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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.03.2005
Aktenzeichen: 3 U 204/04
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 4
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 31
BGB § 278
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 831
BGB § 844
BGB § 847
BGB § 1922 a. F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 15.06.2004 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1) zu 43 %, der Kläger zu 2) zu 27 %, die Klägerin zu 3) zu 25 % und die Kläger zu 1) - 3) als Gesamtschuldner zu weiteren 5 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Klägern wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Der am 20.06.1960 geborene y, der Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater der Kläger zu 2) und 3), begab sich wegen seit Jahren andauernder Beschwerden mit der Nasenatmung und häufigem Nasenbluten am 23.01.2001 in das städtische Krankenhaus H, dessen Trägerin die Beklagte zu 1) ist. Der Beklagte zu 2), ein HNO-Facharzt, führte dort am 24.01.2001 als Belegarzt des Krankenhauses bei Herrn y eine Nasenoperation in Form einer Korrektur der Nasenscheidewand und der Nasengänge durch. Im Anschluß an die Operation trat eine Nachblutung auf. Am 25.01.2001 kam es zu einem septisch bedingten Kreislaufversagen, so daß Herr y auf die internistische Intensivstation verlegt wurde. Am 13.02.2001 verstarb Herr y an einem septischen Schock bei multiplem Organversagen (sogenanntes Toxic Shock Syndrom, im folgenden: TSS). Die Kläger sind die Erben des Herrn y. Sie haben von den Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung (Beklagte zu 1) bzw. wegen unvollständiger Aufklärung über die möglichen Folgen des operativen Eingriffs (Beklagter zu 2) verlangt. Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines schriftlichen HNO-Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. H2 und eines schriftlichen fachinternistischen Gutachtens nebst ergänzender Anhörung des Sachverständigen Dr. F abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Mit der Berufung machen die Kläger im Wesentlichen geltend: Den behandelnden Ärzten der Beklagten zu 1) falle ein grober Behandlungsfehler zur Last, weil diese trotz der postoperativ aufgetretenen Komplikationen und dem sich rasch entwickelnden schweren Krankheitsbild einer Sepsis in der Zeit vom 26.01.2001 bis 07.02.2001 unzureichende mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt hätten. Die rechtzeitige Entnahme von Blutkulturen, insbesondere in den Tagen ab dem 01.02.2001 - nach Auffassung der Kläger eine zwingend gebotene Standardmaßnahme - hätte wichtige Aufschlüsse über die Art der Sepsis gegeben und so durch frühzeitige Reaktion den Tod des Herrn y verhindern können. Der Beklagte zu 2) habe Herrn y nur unzureichend über das Risiko der Operation aufgeklärt. Für die Operation habe weder eine besondere zeitliche Dringlichkeit noch eine besondere medizinische Notwendigkeit bestanden. Es seien deshalb erhöhte Anforderungen an die Risikoaufklärung zu stellen gewesen, so daß der Beklagte zu 2) auch über das - selbst nach Auffassung der Kläger wenig wahrscheinliche bzw. äußerst selten auftretende - Risiko eines TSS habe aufklären müssen. Die Kläger beantragen, I. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Bielefeld vom 15.06.2004 1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger zu 1), 2) und 3) in ungeteilter Erbengemeinschaft aus übergegangenem Recht ein in das Ermessung des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.10.2001 zu zahlen, 2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger zu 2) ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.10.2001 zu zahlen, 3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.10.2001 zu zahlen, 4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) einen Betrag von 4.638,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 31.10.2001 zu zahlen,

5. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 1) eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 1.233,81 Euro rückwirkend seit dem 01.03.2001 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Betrag, spätestens zum 3. eines jeden Monats für den Zeitraum bis zum 31.12.2002 zu zahlen, 6. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger zu 2) eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 684,50 Euro rückwirkend ab dem 01.03.2001 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Betrag, spätestens zum 3. eines jeden Monats für den Zeitraum bis zum 31.12.2002 zu zahlen, 7. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin zu 3) eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 696,81 Euro rückwirkend ab dem 01.03.2001 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Betrag, spätestens zum 3. eines jeden Monats für den Zeitraum bis zum 31.12.2002 zu zahlen, 8. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 1) ab dem 01.01.2003 eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 2.283,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Betrag, spätestens zum 3. eines jeden Monats zu zahlen, 9. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger zu 2) ab dem 01.01.2003 eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 1.384,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Betrag, spätestens zum 3. eines jeden Monats zu zahlen, 10. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin zu 3) ab dem 01.01.2003 eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 1.396,81 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem jeweils fälligen Betrag, spätestens zum 3. eines jeden Monats zu zahlen, 11. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, den Klägern alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden aufgrund des Todes des Herrn y ersetzen, soweit Schadensersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind, II. vorsorglich, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren gem. § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO an das Landgericht zurück zu verweisen. Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigen das angefochtene Urteil. Der Beklagte zu 2) verbleibt bei seinem erstinstanzlichen Vortrag, den Ehemann der Klägerin zu 1) hinreichend über die Operationsrisiken aufgeklärt zu haben. Über das Risiko eines TSS habe er nicht aufklären müssen, weil es sich dabei nicht um eine eingriffsspezifische Komplikation nach Septumoperation handele. Zudem sei dieses Risiko nach damaliger medizinischer Sicht nicht bekannt gewesen und habe ihm auch nicht bekannt sein müssen. Die Beklagte zu 1) ist der Auffassung, daß der Verzicht auf die Abnahme von weiteren Blutkulturen allenfalls einen einfachen Behandlungsfehler darstelle. Bei der Frage nach einem groben Behandlungsfehler dürfe die nur sehr geringe Wahrscheinlichkeit eines positiven Untersuchungsergebnisses von Blutentnahmen am 01.02. oder 02.02.2001 bei antibiotischer Abdeckung nicht unberücksichtigt bleiben. Auch die insoweit zwar übliche Abnahme von Blutkulturen bei fiebernden Patienten auf der Intensivstation geschehe unter der Vorstellung, daß letztlich kein verwertbares Ergebnis hieraus resultiere. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die beigezogenen Behandlungsunterlagen, die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Bielefeld (Aktenzeichen: 16 Js 27/01), das Sitzungsprotokoll und den Vermerk des Berichterstatters zum Senatstermin vom 07.03.2005 über die ergänzende Anhörung des Sachverständigen Privatdozent Dr. F Bezug genommen. II. Die Berufung bleibt ohne Erfolg. Die Kläger haben weder gegen die Beklagte zu 1) Schadensersatzansprüche aus den §§ 823 Abs. 1, 844, 831, 31, 847, 1922 a. F. BGB oder aus Schlechterfüllung des (gespaltenen) Krankenhausaufnahmevertrages i. V. m. den §§ 278, 1922 BGB (unten 1.), noch stehen ihnen gegen den Beklagten zu 2) solche Ansprüche aus den §§ 823 Abs. 1, 844, 847, 1922 a. F. BGB bzw. aus Schlechterfüllung des mit Herrn y geschlossenen Behandlungsvertrags i. V. m. § 1922 BGB zu (unten 2.). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen. In der medizinischen Beurteilung des Behandlungsgeschehens macht sich der Senat die Feststellungen des Sachverständigen Dr. F zu Eigen, der das Gutachten auch bei seiner Anhörung in zweiter Instanz eingehend und sachlich überzeugend begründet hat. 1. Die Kläger können sich zur Begründung ihrer Schadensersatzansprüche nicht mit Erfolg darauf berufen, daß durch Mängel in der postoperativen Behandlung des Herrn y dessen Tod verursacht worden wäre. Nach den sachlich fundierten Ausführungen des Sachverständigen Dr. F steht zur Überzeugung des Senats allerdings fest, daß die Nichtentnahme von mikrobiologischen Kulturen - insbesondere Blutkulturen - bei Herrn y in der Zeit zwischen dem 01.02.2001 und 05.02.2001 nicht dem zu fordernden (fach-) ärztlichen Standard entsprochen hat und damit als fehlerhaft anzusehen war. Der Sachverständige hat zunächst plausibel dargestellt, daß die Ärzte das initiale Ereignis, das zu dem schweren Kreislaufversagen und am 25.01.2001 zu der Aufnahme auf der Intensivstation geführt hat, unter einer maximal breiten Antibiotikatherapie bis Ende Januar 2001 erfolgreich behandelt haben. In dieser Phase entsprach das Vorgehen der Ärzte der Beklagten zu 1), bei Herrn y nur jeweils eine Blut-, Stuhl- und Urinkultur zu entnehmen, dem ärztlichen Standard, weil der klinische Verlauf bis zum 31.01.2001 dafür sprach, daß die auslösende Ursache für das septische Krankheitsbild durch die verabreichten Antibiotika erfaßt worden war. Dies hat die Berufung auch nicht angegriffen. Darüber hinaus hat der Sachverständige im einzelnen dargelegt, daß in dem von ihm so bezeichneten "zweiten Schub", ab Anfang Februar 2001 der erneute Anstieg der Leukozyten und des Entzündungsparameters CRP am 01.02.2001, die Ausbildung von Fieber ab dem 02.02.2001, sowie das Persistieren der hohen Temperatur verbunden mit Kreislaufschwäche am 03.02.2001 (Fieber bis 39,4 Grad Celsius) seitens der Beklagten als Ausdruck einer Resistenzentwicklung oder als Infektion mit einem sekundären (nosokomialen) Keim gewertet werden mußte. Ab dem 03.02.2001 war die Situation für Herrn y ernst zu nennen. Spätestens an diesem Tag hätten die Ärzte deshalb - zusätzlich zu der apparativ durchgeführten Suche nach dem Erreger - mikrobiologische Kulturen abnehmen müssen. Es kann aber nicht festgestellt werden, daß die behandlungsfehlerhaft verzögerte Abnahme von mikrobiologischen Kulturen für den am 13.02.2001 eingetretenen Tod des Herrn y ursächlich gewesen ist. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ergaben die in der Zeit vom 05.02. bis 07.02.2001 abgenommenen mikrobiologischen Kulturen (Blut, Urin, Rachen, endotracheales Sekret, Katheterspitzen) den Nachweis von 4 verschiedenen bakteriologischen Erregern, u. a. Staphylokokkus epidermis, sowie einen Pilznachweis (Candida albicans). Darüber hinaus konnten post mortal noch zwei weitere bakterielle Erreger nachgewiesen werden. Als Ursache für den klinischen Verlauf nach dem 01.02.2001 (2. Schub) ist damit von einer Mischinfektion mit verschiedenen nosokomialen Erregern auszugehen. Welchem Erreger dabei die entscheidende Rolle für den Verlauf der Sepsis zukam, hat der Sachverständige nicht entscheiden können. Das Zusammenwirken der verschiedenen Erreger, die als hoch resistente Keime auch durch die Antibiotikatherapie nicht zu beherrschen waren, führte letztlich zum Tod des Herrn y. Nach den Ausführungen des Sachverständigen wäre selbst dann, wenn bereits am 02.02.2001 Blutkulturen abgenommen und nach mikrobiologischer Untersuchung die nosokomialen Erreger gefunden worden wären und die Beklagte die gezielte Antibiotikatherapie entsprechend früher begonnen hätte, es als unwahrscheinlich zu bezeichnen, daß diese Therapiemaßnahmen den Krankheitsverlauf entscheidend beeinflußt hätten. Beweiserleichterungen kommen den Klägern nicht zugute, da die hier vorliegende Verzögerung der Abnahme mikrobiologischer Kulturen nicht die Annahme eines groben - zur Umkehr der Beweislast führenden - Fehlers rechtfertigen. Der Sachverständige Dr. F, dessen fundierter und abgewogener Bewertung sich der Senat auch insoweit anschließt, hat dazu ausgeführt, daß es sich nicht um einen so schwerwiegenden Fehler handele, weil das Verhalten unter Berücksichtigung der vorliegend erforderlichen Abwägung der Ärzte nicht als schlechthin unverständlich anzusehen sei. So wäre einerseits ein kurzzeitiges Aussetzen der Antibiotikatherapie erforderlich gewesen, weil bei einer Blutentnahme während einer fortgeführten Therapie in den Kulturen von Körperflüssigkeiten nur selten Keime angezüchtet werden können. Andererseits wäre das Aussetzen der Antibiotikatherapie gleichzeitig mit dem Risiko verbunden gewesen, dass sich der klinische Zustand des Herrn y verschlimmert. Vorliegend haben die Ärzte die Entscheidung getroffen, daß abgewartet werden sollte, ob die Antibiotikatherapie - wie bereits zuvor beim ersten Schub - erneut wirken würde. Die Hoffnung auf eine klinische Besserung des Herrn y war deshalb auch nicht von Anfang an vergeblich. In der Gesamtschau hat der Sachverständige das Vorliegen eines gravierenden Behandlungsfehlers, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er schlechterdings nicht vorkommen darf, verneint. Hierbei ist er auch nach Vorhalt der Ausführungen des rechtsmedizinischen Gutachtens Dr. C2 im Rahmen des Ermittlungsverfahrens (BeiA Bl. 90/91) verblieben. Beweiserleichterungen kommen den Klägern auch nicht aus dem Gesichtspunkt einer unterlassenen Befunderhebung zugute. Eine fehlerhafte Unterlassung der medizinisch gebotenen Befunderhebung läßt im Wege der Beweiserleichterung für den Patienten auf ein reaktionspflichtiges positives Befundergebnis schließen, wenn ein solches hinreichend wahrscheinlich ist. Eine weitere Beweiserleichterung auch im Hinblick auf die Ursächlichkeit der unterlassenen Befunderhebung für die vom Patienten erlittenen Gesundheitsschäden kommt diesem zugute, wenn sich ein so deutlicher und gravierender Befund als hinreichend wahrscheinlich ergeben hätte, daß sich seine Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde (vgl. BGH MDR 2004, 1056 m. w. N.). Bereits die erstgenannte Voraussetzung liegt hier aber nicht vor. Der Sachverständige Dr. F hat dazu ausgeführt, daß auch dann, wenn in der Zeit vom 03.02. bis 05.02.2001 bei Fortführung der Breitbandantibiotikatherapie Blutkulturen bei Herrn y abgenommen worden wären, es nicht wahrscheinlich gewesen wäre, daß deren mikrobiologische Untersuchung ein reaktionspflichtiges, positives Befundergebnis erbracht hätte. Als entscheidendes Indiz hierfür hat er ausgeführt, daß die mikrobiologische Untersuchung der am 05.02.2001 entnommenen Katheterspitze des zentralen Venenkatheters ohne Befund gewesen ist. Hinsichtlich der Pilzinfektion geht der Sachverständige - insoweit in Übereinstimmung mit dem Sachverständigen Dr. C2 in dessen Gutachten vom 25.06.2001 - davon aus, daß diese sicher schon vor dem 06.02.2001 bei Herrn y vorgelegen hat, ohne den genauen Zeitpunkt bestimmen zu können, deren Nachweis im Rahmen der mikrobiologischen Untersuchung der Katheterspitze vom 05.02.2001 aber ebenfalls nicht möglich war. Der Sachverständige geht deshalb davon aus, daß ein Nachweis der Pilzinfektion frühestens ab dem 06.02.2001 möglich gewesen ist. Aber auch dann, wenn den Klägern Beweiserleichterungen wegen eines groben Behandlungsfehlers oder wegen unterlassener Befunderhebung zugute kämen, entfiele die im Grundsatz bestehende Kausalitätsvermutung, weil hier der Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler/der unterlassenen Befunderhebung und den von Herrn y erlittenen Gesundheitsschäden gänzlich unwahrscheinlich ist. Der Sachverständige hat es in diesem Zusammenhang als "gänzlich unwahrscheinlich" angesehen, daß Herr y bei einem früheren Handeln der Beklagten überlebt hätte. Hierfür spricht nach Auffassung des Sachverständigen insbesondere der Umstand, daß die in der zweiten Phase durchgeführte antibiotische Therapie ein sehr breites Keimspektrum erfaßte, jedoch bei Herrn y ohne Wirkung geblieben war. Auch unter der Annahme, daß bei Herrn y bereits am 02.02.2001 mikrobiologische Kulturen entnommen und die nosokomialen Erreger gefunden worden wären und die Beklagte mit Antibiotika und Antimykotika gezielt therapiert hätte, wäre es demnach gänzlich unwahrscheinlich gewesen, daß der tödliche Verlauf der Sepsis bei Herrn y verhindert worden wäre. 2. Schadensersatzansprüche stehen den Klägern auch nicht gegenüber dem Beklagten zu 2) wegen einer Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht zu. Die Einwilligungserklärung des Herrn y vom 15.01.2001 in die Korrektur der Nasenscheidewand und der Nasengänge vom 24.01.2001 ist wirksam und nicht zu beanstanden. Im Ausgangspunkt ist zwischen den Parteien auch unstreitig, daß der Beklagte zu 2) Herrn y am 15.01.2001 ein Perimed-Merkblatt "Nasenscheidewandoperation" (Muster Bl. 79) ausgehändigt hat und dieser die Einwilligungserklärung nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch vom selben Tage, in dessen Verlauf der Beklagte zu 2) auch die in dem Formular "Operationseinwilligung" (Bl. 81) dargestellten Risiken erörterte, unterzeichnet hat. Ebenfalls unstreitig hat der Beklagte zu 2) Herrn y nicht ausdrücklich über das Risiko einer möglichen Sepsis mit Todesfolge aufgeklärt. Auf eine Aufklärungspflicht des eingetretenen Risikos eines TSS können sich die Kläger nicht berufen. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte zu 2) nicht verpflichtet war, Herrn y über das Risiko eines TSS aufzuklären, weil es sich nicht um eine bei diesem Eingriff typische Komplikation handelte. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. H3 in dessen schriftlichen Gutachten vom 15.01.2004 ist ein TSS, das sich von anderen Sepsisformen lediglich durch die Infektion mit Staphylokokken unterscheidet, als nicht eingriffsspezifisches Risiko der am 24.01.2001 durchgeführten Operation anzusehen. Das TSS kann nach jeglicher Art von Operation auftreten, vorausgesetzt, Staphylokokken sind der infektiöse Auslöser. Vorbeugende Maßnahmen gegen das Auftreten des TSS sind nicht möglich. Auch die prophylaktische Behandlung mit Antibiotika bietet keinen Schutz, selbst wenn sie speziell gegen Staphylokokken wirksam sind. Über die fern liegende Gefahr der Ausbildung einer tödlich verlaufenden Sepsis braucht der Patient aber nicht aufgeklärt zu werden (vgl. BGH VersR 1989, Seite 514). Darüber hinaus handelte der Beklagte zu 2) auch nicht schuldhaft. Das Risiko eines TSS nach Septumoperation mußte ihm als HNO-Arzt nicht bekannt sein. Nach den Ausführungen von Prof. H3 findet sich in den gängigen Lehrbüchern und Operationslehren des Fachgebietes - mit einer Ausnahme - kein Hinweis auf die Existenz des TSS als mögliche postoperative Komplikation nach chirurgischen Eingriffen an der Nase und den Nebenhöhlen. Zudem ist die Inzidenz des TSS extrem niedrig, so daß selbst der Sachverständige dieses nach 35 Jahren Tätigkeit an Universitätskliniken mit Intensivstation noch nicht beobachtet hat. Im Ergebnis entfällt damit eine Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten zu 2), da auf ein nicht eingriffsspezifisches Risiko, welches zudem noch extrem selten und für die durchgeführte Operation gänzlich ungewöhnlich ist, der Patient nicht hingewiesen zu werden braucht. Die prozessualen Nebenentscheidungen resultieren aus den §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 und 711 ZPO. Das Urteil beschwert die Klägerin mit mehr als 20.000,-- Euro. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Ende der Entscheidung

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