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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 14.03.2005
Aktenzeichen: 3 Ss OWi 100/05
Rechtsgebiete: StVO, StPO


Vorschriften:

StVO § 3
StPO § 267
Zum erforderlichen Umfang der tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Betroffenen.
Beschluss

Bußgeldsache

gegen R.K.

wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Minden vom 2. Dezember 2004 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 14. 03. 2005 durch die Richterin am Oberlandesgericht als Einzelrichterin gemäß § 80 a Abs. 1 OWiG n.F. nach Anhörung und auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft sowie nach Anhörung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird - unter Verwerfung der Rechtsbeschwerde im Übrigen - im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Insoweit wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Minden zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Minden hat durch das angefochtene Urteil gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaft eine Geldbuße in Höhe von 550,- € verhängt. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der von ihm eingelegten Rechtsbeschwerde.

II.

In ihrer Stellungnahme vom 11.02.2005 hat die Generalstaatsanwaltschaft u.a. Folgendes ausgeführt:

"Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist rechtzeitig eingelegt und form- und fristgerecht begründet worden.

Sie ist erfolgreich, soweit sie sich gegen die Festsetzung der in dem Urteil verhängten Geldbuße wendet, im Übrigen ist sie als unbegründet zurückzuweisen.

Zunächst ist festzustellen, dass das (von Amts wegen) und im Freibeweisverfahren zu überprüfendes) Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung nicht eingetreten ist. Die im Rahmen der tatrichterlichen Beweisaufnahme erörterte Frage einer rechtswirksamen Unterbrechung der vor Erlass des Bußgeldbescheides gültigen dreimonatigen Verjährungsfrist durch Versendung des Anhörungsbogens vom 17.12.2002 ist zu bejahen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und nach Aktenlage ist nach dem Inhalt des an den Betroffenen adressierten Anhörungsbogens (Muster Bl. 54 d.A.) unmissverständlich deutlich geworden, dass ihm die festgestellte Verkehrsordnungswidrigkeit vorbehaltlos zur Last gelegt wurde. Dies wird insbesondere durch den an den Adressaten gerichteten Vorwurf (Geschwindigkeitsüberschreitung) und den Hinweis auf § 55 OWiG dokumentiert (zu vgl. OLG Hamm, VRS 98, 208). Formulierungen, die den betroffenen Fahrzeughalter zur Annahme hätten verleiten können, dass mit dem Anhörungsbogen nur das Ziel verfolgt worden wäre, den noch unbekannten Tatverdächtigen zu ermitteln, enthält demgegenüber der Text nicht. Auch steht nach der dienstlichen Äußerung die Mitarbeiterin der Bußgeldstelle der Kreisverwaltung Minden-Lübbecke Ziehm vom 17.05.2004 und dem beigefügten Listenauszug (Bl. 67 f d.A.) fest, dass der betreffende Anhörungsbogen am 27.12.2002 an den Betroffenen abgesandt wurde. Die betreffende Anordnung wird durch ein durch die Sachbearbeiterin angebrachtes Handzeichen auf dem Listenauszug hinreichend dokumentiert (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 09.12.2004 - 4 Ss OWi 651/04 -; Göhler, OWiG, 13. Auflg., § 33 Rdn. 45).

Die (allerdings dürftigen) Urteilsfeststellungen tragen den dem Betroffenen zur Last gelegten Geschwindigkeitsverstoß. Bei dem hier zur Anwendung kommenden Standardmessverfahren genügt hierzu die Feststellung der gefahrenen Geschwindigkeit, die Darlegung des konkreten Messverfahrens sowie die Mitteilung des berücksichtigten Toleranzwertes (zu vgl. Senatsbeschluss vom 27.01.2004 - 3 Ss OWi 829/03 -). Mit der Feststellung der gemessenen Geschwindigkeit von 69 km/h (wie aus dem letzten Absatz der Urteilsgründe eindeutig erkennbar wird), handelt es sich bei der in dem ersten Absatz vorhandenen Formulierung "79 km/h Schilder" um einen offensichtlichen Schreibfehler und wird zugleich der in Abzug gebrachte Toleranzwert von 5 km/h ausreichend deutlich mitgeteilt. Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten des Messverfahrens, die weitergehende Urteilsdarlegungen erfordert hätten, sind nicht erkennbar und werden insbesondere in der Rechtsbeschwerdebegründung nicht behauptet. Auch genügen die Urteilsfeststellungen zu der für den Betroffenen wahrnehmbaren Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h den Anforderungen, zumal dem Betroffenen - trotz der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung - lediglich fahrlässiges Handeln zur Last gelegt worden ist.

Allerdings kann der Rechtsfolgenausspruch keinen Bestand haben.

Dies gilt bereits deshalb, weil das Höchstmaß des Bußgeldrahmens gemäß § 17 Abs. 2 OWiG für fahrlässig begangene Verkehrsordnungswidrigkeiten von 500,00 EUR überschritten worden ist. Das durch die Nichtverhängung eines nach der Bußgeldkatalogverordnung an sich vorgesehenes Fahrverbot ausgeglichen werden sollte, rechtfertigt eine andere Beurteilung nicht (zu vgl. OLG Hamm, NZV 1994, 201). Zudem fehlen die bei einem Bußgeld in dieser Größenordnung erforderlichen Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen. Die Grenze der Geringfügigkeit, bei denen diesbezügliche Ausführungen entbehrlich sind, dürfte nach der obergerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls bei 250,00 EUR überschritten werden (zu vgl. Senatsbeschluss vom 09.01.2001 - 3 Ss OWi 899/00 -; OLG Hamm, Beschluss vom 04.10.2004 - 4 Ss OWi 607/04 -).

Für die erneute Tatsacheninstanz erscheint schließlich der Hinweis angebracht, dass die dürftigen Zumessungserwägungen für die hier offensichtlich beabsichtigte Begründung einer groben Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers im Sinne des § 4 Abs. 1 BKatV zumindest dann nicht mehr den obergerichtlichen Anforderungen genügen dürften, wenn - was die Rechtsbeschwerdebegründung nahe legt - nunmehr ein lediglich einfach fahrlässiges Übersehen des geschwindigkeitsbeschränkenden Vorschriftzeichens durch den Betroffenen in einer neuen Hauptverhandlung behauptet würde (zu vgl. BGH NJW 1997, 3252). In einem solchen Fall wären jedenfalls ergänzende Feststellungen zum Vorfallsort und der Art und Häufigkeit der betreffenden Beschilderung notwendig."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung. Ergänzend wird lediglich darauf hingewiesen, dass es sich bei der im Urteil genannten Beschilderung mit "79 km/h" um einen offensichtlichen Übertragungsfehler handelt, wie sich aus den handschriftlich niedergelegten Urteilsgründen Bl. 89 d.A. eindeutig ergibt, wo von "70 km/h"-Schildern die Rede ist.

Ende der Entscheidung

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