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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.02.2006
Aktenzeichen: 3 U 26/00
Rechtsgebiete: GOZ, AGBG, ZPO, BGB, SGB V


Vorschriften:

GOZ § 2
GOZ § 2 Abs. 2
GOZ § 2 Abs. 2 S. 1
GOZ § 2 Abs. 2 S. 3
GOZ § 5
GOZ § 5 Abs. 1
GOZ § 5 Abs. 2
GOZ § 9
AGBG § 1
AGBG § 1 Abs. 2
AGBG §§ 9 ff.
AGBG § 9 Abs. 2 Nr. 1
AGBG § 9 Abs. 2 S. 1
ZPO § 141
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 125
BGB § 126
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 139
BGB § 387
BGB § 611 Abs. 1
BGB § 612 Abs. 2
BGB § 669
BGB § 670
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
SGB V § 12 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 09. November 1999 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hagen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe; diese trägt die Streithelferin nach einem Streitwert von 8.347,93 Euro selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die am 29.12.1940 geborene Beklagte, die bei der Streithelferin privatkrankenversichert ist, begab sich erstmals im Frühjahr 1995 in die Behandlung des Klägers, der als niedergelassener Zahnarzt in E tätig ist. Der Kläger behandelt ausschließlich privatkrankenversicherte Patienten. In dem Zeitraum 06.09.1995 bis 30.06.1998 erbrachte er für die Beklagte sehr umfangreiche, sowohl zahnkonservierende als auch zahnprothetische Leistungen.

Dazu hatte er mit der Beklagten am 06.09.1995 und am 11.12.1996 Vereinbarungen über die Vergütungshöhe getroffen. Danach sollten einzeln bezeichnete Leistungen des Gebührenverzeichnisses der GOZ nach wechselnden Faktoren im Rahmen zwischen dem 3,9- bis 8,2-fachen des Mindestsatzes der GOZ vergütet werden.

Die von den Parteien am 06.09.1995 unterzeichnete Honorarvereinbarung - für die der Kläger einen Vordruck verwendete - enthält u.a. folgenden Text:

"Für die privatzahnärztliche Behandlung bei Herrn/Frau ... werden mit Rücksicht auf den voraussichtlichen Zeitaufwand und auf den Praxisaufwand für die einzelnen besonders schwierigen und/oder besonders zeitaufwendigen Leistungen folgende Multiplikatoren des Gebührensatzes berechnet:"

Es folgen die handschriftlich eingetragenen Leistungsnummern des Gebührenverzeichnisses der GOZ mit den unterschiedlich hohen Multiplikatoren. Danach folgt u.a. als weiterer vorgedruckter Text:

"Die Höhe der Gebühren richtet sich entsprechend § 5 Abs.2 GOZ insbesondere nach der voraussichtlichen Schwierigkeit und dem voraussichtlichen Zeitaufwand der einzelnen Leistungen."

Wegen der weiteren Einzelheiten der Honorarvereinbarung wird auf die Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 19.06.2000 Bezug genommen.

Am 16.10.1996 übergab der Kläger der Beklagten einen Heil- und Kostenplan (HKP) für Zahnersatz , in dem für eine beabsichtigte prothetische Behandlung ein Prothetikhonorar und geschätzte Material- und Laborkosten von gesamt 51.371,41 DM berechnet waren. Die als Anlage zu dem HKP überreichte weitere Vereinbarung der Vergütungshöhe nach § 2 GOZ unterzeichneten die Parteien am 11.12.1996. Wegen der weiteren Einzelheiten der Honorarvereinbarung wird auf die Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 03.03.2000 Bezug genommen.

Im Rahmen der Behandlung wurde auch die Anfertigung von Zahnersatz erforderlich. Der Kläger beauftragte mit diesen Arbeiten die Fa. L2 GmbH in O. Der gefertigte Zahnersatz wurde bei der prothetischen Behandlung der Beklagten verwendet. Die Fa. L2 GmbH stellte ihre Leistungen dem Kläger mit 16.327, 13 DM in Rechnung. Dieser berechnete der Beklagten den Betrag mit Liquidation vom 17.03.1998 weiter.

Die Gesamtrechnung des Klägers für die prothetische und sonstige zahnärztliche Behandlung - soweit diese streitgegenständlich ist* - belief sich auf 108.914,50 DM. Er stellte seine Leistungen der Beklagten wie folgt in Rechnung:

(*Die erste Rechnung des Klägers vom 24.04.1996 über 9.187,71 DM sowie die beiden letzten Rechnungen vom 22.07.1998 [933,94 DM;39] und 05.08.1998 [1.110,39 DM;41] sind nicht Gegenstand des Rechtsstreits.)

1996:

19.12.1996: 9.205,10 DM

1997:

06.05.1997: 9.012,11 DM

13.05.1997: 7.349,15 DM

20.08.1997: 12.735,21 DM

26.08.1997: 8.351,40 DM

08.10.1997: 18.390,60 DM

29.12.1997: 8.046,77 DM

1998:

04.02.1998: 2.534,42 DM

10.02.1998: 1.776,63 DM

17.03.1998: 15.185,98 DM

17.03.1998: 16.327,13 DM

108.914,50 DM

Mit seiner Klage vor dem Landgericht hat der Kläger die Forderung in Höhe von 16.327,13 DM aus der Rechnung vom 17.03.1998 geltend gemacht.

Mit der Widerklage hat die Beklagte von dem Kläger die Rückzahlung von 37.931,87 DM bereits gezahlten Honorars verlangt mit der Begründung, dass der Kläger nur zur Abrechnung auf der Basis des 2,3-fachen Satzes der GOZ berechtigt gewesen sei. Zudem seien die von ihr unterzeichneten Gebührenvereinbarungen vom 06.09.1995 und 11.12.1996 wegen Verstoßes gegen § 9 Abs.2 S.1 AGBG unwirksam.

Die Beklagte hat - unstreitig - insgesamt 92.587,37 DM an den Kläger gezahlt.

Nach ihrer Berechnung betragen die "üblichen Gebühren" des Klägers nur 44.490,46 DM, so dass sich eine Überzahlung von 48.096,91 DM ergebe.

Hiervon hat sie "übliche Material- und Laborkosten" für das zahntechnische Labor von 10.165,04 DM in Abzug gebracht, so dass für sie ein überzahlter Betrag von 37.931,87 DM verbleibe. Die Beklagte hat deshalb den Kläger auf Rückzahlung des überzahlten Betrags in Anspruch genommen. Diese Forderung ist Gegenstand der Widerklage. Zudem begehrt sie die Feststellung, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr jeden Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Nichtbeendigung der zahnärztlichen Behandlung entstanden sei.

Das Landgericht hat der Klage - mit Ausnahme der Mahnkosten - stattgegeben und die Widerklage als teilweise unzulässig und teilweise unbegründet abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs.1 Nr.1 ZPO Bezug genommen.

Der Senat hat mit Urteil vom 29.05.2002 die Klage abgewiesen und auf die Widerklage den Kläger verurteilt, an die Beklagte 8.152,60 € (15.945,10 DM) nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat der Senat die Widerklage abgewiesen.

Das BVerfG hat dieses Urteil mit Beschluss vom 25.10.2004 aufgehoben, weil die Entscheidung den Kläger in seinem Recht aus Art. 12 Abs.1 GG verletzt.

Die Beklagte verfolgt gegenüber dem Kläger mit Wiederholung, Vertiefung und Ergänzung ihres bisherigen Sachvortrags ihr Rechtsmittel weiter. Sie macht im Wesentlichen geltend:

Die Gebührenvereinbarungen seien Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und gemäß § 9 Abs.2 Nr.1 AGBG unwirksam, weil die Überschreitung des Gebührenrahmens des § 5 Abs.1 GOZ durch AGB's nicht möglich sei.

Zumindest die handschriftliche Eintragung "alle übrigen Leistungen: 5,9 fach" in der Gebührenvereinbarung vom 06.09.1995 sei AGB sei gemäß § 9 Abs.2 Nr.1 AGBG unwirksam; deshalb sei auch die gesamte Honorarvereinbarung unwirksam (§ 139 BGB). Zumindest verstoße diese Klausel gegen § 2 Abs.2 GOZ, im Übrigen sei sie aber auch nach § 138 Abs.1 BGB nichtig. Auch die übrigen handschriftlich eingetragenen Steigerungssätze seien wegen Verstoßes gegen § 138 Abs.1 BGB unwirksam.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Hagen vom 09.11.1999

1.

die Klage abzuweisen,

2.

auf ihre Widerklage

a)

den Kläger zu verurteilen, an sie 37.931,87 DM nebst 4% Zinsen seit dem 23.07.1999 zu zahlen,

b)

festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, ihr jeden Schaden zu ersetzen, welcher ihr dadurch entstanden ist, dass der Kläger ihre zahnärztliche Behandlung nicht abgeschlossen hat.

3.

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

In der Berufungsinstanz ist der Krankenversicherer der Beklagten dem Rechtsstreit beigetreten. Die Streithelferin beantragt,

abändernd, die Klage abzuweisen.

Die Streithelferin macht im Wesentlichen geltend:

Wegen der Vereinbarung eines über die Regelung des § 5 GOZ hinausgehenden Gebührenrahmens seien die Honorarvereinbarungen insgesamt unwirksam. Die Vereinbarung vom 11.12.1996 sei gemäß § 2 GOZ unwirksam, weil sie während der laufenden Behandlung abgeschlossen worden sei. Die Beklagte habe aus diesen Vereinbarungen nicht erkennen können, welche Beträge sie im Einzelfall vereinbart habe und welche Mehrbelastung auf sie zukomme; der Kläger habe sie darüber nicht hinreichend aufgeklärt, auch nicht darüber, dass möglicherweise kein Versicherungsschutz bestehe. Bei entsprechender Aufklärung hätte sie eine solche Vereinbarung nicht getroffen.

Die Honorarvereinbarungen enthielten weitere, nach § 2 Abs.2 GOZ unzulässige Erklärungen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und macht im Wesentlichen geltend:

Die Honorarvereinbarung vom 06.09.1995 sei auch hinsichtlich des Teils "alle übrigen Leistungen: 5,9 fach" wirksam, weil die Beklagte wegen des rückseitigen Vertragstextes habe klar erkennen können, was damit gemeint gewesen sei.

Die Vereinbarung vom 11.12.1996 sei vor dem Beginn der Behandlung getroffen worden. Diese Vereinbarung stehe in unlösbarem Zusammenhang mit dem Heil- und Kostenplan (HKP) für Zahnersatz vom 16.10.1996. Der dort vorgesehene Behandlungsabschnitt der zahnprothetischen Versorgung sei erst nach Unterzeichnung der Honorarvereinbarung begonnen worden. Der Beklagten sei es unproblematisch möglich gewesen, die prothetische Versorgung bei einem anderen Zahnarzt durchführen zu lassen.

Die Gebührenpositionen 203, 806 und 905 seien ordnungsgemäß abgerechnet worden.

Der Senat hat die Parteien angehört und Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeuginnen I2 und X sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Anhörung des Sachverständigen Dr. T. Wegen der Ergebnisse der Parteianhörung und der Beweisaufnahme wird auf die Berichterstattervermerke zu den Senatsterminen vom 06.09.2000 und 29.05.2002, wegen der Einzelheiten des Parteivortrags im Berufungsverfahren auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

Die Klageforderung ist in Höhe von 16.327,13 DM entstanden. Mangels Vorliegens einer Überzahlung seitens der Beklagten ist weder diese Forderung durch Aufrechnung gemäß § 387 BGB erloschen, noch stehen der Beklagten Rückzahlungsansprüche zu. Die Beklagte hat auch keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil ihr aufgrund der vom Kläger nicht beendeten zahnärztlichen Behandlung kein Schaden entstanden ist.

A.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Material- und Laborkosten in Höhe von 16.327,13 DM aus § 9 GOZ in Verbindung mit §§ 669, 670 BGB. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T ist davon auszugehen, dass diese Kosten als angemessen im Sinne von § 9 GOZ und damit als insgesamt berechnungsfähig anzusehen sind.

Nach § 9 GOZ kann der Kläger als Auslagen die ihm tatsächlich entstandenen, angemessenen Kosten für zahntechnische Leistungen berechnen. Die Frage der Angemessenheit bestimmt sich - außer nach den örtlichen Verhältnissen - insbesondere nach dem besonderen Aufwand, den der Zahnarzt im Einzelfall von dem beauftragten Zahntechniker verlangt. Dabei ist darauf abzustellen, welcher Preis nach der Schwierigkeit, dem Zeitaufwand und den an den Zahntechniker gestellten Anforderungen angemessen ist. Der Sachverständige Dr. T hat dazu ausgeführt, dass hier sowohl der Kläger an die zahntechnischen Leistungen besonders hohe Anforderungen gestellt als auch der Zahntechniker über ein übliches Maß hinausgehende Ergebnisse erzielt hat. Das Ergebnis der Zahnersatzversorgung ist in allen Belangen, also auch in zahntechnischer Hinsicht, als überdurchschnittlich und von üblichen Resultaten abweichend zu bezeichnen. Dies gilt sowohl für die ästhetischen Ergebnisse, bezogen auf Form und Farbe der Kronen und Brücken, als auch für die zahnmedizinischen Anforderungen. So ist der Randschluss der Kronen als perfekt zu bezeichnen. Die Formgebung im Bereich der Parodontien ist absolut korrekt. Auch die Kauflächengestaltung ist auf der Basis umfangreicher funktionsanalytischer Maßnahmen in Praxis und Labor in einer Art gelungen, die naturgesunden Verhältnissen sehr nahe kommt. Damit zeichnet sich die Leistung durch besonders hohe Qualität und Präzision aus. Dieser Aufwand wirkt sich zwangsläufig auf die Kostenberechnung aus und macht eine erhöhte Vergütung verständlich.

Die Forderung des Klägers ist angesichts dessen als durchaus angemessen zu bewerten.

Entgegen der Auffassung der Beklagten können die zahntechnischen Leistungen nicht nach der für Kassenpatienten maßgeblichen BEL-Liste berechnet werden.

Im HKP vom 16.10.1996 ist angegeben, dass die Kosten für zahntechnische Leistungen nicht nach dem für die gesetzlichen Krankenkassen gültigen bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis (BEL) kalkuliert werden. Damit ist hervorgehoben, dass kassenzahnärztliche Tarife für die zahntechnischen Leistungen bei der privatversicherten Beklagten keine Gültigkeit haben. Dementsprechend kann die bundeseinheitliche Benennungsliste (BEB) Anwendung finden. Privatärztliche und kassenärztliche Leistungen können ohnehin nicht gleichgestellt werden. Denn für den Kreis der in einer gesetzlichen Krankenversicherung Versicherten besteht ein stringentes Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 12 Abs.4 SGB V, welches auch und gerade im Zusammenhang mit prothetischen Versorgungen anzuwenden ist. Bei der Beurteilung der von Privatpatienten zu zahlenden angemessenen Vergütung im Sinne des § 9 GOZ haben allgemeine wirtschaftliche Erwägungen aber keinen Platz und es kommt allein auf die konkreten in Auftrag gegebenen Arbeiten und die hierfür angemessene Vergütung an.

Mit der Rechnung der Fa. L2 GmbH vom 14.03.1998 hat der Kläger die Kosten der zahntechnischen Leistungen in Höhe von 16.327,13 DM konkretisiert. Soweit die Beklagte einen "üblichen" Preis von nur 10.165,04 DM behauptet, kommt es hierauf nicht an. Denn nach § 9 GOZ wird nicht auf die üblichen, sondern auf die tatsächlich entstandenen angemessenen Kosten abgestellt. Begründete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kosten hat die Beklagte aber nicht erhoben, worauf der Kläger sie insbesondere mit den Schriftsätzen vom 19.06.2000 (Bl.159 d.A.) und vom 13.07.2000 (Bl. 214 d.A.) hingewiesen hat. Allein die Bezugnahme der Beklagten auf handschriftliche Kürzungen in der Rechnung vom 14.03.1998 genügt hierfür nicht.

B.

Die Widerklageanträge zu 1. und 2.a) sind unbegründet.

Die Klageforderung ist nicht durch Aufrechnung gemäß § 387 BGB erloschen.

Die Beklagte hat insoweit nicht wirksam mit einem Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB aufgerechnet, denn eine Überzahlung liegt nicht vor. Aus diesem Grund stehen der Beklagten auch keine die Klageforderung übersteigenden Rückzahlungsansprüche gegenüber dem Vergütungsanspruch des Klägers aus den §§ 611 Abs.1, 612 Abs.2 BGB iVm § 2 GOZ zu.

Soweit der Kläger in seinen Rechnungen vom 19.12.96, 06.05.97, 13.05.97, 20.08.97, 26.08.97, 08.10.97, 29.12.97, 04.02.98, 10.02.98 und 17.03.98 den gemäß § 5 GOZ maximalen Steigerungssatz von 3.5 überschritten hat, fehlte ihm hierzu entgegen der Auffassung der Beklagten nicht die rechtliche Grundlage, vielmehr hat sie insoweit mit Rechtsgrund gezahlt:

1. Die Gebührenvereinbarung vom 06.09.1995 ist wirksam.

a) Einen Verstoß gegen § 9 Abs.2 Nr.1 AGBG kann der Senat nicht feststellen. Die Gebührenvereinbarung der Parteien unterliegt nicht der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 ff. AGBG, denn es handelt sich um eine Individualvereinbarung.

Der Kläger hat als ausschließlich privat tätiger Zahnarzt keine Möglichkeit, seine Leistungen außerhalb der GOZ anzubieten und abzurechnen. Soweit wegen des besonderen Aufwandes seiner zahnärztlichen Leistungen durch den vorgegebenen Rahmen der GOZ eine angemessene Vergütung nicht mehr gewährleistet ist, bedarf es einer Öffnungsklausel, die im Einzelfall ein Abweichen von der Gebührenordnung erlaubt.

Eine Überschreitung des Gebührenrahmens des § 5 GOZ in AGB's wird nach ständiger Rechtsprechung des BGH aber grundsätzlich als ein Verstoß gegen § 9 Abs.2 Nr.1 AGBG gesehen (BGH NJW 1992, 746; 1998, 1786). Ein Zahnarzt kann deshalb eine Honorarvereinbarung oberhalb des gesetzlich vorgesehenen Gebührenrahmens nur in Form einer vor der Leistungserbringung des Zahnarztes getroffenen schriftlichen Individualabrede treffen. Die - zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führende - Generalklausel greift folglich nur dann nicht ein, wenn zwischen den Parteien eine solche Vereinbarung abgestimmt und damit gemäß § 1 Abs.2 AGBG "ausgehandelt" worden ist. Für ein Aushandeln in diesem Sinne ist erforderlich, dass der Kläger den in der Vereinbarung enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt - das Überschreiten des in § 5 GOZ enthaltenen Gebührenrahmens - ernsthaft zur Disposition gestellt und der Beklagten eine Gestaltungsfreiheit zur Wahrung ihrer eigenen Interessen mit der realen Möglichkeit eingeräumt hat, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können (vgl. zu den Voraussetzungen BGH NJW 2000, 1794). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Vereinbarung zur Gebührenhöhe nicht auf das konkrete, individuelle Behandlungserfordernis abgestimmt war. Denn unstreitig hatte der Kläger bereits die erste Behandlung bzw. Untersuchung vom 06.09.1995 vom vorherigen Abschluss einer Honorarvereinbarung abhängig gemacht, so dass weder die jeweils erforderlichen Leistungen nach dem Gebührenverzeichnis der GOZ noch die einzelnen Steigerungssätze auf den erst später bei der Beklagten konkret erhobenen Befund abgestimmt werden konnten. Erst Recht lag deshalb in diesem Stadium der Behandlung noch kein Heil- und Kostenplan vor. Auch das äußere Erscheinungsbild der Vereinbarung vom 06.09.1995 spricht nicht gegen die Annahme allgemeiner Geschäftsbedingungen im Sinne von § 1 AGBG. Denn unstreitig verwendete der Kläger einen Vertragsvordruck, der für eine Vielzahl von Patienten vorgesehen war und der die erforderliche Individualität auch nicht durch die handschriftlich eingetragenen Leistungen nach dem Gebührenverzeichnis der GOZ und die einzelnen Steigerungssätze erhielt.

Dennoch geht der Senat davon aus, dass hier eine Individualvereinbarung vorliegt, weil die Frage der vertragsgemäßen Gebührenregelung zwischen dem Kläger und der Beklagten im einzelnen persönlich besprochen und damit ausgehandelt worden ist. Eine solche Erörterung ist grundsätzlich geeignet, den für eine Vielzahl von Behandlungsfällen vorgesehenen Vertragsbestimmungen ihre Allgemeinheit zu nehmen und die für ihre Rechtswirksamkeit erforderliche Individualität zu geben. Dies schließt aber die Anwendung der Vorschriften des AGBG aus.

Der Senat sieht es nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als erwiesen an, dass es im Zusammenhang mit dem Abschluss der Vereinbarung vom 06.09.1995 zu einer entsprechenden Erörterung zwischen den Parteien gekommen ist. Insoweit hat die Zeugin I2 ausgesagt, dass der Beklagten am 06.09.1995 zunächst ein Entwurf der beabsichtigten Vereinbarung und ein Merkblatt "zum Lesen mit ins Wartezimmer" gegeben worden sei. In dem nachfolgenden Gespräch mit dem Kläger habe dieser der Beklagten erklärt, dass man über die Höhe der verschiedenen Multiplikatoren verhandeln könne. Die Beklagte habe dazu aber gesagt, dass sie "kein Typ zum Handeln" sei. Diesen Gesprächsinhalt - jedenfalls die wesentlichen Punkte - hat die Zeugin am 06.09.1995 mit einem Eintrag in den Krankenunterlagen festgehalten.

Damit steht fest, dass die Honorarfrage am 06.09.1995 Gegenstand des gemeinschaftlichen Gesprächs der Parteien gewesen ist und der Kläger in diesem Zusammenhang auf seine Verhandlungsbereitschaft hinsichtlich der Höhe der verschiedenen Multiplikatoren der einzelnen Gebührenziffern hingewiesen hat. Die Beklagte hat damit die Möglichkeit gehabt, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Hiervon hat sie mit ihrer Erklärung, sie sei kein Typ zum Handeln, in negativer Form auch Gebrauch gemacht. Andererseits hat die Beklagte bei ihrer Anhörung nach § 141 ZPO eingeräumt, dass ihr durchaus bewusst gewesen sei, dass weder ihre private Krankenversicherung noch die Beihilfe den 8,2-fachen Satz, die Beihilfe nicht einmal den 5,9-fachen Satz zahlen würden. Daraus geht hervor, dass der Beklagten die mit der Gebührenvereinbarung verbundenen Probleme durchaus bewusst waren.

b)

Die Vereinbarung vom 06.09.1995 genügt auch den in § 2 GOZ im Einzelnen festgelegten Anforderungen, insbesondere entspricht sie den Voraussetzungen des § 2 Abs.2 S.3 GOZ.

Danach darf das die Vereinbarung betreffende Schriftstück keine über die (pflichtige) Feststellung, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist, hinausgehende Erklärung enthalten.

Der beanstandete Zusatz "Die Höhe der Gebühren richtet sich entsprechend § 5 Abs.2 GOZ insbesondere nach der voraussichtlichen Schwierigkeit und dem voraussichtlichen Zeitaufwand der einzelnen Leistungen" ist entgegen der Auffassung der Beklagten kein unzulässiger Zusatz, der gem. § 2 Abs.2 S.3 GOZ ohne weiteres zur Unwirksamkeit der Vereinbarung führt.

Durch die gesetzliche Regelung in § 2 GOZ soll verhindert werden, dass ein Patient in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird. Deshalb sind Erklärungen, die ihn von der Tragweite der Vergütungsvereinbarung ablenken können, untersagt. Andererseits ist es nicht untersagt, Hinweise zu geben, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Regelung der Vergütungshöhe stehen oder in angemessener Weise über den Inhalt und die Folgen der Absprache aufklären sollen (vgl. dazu BGH NJW 2000, 1794; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 123).

Die vom Kläger verwendete Textpassage dient lediglich der Erläuterung, dass sich die unterschiedliche Höhe der Multiplikatoren des Gebührensatzes insbesondere an der Schwierigkeit und dem Zeitaufwand der Behandlung orientiert. Ein Ablenken von der Tragweite der Vergütungsvereinbarung ist damit nicht verbunden. Der Text ist folglich nicht zu beanstanden.

c) Auch der handschriftliche Eintrag in der Vereinbarung vom 06.09.1995, dass "alle übrigen Leistungen" nach einem Steigerungsfaktor von 5.9 berechnet werden sollen, stellt eine wirksame Vereinbarung im Sinne des § 2 Abs.2 GOZ dar. Denn für die Beklagte als Patientin war trotz der allgemein gehaltenen Formulierung erkennbar, für welche Leistungen der vereinbarte Gebührensatz gelten sollte.

Der Kläger hat in den handschriftlichen Eintragungen in der Vereinbarung vom 06.09.1995 die wesentlichen zahnärztlichen Leistungen aus dem Gebührenverzeichnis unter Angabe der jeweiligen Gebührenziffer substantiiert aufgeführt. Anhand des auf der Umseite dieser Vereinbarung abgedruckten Gebührenverzeichnisses war es der Beklagten somit möglich, der jeweiligen Gebührenziffer die dahinter stehende zahnärztliche Leistung zuzuordnen. Daraus ergibt sich, dass der Kläger - neben einer eingehenden Untersuchung als allgemeiner zahnärztlicher Leistung - als besonders schwierig und/oder besonders zeitaufwendig die Leistungen aus den Bereichen Konservierung, Chirurgie, Parodontalbehandlung und Prothetik in die Vereinbarung einbeziehen wollte. Die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht konkret bestimmbaren zahnärztlichen Leistungen, die sich erst nach einer eingehenden Untersuchung der Beklagten bzw. erst im weiteren Verlauf der Behandlung ergeben würden, bildeten die "übrigen Leistungen", die mit einem Multiplikator von 5,9 berechnet werden.

d)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kommt schließlich auch ein Verstoß gegen §§ 138, 139 BGB nicht in Betracht.

Unabhängig von den weiteren Voraussetzungen liegt bereits kein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Denn nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T ist festzustellen, dass sich angesichts des absolut ungewöhnlichen Material- und Zeiteinsatzes, der weit überdurchschnittlichen Sorgfalt und des in jedem Behandlungsschritt auf ein qualitätsvolles Ergebnis abzielenden Praxisaufwandes insbesondere auch vor dem Hintergrund des tatsächlich erzielten und in allen Belangen hochwertigen Therapieresultats, für jeden einzelnen vereinbarten Steigerungssatz Leistung und Gegenleistung in einem angemessenen Verhältnis bewegen.

2. Die Vereinbarung vom 11.12.1996 ist ebenfalls wirksam.

a)

Einen Verstoß gegen § 9 AGBG kann der Senat nicht feststellen, denn auch hier handelt es sich bei der Gebührenvereinbarung der Parteien um eine Individualvereinbarung. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass - auf der Grundlage der zwischenzeitlich im Laufe der Behandlung bei der Beklagten erhobenen Befunde - sowohl die einzelnen Leistungspositionen der GOZ als auch die Multiplikatoren des Mindestsatzes unter Bezugnahme auf den prothetischen bzw. restaurativen Heil- und Kostenplan vom 16.10.1996 auf das individuelle Behandlungserfordernis der Beklagten abgestimmt worden sind.

b)

Auch einen Verstoß gegen § 2 Abs.2 S.1 GOZ vermag der Senat nicht feststellen.

Denn die Vereinbarung, auf der Grundlage des Heil- und Kostenplans vom 16.10.1996 die Beklagte prothetisch zu versorgen, wurde entsprechend § 2 Abs.2 S.1 GOZ vor der Erbringung dieser Leistungen getroffen.

Insoweit ist der Begriff der Leistung nicht mit dem der Behandlung gleichzusetzen, so dass eine Gebührenvereinbarung auch noch während einer bereits laufenden Behandlung für zukünftige Leistungen getroffen werden kann (vgl. BGH NJW 1998, 1786 mwN).

Der Sachverständige Dr. T hat nach Auswertung der - außerordentlich umfangreich und gewissenhaft dokumentierten - Behandlungsunterlagen und der vom Kläger erstellten Rechnungen festgestellt, dass der Kläger in dem Zeitraum zwischen dem Heil- und Kostenplan vom 16.10.1996 und der Vereinbarung vom 11.12.1996 keinerlei zahnprothetische Leistungen erbracht hat. Auch in der Zeit vor dem 16.10.1996 hat er lediglich symptombedingte Einzelmaßnahmen ("Schmerzbehandlung") durchgeführt, aber keine zu dem selbständigen Behandlungsabschnitt "Zahnprothetik" im Sinne des HKP's vom 16.10.1996 zählenden Leistungen.

So erfolgte etwa am 21.12.1995 die Versorgung des schmerzenden, weil tiefkariösen Zahnes 3.5 im Sinne einer Notfallbehandlung, die eine Überkronung mit einem laborgefertigten Langzeitprovisorium erforderte. Einer ebenfalls lediglich symptomatischen Behandlung war auch die Versorgung des Zahnes 1.5 am 09.10.1995 gewidmet. Am 08.07.1996 erschien die Beklagte erneut mit Schmerzen beim Kläger; die Behandlung der bereits überkronten Zähne 4.6 und 4.7 einschließlich der Erstellung provisorischer Kronen war erforderlich. Im September 1996 begann der Kläger schließlich mit der systematischen Vorbehandlung (konservierende Leistungen, Zahnreinigungen, Instruktionen) hinsichtlich des selbständigen Behandlungsabschnitts "Zahnprothetik". Obwohl die Beklagte zwischenzeitlich nach Hagen verzogen war, hatte sie sich dennoch entschlossen, die zahnprothetischen Arbeiten gleichwohl bei dem Kläger in E ausführen zu lassen. Im Oktober 1996 erfolgte sodann die umfassende prothetische Behandlungsplanung einschließlich der Erstellung eines Heil- und Kostenplans. Die weitere systematische Vorbehandlung erfolgte schließlich im Dezember 1996 und wurde am 30.12.1996 abgeschlossen.

Angesichts dieses Behandlungsablaufs war es der Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 11.12.1996 (immer noch) möglich, sich unbeeinflusst für oder gegen die ihr durch den Heil- und Kostenplan vorgeschlagene prothetische Versorgung zu entscheiden. Allein durch den Umstand, dass der Kläger bei der Beklagten wegen Schmerzen in den Zähnen 1.5, 3.5, 4.6 und 4.7 eine Interimsversorgung vorgenommen hatte, war sie insoweit in ihrer Entschließungsfreiheit nicht unzumutbar beeinträchtigt.

Der Sachverständige Dr. T hat insoweit festgestellt, dass eine Fortführung der vom Kläger begonnenen Maßnahmen in einer anderen Zahnarztpraxis zumindest bis zum Herbst 1997 (Tag der ersten Abdrucknahmen für die Erstellung des endgültigen Zahnersatzes) jederzeit möglich gewesen wäre.

c)

Es liegt auch kein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis der §§ 125, 126 BGB vor.

Die Vereinbarung vom 06.09.1995 ist Bestandteil der Gebührenvereinbarung vom 11.12.1996; eine ausdrückliche Bezugnahme im Vertragstext war hierfür nicht erforderlich. Bei der seit September 1995 durchgeführten Behandlung handelte es sich letztlich um eine insgesamt geplante, zusammenhängende Behandlungsmaßnahme. Die hinter der Gebührenvereinbarung vom 11.12.1996 stehende zahnprothetische Versorgung der Beklagten war eingebettet in diese Gesamtbehandlungsmaßnahme. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass der Kläger nach den Feststellungen des Sachverständigen die (Erst-)Behandlung im Dezember 1995 nicht - wie die Beklagte behauptet - auch bereits im Dezember 1995 endgültig abgeschlossen hatte, sondern die Beklagte zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Zähne 1.5, 3.5, 4.6 und 4.7 nur mit Interims-Kronen versorgt war. Die endgültige prothetische Versorgung der Zähne erfolgte erst in 1997/1998 und damit in zeitlicher Hinsicht erst deutlich nach Abschluss der Vereinbarung vom 11.12.1996.

Die Vereinbarung vom 06.09.1995 hat damit auch hinsichtlich der mit den Rechnungen ab dem 19.12.1996 berechneten Gebühren, soweit diese auch auf der Basis der Gebührenziffern und Multiplikatoren aus der Gebührenvereinbarung vom 06.09.1995 erstellt worden sind, Wirkung.

Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die in den Vertrag vom 11.12.1996 einbezogenen Gebührenpositionen bereits vollständig - sei es enumerativ oder über die Regelung "aller übrigen Leistungen" - in der Vereinbarung vom 06.09.1995 enthalten waren. Für die Position 508 wurde aber nicht mehr der 8,2-fache sondern nur noch der 7,6-fache Gebührensatz berechnet. Die Gebührenziffern 801-803 wurden auf den 5,0-fachen, die Positionen 804, 806 und 808 auf den 4,8-fachen und die Position 517 auf den 3,9-fachen Steigerungssatz reduziert.

3. Bei der konkreten Berechnung der streitgegenständlichen Leistungen sind hinsichtlich der Gebührenpositionen 203, 806 und 905 GOZ keine Kürzungen berechtigt.

a) Position 203 GOZ Der Einwand der Beklagten, der Kläger könne diese Gebührenposition je Kieferhälfte nicht mehrfach berechnen, greift nicht durch.

Die Leistungsbeschreibung dieser Position sieht vor, dass die dort benannten besonderen Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen von Kavitäten (z.B. Separieren, Beseitigen störenden Zahnfleisches) "je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich" abgerechnet werden können. Es handelt sich dabei um eine Zusammenfassung vieler verschiedenartiger Leistungen unter einer Gebührenziffer; jede dieser besonderen Maßnahmen kann jeweils mit der Position 203 pro Kieferhälfte oder Frontzahnbereich abgerechnet werden. Es ist deshalb anerkannt, dass pro Sitzung für einen einzelnen Zahn durchaus mehrfach die Position 203 anfallen und auch berechnet werden kann, wenn es sich bei den jeweiligen Maßnahmen insoweit um getrennte und selbständige Leistungen aus dem "Katalog" der Position 203 handelt. Entscheidend ist dabei, dass es sich um Einzelmaßnahmen in jeweils unterschiedlichen Behandlungsphasen und nicht um eine einheitliche Leistung handelt.

Das Vorliegen dieser Voraussetzung hat der Sachverständige Dr. T hinsichtlich der für die Behandlungstage vom 06.09.,13.09. und 21.12.1995, vom 08.07. und 30.12.1996, sowie vom 24.03., 14.07., 21.07., 09.09., 16.09., 30.09., 01.10. und 07.10.1997 geltend gemachten Ansätze der Position 203 bestätigt. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im schriftlichen Gutachten vom 14.01.2002 (dort Seiten 46-50) Bezug genommen.

b) Position 806 Dem Einwand der Beklagten, die Notwendigkeit der Registrierung mehrerer Unterkieferbewegungen sei mit dem nur einmaligen Ansatz der Gebührenziffer abgegolten, vermag der Senat nicht zu folgen.

Die Leistungsbeschreibung sieht vor, dass mit dieser Position das Registrieren von Unterkieferbewegungen zur Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren und das Einstellen nach den gemessenen Werten abgerechnet werden kann.

Dabei ist der Beklagten zwar zuzugeben, dass der Wortlaut der Leistungsbeschreibung nicht eindeutig Auskunft über die Frage einer mehrfachen Berechnung von einzelnen Registrierungsvorgängen gibt. Andererseits ergibt sich aus dem Text auch nicht, dass eine zahlenmäßige Einschränkung, wie oft das Registrieren erfolgen kann, vorgesehen wäre.

Der Sachverständige Dr. T hat dazu plausibel ausgeführt, dass der Kläger sechs eigenständige Registrierungen jeweils sämtlicher relevanter Unterkieferbewegungen bei der Beklagten vorgenommen hat. Dabei handelt es sich um die grafische Aufzeichnung der Grenzbewegungen des Unterkiefers in saggitaler, in latero- sowie in mediotrosiver Bewegung des jeweiligen Unterkiefergelenks. Diese Bewegungen können aber nicht gleichzeitig, sondern nur nacheinander erfolgen. Dementsprechend ist die Position 806 auch pro Registrierung berechenbar. Gegen die Abrechnung des Klägers bestehen daher keine Bedenken.

c) Position 905 Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, der Kläger habe die Position 905 nicht für das Auswechseln, sondern - fehlerhaft - nur für das Anpassen von Implantatteilen abgerechnet.

Die Leistungsbeschreibung für die Position 905 sieht vor, dass das Auswechseln eines Sekundärteils bei einem zusammengesetzten Implantat abgerechnet werden kann. Der Sachverständige hat nach Auswertung der Behandlungsunterlagen festgestellt, dass das Erbringen von Leistungen nach der Gebührenziffer 905 hier zahnmedizinisch notwendig war, gutachterlicherseits nachvollzogen werden kann und deshalb im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.

Dabei hat der Sachverständige berücksichtigt, dass bereits mit der Gebühr 903, die für das Einbringen eines Zahnimplantats abgerechnet werden kann, alle in der Implantationsphase notwendigerweise anfallenden Leistungen erfasst und abgegolten werden. Dementsprechend sind Leistungen nach der Gebühr 905 bei einem zusammengesetzten Implantat erst in der rekonstruktiven Phase berechnungsfähig (so OLG Karlsruhe, VersR 2002, 743), denn es soll durch diese Position nicht ein bloßer Teilakt des Einbringens eines Implantats zusätzlich vergütet werden.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen liegt hier im Ergebnis jeweils ein Auswechseln von Sekundärteilen im Sinne der Position 905 vor. Denn der Kläger hat am 09.09.1997 die auf den Implantaten im Bereich der Zähne 3.6 und 3.7 befindlichen Heilungsdistanzhülsen entfernt und durch neue Distanzhülsen ersetzt. Anschließend hat er Heilungskäppchen aufgeschraubt. Am 30.09.1997 hat er die vorgenannten Heilungskäppchen abgeschraubt, konische Abdruckpfosten aufgeschraubt, dann quadratische Abdruckpfosten aufgeschraubt und schließlich erneut Heilungskäppchen auf den Implantatteilen befestigt. Hierbei handelt es sich jeweils um Leistungen, die nach der Einheilphase und nach dem Freilegen der Implantate erbracht worden sind, also um Leistungen in der rekonstruktiven Phase.

Für das nach chirurgischer Freilegung der Implantate erforderliche Öffnen des Implantatkörpers und das Einsetzen der erforderlichen Heilungskäppchen hatte der insoweit behandelnde Arzt, Prof. Dr. L3, richtigerweise die Gebührenziffer 904 abgerechnet. In der sich daran anschließenden prothetischen Restaurationsphase, die bei der Beklagten nicht mehr von Prof. Dr. L3 sondern vom Kläger durchgeführt wurde, war das weitere Auswechseln von Sekundärteilen bei einem zusammengesetzten Implantat fachlich zwingend erforderlich. Folglich bestand für den Kläger, der den Leistungsinhalt der Position 904 nicht erbracht und diese auch nicht abgerechnet hat, keine andere Möglichkeit, als die zahlreichen und aufwändigen - so der Sachverständige - Auswechslungen von Sekundärteilen bis zur endgültigen prothetischen Versorgung mit der Position 905 in Rechnung zu stellen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Streithelferin u.a. in Bezug genommenen Urteil des OLG Karlsruhe vom 11.01.2000 - 17 U 176/98 -, denn in dem dort behandelten Fall ging es um das erstmalige Einfügen von Sekundärteilen, das nach der Position 904 abzurechnen ist.

C. Auch der Widerklageantrag zu 2 b) ist unbegründet.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. T sind mit Ausnahme der ohnehin noch erforderlichen Aufwendungen ("Sowieso-Kosten") keine weitergehenden Kosten aufgrund des Nichtabschlusses der Behandlungsmaßnahme ausgelöst worden und sind solche auch nicht vorhersehbar.

Die Kosten, die für die Leistungen nach den Gebührenpositionen 007, 405, 402, 009, 010, 231 und 511 GOZ anfallen - nur diese hat der Sachverständige als notwendig erachtet -, würden sowohl bei einem Nachbehandler entstehen als auch bei Fortführung der Behandlung durch den Kläger.

Soweit der Senat in seiner Entscheidung von einzelnen Punkten seiner vorläufigen Rechtsauffassung gemäß Vergleichsvorschlag vom 06.07.2005 (Bl. 553 ff.) abgewichen ist, sind die Parteien auf diese Möglichkeit und auf die Notwendigkeit einer erneuten Überprüfung hingewiesen worden. Aus diesem Grunde ist allen Parteien die Möglichkeit zu einer abschließenden Stellungnahme eingeräumt worden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen resultieren aus den §§ 97 Abs.1, 101 Abs.1, 708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Das Urteil beschwert die Beklagte mit mehr als 20.000,- Euro.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt entsprechend dem Senatsbeschluss vom 29.05.2002 insgesamt 28.764,77 Euro.

Ende der Entscheidung

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