Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.04.2001
Aktenzeichen: 3 Ss OWi 179/01
Rechtsgebiete: StVO, StPO


Vorschriften:

StVO § 37
StVO § 41
StPO § 264
Leitsatz

Zur prozessualen Einheit zwischen einem Rotlichtverstoß und dem Befahren eines Sonderfahrstreifens


Beschluss Bußgeldsache gegen H.S.

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld gegen das Urteil des Amtsgerichts Bielefeld vom 18. September 2000 hat der 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 10.04.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft, der Betroffenen bzw. ihres Verteidigers einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Bielefeld zurückverwiesen.

Gründe:

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht die Betroffene vom Vorwurf, einen qualifizierten Rotlichtverstoß im Sinne des § 37 Abs. 2 StVO begangen zu haben, freigesprochen. Es hat ausgeführt, dass es sich bei dem der Betroffenen vorgeworfenen Vorfall nicht um eine Lichtzeichenanlage im Sinne des § 37 Abs. 2 StVO gehandelt habe, sondern um ein Dauerrotlicht, welches sich auf einer Busfahrspur befindet und nur durch die jeweils herannahenden Busfahrer per Fernbedienung ausgeschaltet werden kann mit der Folge, dass die übrigen Lichtzeichenanlagen auf den für den allgemeinen Verkehr zugelassenen Fahrbahnen Rotlicht erhalten. Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass die Betroffene mit einem Kraftfahrzeug den Sonderfahrstreifen für Omnibusse des Linienverkehrs benutzt hat (§ 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO - Zeichen 245 -) und auf diesem Fahrstreifen fahrend die Dauerrotlicht zeigende Ampel überfahren hat.

Das Amtsgericht hat nicht übersehen, dass die Betroffene damit einen Verstoß gegen § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO begangen haben dürfte. Es hat indessen angenommen, dass dieser Verstoß nicht Gegenstand des Bußgeldbescheides der Stadt Bielefeld vom 16. Februar 2000 gewesen sei und somit der Verfolgungsverjährung unterliege.

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Bielefeld, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist.

Die näher ausgeführte materielle Rüge hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Zutreffend weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass Gegenstand der Urteilsfindung die Tat im prozessualen Sinne des § 264 StPO ist. Das Amtsgericht hatte das gesamte Verhalten der Betroffenen, soweit es mit dem im Bußgeldbescheid bezeichneten geschichtlichen Vorkommnis nach natürlicher Auffassung einen einheitlichen Lebensvorgang darstellt, seiner Prüfung zu unterziehen. Ein solcher einheitlicher Vorgang ist dann gegeben, wenn zwischen den in Betracht kommenden Verhaltensweisen eine innere Verknüpfung besteht, so dass die getrennte Aburteilung in verschiedenen Verfahren die unnatürliche Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs bedeuten würde (Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl., § 264 Randziffer 2, 3 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Es besteht eine innerliche Verknüpfung beider Tatvorwürfe - unabhängig davon, ob letztlich ein Rotlichtverstoß zu bejahen war oder nicht - so dass von einer prozessualen Tat auszugehen war. Das Amtsgericht hätte somit einen Verstoß gegen § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO prüfen müssen. Dabei ist es unerheblich, ob ein solcher Verstoß Niederschlag im Bußgeldbescheid gefunden hat oder nicht (vgl. BGH NJW 1996/1160 m.w.N.).

Tatsächlich ist aber bereits dieser Verstoß im Bußgeldbescheid aufgeführt unter Angabe des Zeichens 245 des § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO.

Nach alle dem hat das Amtsgericht rechtsfehlerhaft einen Verstoß gegen § 41 Abs. 2 Nr. 5 StVO (Zeichen 245) als verjährt angesehen. Es hätte vielmehr eine erschöpfende Überprüfung der dem Betroffenen vorgeworfenen prozessualen Tat im Sinne des § 264 StPO vornehmen müssen.

Daher war unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Bielefeld zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde zu entscheiden haben wird.

Ende der Entscheidung

Zurück