ss 520/04
Rechtsgebiete: StPO, StGB, JGG


Vorschriften:

StPO § 120 Abs. 1
StPO § 126 Abs. 2
StPO § 126 Abs. 3
StPO § 312
StPO § 334
StPO § 357
StGB § 242
StGB § 243
StGB § 250
StGB § 250 Abs. 1
StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
StGB § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
StGB § 250 Abs. 2
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 2
StGB § 250 Abs. 2 Nr. 3
StGB § 250 II Abs. 1
JGG § 18 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten U wird das Urteil des Amtsgerichts Jugendschöffengerichts - Essen vom 07.09.2004 hinsichtlich der Angeklagten U und R im Schuldspruch aufgehoben, soweit der Angeklagte U wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes in vier Fällen und wegen schwerer räuberischer Erpressung und soweit der Angeklagte R wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes verurteilt worden ist.

Hinsichtlich der Tat vom 21.04.2003 wird der Schuldspruch des angefochtenen Urteils dahingehend geändert, daß der Angeklagte U insoweit des versuchten Diebstahls, begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit, schuldig ist. Insoweit wird das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Essen zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe: I. Das Amtsgericht Essen hat den Angeklagten U des gemeinschaftlichen schweren Raubes in vier Fällen, der schweren räuberischen Erpressung sowie des versuchten Diebstahls in einem schweren Fall, begangen im Zustand verminderter Schuldfähigkeit, schuldig gesprochen und ihn zu einer Jugendstrafe in Höhe von 5 Jahren verurteilt. Den Angeklagten R hat das Jugendschöffengericht wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes zu einer Jugendstrafe in Höhe von 2 Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Weiterhin hat das Jugendschöffengericht den Angeklagten P wegen gemeinschaftlichen Raubes zu einer Jugendstrafe von 12 Monaten, ebenfalls unter Strafaussetzung zur Bewährung, verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Angeklagten U mit der Sachrüge. II. Das als Sprungrevision gem. §§ 334, 312 StPO zulässige Rechtsmittel des Angeklagten hat auch in der Sache einen zumindest teilweisen vorläufigen Erfolg. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Jugendschöffengerichts Essen. 1. Hinsichtlich der Tat vom 22.01.2004 konnte bereits der Schuldspruch des angefochtenen Urteils keinen Bestand haben. Das Jugendschöffengericht hat den Angeklagten U hier wegen "gemeinschaftlichen schweren Raubes gemäß § 250 II Abs. 1" verurteilt. Gemeint ist offenbar eine Verurteilung wegen schweren Raubes gem. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Dies würde voraussetzen, daß der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet hat. Dies ergibt sich jedoch nicht aus den Feststellungen, die das Jugendschöffengericht zu dieser Tat getroffen hat. Die Feststellungen tragen daher den Schuldspruch zu der Tat vom 22.01.2004 nicht. Das Jugendschöffengericht hat zu der Tat vom 22.01.2004 u.a. folgende Feststellungen getroffen: "Zu zweit gingen die beiden Täter dann in die Tankstelle. T führte im Wissen des Angeklagten (U, der Senat) und mit dessen Billigung bei dem Überfall eine Pistole Walther P 88 Compakt PTB, wobei es sich um eine Schreckschußpistole handelte, die nach Angaben des Angeklagten (U, der Senat) allerdings zum fraglichen Zeitpunkt nicht geladen war, mit sich. Während der anderweitig verfolgte Sari den Zeugen T mit der Pistole bedrohte, wandte sich der Angeklagte U, der im übrigen ein Messer mit sich führte und in der Hand hielt, der Kasse zu. Aus der Kasse nahm er 500,00 - 700,00 €, wobei er nur Scheine mitnahm. Das Kleingeld ließ er liegen. Nach dieser Tat flüchteten die Täter zum Auto und fuhren mit diesem weg. Das Geld wurde unter den beiden aufgeteilt." Diese Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen eines schweren Raubes gem. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht. Die ungeladene Schreckschußpistole des anderweitig verfolgten T fällt lediglich unter den Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB. Es handelt sich bei ihr um "sonst ein Werkzeug oder Mittel" im Sinne dieser Vorschrift. Dies sind sog. Scheinwaffen, also solche Gegenstände, von denen weder aufgrund ihrer bestimmungsgemäßen Eigenschaften oder ihrer objektiven Beschaffenheit, noch bei dem vom Täter beabsichtigten konkreten Einsatz eine objektive Gefahr für Leib und Leben ausgeht, die jedoch bei ihrer Verwendung durch den Täter eine diesen Werkzeugen und Mitteln vergleichbare Bedrohungswirkung entfalten (Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 250 Rdn. 4 Buchst. a). Auch der Umstand, daß der Angeklagte U nach den Feststellungen des Jugendschöffengerichts ein Messer bei der Tatausführung in der Hand hielt, begründet hier angesichts der unvollständigen Feststellungen des Jugendschöffengerichts nicht den Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, daß das Messer bei der Tat durch den Angeklagten U verwendet, also zur Gewaltanwendung oder zur Drohung mit Gewalt gebraucht worden ist (Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 250 Rdn. 7 m.w.N.). Dafür reicht aber das bloße in der Hand halten des Messers nicht aus. Der Angeklagte U hätte den genannten Zeugen mit der Waffe zumindest bedrohen müssen. Eine Verwendung als Drohmittel setzt aber voraus, daß die Drohung das Opfer erreicht. Drohung ist das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines Übels, dessen Eintritt davon abhängen soll, daß der Bedrohte sich nicht dem Willen des Drohenden beugt. Drohung erfordert daher, daß der Bedrohte in diese Zwangslage versetzt wird, mithin Kenntnis von der Drohung erlangt. Das Opfer hätte das Messer daher zumindest bemerken müssen, damit eine entsprechende qualifizierte Einwirkung auf seinen Willen eintreten konnte (BGH NStZ 2005, 41). Dies hat das Jugendschöffengericht aber gerade nicht festgestellt. Bereits deshalb war das angefochtene Urteil hinsichtlich der Tat vom 22.01.2004 im Schuldspruch aufzuheben. Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, daß die Qualifikation des von dem Angeklagten U benutzten Messers als Waffe oder gefährliches Werkzeug i.S.v. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB darüber hinaus nähere Feststellungen zu dem Aussehen und der Beschaffenheit des fraglichen Messers voraussetzt, um die erforderliche objektive Gefährlichkeit des Messers im Sinne der genannten Qualifikation feststellen zu können (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., § 250 Rdn. 7 Buchst. a m.w.N.; BGH NStZ 2002, 594; NStZ 2003, 606). Sollten die zu treffenden näheren Feststellungen zu der objektiven Beschaffenheit des Messers ergeben, daß es sich bei diesem um eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug i.S.d. § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a; Abs. 2 Nr. 1 StGB handelt, so käme dann jedenfalls hinsichtlich des Messers eine Verurteilung des Angeklagten wegen schweren Raubes gem. § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB in Betracht (BGH NStZ 2005, 41). Auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht das angefochtene Urteil auch. Der schwere Raub gem. § 250 Abs. 2 StGB stellt gegenüber dem schweren Raub gem. § 250 Abs. 1 StGB einen selbständigen Qualifikationstatbestand mit eigener Strafandrohung dar. Bei der Bemessung der Jugendstrafe sind zudem zwar in erster Linie die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck kommen maßgeblich. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat, die sich hier in den unterschiedlichen Qualifikationsgruppen des schweren Raubes widerspiegelt, hat aber jedenfalls insoweit Bedeutung, als er Schlüsse auf die innere Tatseite zuläßt (vgl. BGH NStZ 1998, 39). 2. Hinsichtlich der Taten vom 08.02.2004, vom 12.02.2004, vom 26.02.2004 und vom 18.03.2004 war das angefochtene Urteil ebenfalls im Schuldspruch aufzuheben. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte bei diesen Taten jeweils die Schreckschußpistole Walther P 88 Compakt PTB als Drohmittel gegenüber den Tatopfern verwendet, indem er die Waffe den jeweils Geschädigten bei der Tatausführung vorhielt und auf sie richtete bzw. bei der Tat vom 12.02.2004 an den Hals hielt oder wie bei der Tat vom 18.03.2004 an die Stirn hielt. Hinsichtlich der Tat vom 12.02.2004 hat das Jugendschöffengericht den Tatbestand des § 250 Abs. 2 StGB zugrundegelegt, ohne daß aus den Urteilsgründen erkennbar wäre, welche der drei Fallvarianten des § 250 Abs. 2 Nr. 1 - 3 StGB angenommen werden sollte. Es spricht aber alles dafür, daß das Jugendschöffengericht insoweit von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ausgegangen ist, da es hier wiederum auf die mitgeführte vorgenannte Pistole Walther P 88 Bezug genommen hat. Bei dieser Schreckschußpistole handelt es sich aber nur dann um eine Waffe i.S.v. § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wenn sie bei der Tatausführung geladen war (BGH, großer Senat, NJW 2003, 1677). Dies hat das Jugendschöffengericht aber hinsichtlich keiner der Raubtaten bzw. der räuberischen Erpressung vom 18.03.2004 festgestellt. Damit bleibt auch hinsichtlich dieser Taten offen, welche der beiden Qualifikationsgruppen des § 250 StGB der Angeklagte U verwirklicht hat. Darauf kann aus den oben dargelegten Gründen das angefochtene Urteil auch beruhen. Weitere Feststellungen sind insoweit noch möglich. Der Senat hat das angefochtene Urteil daher auch insoweit im Schuldspruch aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht in Essen zurückverwiesen. 3. Hinsichtlich der Tat vom 18.03.2004 mußte sich die Aufhebung des angefochtenen Urteils gem. § 357 StPO auch auf den Angeklagten R erstrecken. Die aufgezeigte Gesetzesverletzung bei Anwendung des Strafgesetzes, die hier zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt, betrifft hinsichtlich der Tat vom 18.03.2004 auch den Angeklagten R, der hinsichtlich jener Tat als Mittäter des Angeklagten U ebenfalls wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes verurteilt worden ist. Nicht betroffen von der Gesetzesverletzung war dagegen der Angeklagte P, den das Jugendschöffengericht nur wegen gemeinschaftlichen Raubes schuldig gesprochen hat, da bei ihm nicht festgestellt werden konnte, daß er Kenntnis von dem Einsatz der Schreckschußpistole bei der Tatausführung hatte. 4. Betreffend die Tat vom 21.04.2003 hat der Senat den Schuldspruch wie geschehen geändert. Das Jugendschöffengericht hatte den Angeklagten insoweit wegen versuchten Diebstahls in einem schweren Fall verurteilt. Gemeint war hier offenbar der besonders schwere Fall des Diebstahls i.S.v. § 243 StGB. Für die Anwendung dieser Bestimmung, die keinen selbständigen Tatbestand gegenüber dem Grundtatbestand des Diebstahls gem. § 242 StGB bildet (vgl. Tröndle/Fischer, a.a.O., § 243 Rdn. 2) war hier aber bereits gem. § 18 Abs. 1 S. 2 JGG kein Platz. Nach dieser Bestimmung gelten die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts im Jugendstrafrecht gerade nicht. Im übrigen hat die Nachprüfüng des angefochtenen Urteils hinsichtlich dieser Tat keinen Rechtsfehler im Schuldspruch ergeben. Insoweit war die Revision daher erfolglos. III. Der Rechtsfolgenausspruch des angefochtenen Urteils konnte hinsichtlich des Angeklagten U bereits deshalb keinen Bestand haben, weil das gegen ihn auf eine Einheitsjugendstrafe erkennende Urteil schon im Schuldspruch weitgehend aufgehoben worden ist. Zur Bemessung der Jugendstrafe gegen diesen Angeklagten hat das Jugendschöffengericht zudem - worauf der Senat für die neue Hauptverhandlung vorsorglich hinweist - folgende fehlerhafte Ausführungen gemacht: "Bei der Frage, wie die Höhe der Jugendstrafe ausfallen mußte, hat das Gericht zu Lasten des Angeklagten (U, der Senat) gewertet, daß er, wie bereits oben ausgeführt, in massiver Form Menschen bedroht hat. Die Zeugen haben dem Gericht allesamt angegeben, daß sie bis heute größte Schwierigkeiten durch diese Raubüberfälle hätten. Sie könnten nachts nicht schlafen und seien teilweise sogar, da sie sich nach dem Überfall geweigert hätten, Nachtdienst zu führen, aus ihren Jobs entlassen worden. Zugunsten des Angeklagten sprach allerdings auch eindeutig, daß er, nachdem er bezüglich des Überfalls vom 18.03. festgenommen wurde, nach anfänglichem Leugnen dann allerdings auch "reinen Tisch" gemacht hat. Er hat der Polizei zu diesem Zeitpunkt Raubüberfälle eingestanden, wo eine Täterzuordnung überhaupt noch in weiter Ferne stand. Insoweit hat er massiv zur Aufklärung dieser Straftaten beigetragen und gezeigt, daß er gewillt ist, seine Vergangenheit zu bewältigen. Auch die Tatsache, daß er später, obwohl er sich zunächst sehr gewunden hatte, den Mittäter T benannt hat, zeigt, daß dieser Angeklagte zumindest versucht, seine Schuld zu vermindern. Gegen diesen Angeklagten sprechen neben der Schwere der Schuld auch die Tatsachen, daß er in der Vergangenheit mehrfach wegen Gewaltdelikten in Erscheinung getreten ist. Auch spricht gegen ihn, daß er die erste Tat am 21.04.2003 begangen hat, dort durch die Polizei festgenommen wurde und ihm klar war, daß er für diese Tat bestraft werden mußte. Dennoch hat er, wenn auch fast ein Jahr später, die hier in Rede stehenden schweren Straftaten begangen. Deshalb hielt es das Gericht für unbedingt schuldangemessen, erforderlich, allerdings auch ausreichend, den Angeklagten mit einer Jugendstrafe in Höhe von 5 Jahren zu belegen." Diese Strafzumessungserwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Das Jugendschöffengericht hat entscheidend auf die Grundsätze der Strafbemessung des allgemeinen Strafrechts abgestellt und lediglich Strafzumessungserwägungen angeführt, die auch bei einem Erwachsenen hätten berücksichtigt werden müssen. Dies ist fehlerhaft. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, daß sich das Jugendschöffengericht des Umstandes bewußt war, daß für die Bemessung der Strafhöhe in erster Linie erzieherische Gesichtspunkte auch dann maßgebend sind, wenn eine Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld verhängt wird (BGH, Urteil vom 17.06.2004 - 3 StR 76/04; vgl. auch BGH ST 15, 224; BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8). Da sich auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe die Höhe der Jugendstrafe vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten bemißt, müssen die Urteilsgründe jeweils erkennen lassen, daß dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (BGH, Beschluß vom 03.12.2002, 4 StR 426/02, vgl. auch BGH GA 1982, 416; BGHR JGG § 17 Abs. 2 Schwere der Schuld 1 und § 18 Abs. 2 Erziehung 8 und 9, jeweils m.w.N.). Ausführungen hierzu fehlen in dem angefochtenen Urteil jedoch völlig. Ihm ist insbesondere nicht zu entnehmen, daß bei dem Angeklagten ein Erziehungsbedürfnis vorliegt, welches die Verhängung einer lang andauernden und zu verbüßenden Haftstrafe erfordert (vgl. BGH, Beschluß vom 03.12.2002 - 4 StR 426/02). Nicht einmal ein formelhafter Hinweis auf erzieherische Gründe, der im übrigen auch nicht ausreichend wäre, ist in den Urteilsgründen zu finden. Es versteht sich im übrigen auch nicht von selbst, daß die Verhängung einer derart langen Jugendstrafe zur erzieherischen Einwirkung auf diesen Angeklagten geboten war. Vielmehr hätte dies eingehender Erörterung bedurft. IV. Für eine Aufhebung des Haftbefehls gegen den Angeklagten U gem. § 126 Abs. 3 StPO i.V.m. § 120 Abs. 1 StPO hat der Senat keine Veranlassung gesehen. Insbesondere ist die Haftfortdauer nicht bereits aufgrund der weitgehenden Aufhebung des angefochtenen Urteils durch den Senat ohne weiteres unverhältnismäßig. Der Angeklagte hat nach wie vor mit der Verhängung einer mehrjährigen Jugendstrafe zu rechnen und befindet sich noch keine elf Monate (seit dem 24.03.2004) in Untersuchungshaft. Der Senat hat daher die Prüfung der Haftfrage entsprechend dem gesetzlichen Regelfall des § 126 Abs. 2 StPO dem neu entscheidenden Tatrichter überlassen.

Ende der Entscheidung

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