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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.05.2007
Aktenzeichen: 3 UF 338/06
Rechtsgebiete: EStG, BGB


Vorschriften:

EStG § 33b Abs. 5
BGB § 1578 Abs. 1
Einkommen, das aus einem dem unterhaltspflichtigen Ehegatten gem. § 33b Abs. 5 EStG für ein behindertes Kind gewährten Steuerfreibetrag resultiert (so genannter Behinderten-Pauschbetrag), ist bei der Ermittlung des Unterhaltsbedarfs nach § 1578 Abs. 1 BGB nicht zu berücksichtigen.
Tenor:

Amtsgerichts - Familiengericht - H. zum Nachscheidungsunterhalt wie folgt abgeändert:

Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin Nachscheidungsunterhalt

- für die Zeit vom 03.03. bis zum 31.12.2007 in Höhe von monatlich 127,58 €, davon 25,62 € Altersvorsorgeunterhalt und 101,96 € Elementarunterhalt, und

- für die Zeit ab dem 01.01.2008 in Höhe von monatlich 282,94 €, davon 56,94 € Altersvorsorgeunterhalt und 226,--€ Elementarunterhalt,

zu zahlen;

die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen; der weitergehende Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Berufung werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

(abgekürzt nach § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Parteien schlossen am 16.12.1988 die Ehe miteinander, aus der der am 23.05.1990 geborene Sohn M. hervorgegangen ist, der wegen seiner Diabetes als behindert gilt und der im Haushalt der Antragsgegnerin lebt. Die Parteien trennten sich am 12.12.2002. Der Antragsteller ist Bühnentechniker bei ... Die Antragsgegnerin ist seit Dezember 2006 wieder in ihrem Beruf als Arzthelferin vollschichtig tätig. Im gemeinsamen Eigentum der Parteien steht die frühere Ehewohnung (Größe 63,31 m²) in einem Mehrfamilienhaus, die der Antragsteller weiterhin nutzt. Über die Frage der Asbestbelastung von Abluftkanälen und damit verbundener Sanierungskosten schwebt ein Rechtsstreit mit der Eigentümer-Gemeinschaft. Im Jahre 1994 nahm der Antragsteller bei seinem Bruder ein mit 2 % p.a. verzinsliches Darlehen über 35.000,--DM im Zusammenhang mit der Ablösung eines Arbeitgeber-Darlehens auf, das entsprechend dem handschriftlichen Vertrag "je nach Möglichkeit" des Antragstellers und "je nach .. Notwendigkeit" des Darlehensgebers zurückgezahlt werden sollte. Seit September 2003 tilgt der Antragsteller dieses Darlehen mit monatlich 300,--€. Der Antragsteller bringt Grundbesitzabgaben (monatlich 17,79 €), "Hausgeld" (211,--€) sowie Versicherungsprämien (monatlich 10,51 €) auf. Der Unterhalt für M. ist in einer Jugendamtsurkunde vom 01.08.2005 mit dem Zahlbetrag von 316,--€ tituliert. Das Scheidungsurteil ist seit dem 03.03.2007 rechtskräftig.

Die Antragsgegnerin, die bis Dezember 2006 noch als Reinigungskraft mit 25 Wochenstunden tätig war, hat die Auffassung vertreten, angesichts der Diabetes-Erkrankung des Sohnes keiner weitergehenden Tätigkeit nachgehen zu müssen. Sie hat behauptet, der Mietwert der im gemeinsamen Eigentum stehenden Wohnung belaufe sich bei einem Mietzins von 5,48 €/m² auf 346,93 €; davon seien keine Abzüge mehr vorzunehmen. Sie hat weiter gemeint, die Rückzahlung des Darlehens an den Bruder des Antragstellers könne bei der Unterhaltsermittlung keine Berücksichtigung finden, da eine entsprechende Verpflichtung des Antragstellers nicht bestehe. Überdies müsse er sich daran festhalten lassen, die Darlehensverbindlichkeit im Rahmen des Zugewinnausgleichs heranzuziehen, weil er sie vorprozessual in voller Höhe als eigene Verbindlichkeit abgesetzt habe.

Sie hat beantragt,

den Antragsteller zu verurteilen, an sie nachehelichen Unterhalt in Höhe von 682,--€ monatlich, davon 136,--€ Altersvorsorgeunterhalt, zu zahlen.

Der Antragsteller hat beantragt,

den Antrag abzuweisen,

hilfsweise den Unterhaltsanspruch zu befristen.

Er hat die Auffassung vertreten, die Antragsgegnerin verletzte ihre Obliegenheit zur vollschichtigen Tätigkeit. Als Arzthelferin könne sie 1.230,--€ netto monatlich verdienen. Ihre Bewerbungsbemühungen seien unzureichend. Schon damit verbleibe kein Raum mehr für einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Auf seiner Seite seien hingegen sowohl die Kreditrate von 300,--€ als auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Mietwert der Wohnung aufgrund einer Asbestbelastung um ca. 70 % gemindert sei, so dass keinerlei positiver Wohnwert mehr verbleibe.

Das Familiengericht hat der Klage in Höhe eines monatlichen Anspruchs von 349,--€ (davon 70,--€ Altersvorsorgeunterhalt) stattgegeben. Dabei hat es der Antragsgegnerin ein bereinigtes monatliches Netto-Einkommen von 1.100,--€ aus vollschichtiger Tätigkeit zugeschrieben, dem Antragsteller ein solches von 2.171,70 €, worin ein Wohnvorteil von 107,70 € (auf der Basis eines objektiven Wohnwertes von 347,--€ und Belastungen in Höhe von 239,30 €) enthalten ist.

Mit seiner Berufung verfolgt der Antragsteller seinen Abweisungsantrag weiter. Er meint, das Urteil des Familiengerichts verstoße gegen den Halbteilungsgrundsatz. Überdies sei zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin mitgeteilt habe, seit dem Jahresbeginn eine befristete Vollzeittätigkeit wahrzunehmen. Unrichtig sei es, die Kreditrate von 300,--€ nicht zu berücksichtigen. Ihr Ansatz im Rahmen der außergerichtlich verfolgten Regelung des Zugewinnausgleichs sei nie unstreitig gewesen; überdies sei eine solche Regelung - wie auch die Antragsgegnerin nicht in Abrede stellt - bislang nicht zustande gekommen. Unrichtig sei es auch, in Anbetracht des "katastrophalen" Zustands der Wohnung den vollen Mietwert anzusetzen.

Der Antragsteller beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - B. vom 03.11.2006 bezüglich des Ehegattenunterhalts abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise, den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin auf den 31.12.2008 zu "begrenzen".

Die Antragsgegnerin beantragt nach Rücknahme ihrer Anschlussberufung, mit der sie begehrt hat, den Antragsteller zu verurteilen, beginnend mit dem auf die Rechtskraft des Ehescheidungsurteils folgenden Monat an sie eine Unterhaltsrente von 430,--€ zu zahlen, davon 344,--€ Elementarunterhalt und 86,--€ Altersvorsorgeunterhalt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin meint, ihr stehe ein unbefristeter Betreuungs- und Aufstockungsunterhalt zu. Im Hinblick auf die am 06.12.2006 angetretene Stelle als Arzthelferin erziele sie nach Abzug des Gewerkschaftsbeitrags bereinigt 1.139,85 € netto.

Der Wohnwert sei vom Familiengericht mit 347,--€ zutreffend angenommen worden; die Asbestbelastung sei nicht so "dramatisch", wie vom Antragsteller vorgetragen. Das vom Antragsteller geltend gemachte Hausgeld beinhalte auch verbrauchsabhängige Positionen wie Wasser, Abwasser, Kanalgebühren und Müllabfuhr und könne deshalb nicht berücksichtigt werden. Abzusetzen seien allenfalls Kosten in Höhe von monatlich 35,--€ unter Berücksichtigung der Grundbesitzabgaben (17,79 €) und der Versicherungsprämien (10,51 €). Für das Darlehen beim Bruder sei kein Betrag anzusetzen, schon weil dessen Rückführung dem Antragsteller freistehe. Dass er sich diese Schuld im Rahmen der außergerichtlichen Vermögensauseinandersetzung als eigene Verbindlichkeit zugeschrieben habe, zeige auch, dass es sich dabei nicht um eine ehebedingte Schuld handele.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst zu den Akten gereichter Anlagen sowie auf den Berichterstatter-Vermerk betreffend die Sitzung vom 26.04.2007 Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Antragstellers hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

Der Antragsgegnerin steht Nachscheidungsunterhalt aus § 1573 Abs. 2 BGB (sog. Aufstockungsunterhalt) zu. Ein - vorrangiger - Anspruch wegen der Betreuung eines gemeinsamen Kindes, der ohnehin nur insoweit in Betracht käme, als die Antragsgegnerin aufgrund der Betreuung gehindert ist, einer angemessenen vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen, setzte voraus, dass die Antragsgegnerin noch zum Stichtag des 03.03.2007 wegen der Diabetes des Sohnes nicht vollschichtig arbeiten konnte. Das wird von der Antragsgegnerin selbst nicht mehr geltend gemacht, die seit Dezember 2006 39 Stunden wöchentlich arbeitet.

Es ist nach folgenden Zeitabschnitten zu differenzieren:

1. Zeitraum 03.03.2007 bis 31.12.2007

1.1 Einkommen der Antragsgegnerin

Auszugehen ist von dem jetzt erzielten Brutto-Einkommen von 1.635,--€, mit dem sie ihrer Erwerbsobliegenheit vollständig nachkommt. Nach Abzug eines Gewerkschaftsbeitrags von 16,35 € monatlich ergibt sich unter Berücksichtigung der Werte aus der Abrechnung für Januar 2007 ein bereinigtes Netto-Einkommen in Höhe von 1.140,84 €.

1.2 Einkommen des Antragstellers

1.2.1 Erwerbseinkommen

Maßgeblich ist, welches Erwerbseinkommen der Antragsteller im Durchschnitt des Jahres 2007 erzielen wird. Dabei ist auf die Abrechnung für Dezember 2006 zurückzugreifen, die bereits sämtliche im Laufe eines Jahres zu erwartenden tariflichen Sonderzuwendungen enthält. Dass sich signifikante Veränderungen im Laufe des Jahres 2007 gegenüber 2006 ergeben, ist nicht anzunehmen. Die Auswirkungen etwaiger Gehaltssteigerungen im laufenden Jahr lassen sich derzeit nicht sicher feststellen.

Zugrunde zu legen ist mithin das Gesamt-Brutto von 39.750,26 €, das Steuer-Brutto von 41.188,37 € sowie das Sozialversicherungs-Brutto von 41.456,81 €, wie es vom Schauspielhaus Bochum AöR für das Jahr 2006 bescheinigt wird. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass per 01.01.2007 eine Herabsetzung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung auf 4,2 %, andererseits eine Erhöhung des Beitrags zur Rentenversicherung auf 19,9 % in Kraft getreten ist. Unter Beachtung auch der geringfügigen Veränderungen im Steuertarif errechnet sich auf der Grundlage dieser Zahlen für das gesamte Jahr 2007 ein Nettolohn von 22.497,39 € oder von 1.874,78 € monatlich. Nach Abzug des Gewerkschaftsbeitrags (298,56 € jährlich) sowie des Arbeitnehmer-Beitrags zur Zusatzversorgung (555,79 € jährlich) verbleibt ein monatliches Netto-Einkommen von 1.803,59 €.

Soweit die Antragsgegnerin unter Berufung auf eine Brutto-Netto-Rechnung auf der Basis eines Brutto-Lohnes von 39.673,91 € jährlich geltend macht, die Netto-Beträge müssten höher sein, ist ihr nicht zu folgen. Die Abweichungen beruhen darauf, dass der Antragsteller infolge der Zusatzversorgung höhere Einkommensteuern und Sozialversicherungsbeiträge zahlt, ohne über ein entsprechendes höheres Netto-Einkommen zu verfügen, und dass ihm der Arbeitnehmer-Anteil zur Zusatzversorgung einbehalten wird.

Eine Erhöhung des Netto-Einkommens unter dem Aspekt, dass der Antragsteller gehalten ist, die ihm zustehenden Freibeträge auszunutzen, kommt gleichfalls nicht in Betracht: Wegen der Fahrtkosten kann der Antragsteller nach der gegenwärtigen Regelung (§ 2 Abs. 2 S. 1 und 2 EStG) keinen Freibetrag mehr geltend machen, weil seine Fahrtstrecke nicht mehr als 20 km beträgt.

Die Eintragung eines Freibetrages wegen der Fortschreibung des bisherigen Realsplittings kann die Antragsgegnerin ebenfalls nicht verlangen, weil der Antragsteller in Abrede stellt, überhaupt Nachscheidungsunterhalt zu schulden (BGH, Urt. vom 28.2.2007 - XII ZR 37/05).

Schließlich ist dem Antragsteller nicht deshalb ein höheres Einkommen zuzurechnen, weil er wegen der Diabetes-Erkrankung seines Sohnes einen Freibetrag von 1.850,--€, wie er ihm nach Auffassung der Antragsgegnerin zusteht, nicht geltend gemacht hat. Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass dem Antragsteller jedenfalls ab Vollendung des 16. Lebensjahres seines Sohnes und dem entsprechend der Einlassung der Antragsgegnerin zu diesem Zeitpunkt eintretenden Wegfall des Merkmals "H", mithin der Hilfsbedürftigkeit im Sinne des § 33 b Abs. 3 S. 3 , Abs. 6 EStG, nur noch ein übertragbarer hälftiger Freibetrag in Höhe von 285,--€ zustand (§§ 33 b Abs. 3 S. 2, Abs. 5 S. 2 EStG) und nicht mehr ein solcher von 1.850,--€. Auch eine durch diesen - hälftigen - Freibetrag erzielbare Steuerersparnis kommt jedoch nach Auffassung des Senats einem Unterhaltsberechtigten, der wie die Antragsgegnerin Aufstockungsunterhalt geltend macht, nicht zugute. Die Antragsgegnerin kann sich nicht auf den Grundsatz berufen, wonach ein Unterhaltspflichtiger gehalten ist, steuerliche Vorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Zif. 1.7 der Hammer Leitlinien). Dem steht bereits formell entgegen, dass es sich nicht um einen Freibetrag des Unterhaltspflichtigen, sondern um einen solchen des Kindes handelt, der erst auf Antrag auf einen bzw. beide Elternteile übertragen wird (§ 33 b Abs. 5 S. 1 EStG). Bedeutsamer ist jedoch, dass dieser Freibetrag funktionell wie Kindergeld zu behandeln ist, das nicht wie sonstiges Einkommen zur Bedarfsberechnung nach § 1578 BGB herangezogen werden darf, da seine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung als eine entlastende Leistung nicht dadurch in ihr Gegenteil verkehrt werden darf, dass sie auf diesem Wege zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs führt (BGH, Urt. vom 19.7.2000, Az. XII ZR 161/98, FamRZ 2000, S. 1494). § 33 b EStG verfolgt mit der Gewährung von Pauschbeträgen den vergleichbaren Zweck, im Wege einer vereinfachenden Regelung laufende und typische unmittelbar mit der Behinderung zusammenhängende Kosten als außergewöhnliche Belastung ohne Einzelnachweis abzugelten (BFH, Urt. vom 2.6.2005, Az. III R 15/04, BFHE 210, S. 141). Diesem Ziel widerspräche es ebenso wie beim Kindergeld, wenn eine darauf beruhende Verbesserung der finanziellen Situation des Steuerpflichtigen nunmehr den für die Bemessung des Aufstockungsunterhalts eines geschiedenen Ehegattten maßgeblichen Bedarf erhöhte. Dass der Unterhaltspflichtige gehalten ist, die durch die Inanspruchnahme des übertragenen hälftigen Pauschbetrags eintretende steuerliche Entlastung zur Abdeckung eines Mehrbedarfs des Kindes einzusetzen, bevor er ihn dem unterhaltsberechtigten Ehegatten entgegen halten kann, betrifft erst die Ebene der Leistungsfähigkeit, um die es hier nicht geht.

Die weiter gehende Frage, ob und inwieweit ein unterhaltsberechtigter Ehegatte, der bereit ist, auch den auf ihn entfallenden hälftigen Freibetrag auf den Pflichtigen gem. § 33 b Abs. 5 S. 2 EStG zu übertragen, weil sich dadurch bei letzterem infolge sonstiger individueller Besteuerungsmerkmale eine höhere Erstattung ergibt, an einem solchen Vorteil zu beteiligen ist, wenn für das Kind tatsächlich kein entsprechender Mehrbedarf zu decken ist, kann offen bleiben, weil die Antragsgegnerin ihrem geschiedenen Ehemann eine Übertragung des auf sie entfallenden hälftigen Freibetrags nicht angeboten hat.

Von dem Einkommen des Antragstellers sind die unstreitig entstehenden Fahrtkosten für eine Strecke von 7 km (61,60 € monatlich) abzusetzen.

1.2.2 Steuererstattung

Dem Antragsteller ist mit Bescheid vom 23.03.2007 eine Steuererstattung für das Jahr 2005 in Höhe von 275,66 € zugeflossen. Sie ist seinem Einkommen mit monatsanteilig 22,97 € hinzuzurechnen. Für das Jahr 2006 hat der Antragsteller noch keine Einkommensteuer-Erklärung abgereicht, so dass insoweit keine weitere Erstattung anzusetzen ist. Ein unterhaltsrechtlicher Vorwurf kann ihm daraus gegenwärtig noch nicht erwachsen, weil er ein Interesse daran hat, von ihm in 2006 erbrachte Zahlungen auf den Trennungsunterhalt im Wege des sog. Real-Splittings geltend zu machen. Dafür fehlt es derzeit noch an der Zustimmung der Antragsgegnerin, wobei es auf die Frage, ob ihr die Anlage U zugegangen ist oder nicht, nicht entscheidend ankommt, weil eine diesbezügliche Obliegenheitsverletzung des Antragstellers nicht feststeht.

1.2.3 Wohnvorteil

Die Einordnung der Wohnung in den Mietspiegel, wie sie von der Antragsgegnerin vorgenommen wurde, führt - vorbehaltlich einer mängelbedingten Minderung - zu einer Netto-Miete von rund 347,--€ monatlich, wie dies vom Antragsteller in zweiter Instanz nicht mehr angegriffen worden ist. Ein Abschlag von diesem Mietwert wegen der Asbest-Belastung des Abluftschachtes im Bad ist nicht veranlasst. Bereits die Voraussetzungen des § 536 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach eine Minderung davon abhängt, dass die Räumlichkeiten zum Wohnen nicht uneingeschränkt tauglich sind, sind nicht vorgetragen. Dass eine kontinuierliche Belastung der Luft in der Wohnung oder im Bad mit Asbeststaub vorliegt, behauptet der Antragsteller selbst nicht. Darüber hinaus macht er aber auch nicht geltend, dass überhaupt eine Einschränkung der Badbenutzung vorliegt. Eine Notwendigkeit dafür, den Wohnvorteil entgegen den Hammer Leitlinien nicht nach der objektiven Marktmiete zu bemessen, besteht deshalb nicht.

Von dem Wohnvorteil in Höhe von 347,--€ sind lediglich Kosten in Höhe von monatlich 35,--€ abzusetzen, wie sie die Antragsgegnerin eingeräumt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats mindern nur solche Kosten den Mietwert, mit denen ein Mieter nicht belastet werden könnte. Nur dies entspricht der Bemessung des Wohnwerts anhand der Struktur des Mietspiegels, der reine Netto-Kalt-Mieten aufweist und mithin davon ausgeht, dass alle nach der II. Berechnungsverordnung umlegbaren Nebenkosten auch gesondert auf den Mieter abgewälzt werden. Der Antragsteller hätte folglich nachweisen müssen, mit dem "Hausgeld" lediglich solche nicht umlagefähigen Kosten - namentlich also die Kosten des Verwalters sowie des Geldverkehrs (Wend/Staudigl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 1 Rn. 337 unter Bezugnahme auf OLG Hamm FamRZ 2003, S. 460) - zu decken.

1.2.4 Darlehen

Das Einkommen des Antragstellers ist um die Zahlungen an seinen Bruder in Höhe von monatlich 300,--€ zu bereinigen. Das Familiengericht hat festgestellt, dass der Antragsteller ab September 2003 fortwährend einen solchen Betrag auf das Darlehen zahlt. Dem ist die Antragsgegnerin nicht substantiiert entgegen getreten.

Die angemessene Rückführung dieses Darlehens kann dem Antragsteller nicht verwehrt werden, und zwar unabhängig davon, ob sein Bruder in diesem Umfang eine Tilgung konkret verlangt hat oder nicht. Die allmähliche Tilgung dieses Darlehens, das bereits 1994 gewährt worden ist, hätte auch ohne Trennung und Scheidung der Parteien zwischenzeitlich in Angriff genommen werden müssen. Eine solche Rückgewähr ausgeliehener Mittel ist ein Gebot familiärer Solidarität, wie es die Hingabe des Darlehens hier ihrerseits war, wie sich bereits aus der Geringfügigkeit des Zinssatzes ergibt. Anhaltspunkte dafür, dass es dem Darlehensgeber zuzumuten sein sollte, zeitlich unbeschränkt auf sein Geld zu warten, sind nicht ersichtlich.

Die Verbindlichkeit ist auch als eheprägend anzusehen, weil sie bereits während bestehender Ehe mit dem Wissen und Wollen der Antragsgegnerin eingegangen worden ist und die Darlehensmittel der gemeinsamen Lebensführung zugute gekommen sind. Denn das Geld ist zur Ablösung eines bestehenden Arbeitgeber-Darlehens verwandt worden, an dessen Stelle es zur (Mit-)Finanzierung der Wohnung gedient hat.

Zu Unrecht beruft sich die Antragsgegnerin schließlich auf das Doppelverwertungsverbot. Dieses greift allenfalls dann ein, wenn ein Ausgleich des Zugewinns auf der Grundlage eines um den vollen Darlehensbetrag verringerten Endvermögens des Antragstellers bereits stattgefunden hätte. Das ist jedoch unstreitig nicht der Fall.

1.2.5 Kindesunterhalt

Vor der Errechnung des Aufstockungsunterhalts ist der vom Antragsteller geschuldete Kindesunterhalt abzusetzen. Dazu ist zunächst das bereinigte Einkommen des Antragstellers zu ermitteln, das sich auf 1.777,36 € stellt:

 Netto-Einkommen des Antragstellers (nach Abzug Gewerkschaftsbeitrag) 1.803,59 €
anteilige Steuererstattung 22,97 €
abzgl. Fahrtkosten - 61,20 €
zzgl. Wohnwert Eigentumswohnung 347,00 €
abzgl. Hauslasten und Verwalterkosten - 35,00 €
abzgl. Darlehensrückzahlung - 300,00 €
verbleiben 1.777,36 €

Dieses Einkommen entspricht der 4. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle. Für M. ist der Tabellenunterhalt jedoch nach der 5. Einkommensgruppe zu entnehmen, weil wegen der Minderzahl der Unterhaltspflichtigen eine Heraufstufung um eine Einkommensgruppe vorzunehmen ist. Es ergibt sich ein Unterhaltsbetrag von 373,--€.

1.2.6 Zusammenfassung

Als Grundlage für die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs verbleibt somit ein Einkommen des Antragstellers in Höhe von 1.404,36 €:

 bereinigtes Einkommen vor Kindesunterhalt 1.777,36 €
abzgl. Tabellen-Kindesunterhalt - 373,00 €
verbleiben 1.404,36 €

1.3 Unterhaltsberechnung

Da Altersvorsorgeunterhalt verlangt wird, ist in einer ersten Stufe der vorläufige Elementarunterhalt zu berechnen, auf dessen Basis dann der Altersvorsorgeunterhalt ermittelt wird. Er geht schließlich in die Berechnung des endgültigen Elementarunterhalts ein, so dass eine dreistufige Berechnung vorzunehmen ist:

1.3.1 vorläufiger Elementarunterhalt

Bei der Berechnung des vorläufigen Elementarunterhalts kann die sog. Differenzmethode angewandt werden. Denn eine gesonderte Betrachtung der Einkünfte des Antragstellers im Hinblick auf den Erwerbstätigenbonus ist nicht erforderlich, weil der Wohnvorteil durch die mit ihm im Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten (zugestandene nicht umlagefähige Kosten von 35,--€ sowie Darlehenstilgung in Höhe von monatlich 300,--€) annähernd völlig aufgezehrt wird, so dass auch auf Seiten des Antragstellers praktisch nur ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit verbleibt.

 bereinigtes Einkommen des Antragstellers nach Abzug des Kindesunterhalts 1.404,36 €
bereinigtes Einkommen der Antragsgegnerin 1.140,84 €
3/7 der Differenz 112,94 €

1.3.2 Altersvorsorgeunterhalt

Nach der ab dem 01.01.2007 geltenden Bremer Tabelle errechnet sich die Brutto-Bemessungsgrundlage, indem ein Zuschlag von 14 % aufgerechnet wird. Mit diesem Berechnungsschritt wird der Unterhaltsberechtigte so gestellt, als erziele er ein dem vorläufigen Elementarunterhalt entsprechendes Brutto-Einkommen. Diese Bemessungsgrundlage stellt sich hier auf 128,75 €. Der geschuldete Altersvorsorgeunterhalt entspricht sodann dem auf dieses fiktive Brutto-Einkommen entfallenden vollen Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung (s. BGH, Urt. vom 25.2.1981, Az. IVb ZR 543/80, NJW 1981, S. 1556). Der Altersvorsorgeunterhalt bemisst sich folglich auf 19,9 % - entsprechend dem derzeitigen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung - von 128,75 €, also auf 25,62 €.

1.3.3 endgültiger Elementarunterhalt

Auch die Berechnung des endgültigen Elementarunterhalts erfolgt aus den genannten Gründen nach der Differenzmethode:

 bereinigtes Einkommen des Antragstellers 1.404,36 €
abzgl. Altersvorsorgeunterhalt - 25,62 €
verbleiben 1.378,74 €
bereinigtes Einkommen der Antragsgegnerin 1.140,84 €
3/7 der Differenz 101,96 €

Der Elementarunterhalt beläuft sich danach auf 101,96 €.

1.3.4

Insgesamt steht der Antragsgegnerin folglich ein monatlicher Unterhalt in Höhe von (25,62 € + 101,96 € =) 127,58 € zu.

Eine Korrektur dieses Ergebnisses ist nicht veranlasst:

Im Rahmen des Aufstockungsunterhalts ist lediglich ein Einkommensgefälle, das noch nicht einmal 10 % des bereinigten Netto-Einkommens des Bedürftigen übersteigt, nicht auszugleichen (Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 1573 Rn. 15). Dieses Einkommensgefälle liegt hier deutlich höher.

Auch eine Herabsetzung des Unterhalts ist nicht erforderlich, denn sowohl der eheangemessene Selbstbehalt als auch der dem Antragsteller gebührende Bedarfskontrollbetrag sind gewahrt.

2. Zeitraum ab Januar 2008

Für die Zeit ab Januar 2008 ist eine Neuberechnung des Unterhalts erforderlich. Denn es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller angesichts monatlicher Tilgungen von 300,--€ das Darlehen, das per 15.10.2004 mit 10.984,22 € valutierte, Ende 2007 annähernd vollständig zurückgeführt haben wird. Bis zu diesem Zeitpunkt wird er nämlich weitere 38 Raten, mithin insgesamt 11.400,--€, gezahlt haben, so dass auch die Zinsen im Wesentlichen gedeckt sein werden.

2.1 Einkommen der Antragsgegnerin

Auf Seiten der Antragsgegnerin ist weiterhin mit einem bereinigten Einkommen von 1.140,84 € zu rechnen.

2.2 Einkommen des Antragstellers

Das Einkommen des Antragstellers, wie für 2007 ermittelt, ist fortzuschreiben. Das gilt auch für die Steuererstattung, die Fahrtkosten und den Wohnvorteil.

Da die Zahlungsverpflichtung des Antragstellers gegenüber seinem Bruder entfallen ist, ergibt sich folgendes bereinigte Einkommen:

 Netto-Einkommen des Antragstellers (nach Abzug Gewerkschaftsbeitrag) 1.803,59 €
anteilige Steuererstattung 22,97 €
abzgl. Fahrtkosten - 61,20 €
Zwischensumme Erwerbseinkommen 1.765,36 €
zzgl. Wohnwert Eigentumswohnung 347,00 €
abzgl. Hauslasten und Verwalterkosten - 35,00 €
abzgl. Darlehensrückzahlung -
Zwischensumme sonstiges Einkommen 312,00 €
bereinigtes Gesamteinkommen 2.077,36 €

Bei einem Einkommen von 2.077,36 € ist der Kindesunterhalt der 5. Einkommensgruppe zu entnehmen. Doch ist hier - wie bereits dargelegt - eine Heraufstufung in die 6. Einkommensgruppe vorzunehmen, so dass sich der Kindesunterhalt auf 393,--€ stellt. Eine Änderung im Kindesunterhalt, die für die Zeit ab Juli 2007 zu erwarten ist, kann dabei noch nicht berücksichtigt werden, weil die Zahlen noch nicht bekannt sind.

Nach Abzug des Kindesunterhalts verbleibt somit ein bereinigtes Einkommen des Antragstellers von 1.684,36 €:

 bereinigtes Einkommen vor Kindesunterhalt 2.077,36 €
abzgl. Tabellen-Kindesunterhalt - 393,00 €
verbleiben 1.684,36 €

2.3 Unterhaltsberechnung

Die Unterhaltsberechnung muss wieder dreistufig vorgenommen werden. Allerdings ist jetzt die sog. Additionsmethode heranzuziehen, da der Antragsteller nach Wegfall der Darlehensverpflichtung ein nicht ganz unerhebliches Einkommen aus dem Wohnvorteil bezieht, von dem der Erwerbstätigenbonus nicht abzusetzen ist.

2.3.1 vorläufiger Elementarunterhalt

 bereinigtes Einkommen des Antragstellers 1.684,36 €
abzgl. Erwerbstätigenbonus aus dem reinen Erwerbseinkommen nach Abzug der darauf entfallenden Verbindlichkeiten (Erwerbseinkommen: 1.765,36 € sonstiges Einkommen: 312,--€ Verbindlichkeiten: 393,--€ (Kindesunterhalt) davon entfallen auf das Erwerbseinkommen: 84,98 % oder 333,98 € Bemessungsgrundlage für den Erwerbstätigenbonus somit: 1.765,36 € - 333,98 € = 1.431,38 € davon 1/7: 204,48 €) - 204,48 €
verbleiben 1.479,88 €
bereinigtes Einkommen der Antragsgegnerin 1.140,84 €
abzgl. Erwerbstätigenbonus (1/7 von 1.140,84 €) - 162,98 €
verbleiben 977,86 €
Differenz 502,02 €
davon 1/2 251,01 €

Der vorläufige Elementarunterhalt beläuft sich folglich auf 251,01 €.

2.3.2 Altersvorsorgeunterhalt

Zugrunde zu legen sind auch hier die Werte der Bremer Tabelle, wie sie für das Jahr 2007 gelten, da die Werte für 2008 nicht verfügbar sind. Die Brutto-Bemessungsgrundlage stellt sich dann - nach Addition von 14 % - auf 286,15 €. Der Altersvorsorgeunterhalt bemisst sich auf 19,9 % dieses Betrages, also auf 56,94 €.

2.3.3 endgültiger Elementarunterhalt

 bereinigtes Einkommen des Antragstellers 1.684,36 €
abzgl. Altersvorsorgeunterhalt - 56,94 €
abzgl. Erwerbstätigenbonus aus dem reinen Erwerbseinkommen nach Abzug der darauf entfallenden Verbindlichkeiten (Erwerbseinkommen: 1.765,36 € sonstiges Einkommen: 312,--€ Verbindlichkeiten: 393,--€ (Kindesunterhalt) und 56,94 € Altersvorsorgeunterhalt, davon entfallen auf das Erwerbseinkommen: 84,98 % oder 382,36 € Bemessungsgrundlage für den Erwerbstätigenbonus somit: 1.765,36 € - 382,36 € = 1.383,--€ davon 1/7: 197,57 €) - 197,57 €
verbleiben 1.429,85 €
bereinigtes Einkommen der Antragsgegnerin 1.140,84 €
abzgl. Erwerbstätigenbonus (1/7 von 1.140,84 €) - 162,98 €
verbleiben 977,86 €
Differenz 451,99 €
davon 1/2 226,--€

Der Elementarunterhalt beläuft sich danach auf 226,--€.

2.3.4

Insgesamt kann die Antragsgegnerin ab dem 01.01.2008 monatlichen Unterhalt in Höhe von (226,--€ + 56,94 € =) 282,94 € verlangen. Eine Korrektur dieses Ergebnisses ist nicht erforderlich, da der Antragsteller auch jetzt Beträge oberhalb des eheangemessenen Selbstbehalts und des Bedarfskontrollbetrages für sich behält.

2.4 Befristung

Die Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhalts liegen jedenfalls gegenwärtig nicht vor. Erforderlich wäre, dass sämtliche im Rahmen des § 1573 Abs. 5 BGB relevanten Umstände bereits eingetreten oder "zuverlässig voraussehbar" sind (BGH, Urt. vom 28.2.2007, a.a.O.). Das ist hinsichtlich der Erwerbseinkünfte der Antragsgegnerin nicht der Fall, weil sie nur über eine befristete Stelle verfügt. Auch in Anbetracht des Umstandes, dass der gemeinsame Sohn der Parteien erst im Mai 2006 das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist deshalb noch nicht von einer "nachhaltigen Entflechtung" der ehelichen Lebensverhältnisse auszugehen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Antragstellers vom 09.05.2007 rechtfertigt keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Er enthält mit den in Bezug genommenen Anlagen neuen Sachvortrag, der mit eigenem früherem Vorbringen des Antragstellers in Widerspruch steht (s. Schriftsatz vom 30.08.2005 nebst Anlagen). Eine Berücksichtigung scheitert deshalb an § 296 a ZPO (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 156 Rn. 4). Im Übrigen sind Gründe, die gemäß § 156 Abs. 2. Nr. 1 oder 2 ZPO eine Wiedereröffnung erfordern, weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwert für die Berufung: 4.188,--€

Streitwert für die Anschlussberufung: 972,--€

Ende der Entscheidung

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