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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 3 U 83/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 288
BGB § 291
BGB § 823
BGB § 831
BGB § 847 a.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - das am 15.02.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Siegen abgeändert.

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 100.000,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.03.2004 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin alle materiellen und die zukünftigen immateriellen Schäden aus der ärztlichen Fehlbehandlung im Krankenhaus der Beklagten zu 1) am 05./06.03.2001 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.

Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Klägerin zu 73 % und die Beklagte zu 1) zu 27 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) tragen die Klägerin zu 20 % und die Beklagte zu 1) zu 80 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Allen Parteien wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die mittlerweile 61-jährige Klägerin, die bis zu der streitgegenständlichen Behandlung als Krankenschwester berufstätig war, nimmt die Beklagten gesamtschuldnerisch wegen eines operationsbedingt aufgetretenen Cauda equina-Syndroms auf Ersatz materieller und immaterieller Schäden in Anspruch.

Sie hatte sich am 27.02.2001 wegen einer intraspinalen Raumforderung im Segment L 3/4 als E-Kassenpatientin in die stationäre Behandlung der neurochirurgischen Klinik des K-Krankenhauses T2 der Beklagten zu 1) begeben. Chefarzt der dortigen Neurochirurgie war seinerzeit der Beklagte zu 3). Nachdem ein intraspinaler Tumor mit vorwiegend cystischen Anteilen und einer Größe von 3,5 x 2,5 x 1,5 cm diagnostisch nachgewiesen worden war, riet man der Klägerin ärztlicherseits die operative Tumorentfernung an. Vor der für den 05.03.2001 geplanten Operation führte der Beklagte zu 2) - der im übrigen nicht in die Behandlung der Klägerin involviert war - mit ihr am 03.03.2001 ein Aufklärungsgespräch, in dessen Folge die Klägerin der vorgesehenen "Tumorentnahme über einen Zugang von hinten" zustimmte; wegen der Aufklärungsdokumentation wird auf das zu den Akten gereichte und von der Klägerin unterzeichnete Einwilligungsformulars vom 03.03.2001 (Bl. 41 GA) Bezug genommen.

Die Ärzte der Beklagten zu 1) entfernten in Rahmen einer am Morgen des 05.03.2001 durchgeführten "Laminektomie LWK 3 und Teillaminektomie LWK 4" den intraduralen Tumor - der sich später als Dermoidtumor bestätigte - vollständig. Postoperativ wurde die Klägerin gegen 11 Uhr wieder auf die Allgemeinstation verlegt. Dabei klagte sie über starke Schmerzen, die zunächst erfolglos mit Novalgingaben in die Infusion und sodann mit einem sog. Würzburger Schmerztropf behandelt wurden. Gegenüber dem Pflegepersonal gab die Klägerin ein Taubheitsgefühl in beiden Füßen an - was in der Pflegedienstdokumentation für 12 Uhr vermerkt wurde; kreisende Bewegungen unter und auf den Füßen verspürte sie nicht; zugleich wurden starke Schmerzen angegeben. Nach der Pflegedokumentation wurde diesbezüglich um 12.20 Uhr der diensthabende Arzt Dr. M2 der Beklagten zu 1) informiert. Für 12.30 Uhr hielt das Pflegepersonal in der Dokumentation die weitere Bemerkung fest : "Arzt ist informiert, geht zur Patientin, Patientin war am schlafen". Nach weiteren Pflegediensteintragungen betreffend den Wachheitszustand der Patientin und ihre Schmerzbekundungen vermerkte das Pflegepersonal um 15.55 Uhr, dass die Klägerin immer noch ein Taubheitsgefühl in den Füßen habe; rechts spüre sie keinen Druck unter der Fußsohle, links spüre sie einen leichten Druck; Dr. H sei - was unstreitig geschehen ist - informiert worden.

Darüber, ob die Klägerin von den Ärzten der Beklagten zu 1) am Nachmittag des 05.03.2001 wegen der aufgetretenen Sensibilitätsstörungen untersucht worden ist, besteht zwischen den Parteien Streit. Diesbezügliche Einträge der Ärzte finden sich in den Behandlungsunterlagen der Beklagten zu 1) nicht. Gegen 19 Uhr gab die Klägerin erneut starke Schmerzen an und wurde vom Pflegepersonal wiederum an den Würzburger Tropf angeschlossen. Die Nachtschwester vermerkte in der Pflegedokumentation gegen 5 Uhr des Folgetages, die Patientin sei nachts unauffällig gewesen und habe etwa 100 ml Spontanurin gelassen. Ob dies zutrifft, ist zwischen den Parteien streitig.

Am Morgen des 06.03.2001 bemerkten die Behandler der Beklagten zu 1) nach Entfernung der Redondrainage, die keinen Sog aufgewiesen hatte, dass bei der Klägerin eine rechtsbetonte, proximale Hüftbeuger- und Kniestreckerparese bestand, ferner eine beidseitige Fußheber- und Fußsenkerplegie sowie fehlende Muskeleigenreflexe. Im ärztlichen Beobachtungsblatt findet sich zudem der Vermerk : "offenbar Überlaufblase". Die daraufhin veranlasste Kernspinntomographie zeigte eine raumfordernde Nachblutung, wobei das aufgetretene Hämatom in einer um 13.15 Uhr eingeleiteten Revisionsoperation ausgeräumt wurde. Die Klägerin wurde am 21.03.2001 nicht geh- und stehfähig im Rollstuhl mobilisiert mit einer Paraparese beider Beine aus der stationären Behandlung entlassen; inwiefern daneben eine Inkontinenz bestand und fortbesteht, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin hat die Beklagten vor dem Landgericht Siegen wegen behaupteter Aufklärungsversäumnisse und Behandlungsfehler am 05. und 06.03.2001 auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie Feststellung der Ersatzpflichtigkeit bezüglich sämtlicher weiterer Schäden aus den Folgen der Operation vom 05.03.2001 in Anspruch genommen. Die Beklagten sind dem entgegen getreten. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht Siegen hat die Klage nach Vernehmung der Zeugen G2, C4, T3, T4, M und Dr. H, Parteivernehmung des Beklagten zu 2) und Anhörung der Klägerin sowie auf der Grundlage neurochirurgischer Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. B abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt :

Fehler bei der Aufklärung über die Risiken der OP vom 05.03.2001 seien nicht feststellbar, weil die Klägerin keinen Aufklärungsfehler bewiesen habe; sie sei 2 Tage vor der OP - und damit rechtzeitig - aufgeklärt worden. Auch inhaltlich sei sie von dem Beklagten zu 2) - wie dessen Parteivernehmung glaubhaft ergeben habe - über alle relevanten in der Einwilligungsdokumentation genannten Risiken informiert worden. Die gegenteiligen Schilderungen der Klägerin erschienen angesichts der handschriftlichen Eintragungen über "Ausfälle bis Querschnitt" und ihres eigenen wechselnden Prozessvortrages nicht überzeugend. Ein Behandlungsfehler sei für keine Phase der stationären Behandlung im Hause der Beklagten zu 1) festzustellen. Nach den überzeugenden gutachterlichen Ausführungen des Prof. Dr. B sei weder die OP vom 05.03.2001, noch die zunächst abwartende Haltung angesichts der postoperativ aufgetretenen Beschwerden noch die Vorgehensweise nach Feststellung der Lähmungen am 06.03.2001 zu beanstanden. Das gegenteilige Privatgutachten des PD Dr. C überzeuge nicht, weil es ohne überzeugende Begründung die subjektiv einseitigen Darlegungen der Klägerin zugrunde lege und sich mit der Dokumentation nicht hinreichend auseinander setze. Weil der Sachverständige Prof. Dr. B ein ärztliches Einschreiten erst bei Anzeichen von Lähmungserscheinungen gefordert habe und nach den glaubhaften Zeugenbekundungen der Nachtschwester M in der Nacht auf den 06.03.2001 weder Lähmungen noch eine Überlaufblase aufgetreten seien, dürfe - gestützt allein auf die abweichenden Angaben der Klägerin - kein Behandlungsversäumnis angenommen werden. Soweit auch Prof. Dr. B verlangt habe, dass die Klägerin wegen der vom Pflegepersonal für den 05.03.2001 eingetragenen Hinweise auf Sensibilitätsstörungen habe geweckt und ärztlich untersucht werden müssen, seien diese Untersuchungen erfolgt, auch wenn es nicht dokumentiert sei. Zu dokumentieren seien üblicherweise nur festgestellte (auffällige) Befunde, nicht aber sog. Nichtbefunde. Der als Zeuge vernommene Dr. H sei sich - auch ohne konkrete Erinnerung an den Vorfall - sicher gewesen, dass auf derartige Hinweise des Pflegedienstes regelmäßig reagiert werde und der fehlende ärztliche Eintrag darauf hinweise, dass eben kein (auffälliger) Befund vorgelegen habe. Ein Dokumentationsversäumnis ergebe sich daher nicht. Zudem könnten am 05.03.2001 nachmittags noch keine Lähmungen vorgelegen haben, da sie sich nach den glaubhaften Angaben der Nachtschwester M auch in der folgenden Nacht noch nicht gezeigt hätten. Der zeitliche Ablauf in der Diagnose und operativen Behandlung der Blutungskomplikation am 06.03.2001 sei schließlich mit dem Sachverständigen als im praktischen Klinikbetrieb noch vertretbar zu bewerten und damit nicht fehlerhaft gewesen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung die erstinstanzlichen Klageziele - unter dem Aspekt einer Behandlungsfehlerhaftung - weiter, wobei sie eine Schmerzensgeldvorstellung in Höhe von 150.000,- € zu Grunde legt.

Sie beanstandet in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass das Landgericht eine unzureichende Beweiswürdigung vorgenommen und vor einer Sachentscheidung die gebotene Einholung eines weiteres Gutachten unterlassen habe; Prof. Dr. B habe seine Bewertungen nicht genügend auf die Person der Klägerin abgestellt.

In der Sache habe das Landgericht zu Unrecht einen Behandlungsfehler verneint, obwohl der Sachverständige Prof. Dr. B im Kammertermin die neurologische Untersuchung der Klägerin nach Auftreten der dokumentierten Sensibilitätsstörungen am 05.03.2001 verlangt habe und nicht feststehe, dass die befassten Ärzte Dr. G, Dr. M2 und Dr. H die Klägerin überhaupt untersucht hätten. Das Landgericht habe im Ergebnis nicht von der Durchführung der auf die zweimaligen Hinweise des Pflegepersonals gebotenen neurologischen Untersuchung überzeugt sein dürfen, weil weder alle drei zuständigen Ärzte Dr. G, Dr. M2 und Dr. H vernommen worden seien, noch die nach Dr. H bei solchen Untersuchungen stets anwesenden Tagschwestern; zudem fehle es an der erforderlichen Dokumentation dieser Untersuchungen. Die Vornahme der neurologischen Untersuchung und ihr Ergebnis könne angesichts der auch vom Sachverständigen hervorgehobenen Wichtigkeit nicht als "Routinemaßnahme" ohne Dokumentation bleiben, sondern sei dokumentationspflichtig. Die vom Zeugen Dr. H vertretene Auffassung, dass man einen unauffälligen Befund bei der Klägerin nicht habe dokumentieren müssen, stehe nicht in Einklang mit den Anforderungen der Rechtsprechung zur Dokumentationspflicht in medizinisch wichtigen Angelegenheiten. Wegen des Unterbleibens der neurologischen Untersuchungen am Nachmittag des 05.03.2001 sei damit - auf der Grundlage von Prof. Dr. B Ausführungen - ein Behandlungsfehler zu bejahen.

Zu der Annahme, es hätten am 05.03.2001 jedenfalls noch keine (ein zeitigeres Einschreiten gebietenden) Lähmungserscheinungen vorgelegen, sei das Landgericht auf der Grundlage nicht haltbarer medizinischer Feststellungen gelangt. Es sei gerade nicht geklärt, wie und wann die Lähmungserscheinungen aufgetreten seien. Schon die für den Nachmittag am 05.03.2001 von den Krankenschwestern dokumentieren symmetrischen Sensibilitätsausfälle und die Hinweise auf eine Überlaufblase (die sich aus auffälligen Diskrepanzen zwischen dokumentierter Flüssigkeitszu- und -abfuhr ergäben) hätten die Ärzte zu einer weiteren Diagnostik und Behandlung des anlaufenden Cauda equina-Syndroms veranlassen müssen. Die gebotene sorgfältige postoperative Verlaufsbeobachtung sei unterblieben und habe zum Fortschreiten des Cauda equina-Syndroms geführt. Dass das Landgericht auf der Grundlage der Zeugenaussage M Lähmungserscheinungen für den 05.03.2001 habe ausschließen wollte, sei nicht haltbar. Zunächst habe die frühere Nachtschwester nicht über die dazu erforderliche medizinische Sachkunde verfügt. Ihre Beschreibung über die nächtliche Angabe von 100 ml Spontanurin mit Dokumentation um 5 Uhr sei medizinisch nicht haltbar. Denn es sei als dokumentiert davon auszugehen, dass die Klägerin seit dem Vortage 5.000 ml Flüssigkeitszufuhr erhalten habe, worauf eine Miktion von nur 100 ml in fast 20 Stunden keine kontrollierte Blasenentleerung i.S.v. "Spontanurin" bedeuten könne. Auch sei ausgeschlossen, dass sich die von den Ärzten bei der Morgenvisite dokumentierte Überlaufblase erst seit der für 5 Uhr dokumentierten "Spontanuringabe" gebildet haben könne; dass lasse ebenfalls auf eine Fehleinschätzung der Zeugin M schließen. Schließlich habe die Zeugin M deshalb Lähmungserscheinungen ausschließen wollen, weil sie frisch operierte "Bandscheibenpatienten" nicht bitte, ihren "Po auf den Schieber zu heben", sondern diese seitlich drehe. Die Klägerin habe aber unstreitig keine Bandscheiben-OP gehabt, sondern nur eine Tumorbeseitigung im unteren LWS-Bereich.

Die Berufung wiederholt zudem ihre erstinstanzliche Rüge, wonach der Zeitraum zwischen Entdeckung der Lähmungserscheinungen am 06.03.2001 gegen 7.15 Uhr und der Revisions-OP gegen 13 Uhr eine medizinisch nicht mehr vertretbare Überschreitung der zu fordernden Reaktionszeit darstelle.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Siegen vom 15.02.2007 abzuändern und

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinsatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin alle materiellen und zukünftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus dem Schadensereignis entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die landgerichtliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Beklagten meinen, die Klägerin verlange ohne zureichende Anknüpfungspunkte weitere Ausforschungsbeweise, auf die es nicht ankomme. Die Ausführungen zur Überlaufblase seien angesichts der behaupteten Flüssigkeitsmengen medizinisch nicht haltbar, es sei von nicht dokumentationspflichtigen weiteren Spontanurin-Abgaben auszugehen. In der Morgenvisite am 06.03.2001 habe sich auch nur der "Verdacht" einer Überlaufblase ergeben. Die Klägerin übersehe, dass sie am Nachmittag des 05.03.2001 in der vom Sachverständigen geforderten Weise untersucht worden sei; zum Beweis dafür berufen sich die Beklagten auf eine Vernehmung der Zeugen Dr. G und Dr. M2. Diese hätten keine pathologischen Befunde im neurologischen Bereich erhoben und deshalb zu Recht nichts dazu dokumentiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen und die beigezogenen Behandlungsunterlagen ergänzend Bezug genommen.

Der Senat hat die Klägerin und den jetzigen Chefarzt der Neurochirurgie Prof. Dr. C3 der Beklagten zu 1) als deren ärztlichen Vertreter angehört; er hat zudem Beweis erhoben durch ergänzende mündliche Vernehmung des neurochirurgischen Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. B. Wegen des Beweisaufnahmeergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll und den Berichterstattervermerk zum Senatstermin am 19.11.2007 (Bl. 357 ff. GA) Bezug genommen.

Die Klage ist der Beklagten zu 1) am 22.03.2004 zugestellt worden.

II.

1. Die zulässige Berufung der Klägerin ist - soweit es die Haftung der Beklagten zu 1) betrifft - überwiegend begründet; hinsichtlich der gesamtschuldnerischen Inanspruchnahme der Beklagten zu 2) und 3) bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.

2. Die Beklagte zu 1) haftet als Trägerin des K-Krankenhauses T2 gemäß §§ 823, 831, 847 BGB a.F. auf Ersatz aller materiellen und immateriellen Schäden, die der Klägerin durch die Fehlbehandlung des nach der Operation vom 05.03.2001 aufgetretenen Epiduralhämatoms entstanden sind. Für die materiellen Folgen dieser Fehlbehandlung hat sie zudem unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung des über die stationäre Behandlung vom 27.02. - 21.03.2001 zustande gekommenen Krankenhausvertrages einzustehen.

Nach dem Gesamtergebnis der mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme steht fest, dass die ärztlichen Mitarbeiter der Beklagten zu 1) es nach der (als solche nicht zu beanstandenden) operativen Entfernung der Dermoidzyste am 05.03.2001 versäumt haben, die Klägerin wegen der postoperativ aufgetretenen Sensibilitätsstörungen an den Füßen in der medizinisch gebotenen Weise engmaschig neurologisch zu untersuchen. Dieses Versäumnis führt, weil es als grober Behandlungsfehler i.S.d. Rechtsprechung zum Arzthaftungsrecht zu bewerten ist und die Beklagte zu 1) den (deshalb) ihr obliegenden Beweis fehlender Verursachung für das verbliebene Dauerleiden der Klägerin nicht hat führen können, in dem noch darzulegenden Umfang zur Haftung.

Bei seiner Bewertung der medizinischen Fragen folgt der Senat den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B, der seine bereits erstinstanzlich erstatteten Gutachten unter gründlicher Auswertung der von den Beklagten vorgelegten Behandlungsunterlagen eingehend und sachlich überzeugend begründet hat. Der Sachverständige besitzt als Direktor der Neurochirurgischen Universitätsklinik in C2 sowohl ein fundiertes theoretisches Wissen als auch eine große praktische Erfahrung. Seine die bisherigen Gutachten ergänzenden Darlegungen im Senatstermin waren in jeder Hinsicht nachvollziehbar und zeugten von einer differenzierten medizinischen Bewertung der ihm (unter Berücksichtigung des maßgeblichen Streitstandes) unterbreiteten Sachverhalte.

a) Die bei der Klägerin - in Verbindung mit starken Schmerzen - am 05.03.2001 postoperativ zutage getretenen Sensibilitätsstörungen, die das Pflegepersonal der Beklagten zu 1) für 12.00 Uhr und 15.55 Uhr vermerkte, hätten - beginnend mit ihrem Auftreten - engmaschige neurologische Kontrolluntersuchungen durch einen Arzt erfordert.

Zwar rechtfertigte - wie Prof. Dr. B schon in seinem Erstgutachten vom 20.04.2006 erläutert hat - die postoperative Symptomatik am 05.03.2001 angesichts des intraoperativen Befundes mit engem Kontakt der Nervenfaszikeln zum Tumor zunächst eine abwartende, beobachtende Haltung der behandelnden Ärzte. Allerdings machte das nicht zu beanstandende abwartende Verhalten - so der Sachverständige bei seinen jeweiligen mündlichen Gutachtenerläuterungen vor der Kammer und dem Senat - eine kontinuierliche neurologische Untersuchung durch die über die Sensibilitätsstörung unterrichteten Ärzte zwingend notwendig.

Prof. Dr. B hat hierzu vor dem Senat erläuternd ausgeführt : Nach der bei der Klägerin durchgeführten Laminektomie habe ärztlicherseits Veranlassung dazu bestanden, erstmals aufgetretene Sensibilitätsstörungen in ihrem weiteren Verlauf durch engmaschige neurologische Untersuchungen zu kontrollieren. Zu verlangen sei eine neurologische Prüfung des Gefühls (etwa durch Streichen über die Haut), die Prüfung bestimmter Reflexe und die der Motorik (etwa durch Anheben der Beine, Anheben und Absenken der Füße). Der medizinische Standard umfasse es, den bei dieser neurologischen Untersuchung angetroffenen Befund in Kürze festzuhalten und ihn in der weiteren zeitlichen Abfolge engmaschig durch erneute neurologische Untersuchungen auf eine etwaige Progredienz hin zu überprüfen. Geboten sei diese neurologische Kontrolle durch einen Arzt in zeitlichen Abständen von etwa 2 - 3 oder auch 3 - 4 Stunden. Hinzu komme hier der Umstand, dass für 19 Uhr am 05.03.2001 erneut starke Schmerzen der Patientin dokumentiert seien, die zum wiederholten Anstellen des Würzburger Tropfes veranlasst hätten. Dies habe aus medizinischer Sicht zusätzlich Veranlassung geboten, die wegen der Sensibilitätsstörungen ohnehin gebotenen engmaschigen neurologischen Kontrollen durch einen Arzt aufrechtzuerhalten.

b) Die danach erforderliche neurologische Kontrolldichte haben die ärztlichen Mitarbeiter der Beklagten zu 1) am 05. und 06.03.2001 nicht gewährleistet.

aa) So steht nach dem Inhalt der Behandlungsdokumentation und der erstinstanzlichen Vernehmung des Dr. H schon nicht fest, dass die Klägerin auf die Benachrichtigung der Ärzte durch das Pflegepersonal hin, überhaupt am 05.03.2001 postoperativ neurologisch untersucht worden ist.

Die Behandlungsdokumentation der Beklagten zu 1) verhält sich nicht darüber, dass und mit welchem Ergebnis die Klägerin am Nachmittag des Operationstages klinisch-neurologischen Untersuchungen durch einen oder mehrere Ärzte unterzogen worden ist. Eine solche Dokumentation war jedoch mit Prof. Dr. B aus medizinischen Gründen zu verlangen.

Der Sachverständige hat hierzu im Senatstermin ausgeführt, er halte es nach einer so schwerwiegenden neurochirurgischen Operation für unabdingbar, dass man als Arzt "wenigstens einen Satz" zum neurologischen Befund in die Krankenakte schreibe, wenn man eigens durch das Pflegepersonal wegen Sensibilitätsstörungen zum Patienten gerufen werde. Konkret sei zu fordern, dass der Arzt dasjenige in der Dokumentation festhalte, worauf es in der jeweiligen Situation ankomme. Insbesondere sei festzuhalten, ob postoperativ (neue) neurologische Defizite oder Ausfälle beim Patienten festgestellt würden. Auch ein zunächst noch durch die Operationsmanipulationen erklärliches "unauffälliges neurologisches Untersuchungsergebnis" sei bei einer frisch operierten Patientin von medizinischer Relevanz. Es gelte insoweit durch kurze Vermerke zu sichern, wann und mit welcher Ausprägung eine neurologische Ausfallsymptomatik entstanden sei, deren Ursachen man - je nach Ausprägung und Fortentwicklung - ggfls. weiter verfolgen müsse. In diesem Sinne seien die vom Pflegepersonal festgehaltenen Sensibilitätsausfälle der frisch operierten Patientin ein positiver Befund und kein sog. "Nichtbefund" gewesen. Dessen ärztliche Dokumentation sei nicht zuletzt deshalb geboten gewesen, um den anderen ärztlichen Mitbehandlern auf der Station für deren spätere neurologische Kontrolluntersuchungen Anhaltspunkte zur Beurteilung einer Progredienz oder Rückläufigkeit der Symptomatik an die Hand zu geben. Auch und gerade wenn man nach den seinerzeitigen Gepflogenheiten im Hause der Beklagten zu 1) "nur Auffälliges" dokumentiert habe, sei eine kurze ärztliche Dokumentation zu den Ergebnissen von klinisch-neurologischen Untersuchungen zu postoperativ aufgetretenen Sensibilitätsstörungen hier geboten gewesen. Die Eintragungen des Pflegepersonals seien hierfür kein geeigneter Ersatz. Denn Krankenschwestern bzw.-pfleger seien nicht hinreichend verlässlich in der Lage, etwa eine exakte Symmetrie der Gefühlsstörungen zu prüfen. Nur von der gebotenen ärztlichen Untersuchung (die beispielsweise die verschiedenen Ebenen sensorischer Störungen exakter berücksichtige) seien insofern bessere Erkenntnisse über die neurologische Ausfallsymptomatik zu erwarten und daher auch zu dokumentieren.

Das Schweigen der Dokumentation der Beklagten zu 1) zu etwaigen neurologischen Untersuchungen der Klägerin am 05.03.2001 spricht nach diesen medizinischen Darlegungen , denen der Senat folgt, dagegen, dass die Klägerin in der gebotenen Weise klinisch untersucht worden ist. Soweit der vor dem Landgericht vernommene Zeuge Dr. H ohne konkrete Erinnerung an die seinerzeitige Behandlungssituation meinte, er müsse die Patientin wohl mit einem unauffälligen Ergebnis untersucht haben, ist diese Schlussfolgerung - wie die dargestellten Überlegungen des Sachverständigen zu den medizinisch gebotenen Behandlungsabläufen zeigen - keineswegs zwingend. Prof. Dr. B deutete im übrigen die Einträge in der (nichtärztlichen) Pflegedokumentation nach seiner Erfahrung dahin, dass der hinzu gerufene Arzt um 12.30 Uhr die Patientin schlafen ließ und es letztlich spekulativ bleibe, was auf die weitere Nachricht von 15.55 Uhr an den Arzt Dr. H passiert sei.

bb) Selbst wenn man mit dem Vortrag der Beklagten davon ausgeht, dass auf die Benachrichtigungen des Pflegepersonals am Nachmittag des 05.03.2001 die angesprochenen Ärzte und der Operateur Dr. G (nach Ende der Operationen) die Klägerin mit "unauffälligem" (weil durch die operationsbedingten Manipulationen noch erklärlichem) Befund neurologisch untersuchten, ist jedenfalls im weiteren Verlauf des 05.03.2001 bis zum (zeitlich ebenfalls nicht dokumentierten) Lähmungsbefund am Morgen des 06.03.2001 (grob) fehlerhaft unterlassen, worden, die klinisch-neurologische Untersuchung der Klägerin engmaschig fortzusetzen.

Prof. Dr. B hat insoweit ausdrücklich beanstandet, dass die neurologische Kontrolle nicht der zu fordernden Engmaschigkeit entsprochen habe, wenn die Klägerin hier seit dem Nachmittag des 05.03.2001 bis zum Morgen des 06.03.2001 nicht mehr neurologisch untersucht worden sei. Für diesen (an den Nachmittag anschließenden) Zeitraum sind neurologische Untersuchungen der Klägerin aber weder behauptet, noch in den Behandlungsunterlagen dokumentiert worden. Das Schweigen der Behandlungsunterlagen indiziert insoweit (wegen der bereits dargelegten Dokumentationspflichtigkeit der bei solchen Untersuchungen erhobenen Befunde) nach der Rechtsprechung, dass die aufzeichnungspflichtigen klinisch-neurologischen Befunderhebungen nicht stattgefunden haben (Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl. Rdnr. 465 m.w.N. zur Rspr.). Da das Unterbleiben jedweder neurologischer Untersuchung zwischen dem Nachmittag des 05.03.2001 und dem Morgen des 06.03.2001unstreitig ist und einen (sogar groben) Behandlungsfehler darstellt, kommt es auf die (unter weiteren Zeugenbeweis gestellte) Behauptung der Beklagten, dass die Klägerin am Nachmittag des 05.03.2001 von Dr. M2, Dr. H und dem Operateur Dr. G untersucht worden sei, nicht entscheidungserheblich an.

c) Die neurologischen Untersuchungsversäumnisse in den Abend- und Nachtstunden des 05. auf den 06.03.2001 bewertet der Senat auf der Grundlage der medizinischen Ausführungen des Prof. Dr. B als groben Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Gesundheitsschaden in der tatsächlich bei der Klägerin eingetretenen Art herbeizuführen. Dies führt zugunsten der Klägerin zu einer Beweislastumkehr für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem Gesundheitsschaden, weil das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen gerade durch den Fehler besonders verbreitert bzw. verschoben worden ist (vgl. Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl. Rdnr. 515 m.w.N. zur Rspr.).

aa) Ein die Beweislastumkehr für die Kausalität des ärztlichen Versäumnisses rechtfertigender grober Behandlungsfehler erfordert nicht nur einen eindeutigen Verstoß gegen den ärztlichen Standard, sondern ein schlechterdings unverständliches Fehlverhalten, das sich aus den medizinischen Darlegungen des Sachverständigen ergibt (vgl. Steffen/Pauge, Arzthaftungsrecht, 10. Aufl. Rdnr. 522 und 522 a m.w.N. zur Rspr.).

Prof. Dr. B hat das Unterbleiben einer engmaschigen klinisch-neurologischen Untersuchung der operierten Klägerin in den Abend- und Nachtstunden des 05. auf den 06.03.2001als fundamental und medizinisch unverständlich bezeichnet. Er hat dabei nachvollziehbar ausgeführt, dass es für die erfolgreiche Beherrschung der Folgen einer Blutungskomplikation nach Laminektomie entscheidend darauf ankomme, dass der Patient möglichst bald nach dem Auftreten von Lähmungserscheinungen zur Entlastung des Drucks auf die betroffenen Nerven re-operiert werde. Hier könne gerade wegen der fehlenden neurologischen Untersuchungen und der dabei zu erlangenden neurologischen Befunde nicht beurteilt werden, wann bei der Klägerin erstmals eine (dann reaktionspflichtige) Lähmungssymptomatik erkennbar gewesen sei und ob eine vollständige Rückbildung der Symptomatik hätte erreicht werden können.

Der Senat bejaht auf dieser Basis das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers, der das Spektrum der in Betracht kommenden Schädigungsursachen zu Lasten der Klägerin verbreitert hat.

bb) Das Unterbleiben klinisch-neurologischer Untersuchungen in den Abend- und Nachtstunden des 05. auf den 06.03.2001 war ferner (nicht nur äußerst unwahrscheinlich) geeignet, das bei der Klägerin als Dauerschaden verbliebene Cauda equina - Syndrom mit zu verursachen.

Auch dies hat Prof. Dr. B im Senatstermin bestätigt. Die - bei den zu fordernden engmaschigen neurologischen Untersuchungen anhand von Lähmungshinweisen - möglicherweise um Stunden frühere Entdeckung der epiduralen Blutung wäre nach dem von ihm referierten medizinischen Erkenntnisstand durchaus geeignet gewesen, den Verlauf der Komplikation abzukürzen und ihre Folgen günstiger zu beeinflussen. Die Wahrscheinlichkeit einer sogar vollständigen Wiederherstellung der Klägerin hielt der Sachverständige zwar für recht gering, jedoch nicht für äußerst unwahrscheinlich, weil die Dura der Klägerin im LWS-Bereich nur indirekt durch Druck betroffen, aber sonst intakt gewesen sei.

cc) Aufgrund der - aus den vorstehenden Gründen eingreifenden und von der Beklagten zu 1) nicht widerlegten - Beweislastumkehr ist zugunsten der Klägerin davon auszugehen, dass die jedenfalls seit dem Abend des 05.03.2001 bis zum Morgen des 06.03.2001 unterbliebenen neurologischen Untersuchungen dazu geführt haben, dass sich die als postoperative Komplikation aufgetretene Cauda equina - Symptomatik (infolge zu später Entlastung) nicht wieder zurückgebildet hat, sondern als dauerhafter Gesundheitsschaden verblieben ist.

d) Die Beklagte zu 1) haftet der Klägerin für diesen durch ihre ärztlichen Mitarbeiter zu verantwortenden gesundheitlichen Dauerschaden. Insoweit hat der Sachverständige im Senatstermin bestätigt, dass die durch Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. T vom 11.06.2007 bescheinigten Auswirkungen des Cauda equina - Syndroms - nämlich verbliebene Parese beider Beine und der Gesäßmuskulatur, Blasen- und Stuhlinkontinenz, perianale Fistel durch Dekubitus bei Rollstuhlpflichtigkeit, spastische Störungen durch dauerndes Sitzen und Wundheilungsstörungen bei Bewegungsmangel - durch eine frühere Entlastungsoperation des aufgetretenen Epiduralhämatoms möglicherweise gänzlich hätten vermieden werden können. Die Beklagte zu 1) hat infolge der Beweislastumkehr im Kausalitätsbereich für alle materiellen und immateriellen Nachteile der Klägerin einzustehen, die das dauerhaft verbliebene Cauda equna - Syndrom mit sich bringt. Dass mit diesem Syndrom (neben den Lähmungsfolgen für Beine, Gesäß und Kontinenzorgane) die weiteren vorgenannten Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin verbunden sind, ist nach den Sachverständigenbekundungen im Senatstermin plausibel und steht für den Senat aufgrund des vorgelegten hausärztlichen Attestes sowie der glaubhaften Angaben der Klägerin bei ihrer Parteianhörung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest (§ 287 ZPO).

e) Zum Ausgleich der mit den vorgenannten Gesundheitsbeeinträchtigungen verbundenen immateriellen Nachteile der Klägerin hält der Senat unter Abwägung aller Umstände ein Schmerzensgeld in der zuerkannten Höhe von 100.000,- € für gerechtfertigt.

Die bis zum Krankenhausaufenthalt im Jahre 2001 als Krankenschwester berufstätige und auch in der Freizeit aktive Klägerin ist durch das dauerhafte Verbleiben der epiduralen Symptomatik mit all ihren Auswirkungen in nahezu sämtlichen Lebensbereichen körperlich beeinträchtigt. Ihren Beruf hat die damals 54-Jährige infolge der Beinlähmungen aufgeben müssen. Im Haushalt, bei außerhäuslichen Verrichtungen wie bei Freizeitaktivitäten ist sie durch die verbliebene Rollstuhlpflichtigkeit auf ergänzende fremde Hilfe angewiesen, wobei ihr die Ausübung des früheren Gartenhobbys versagt ist. Eine gewisse Selbständigkeit besteht allerdings durch die Nutzung eines behindertengerecht umgerüsteten PKW. Zusätzlich leidet die Klägerin unter einer - nicht katheterpflichtigen - Harn- und Stuhlinkontinenz. In deren Folge und als Folge der Bewegungseinschränkungen haben sich die geschilderten weiteren körperlichen Leiden (vgl. oben unter d)) eingestellt. Wie die persönliche Anhörung der Klägerin durch den Senat ergeben hat, leidet sie nachvollziehbar auch seelisch unter den täglich zu spürenden Einschränkungen ihrer Lebensqualität, die sich aus dem Verbleib des Cauda equina - Syndroms ergeben haben.

Das Ausmaß und Gewicht der bisherigen wie absehbaren weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen für das Wohlbefinden und die Lebensführung der Klägerin rechtfertigen die Zubilligung einer Entschädigung in Geld, die der Senat mit 100.000,- € für angemessen, aber auch ausreichend bemessen erachtet hat.

Darüber hinaus hatte der Senat abändernd die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 1) entsprechend dem Feststellungsantrag der Berufung auszusprechen, weil (noch nicht bezifferte) materielle Schadensfolgen aus dem Dauerleiden ebenso möglich sind, wie zur Zeit nicht vorhersehbare zukünftige immaterielle Beeinträchtigungen.

f) Der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB.

3. Soweit die Berufung eine gesamtschuldnerische Inanspruchnahme auch der Beklagten zu 2) und 3) verfolgt, hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

a) Den Beklagten zu 2) - der das dokumentierte Aufklärungsgespräch vom 03.03.2001 führte - hatte die Klägerin erstinstanzlich ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungsfehlerhaftung in Anspruch genommen; in das weitere Behandlungsgeschehen war er unstreitig nicht eingebunden.

Mit ihren Berufungsrügen hat die Klägerin die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils dazu, dass sie vor dem Eingriff vom 05.03.2001 durch den Beklagten zu 2) hinreichend aufgeklärt worden sei, nicht angegriffen. Das auf die (vermeintliche) Aufklärungsfehlerhaftung des Beklagten zu 2) gestützte Klagebegehren und seine Abweisung durch das Landgericht sind damit ersichtlich nicht zum Gegenstand der berufungsgerichtlichen Überprüfung gemacht worden (§ 520 III 2 Zif. 1 ZPO). Für eine gesamtschuldnerische Mithaftung des Beklagten zu 2) neben der Beklagten zu 1) wegen der dargestellten postoperativen Versäumnisse fehlt im Übrigen jeder Anhalt.

b) Auch für eine Haftung des Beklagten zu 3) als des vormaligen Chefarztes der Neurochirurgischen Klinik ist nichts ersichtlich. Es ist nichts dazu vorgetragen, dass und inwiefern er in die beanstandete postoperative Behandlung der Klägerin überhaupt einbezogen gewesen wäre. Eine vertraglich vereinbarte Chefarzt(zusatz)behandlung erfolgte ausweislich der Behandlungsunterlagen bei der als Kassenpatientin stationär aufgenommenen Klägerin nicht.

4. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Zif. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsordnung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichtes.

Ende der Entscheidung

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