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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.08.2007
Aktenzeichen: 3 U 274/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 847 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.10.2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der am 04.12.1932 geborene Kläger begehrt vom Beklagten, einem niedergelassenen Facharzt für Orthopädie, Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes (Vorstellung mindestens 100.000,- €) und Erstattung materieller Schäden sowie die Feststellung seiner Ersatzpflichtigkeit für zukünftige materielle und immaterielle Schäden, da dieser durch eine fehlerhaft und nach unzureichender Aufklärung durchgeführte wirbelsäulennahe Injektion eine Spondylodiszitis beim Kläger hervorgerufen habe.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des erstinstanzlichen Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Essen Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Parteien angehört, Zeugen zu den Umständen der Behandlung vernommen sowie ein medizinisches Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. W zur Frage etwaiger Behandlungsfehler des Beklagten und möglicher Auswirkungen auf den weiteren Krankheitsverlauf eingeholt. Es hat sodann die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Behandlungsfehler des Beklagten könne nicht festgestellt werden. Insbesondere seien keine maßgeblichen Verstöße gegen Hygienestandards ersichtlich. Eine ausreichende Aufklärung des Klägers über Behandlungsalternativen und Risiken sei nach der Vernehmung der Arzthelferinnen und der Ehefrau des Klägers bewiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerechten Berufung, mit der er unter Aufrechterhaltung seines erstinstanzlichen Vortrags im Wesentlichen rügt, das Landgericht habe zu Unrecht keinen groben Behandlungsfehler des Beklagten darin gesehen, dass dieser jedenfalls bei der Behandlung am 18.12.2001 die Hygieneanforderungen nicht eingehalten, insbesondere keinen Mundschutz getragen habe. Weiter sei es fehlerhaft gewesen, ihn an diesem Tag nach Hause zu entlassen, ohne die Erreichbarkeit des Beklagten während der nächsten Tage zu gewährleisten. Zumindest die Behandlung vom 18.12.2001 sei auch mitursächlich für die weiteren Geschehensabläufe, wobei die Beweislast ohnehin beim Beklagten liege. Schließlich habe das Landgericht unzutreffend nach der Beweisaufnahme eine ausreichende Risikoaufklärung als bewiesen angesehen. Diese habe tatsächlich nicht stattgefunden.

Soweit der Kläger zunächst gemeint hat, ihm stehe ein nicht erfüllter Anspruch auf Auskunft über die Behandlungsunterlagen des Beklagten und deren Überlassung zu, hat er dies nicht aufrecht erhalten und diesen zunächst gestellten Berufungsantrag insoweit im Senatstermin zurückgenommen.

Der Kläger beantragt nunmehr noch, unter Abänderung des am 18.10.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Essen

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch in Höhe von 100.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit (15.07.2004);

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 33.828,47 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit (15.07.2004) zu zahlen;

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, welches diesem aus der fehlerhaften Behandlung in der Zeit vom 22.11.2001 bis 18.12.2001 entstanden sind und/oder noch entstehen werden, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und meint weiterhin, ein Behandlungsfehler könne ihm nicht vorgeworfen werden. Zudem hält er an seiner Behauptung fest, er habe den Kläger ausreichend über die Risiken der Behandlung aufgeklärt.

Der Senat hat die Parteien angehört, die Ehefrau des Klägers erneut als Zeugin sowie den Sachverständigen zu seinem Gutachten vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll sowie den Vermerk des Berichterstatters vom 20.08.2007 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatz wegen der Behandlung im Jahr 2001 vom Beklagten verlangen. Die Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen §§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F. bzw. einer Schlechterfüllung des Behandlungsvertrags liegen nicht vor.

1.

Ein Schadensersatzanspruch wegen eines Behandlungsfehler durch Verletzung hygienischer Standards besteht nicht.

a.

Dabei ist allerdings zunächst davon auszugehen, dass es behandlungsfehlerhaft war, während der Injektionsbehandlung keine Gesichtsmaske zu tragen. Der Senat folgt insoweit der Einschätzung des Sachverständigen, der überzeugend ausgeführt hat, das Tragen eines Mundschutzes sei bei einer Injektion der hier vorgenommenen Art fachärztlicher Standard. Der Sachverständige hat die Leitlinien für intraartikuläre Punktionen und Injektionen zur Beschreibung des fachärztlichen Standards vergleichend herangezogen und hierzu nachvollziehbar erklärt, zwar gebe es für wirbelsäulennahe Injektionen keine Leitlinien, jedoch sei die Situation mit Gelenkpunktionen vergleichbar, da insbesondere die Infektionswege und Komplikationsmöglichkeiten sehr ähnlich seien. Nach den Leitlinien ist bei Gelenkpunktionen dann eine Gesichtsmaske zu tragen, wenn eine Dekonnektion stattfindet, die Spritze also von der Kanüle getrennt wird. Dies beruht darauf, dass in einem solchen Fall besondere Infektionsgefahren durch die offene, ins Gelenk führende Kanüle bestehen. Hiermit ist nach den Ausführungen des Sachverständigen der entsprechende fachärztliche Standard auch für die seitens des Beklagten durchgeführte Injektion beschrieben. Dies bezieht der Sachverständige auch schon auf den hier maßgeblichen Zeitraum im Jahr 2001.

Zwar hat der Beklagte keinen Spritzenwechsel vorgenommen. Er hat jedoch erklärt, dass er zunächst die mittels eines Trokars verschlossene Kanüle in den Rücken eingeführt und unter dem Bildwandler positioniert habe. Dann habe er den Trokar entfernt und danach die Spritze aufgesetzt. Folglich bestand auch hier nach Azssage des Sachverständigen eine der Dekonnektion vergleichbare Situation, bei der die offene Kanüle in den Körper führte, wodurch die Infektionsgefahr erhöht wurde. Damit war nach den entsprechend anzuwendenden Leitlinien ein Mundschutz zu tragen. Dass der Beklagte dies unstreitig nicht tat, bewertet der Sachverständige zutreffend als behandlungsfehlerhaft.

Weitere Behandlungsfehler durch Verletzung hygienischer Anforderungen können jedoch nicht festgestellt werden. Insbesondere dürfte nach der Beweisaufnahme davon auszugehen sein, dass der Beklagte sowohl sterile Handschuhe als auch besondere OP-Kleidung und -schuhe trug, wobei nach den Leitlinien und den Erläuterungen des Sachverständigen nur die Handschuhe zum Hygienestandard gehören. Ob folglich vor der Behandlung die Bekleidung gewechselt wurde, kann letztlich dahinstehen; ein Versäumnis ist aber auch insoweit nicht festzustellen.

Während der Beklagte freimütig eingeräumt hat, keinen Mundschutz getragen zu haben, hat er stets glaubhaft behauptet, die Behandlungen in dem OP-Bereich seiner Praxis nur nach einem Kleidungswechsel und mit sterilen Handschuhen durchzuführen. Er hat hierzu in der mündlichen Verhandlung Skizzen gefertigt, aus denen sich in Verbindung mit den vorgelegten Fotos ergibt, dass die OP-Säle baulich vom Rest der Praxis getrennt sind und neben einer üblicherweise geschlossenen Tür, die dem Transport der liegenden Patienten dient, nur durch eine Kleiderschleuse betreten werden kann. Weiter hat er ausgeführt, dass in der Schleuse für jeden Mitarbeiter besondere OP-Kleidung und Schuhe bereitlägen, die auch stets getragen würden. Sterile Handschuhe würden ihm dann im OP-Saal von der Helferin gereicht.

Diese Beschreibung haben die Zeuginnen X und H erstinstanzlich bestätigt, wobei Bedenken gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen beim Landgericht nicht bestanden und auch dem Senat nicht ersichtlich sind.

Dem gegenüber vermag sich der Senat anhand der Angaben des Klägers und seiner Ehefrau, der Zeugin T, keine sichere Überzeugung zu bilden, dass vorliegend über den Mundschutz hinaus weitere erforderliche Hygienemaßnahmen nicht beachtet wurden. Der Kläger hat hierzu anlässlich seiner persönlichen Anhörung keine Angaben gemacht. Die Aussage der Zeugin T ist geprägt von Erinnerungsfehlern und Unklarheiten, so dass sie sich nicht als Grundlage einer Überzeugungsbildung eignet. So hat die Zeugin zunächst bekundet, sie sei bei zwei Spritzenbehandlungen dabei gewesen. Die erste habe am 23.11.2000 stattgefunden, die zweite zu einem späteren Zeitpunkt. Bei dieser Behandlung habe sie auch den OP-Saal betreten. Anlässlich der Spritze am 18.12.2001 habe sie gesehen, dass die Arzthelferin normale Schuhe getragen habe, weil sie sich gebückt habe, um ihrem Mann beim Entkleiden zu helfen, wobei ihr Blick auf die Schuhe der Helferin gefallen sei. Später hat die Zeugin ausgesagt, der Vorfall mit dem Bücken sei nicht am 18.12.2001 gewesen, sondern zu einem anderen Zeitpunkt. Im Senatstermin schließlich hat sie erklärt, sie sei bei einer Spritzenbehandlung dabei gewesen. Diese habe aber gar nicht im OP- Bereich, sondern in einem normalen Behandlungszimmer stattgefunden.

Zudem hat sich die Zeugin an anderer Stelle in Widerspruch zu den Angaben des Klägers gesetzt, indem sie bestritt, dass anhand des ausliegenden Anatomiebuches - das ihr nicht bekannt und auch bei keinem Gespräch begleitend dabei gewesen sei - über die Beschwerden ihres Mannes gesprochen worden sei, während dieser das Buch wieder erkannte und genau ein solches Gespräch mit Hilfe des Buches jedenfalls bei seiner Anhörung vor dem Landgericht bestätigte.

Die Aussage der Zeugin T war damit unkonstant und teilweise widersprüchlich. Sie war zudem geprägt von einer - verständlichen - Emotionalität zugunsten ihres Mannes und einer deutlichen Belastungstendenz gegenüber dem Beklagten. Der Senat konnte sich daher aufgrund dieser Aussage keine Überzeugung von der Verletzung weiterer Hygienestandards bilden.

Damit kann zu Lasten des insoweit beweispflichtigen Klägers eine weitere behandlungsfehlerhafte Verletzung von Hygieneanforderungen seitens des Beklagten nicht festgestellt werden. Vielmehr spricht eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieser zwar - nachweislich - keine Gesichtsmaske trug, ansonsten aber alle erforderlichen Hygienemaßnahmen beachtete.

b.

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Behandlung ohne Gesichtsmaske und den weiteren Folgen besteht. Dies beruht darauf, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen der Ursprung der Spondylodiszitis nicht aufklärbar ist. Zwar hält der Sachverständige nachvollziehbar aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der letzten Behandlung am 18.12.2001 und dem einsetzenden Fieber die Spritzentherapie für die wahrscheinliche Ursache. Da jedoch eine Spondylodiszitis sowohl durch körperfremde als auch durch körpereigene Keime verursacht werden könne, sei letztlich auch nicht auszuschließen, dass sich die Entzündung unabhängig von der Behandlung entwickelt habe. Dies sei jedoch Spekulation, genaue Aussagen seien insoweit nicht möglich. Auch eine anlässlich einer MRT-Untersuchung vom 28.12.2001 festgestellte Nasennebenhöhlenentzündung komme als Ursache in Betracht.

Keinesfalls jedoch könne eine Übertragung von Keimen aufgrund des nicht getragenen Mundschutzes festgestellt werden. Genauso könne es ein, dass der Abszess auch bei Verwendung eines solchen Schutzes aufgetreten wäre. Dies sei nicht nur eine theoretische, sondern eine durchaus praktische Möglichkeit, da auch bei optimalen Injektionsbedingung Infektionen schicksalhaft und nicht immer zu vermeiden seien.

Dieser Einschätzung folgt der Senat nach eigener Überzeugungsbildung. Zwar ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Behandlung als solcher und der Entzündung wahrscheinlich, eine Relevanz der nicht getragenen Gesichtsmaske jedoch nicht erkennbar. Damit kann ein Kausalzusammenhang zwischen dem einzigen festgestellten Behandlungsfehler und den Folgen nicht hergestellt werden, was zu Lasten des beweispflichtigen Klägers gehen muss.

c.

Beweiserleichterungen kommen dem Kläger insoweit nicht zugute. Zunächst kann sich der Kläger nicht mit Erfolg darauf berufen, es liege ein grober Behandlungsfehler vor mit der Folge, dass der Beklagte beweispflichtig für einen fehlenden Ursachenzusammenhang wäre. Danach befragt, ob es grob fehlerhaft sei, bei einer Injektion wie hier keinen Mundschutz zu tragen, hat der Sachverständige dies mit überzeugender Begründung verneint. Er hat erklärt, dass zum einen die Anforderungen an die Hygiene in der hier maßgeblichen Zeit noch in der Diskussion gewesen seien und es lange gedauert habe, einen Konsens zu finden, so dass ein Unterlassen der genannten Hygienemaßnahmen zwar eine Abweichung vom fachärztlichen Standard darstelle, keinesfalls jedoch ein eindeutiger Verstoß gegen ärztliche Behandlungsregeln sei, der unverständlich erscheine und schlechterdings nicht unterlaufen dürfe. Zum anderen sei ein Bündel von Maßnahmen entscheidend für die Einhaltung der Hygiene. Es sei nicht grob fehlerhaft, nur einzelne dieser Maßnahmen nicht zu befolgen. Dies gelte um so mehr, da ein Mundschutz nach seiner Erfahrung weniger wichtig sei als zentrale Hygienemaßnahmen wie das Tragen von sterilen Handschuhen oder die Desinfektion der Haut vor dem Einstich. Der Senat folgt dieser Bewertung. Dass der Beklagte indes über den nicht getragenen Mundschutz hinaus weitere Anforderungen an die Praxishygiene nicht beachtete, kann nach o.g. Ausführungen nicht festgestellt werden. Damit liegt kein grober Behandlungsfehler vor.

Auch unter sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten kommen keine Beweiserleichterungen für den Kläger in Betracht. Allerdings besteht ausnahmsweise eine Verschuldens- bzw. Fehlervermutung dann, wenn feststeht, dass die Schädigung aus einem Bereich kommt, dessen Gefahren ärztlicherseits voll ausgeschlossen werden können (vgl. etwa BGH VersR 1991, 467, BGH NJW 2007, 1682). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da nicht festgestellt werden konnte, dass die Infektionsquelle aus einer Sphäre kam, die der vollen Beherrschbarkeit des Beklagten unterlag. Das Infektionsrisiko kann bei Infektionen der hier vorgenommenen Art nicht vollständig ausgeschlossen werden (vgl. OLG Hamm VersR 2000, 323). Wie der Sachverständige ausgeführt hat und dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, kann es auch bei Einhaltung aller Hygienemaßnahmen zu unvermeidbaren Infektionen kommen. Zudem steht nach o.g. Ausführungen schon gar nicht fest, dass die Keime, die letztlich die Infektion verursachten, überhaupt aus dem Bereich des Beklagten stammten. Der Sachverständige hat erklärt, es sei ebenso möglich, dass sich diese schon zuvor im Körper bzw. auf der Haut des Klägers befunden hätten.

Danach spricht auch nicht der Beweis des ersten Anscheins für ein schadensursächliches fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten.

2.

Auch aus dem Umstand, dass der Beklagte den Kläger am 18.12.2001 nach Hause entließ, ohne seine Erreichbarkeit in den folgenden Tagen zu gewährleisten, lässt sich kein Anspruch des Klägers herleiten. Wie die Zeugin T anlässlich ihrer Vernehmung ausgeführt hat, lief am 19.12.2001 in der Praxis des Beklagten ein Anrufbeantworter, der mitteilte, dass die Praxis geschlossen sei und an wen man sich wenden solle. Die Zeugin hat hierzu ausgesagt, es sei ein Hinweis auf "das S oder die T" erteilt worden. Insoweit hat der Beklagte erklärt, das Band habe an den ärztlichen Notdienst verwiesen, der in N/Ruhr vom S organisiert werde. Dem ist der Kläger auch nicht entgegen getreten.

Zwar hat der Sachverständige für erforderlich gehalten, dem Kläger einen Ansprechpartner für den Fall eventuell eintretender Komplikationen zu benennen. Er hat indes den Hinweis auf den ärztlichen Notdienst für ausreichend gehalten. Zur Begründung hat der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass der Beklagte am 18.12.2001 keine Hinweise auf die konkrete Gefahr einer Infektion hatte, mit einer Verschlechterung des Zustands des Klägers also nicht rechnen und deshalb auch keine besonderen Vorkehrungen treffen oder Hinweise erteilen musste. Auch aus dem vom Kläger am 18.12. beklagten "Schlabberbein" ergebe sich keine andere Bewertung. Dies stelle eine normale und vorübergehende Reaktion auf die Narkose dar, da die betäubten Nerven auch die Bewegungsimpulse kurzzeitig nur eingeschränkt weiter leiteten. Auch insoweit seien daher keine relevanten Vorsichtsmaßnahmen veranlasst gewesen und letztlich auch keine Probleme aufgetreten. Der Senat schließt sich dieser Einschätzung an. Der Hinweis auf den ärztlichen Notdienst war daher ausreichend, so dass ein Fehlverhalten des Beklagten insoweit nicht ersichtlich ist.

Daher kann auch dahinstehen, dass eine Ursächlichkeit der Nichterreichbarkeit des Beklagten nach dem 18.12.2001 für den weiteren Verlauf nicht festgestellt werden kann. Wie der Sachverständige weiter erklärt hat, hatte dieser Aspekt keine Auswirkungen auf die Behandlung im Krankenhaus, wo die Spondylodiszitis sofort zutreffend erkannt und unverzüglich behandelt wurde. Die Tatsache, dass der Kläger nicht bereits am 19.12.2001 den ärztlichen Notdienst verständigte, sondern erst am 26.12.2001 einen Notarzt rief, geht ebenfalls nicht zu Lasten des Beklagten.

3.

Ein Schadensersatzanspruch resultiert auch nicht aus einer fehlerhaften Aufklärung. Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ist eine ausreichende Aufklärung des Klägers über die Behandlungsrisiken bewiesen. Der Senat ist insoweit an die ausführlichen und nachvollziehbaren Feststellungen des Landgerichts gebunden, an deren Richtigkeit und Vollständigkeit keine konkreten Zweifel bestehen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Die erstinstanzliche Beweiswürdigung zur Frage der Aufklärung ist widerspruchsfrei, läuft nicht den Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen zuwider oder lässt Teile des Beweisergebnisses bzw. des Sachverhalts ungewürdigt. Insbesondere hat das Landgericht nachvollziehbar ausgeführt, dass anhand der Dokumentation des Beklagten vom 23.11.2000, seinen glaubhaften Angaben anlässlich der persönlichen Anhörung im Kammertermin und den Zeugenaussagen der Arzthelferinnen eine ausreichende Aufklärung feststeht. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Auch insoweit begründet die abweichende Aussage der Zeugin T aus den bereits dargestellten Gründen keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit der getroffenen Feststellungen, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat.

Danach sieht sich der Senat aufgrund dieser Widersprüche außerstande, die Aussagen des Klägers und seiner Ehefrau zu den Umständen der Aufklärung zur Grundlage einer Überzeugungsbildung zu machen, und schließt sich vielmehr der Beweiswürdigung des Landgerichts an.

Somit steht fest, dass der Beklagten den Kläger anhand eines anatomischen Bildatlasses und eines Wirbelsäulenmodells ausreichend über die Risiken der Injektionsbehandlung aufklärte und die Einwilligung des Klägers daher wirksam war.

Schadensersatzansprüche des Klägers kommen damit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Betracht.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 ZPO).

Ende der Entscheidung

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