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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.05.2000
Aktenzeichen: 3 U 125/99
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Leberpunktion und Verabreichung von ASS

Leitsatz:

Eine Leberpunktion unter der Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) ist nicht kontraindiziert, wenn die übrigen Blutgerinnungsfaktoren unauffällig sind.

Die Entscheidung ist rechtskräftig, NA-Beschl. v. 23.1. 2001, VI ZR 244/00


OBERLANDESGERICHT HAMM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

3 U 125/99 OLG Hamm 18 O 56/98 LG Essen

Verkündet am 24. Mai 2000

Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts

In dem Rechtsstreit

hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 26. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Pelz und die Richter am Oberlandesgericht Lüblinghoff und Rüthers

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 08. Februar 1999 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 40.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten, die sie auch durch eine unbefristete und unbedingte Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder Sparkasse erbringen dürfen.

Tatbestand:

Der am 12. Januar 1948 geborene Kläger, selbständiger Zahnarzt, wurde am 23. Januar 1995 in die Abteilung für allgemeine innere Medizin und Gastroenterologie des Marienhospitals in stationär aufgenommen, deren Trägerin die Beklagte zu 2) ist. Chefarzt der Abteilung ist der Beklagte zu 1). Ausweislich der Krankenunterlagen klagte der Kläger über thorakalen Druckschmerz sowie seit längerer Zeit über wiederkehrende Fieberschübe unklarer Ursache. Wegen der vorbestehenden koronaren Probleme stand der Kläger unter einer Therapie u.a. mit einer Tablette ASS 100 täglich.

In der Zeit vom 23.01. und in der Folgezeit erhielt der Kläger eine Heparin-Infusion von 25.000 Einheiten in 24 Stunden über die ersten zwei Tage. Anschließend wurde die Heparin-Infusion abgelöst durch eine low-dose - Heparinisierung ab dem 25.01.1995. In dem Visite-/Verordnungsblatt findet sich für den 01.02.1995 die Eintragung:

"Kein Heparin morgens, nüchtern lassen"

Ein Befund vom 23.01.1995 erbrachte den Leberwert GOT 260 U/1.

Am 01.02.1995 führte der Beklagte zu 1) eine Leberpunktion durch. An diesem Tag erbrachten Gerinnungsvoruntersuchungen einen Quick-Wert von 100 % und Thrombozyten von 210.000. Zur Leberpunktion heißt es in den Krankenunterlagen u.a.:

"1.

Ultraschalluntersuchung der Leber u. topographische Bestimmung des Punktionsortes.

2.

Sonographisch gezielte Entnahme eines PE rechter Leberlappen ... Nadelführung unter kompletter US-Darstellung durchgeführt."

Am 02.02.1995 zeigte eine Untersuchung bei der Visite ein vermindertes Atemgeräusch rechts basal. Der Kläger wurde sodann auf der Intensivstation der Abteilung für Anästhesie weiter betreut. Eine Thorax-Untersuchung vom 02.02.1995 wurde wie folgt beurteilt:

"Ausgeprägte Flüssigkeit im Bereich des re. Zwerchfellrippenwinkels, ansteigend bis in die Pleurakuppenspitzen ... Infiltrate können hier nicht ausgeschlossen werden ...

Bei Zustand nach Leberpunktion sind hier durchaus eine Blutung, ein blutig seröser Erguß und Infiltrate zu diskutieren."

Die Thorax-Röntgenuntersuchung vom 03.02.1995 ergab ausweislich der Krankenunterlagen folgenden Befund:

"Komplette Verschattung der re. Lunge im Sinne einer massiven Zunahme des Ergusses rechtsseitig vom Vortag. Die li. Lunge ist minderbelüftet, jedoch ohne Infiltrate ...

Deutliche Verschlechterung zum Vortag, aufgrund der zunehmenden Ergußbildung rechtsseitig, vermutlich mit Blut durchsetzt, aufgrund der Punktion."

Noch am 03.02.1995 wurde der Kläger auf die chirurgische Abteilung des verlegt und operiert. Im Operationsbericht vom 03.02.1995 heißt es u.a.:

"Bei dem Patienten handelt es sich um Zustand nach ultraschallgezielter Leberpunktion mit Ausbildung eines massiven Hämatothorax und dringender Verdacht auf Persistieren einer Blutung. ... Es werden ca. 3 Ltr. geronnenes, wie frisches Blut aus dem Thoraxraum manuell, wie mit dem Sauger entfernt. Die Pleuravisceralis wie Parietalis blutet insgesamt sehr stark. Eine eigentliche Blutungsquelle kann jedoch auch bei intensivem Suchen nicht ausfindig gemacht werden, auch nicht im Bereich der Zwerchfellkuppe Lediglich im Bereich der Pleuramediastinalis findet man einen 10 cm langen Einriß, eventuell als Ursache eines erhöhten intrapleuralen Druckes. ..."

Am 04.02.1995 erfolgte eine weitere Operation. In dem Operationsbericht heißt es u.a.:

"Weiterhin starke Blutung aus dem Pleuraraum, die eine erneute Revision notwendig macht. ... Weiterhin keine Blutungsquelle auszumachen. ..."

Eine dritte Operation erfolgte am 09.02.1995, zu der es im Operationsbericht u.a. heißt:

"Röntgenologische Aufnahmen haben ergeben, daß auch jetzt links, aufgrund der desolaten Gerinnung, ein Hämatothorax entstanden ist. ..."

Ausweislich des Arztbriefes des vom 17.03.1995 an das Haus der Beklagten zu 2) hat sich der Krankheitsverlauf während des Aufenthaltes des Klägers in kompliziert durch wiederholte Bradykardien bis hin zu Asystolien, die eine Reanimation notwendig machten.

Am 13.03.1995 wurde der Kläger von der chirurgischen Intensiv auf die Normalstation, am 17.03.1995 wieder in das Krankenhaus der Beklagten zu 2) rückverlegt. Am 10.04.1995 wurde er in eine Rehabilitationsklinik gebracht, aus der er am 19.05.1995 entlassen wurde.

Der Kläger hat behauptet, in der Zeit vom 23.01. bis zum 01.02.1995 seien keinerlei Maßnahmen durchgeführt worden. Zu der Leberpunktion habe er keine Einwilligung erteilt. Er sei auch nicht über Risiken und Gefahren aufgeklärt worden. Die Leberpunktion sei kontraindiziert gewesen, weil zunächst Blutuntersuchungen hätten durchgeführt werden müssen. Außerdem sei er durchgängig mit Heparin behandelt worden. Die Punktion sei fehlerhaft als Blindpunktion ohne Ultraschallkontrolle vorgenommen worden, wobei ein Pleuragefäß verletzt worden sei. Hierdurch sei es zu starken inneren Blutungen gekommen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 16.01.1996,

2.

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 301.649,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 16.01.1996 zu zahlen,

3.

festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden anläßlich des Behandlungsgeschehens zu ersetzen, den letzteren jedoch nur vorbehaltlich eines Überganges auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstigen Dritten.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben jegliches fehlerhaftes Verhalten in Abrede gestellt und behauptet, der Kläger sei ordnungsgemäß aufgeklärt worden und habe in die Leberpunktion eingewilligt.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung von Zeugen sowie durch Vernehmung des Sachverständigen Prof. Dr.. Sodann hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, die durchgeführte Leberpunktion sei rechtmäßig gewesen. Es habe auch eine wirksame Einwilligungserklärung des Klägers vorgelegen.

Wegen weiterer Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll zur mündlichen Verhandlung und auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er wiederholt und vertieft den erstinstanzlichen Sachvortrag und beantragt,

in Bezug auf den Beklagten zu 1) nach dem Klageantrag zu erkennen, das Feststellungsbegehren in dem Umfang, soweit kein Forderungsübergang stattgefunden hat.

Die Berufung gegen die Beklagte zu 2) hat der Kläger zurückgenommen.

Der Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise Vollstreckungsnachlaß.

Wegen weiterer Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die beigezogenen Krankenunterlagen, die Akte 4 OH 5/96 LG Essen sowie auf das Protokoll und den Vermerk des Berichterstatters zum Senatstermin vom 26.01.2000 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Dem Kläger stehen gegen den Beklagten (zu 1) die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz, Zahlung eines Schmerzensgeldes und Feststellung gem. §§ 823 Abs. 1, 847 BGB bzw. wegen Schlechterfüllung des Behandlungsvertrages nicht zu.

Auch aufgrund der durch den Senat ergänzend durchgeführten Beweisaufnahme steht nicht fest, daß die Behandlung des Klägers durch den Beklagten bzw. dessen ärztliches Personal unsachgemäß erfolgte. Der Senat folgt dabei den überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr., die auch durch die Darlegungen der privaten Gutachter Dr. und Dr. (Bl. 18 ff. GA) sowie Dr. nicht in Zweifel gezogen werden. Ergänzend wird auf die Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

1.

Die praeoperative Diagnostik des Beklagten war nicht unzureichend. Der Sachverständige Prof. Dr. hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 10.06.1997 in dem Beweissicherungsverfahren 4 OH 5/96 LG Essen das umfängliche Krankheitsbild des Klägers im einzelnen beschrieben und auf die ausführlich betriebene Diagnostik verwiesen. So erfolgte zunächst in der Zeit vom 23.01. bis zum 31.01.1995 u.a. eine kardiologische Diagnostik im Hinblik auf die Herzproblematik des Klägers. Es wurden eine Ultraschalluntersuchung des Abdomens, Röntgenuntersuchungen und eine Echokarkardiographie durchgeführt, mehrfach Blutkulturen abgenommen und nachfolgend der Verdacht auf eine chronische Hepatitis C-Infektion sowie auf eine Leberentzündung wegen bestehender Antikörper gegen das Zytomegalie-Virus und das Eppstein-Barr-Virus gestellt. Mehr war im Hinblick auf die wegen der bestehenden Verdachtsmomente beabsichtigten Leber-Punktion im Vorfeld an Diagnostik nicht zu leisten.

Die in der Berufungsbegründung im einzelnen genannten Diagnosemaßnahmen (Bl. 232, 233 GA) brauchten vor der Leberpunktion am 01.02.1995 nicht durchgeführt zu werden. Hierauf hat der Sachverständige in Kenntnis der Ausführungen des Klägers in der Berufungsbegründung überzeugend hingewiesen.

2.

Die Leberpunktion vom 01.02.1995 war indiziert. Zu diesem Zeitpunkt bestand ein unklares Krankheitsbild mit immer wieder auftretenden Fieberschüben. Am 23.01.1995 war ein spezifischer Leberwert GOT mit 260 U/l erhöht. Es bestand eine entzündliche Konstellation in der Leber (Bl. 76 BA). Die Anti-HCV-Antikörper waren positiv und das RNS-Virus des Hepatitis C-Virus war noch nachgewiesen worden. Als Ursache der hohen Transaminasenwerte stand der Verdacht einer chronischen Hepatitis C-Infektion im Raum. Außerdem waren - wie ausgeführt - Antikörper insbesondere gegen das Zytomegalie-Virus gefunden worden, so daß auch eine Entzündung der Leber durch Viren in Betracht kam. Ob ein Befall der Leber mit Zytomegalie-Viren vorlag, konnte nur histologisch geklärt werden, wofür es der Leber-Biopsie bedurfte. Diese Faktoren stellten die Indikation für eine Leberpunktion dar. Der Sachverständige hätte im Gegensatz das Unterlassen einer Punktion als einen Verstoß gegen den diagnostischen Standard und als einen Behandlungsfehler gewertet.

3.

Die Verabreichung von ASS stand der Punktion vom 01.02.1995 nicht entgegen. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Privatgutachters Dr. Schmid ist eine Punktion unter der Gabe von ASS nicht kontraindiziert. Nachweise aus der Literatur für die von ihm eingenommenen Standpunkte, u.a. den daß eine Punktion erst 14 Tage nach dem Absetzen von ASS durchgeführt werden darf, hat der Privatgutachter nicht genannt. Nach den deshalb überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. ist es nach den noch heute gültigen Leitlinien seines Fachbereichs Standard, auch unter der Gabe von ASS zu punktieren, wenn im übrigen die Gerinnungsfaktoren in Ordnung sind. Das war bei dem Kläger ausweislich der Blutwerte der Fall. Eine harte Leber aufgrund einer Zirrhose, bei der unter ASS nicht punktiert werden darf, hatte der Kläger nicht. Diese Ausführungen des Sachverständigen sind durchaus kompatibel mit den Erkenntnissen des Senats aus anderen Verfahren und den Aussagen anderer Sachverständige, etwa der Frage der Gabe von Aspisol mit ASS als Wirkbestandteil bei Subarachnoidalblutungen.

4.

Zur Überzeugung des Senats erhielt der Kläger vor Durchführung der Punktion bereits solange kein Heparin mehr, daß dessen Wirkung bei dem Eingriff selbst nicht mehr bestand, diesem operativen Eingriff damit nicht entgegenstand.

Dem Kläger ist zuzugeben, daß im Kurvenblatt die Gabe von 2 x 7.500 Einheiten Heparin vom 31.01. - 03.02.1995 verzeichnet ist. Die Eintragung ">" bedeutet üblicherweise und offenbar auch in der Dokumentation des Beklagten die Verordnung und Verabreichung des Medikamentes für den betreffenden Tag. Für diesen konkreten Fall glaubt der Senat dem Beklagten, daß entgegen dem Inhalt der Krankenunterlagen am 01.02.1995 kein Heparin mehr verabreicht wurde. Denn jedenfalls am 03.02.1995 konnte auf der Station des Beklagten dem Kläger kein Heparin mehr verabreicht werden, nachdem er auf die Abteilung für Anästhesie und operative Intensivmedizin verlegt worden war. Deshalb ist in diesem konkreten Fall nachvollziehbar, daß die Eintragungen zur Medikation im voraus erfolgten, wenn es aus Sicht des Senats auch nicht dem Sinn der Krankendokumentation entspricht, Eintragungen in dieser Form im voraus vorzunehmen. Auf der Intensivstation erhielt der Kläger dann wiederum Heparin verabreicht, ebenfalls nach Anweisungen des Beklagten, wobei die entsprechenden Eintragungen in der Dokumentation von anderer Stelle erfolgten.

In diesem konkreten Fall sieht der Senat die aus der Dokumentation sichtbare Ehrlichkeit des Beklagten als ein Indiz für die Richtigkeit seines Vortrages zur Absetzung des Heparins an.

Denn der Beklagte hat die mit blauem Kugelschreiber verfaßte Eintragung mit Datum 01.02.1995 "kein Heparin morgens, nüchtern lassen" durch ein Beiblatt als nachträglich vorgenommen gekennzeichnet, wenn sich auch der Sinn für die erheblich später vorgenommene Ergänzung und damit letztlich die Verfälschung des Verordnungsblattes in dieser Form nicht erschließt.

Mit dieser Maßgabe ist davon auszugehen, daß der Kläger 16 Stunden vor dem Eingriff kein Heparin mehr erhielt, dessen Wirkung damit zum Zeitpunkt der Punktion nicht mehr bestand, und deshalb die (frühere) Gabe von Heparin der Biopsie nicht entgegenstand.

5.

Die Punktion als solche erfolgte lege artis. Fehler im Zuge der Leber-Biopsie sind nicht feststellbar. Insbesondere ist nicht feststellbar, daß unsachgemäß eine iatrogene Läsion der Pleura oder eines Blutgefäßes erfolgte.

Über den zeitlichen Zusammenhang zwischen Leber-Punktion und aufgetretenen Blutungen hinaus gibt es für die fehlerhafte Punktion der Leber keinen Anhalt. Hierauf kann auch nicht aus der Formulierung des Radiologen Dr. vom 03.02.1995 geschlossen worden, wo es heißt "vermutlich mit Blut vermischt, auf Grund der Punktion". Der Sachverständige, der nach seinen eigenen Angaben im Senatstermin auch eine radiologische Ausbildung erhalten hat, hat die betreffenden Röntgenaufnahmen vor dem Senat erläutert und auf die Charakteristika einer Blutung auf einer Röntgenaufnahme hingewiesen. Dabei ist zwar die Blutung als solche zu erkennen, nicht aber die Blutungsquelle. Die eigentliche Blutungsquelle konnte nicht einmal der Chirurg im Zuge der Laparotomie vom 03.03. bzw. der Relaparotomie vom 04.03.1995 erkennen, der gezielt nach einer Blutungsquelle suchte. Angesichts dieser Umstände, der ultraschallgestützten Punktion als auch der Tatsache, daß es zeitlich etwas später auch auf der linken Seite geblutet hat, hat der Sachverständige mit aus seiner Sicht 100iger Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, daß die unsachgemäße Duchführung der Punktion die spätere Blutung hervorgerufen und verursacht hat.

Soweit die Privatgutachter Dr. und Dr. meinen, die Blutung sei doch durch die Verletzung eines Gefäßes im Zusammenhang mit der Leber-Punktion bedingt (Bl. 21 ff. GA), so äußern sie letztlich nur eine Vermutung. Die Operation selbst haben sie nicht durchgeführt, den Operationssitus nicht gesehen. Daß die Verletzung eines Gefäßes kleineren oder mittleren Kalibers vorlag, bleibt deshalb im Ergebnis Spekulation. Der Operateur selbst ging offenbar noch in seinem Schreiben an den Beklagten vom 15.01.1996 davon aus, daß die Blutung unabhängig von der Punktion auftrat. Der Privatgutachter Dr. hält auch im Hinblick auf den intraoperativen Befund eine Blutung aufgrund der Punktion für nicht ausgeschlossen, vermag aber keinerlei Aspekte zu nennen, die für eine iatrogene Schädigung sprechen.

Eines weiteren Gutachtens eines radiologischen oder thoraxchirurgischen Sachverständigen bedarf es nicht. Es ist nicht erkennbar, welche zusätzlichen Erkenntnisse diese Sachverständigen gewinnen könnten. Der Sachverständige Prof. Dr. hat ausgeführt, in der Bewertung radiologischer Fragen ausgebildet worden zu sein. Außerdem hat die Erläuterung der gefertigten Röntgenaufnahmen im Senatstermin gezeigt, daß angesichts der Verschattungen keinerlei weitere Erkenntnisse über die Blutungsquelle zu finden sind. Solche finden sich auch nicht in der Beurteilung der Röntgenbilder durch den Radilogen der ehemaligen Beklagten zu 2) noch läßt der thoraxchirurgische Privatgutachter Dr. in seinem Privatgutachten erkennen, welchen Erkenntniszuwachs ein thoraxchirurgisches Gutachten erbringen könnte.

6.

Der Eingriff vom 01.02.1995 war auch gerechtfertigt. Der Kläger hat in die Punktion nach ordnungsgemäßer Aufklärung wirksam eingewilligt. Die Berufung nimmt die Frage der Einwilligung über die allgemeine Verweisung hinaus nicht mehr gesondert auf. Auch aus der Sicht des Senats ergeben sich in dieser Instanz keine Neuerungen, so daß auf die überzeugenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen wird.

7.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

8.

Das Urteil beschwert den Kläger mit mehr als 60.000,00 DM.

Ende der Entscheidung

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