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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.02.2007
Aktenzeichen: 3 UF 250/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1601
BGB § 1603 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen der Klägerin und des Beklagten wird das am 21.07.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Herne-Wanne abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

1. ab dem 1.07.2006 Unterhalt für B, geb. am ####, sowie für M, geb. am ####, jeweils in Höhe von 100 % des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung, derzeit 291,-- € (Zahlbetrag), abzüglich des jeweiligen staatlichen Kindergeldes, soweit dieses zusammen mit dem Zahlbetrag 135 % des Regelunterhaltbetrages übersteigt, jeweils monatlich im Voraus, spätestens bis zum 3. Werktag eines jeden Monats, abzüglich je Kind für Juli 2006 gezahlter 50,-- € und je Kind für September 2006 bis einschließlich Februar 2007 monatlich gezahlter je 100,-- €;

2. einen Unterhaltsrückstand für Januar 2006 in Höhe von 13,-- € je Kind zu zahlen; die weitergehenden Berufungen werden zurückgewiesen; die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(abgekürzt nach § 540 Abs. 1 ZPO):

I.

Die Klägerin, die derzeit im Umfang von 25 Wochenstunden als Arzthelferin tätig ist, verlangt Kindesunterhalt vom Beklagten. Aus der Ehe mit ihm sind die Töchter B, geb. 26.12.1989, und M, geb. 28.01.1992, hervorgegangen, die im Haushalt der Klägerin leben und noch allgemeinbildende Schulen besuchen. Der 1956 geb. Beklagte, Industriekaufmann und Dipl.-Betriebswirt, ist seit Oktober 2004 bei der Fa. Q zu einem Brutto-Stundenlohn von 9,16 € im Umfang von 35 Stunden pro Woche an wechselnden Einsatzorten beschäftigt. Bis 1998 war er als Bezirksleiter von Bausparkassen selbstständig tätig. Nach einer Weiterbildung zum "Organisator Rechnungswesen" von August 1999 bis Juli 2000 war er zunächst arbeitslos. Überstunden, die bei seinem jetzigen Arbeitgeber anfallen, werden entsprechend einer vertraglichen Vereinbarung im Umfang von max. 20 Stunden pro Monat einem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben und stets in Freizeit ausgeglichen; lediglich im darüber hinaus gehenden Umfang findet eine Entlohnung statt. Er zog im Januar 2006 aus der Ehewohnung aus und lebte zunächst bis Ende März 2006 bei seinen Eltern. Mittlerweile hat er eine eigene Wohnung in I bezogen. Seit Januar 2006 zahlt er Lohnsteuer nach einer Veranlagung in Steuerklasse I. Für das Jahr 2005 kam es nachträglich zu einer getrennten Veranlagung, nachdem die Klägerin eine solche beantragt hatte. Die sich für den Beklagten ergebende Nachzahlung von 949,-- € leistete er im Oktober 2006.

Die Klägerin hat behauptet, die Trennung sei bereits Anfang Januar 2006 erfolgt.

Sie hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei gehalten, zur Sicherstellung des Mindestunterhalts seiner Töchter einer Nebentätigkeit nachzugehen.

Sie hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie

1. beginnend mit dem 01.03.2006 Kindesunterhalt für B und M in Höhe von 100 % des Regelunterhaltbetrages abzüglich des jeweiligen staatlichen Kindergeldes, soweit dies zusammen mit dem Zahlbetrag 135 % des Regelunterhaltbetrages übersteigt, jeweils monatlich im Voraus, spätestens bis zum 3. Werktag eines jeden Monats,

2. Unterhaltsrückstand für die Kinder B und M für die Monate Januar und Februar 2006 in Höhe von 1.164,-- € zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat darauf verwiesen, sein durchschnittliches Einkommen habe im Jahre 2005 noch ca. 1.228,65 € monatlich betragen, nach dem Wechsel in die Steuerklasse I belaufe es sich nur noch auf 1.062,94 € monatlich, von denen noch Fahrtkosten für eine tägliche Strecke von (insgesamt) 16 km abzusetzen seien. Er hat behauptet, für seinen jetzigen Arbeitgeber häufig wesentlich länger als 35 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Eine Nebentätigkeit sei ihm vor diesem Hintergrund nicht mehr möglich. Die Klägerin, die - wie unstreitig ist - mit den Kindern in einem ihren Eltern gehörenden Haus lebe, zahle nach seinem Auszug und einer Beschränkung der genutzten Räumlichkeiten allenfalls noch eine Miete von 200,-- € monatlich an ihre Eltern.

Das Familiengericht hat der Klägerin Unterhalt für beide Kinder in Höhe von monatlich jeweils 200,-- € für die Zeit ab April 2006 sowie einen entsprechenden Rückstand von jeweils 500,-- €, insgesamt 1.000,-- €, für die Zeit von Mitte Januar bis einschließlich März 2006 zugesprochen. Dabei ist es von einem bereinigten Einkommen des Beklagten in Höhe von monatlich 1.057,40 € ausgegangen, dem es weitere 230,-- € monatlich aus einer fiktiven Nebentätigkeit hinzugerechnet hat.

Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge zunächst uneingeschränkt weiter verfolgt haben.

Der Beklagte macht geltend, angesichts der Überstunden und der ihm abverlangten Flexibilität hinsichtlich der Einsatzorte und des Arbeitsumfangs keiner Nebentätigkeit mehr nachgehen zu können. Wolle er Vorstellungsgespräche wahrnehmen, stehe er in dieser Zeit seinem derzeitigen Arbeitgeber nicht zur Verfügung und fordere somit dessen Kündigung gleichsam heraus. Die Annahme, er könne einen wesentlich höheren Verdienst erzielen, sei im Übrigen illusorisch. Der Beklagte verweist im Übrigen darauf, für beide Kinder Unterhaltszahlungen erbracht zu haben, und zwar - unstreitig - zusammen für beide Kinder jeweils für Februar und März 2006 300,-- €, für April bis Juli 2006 je 100,-- € und für August 2006 bis einschließlich Februar 2007 je 200,-- €. Daneben habe er, wie gleichfalls unstreitig ist, bis einschließlich September 2006 insgesamt weitere 771,50 € an Taschengeld sowie für Klassenfahrten gezahlt.

Er beantragt nach Rücknahme der weitergehenden Berufung,

das Urteil des Amtsgerichts Herne-Wanne vom 21.07.2006 abzuändern und die Klage für die Zeit vom 16.01.2006 bis zum 30.06.2006 insgesamt und für die Zeit ab dem 30.06.2006 abzuweisen, soweit die Klägerin für beide Töchter einen Unterhalt von mehr als jeweils 200,-- € monatlich verlangt, abzüglich je Kind

- für die Monate Februar und März 2006 insgesamt gezahlter 150,-- €,

- für die Monate April bis Juli insgesamt gezahlter 200,-- € sowie

- für die Monate August 2006 bis Februar 2007 insgesamt gezahlter 700,-- €.

Die Klägerin beantragt,

unter Zurückweisung der gegnerischen Berufung das Urteil abzuändern und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu entscheiden, jedoch mit der Maßgabe, dass ein Unterhaltsrückstand nur für die Zeit vom 16.01.2006 bis zum 28.02.2006 in Höhe von jeweils 442,-- € verlangt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin wiederholt ihre Auffassung, der Beklagte müsse sich angesichts seiner beruflichen Qualifikation so behandeln lassen, als erziele er ein Einkommen, mit dem er den Mindestunterhalt beider Kinder decken könne. Zu der erforderlichen Arbeitssuche, die bislang - unstreitig - unterblieben sei und sich nicht auf die Region beschränken dürfe, stehe ihm auch genügend Zeit zur Verfügung. Jedenfalls könne er einen Betrag von 400,-- € monatlich durch eine Nebentätigkeit hinzu verdienen. Während seines Aufenthalts im Haushalt seiner Eltern von Januar bis März 2006 sei im Übrigen sein Selbstbehalt zu reduzieren. Dem Beklagten sei überdies auch keine "Übergangszeit" nach der Trennung einzuräumen, denn er habe sich bereits geraume Zeit vor seinem Auszug darauf habe vorbereiten müssen, den Mindestunterhalt seiner Töchter sicherzustellen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

II.

Beide Berufungen sind zulässig und teilweise begründet.

Den Kindern stehen Unterhaltsansprüche nach §§ 1601, 1603 Abs. 1 S.1 BGB zu. Es ist dem Grunde nach unstreitig, dass der Beklagte verpflichtet ist, für seine beiden minderjährigen Kinder (jeweils in der 3. Altersstufe gem. § 1612 a Abs. 3 BGB) Unterhalt zu zahlen. Der Regelbetrag beläuft sich jeweils auf 291,-- € (zugleich Zahlbetrag). Eine Herabsetzung dieses Betrages käme selbst dann, wenn die Kinder sowie die Klägerin vollkommen mietfrei wohnten, nicht in Betracht, weil der Verzicht der Großeltern gegenüber der Kindesmutter auf die Mietzinszahlung nicht den Beklagten entlasten soll.

Was die Höhe der Unterhaltsansprüche angeht, so ist nach folgenden Zeitabschnitten zu differenzieren:

1. Zeitraum Januar bis Juni 2006

1.1

Die Höhe des Unterhaltsanspruchs ergibt sich zunächst aus dem tatsächlichen Einkommen des Beklagten. Da mittlerweile die Abrechnung des Arbeitgebers des Beklagten für den Monat Dezember 2006 mit den kumulierten Jahreswerten vorliegt, ist daraus das maßgebliche Netto-Einkommen zu errechnen:

 Gesamt-Brutto 18.718,02 €
abzgl. LSt. - 1.712,14 €
abzgl. Solidaritätszuschl. - 7,09 €
abzgl. KiSt. - 37,84 €
abzgl. KV - 1.403,84 €
abzgl. RV - 1.825,02 €
abzgl. AV - 608,34 €
abzgl. PV - 159,13 €
verbleiben 12.964,62 €

Unter Berücksichtigung des vom Familiengericht gemäß Zif. 1.7 der Hammer Leitlinien dem Grunde nach zu Recht angesetzten steuerlichen Freibetrages von 633,-- € im Jahr 2006 ergibt sich ein Steuerbrutto von lediglich 18.085,02 €. Daraus folgt eine Lohnsteuerbelastung von 1.531,-- € sowie eine Kirchensteuerbelastung von 21,69 €, zusammen mithin in Höhe von 1.552,69 €. Demgegenüber hat der Beklagte in 2006 gemäß der obigen Aufstellung Steuern in Höhe von insgesamt 1.757,07 € gezahlt, dies sind 204,38 € mehr. Unterhaltsrechtlich ist dieser Betrag seinem Einkommen hinzuzurechnen:

 verbleibendes Einkommen 12.964,62 €
zzgl. Vorteil aus möglichem Steuerfreibetrag wegen der Fahrtkosten 204,38 €
Sa.: 13.169,00 €

Abzusetzen ist von diesem Einkommen der Netto-Arbeitgeber-Anteil zu den Vermögenswirksamen Leistungen. Bei monatlichen Brutto-Zahlungen von 13,30 € und einer Netto-Quote von 70,4 % errechnet sich ein Betrag von 112,36 € jährlich.

Abzusetzen ist des Weiteren die im Jahre 2006 erbrachte Steuernachzahlung in Höhe von 949,-- €. Dabei ist nicht davon auszugehen, dass der Beklagte eine Stundung (§ 222 AO) erreichen kann, weil nicht ersichtlich ist, wie er die in der Regel erforderliche Sicherheitsleistung hätte erbringen können. Es verbleibt ein Netto-Einkommen des Beklagten von 12.107,64 € jährlich oder von 1.008,97 € monatlich:

 verbleibendes Einkommen 13.169,00 €
abzgl. Netto-AG-Anteil VwL - 112,36 €
abzgl. Steuernachzahlung - 949,00 €
verbleiben 12.107,64 €
monatlich 1.008,97 €

Von diesem Einkommen sind ferner die Fahrtkosten abzusetzen, die sich gem. Zif. 10.2.2 der Hammer Leitlinien infolge der Benutzung eines dem Beklagten gehörenden Pkw auf 70,40 € monatlich belaufen. Dass der Beklagte angesichts seiner wechselnden Einsatzorte und Dienstzeiten auf die Benutzung des Fahrzeugs angewiesen ist, stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Damit verbleiben 938,57 € monatlich Abzusetzen ist der notwendige Selbstbehalt von 890,-- €, wie auch vom Familiengericht vorgenommen. Eine Kürzung des Selbstbehalts im Hinblick auf das vorübergehende Unterkommen des Beklagten im Haushalt seiner Eltern ist nicht veranlasst. Nach Zif. 6.2 der Hammer Leitlinien sind die Umstände des Einzelfalls für die Frage maßgeblich, ob die durch eine häusliche Gemeinschaft eintretende Ersparnis bei den Wohn- und Haushaltskosten die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners steigert. Bedeutsam ist hier, dass eine dauerhafte Haushaltsgemeinschaft des Beklagen mit seinen Eltern nicht begründet worden ist. Kurzfristig erzielten Ersparnissen standen Ausgaben im Zusammenhang mit der Anmietung seiner jetzigen Wohnung und deren Herrichtung bzw. Ausstattung gegenüber, so dass von einer nachhaltigen Senkung der Kosten des eigenen Lebensunterhalts nicht auszugehen ist.

Abzüglich des Selbstbehalts von 890,-- € standen folglich nur noch 48,57 € monatlich für den Unterhalt beider Töchter zur Verfügung. Auf jedes Kind entfallen 24,29 €, dies sind gerundet je 25,-- €.

1.2

Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bestimmt sich insbesondere im Verhältnis zu seinen minderjährigen oder privilegierten Kindern jedoch nicht allein nach den tatsächlichen, sondern auch nach denjenigen Einkünften, die er mit gutem Willen bei bestmöglichem Einsatz seiner beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten erzielen kann (BGH, Urt. vom 22.10.1997 - XII ZR 278/95 - FamRZ 1998, S. 357, 358; OLG Brandenburg FamRZ 2006, S. 1297, 1298). Entscheidende Frage ist damit, ob der Beklagte so zu behandeln ist, als sei er in der Lage gewesen, den vollen Regelunterhalt von jeweils 291,-- € zu zahlen.

Er hätte dann über ein bereinigtes Einkommen von netto (890,-- € + 291,-- € + 291,-- € =) 1.472,-- € verfügen müssen. Setzt man unterhaltsrechtlich relevante Fahrtkosten von 100,-- € monatlich an, wäre mithin ein Netto-Einkommen von 1.572,-- € monatlich erforderlich gewesen. Der Beklagte müsste dazu bei der Veranlagung in Steuerklasse I/1,0 ein Brutto-Einkommen von rund 2.600,-- € erzielen. Dabei können die in 2006 hinzutretende Belastung infolge der Steuernachzahlung wie auch ein infolge der Fahrtkosten erzielbarer steuerlicher Vorteil unberücksichtigt bleiben, zumal sie sich teilweise aufheben.

Unabhängig von der Frage, ob der Beklagte ein solches Einkommen überhaupt realistischerweise erzielen kann, ist ihm ein solches nach Auffassung des Senats jedenfalls noch nicht unmittelbar nach der Trennung zuzurechnen. Auch wenn der Beklagte über eine hinreichende Vorbildung sowie berufliche Erfahrung verfügt, um ein derartiges - oder sogar noch ein höheres - Einkommen zu erzielen, ist doch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass vollschichtige Tätigkeiten mit einem Gehalt von über 2.600,-- € (brutto) für Bewerber mit vergleichbarem Profil durchaus rar sind. Bereits aus diesem Grund ist ihm eine mehrmonatige Frist zur Suche nach einer solchen Stelle zuzubilligen, die nach Auffassung des Senats nicht vor Juni 2006 ablief. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte in einer ungekündigten Stellung stand, aus der heraus er die Stellensuche vornehmen musste. Nach Auffassung des Senats bestand innerhalb dieser Frist auch keine Obliegenheit, einer sozialversicherungsfreien Nebentätigkeit nachzugehen. Dadurch hätte dem Beklagten praktisch keine Zeit mehr zur Verfügung gestanden, um die Suche nach einer besser dotierten Stelle mit der gebotenen Sorgfalt und Nachhaltigkeit zu betreiben.

Soweit die Klägerin einwendet, dem Beklagten könne in Anbetracht seiner Obliegenheit, den Mindestunterhalt der Kinder durchgehend zu sichern, keine solch lange Frist zur Stellensuche gewährt werden, weil er sich bereits früher darauf hätte einstellen müssen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagte bereits geraume Zeit vor seinem Auszug im Januar 2006 damit rechnete oder rechnen musste, künftig den Barunterhalt für beide Töchter zahlen zu müssen.

1.3

Es bleibt nach alledem dabei, dass beiden Töchtern für den Zeitraum Januar bis Juni 2006 lediglich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von jeweils 25,-- € - für den vollen Monat - zusteht.

Da die Klägerin nicht dargelegt hat, aus welchen Gründen Ansprüche auf Barunterhalt bereits für die erste Monatshälfte des Januar 2006 geschuldet sind, bleibt es dabei, dass den Kindern für diesen Monat jeweils nur die Hälfte dieses Betrages, also 12,50 € bzw. gerundet 13,-- €, zusteht.

Eine Berücksichtigung des vom Beklagten "freiwillig" gezahlten Taschengeldes von 30,-- € und 27,-- € findet nicht statt. Diese Zahlungen dienten erkennbar nicht dazu, den Barunterhalt sicherzustellen, sondern zusätzlichen persönlichen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Auch der Beklagte selbst vertritt nicht die Auffassung, es sei im Umfang dieser Zahlungen Erfüllung eingetreten.

Unterhaltsansprüche für die Zeit von Februar bis Juni 2006 sind durch die Zahlungen des Beklagten vollständig erfüllt.

2. Zeitraum ab Juli 2006

2.1

Anden tatsächlichen Einkünften des Beklagten hat sich nichts geändert. Leistungsfähigkeit besteht danach nur im Umfang von monatlich 25,-- € je Kind.

2.2

Nach Ablauf der "Orientierungsfrist" von annähernd 6 Monaten ist der Beklagte jedoch so zu behandeln, als erziele er ein Einkommen von rund 2.600,-- €, das ihm die Sicherstellung des Mindestunterhalts ermöglicht.

Da lediglich der Mindestunterhalt in Rede steht, muss der Beklagte dem Senat die Überzeugung davon verschaffen, ganz oder teilweise leistungsunfähig zu sein, im vorliegenden Fall also, ein Einkommen von rund 2.600,-- € brutto nicht erzielen zu können. Diesen Nachweis hat er nicht erbracht. Erforderlich wäre dazu gewesen, nachhaltige Bemühungen unter Auswertung der Stellenangebote in den gängigen Medien zu entfalten sowie fortlaufend schriftliche Bewerbungen in einer hinlänglichen Anzahl zu verfassen. Dabei bedarf die Frage keiner Beantwortung, in welchem Umfang Erwerbsbemühungen angesichts der fortlaufenden vollschichtigen Tätigkeit hätten entfaltet werden müssen. Denn der Beklagte hat von jeglicher Bewerbungstätigkeit abgesehen. Erst aufgrund der Erfolglosigkeit hinlänglicher kontinuierlicher Bemühungen hätte er den Nachweis erbringen können, (derzeit) keine besser dotierte Stellung erlangen zu können.

Von dem Nachweis der Erfolglosigkeit solcher Bewerbungsbemühungen wäre der Beklagte nur dann entbunden, wenn es ohnehin keine realistische Chance auf dem Arbeitsmarkt für ihn gäbe, ein Einkommen von rund 2.600,-- € brutto zu erzielen. Das ist jedoch nicht der Fall. Wenngleich das Alter des Beklagten einer Einstellung nicht förderlich ist, kann er gleichwohl auf eine am Markt durchaus nachgefragte Ausbildung als Betriebswirt, auf eine Fortbildung im IT-Bereich sowie auf erhebliche Erfahrungen im Bereich des Finanzwesens und vor allem auf eine kontinuierliche Tätigkeit in seinem beruflichen Bereich verweisen. Gesundheitliche Einschränkungen sind nicht ersichtlich.

Dass es auch für ihn durchaus Chancen auf erheblich besser bezahlte Stellen gibt, bekundet der Beklagte schließlich selbst, indem er darauf hinweist, stets auf den sog. Klebeeffekt der Zeitarbeit gehofft zu haben.

2.3

Der Beklagte schuldet beiden Kindern folglich ab dem 01.07.2006 monatlich den Regelbetrag nach der Regelbetrag-Verordnung in Höhe von 291,-- € (zugleich Zahlbetrag). Zu berücksichtigen ist, dass der Beklagte für Juli 2006 bereits 50,-- € und für die Monate ab August 2006 bis einschließlich Februar 2007 je 100,-- €, bezogen auf jedes der beiden Kinder, gezahlt hat. In dieser Höhe sind die jeweiligen Unterhaltsansprüche der Kinder durch Erfüllung erloschen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für die Berufung der Klägerin: 2.748,-- € bis zum 31.01.2007, danach 2.468,-- €;

Gegenstandswert für die Beiordnung der Kläger-Vertreterin im Rahmen der Prozesskostenhilfe-Bewilligung: 2.468,-- €

Streitwert für die Berufung des Beklagten: 5.400,-- € bis zum 31.01.2007, danach 3.700,-- €;

Gegenstandswert für die Beiordnung des Beklagten-Vertreters im Rahmen der Prozesskostenhilfe-Bewilligung: 3.700,-- €

Ende der Entscheidung

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