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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 3 Ws 185/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 453
Die gemäß § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO eingeschränkte Überprüfung des eines Bewährungsbeschlusses auf seine Gesetzmäßigkeit hin steht der Zulassung weiteren neuen Beschwerdevorbringens entgegen. Das Beschwerdegericht ist nicht befugt, sein Ermessen an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts zu setzen.
Beschluss

In der Strafsache

gegen G.H.

wegen versuchten Betruges

(hier: Beschwerde des Verurteilten gegen die Ablehnung der weitergehenden Abänderung einer Bewährungsauflage).

Auf die Beschwerde des Verurteilten vom 20. Dezember 2004 gegen den Beschluss der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 26. November 2004 hat der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 10. 05. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe:

I.

Durch Urteil der 9. großen Strafkammer des Landgerichts Bielefeld vom 31. Juli 2003 (rechtskräftig seit dem 12.05.2004) wurde gegen den Verurteilten wegen versuchten Betruges eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt, deren Vollstreckung für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zugleich wurde dem Verurteilten aufgegeben, binnen einer Frist von sechs Monaten einen Betrag in Höhe von 100.000,- € an die Landeskasse zu zahlen. Auf den Antrag des Verurteilten vom 30. Juni 2004 auf Herabsetzung und Gewährung längerfristiger Ratenzahlung hat die Strafkammer durch den angefochtenen Beschluss vom 26. November 2004 die Herabsetzung der erteilten Zahlungsauflage abgelehnt, dem Verurteilten jedoch gestattet, den an die Landeskasse zu entrichtenden Betrag in monatlichen Raten zu je 2.000,- €, beginnend am 01.12.2004, zu zahlen. Gegen diesen Beschluß wendet sich der Verurteilte mit seiner Beschwerde, mit der er eine deutliche Herabsetzung der auferlegten Zahlung erstrebt und die längerfristige Gewährung geringerer Raten unter Wahrung seines Existenzminimums.

Die Strafkammer hat der Beschwerde durch Beschluss vom 15. März 2005 nicht abgeholfen; die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.

II.

Die gemäß § 304 StPO zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die gemäß § 453 Abs. 2 S. 2 StPO eingeschränkte Überprüfung des angefochtenen Beschlusses auf seine Gesetzmäßigkeit hin gibt keine Veranlassung zu seiner Abänderung. Eine Bewährungsanordnung ist dann gesetzwidrig, wenn die getroffene Anordnung im Gesetz nicht vorgesehen, wenn sie unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, oder sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (vgl. Fischer in KK, StPO, 5. Aufl., § 453 Rdnr. 13; Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., Rdnr. 12 zu § 453, jew. m.w.N.). Die Ablehnung der begehrten Anordnung, die den gleichen Anfechtungsvoraussetzungen wie die Anordnung selbst unterliegt, ist weder unverhältnismäßig noch unzumutbar noch überschreitet sie sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens. Zutreffend führt der angefochtene Beschluss insbesondere insoweit aus, dass die Auferlegung eines Geldbetrages in der festgesetzten Höhe dem aus der Tat und dem Unrechts- und Schuldgehalt erwachsenen Genugtuungsbedürfnis entspricht und Art und Höhe der Geldauflage in keinem unangemessenen Verhältnis zum Maß der Tatschuld stehen.

Auch hat die Strafkammer mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, dass die Zahlungsauflage keine unzumutbaren Anforderungen an den Verurteilten stellt. Die der Strafkammer zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung vorliegenden Unterlagen, auf deren Grundlage sie ihre Entscheidung getroffen und begründet hat, hat sie dabei in einer Weise gewertet, die keine Überschreitung des ihr eingeräumten Ermessens bei Ablehnung der weitergehenden Änderung der Bewährungsauflage erkennen läßt. Nur insoweit unterliegt der angefochtene Beschluss der Nachprüfung durch das Beschwerdegericht.

Soweit der Beschwerdeführer mit den mit Schriftsatz vom 26. April 2005 nachgereichten Unterlagen seine Beschwerde mit neuem weiteren Vortrag zu seiner Einkommenssituation begründet, können diese Umstände durch das Beschwerdegericht nicht berücksichtigt werden. Die gemäß § 453 Abs. 2 S. 2 StPO eingeschränkte Überprüfung des angefochtenen Beschlusses auf seine Gesetzmäßigkeit hin steht der Zulassung weiteren neuen Beschwerdevorbringens entgegen. Das Beschwerdegericht ist nämlich nicht befugt, sein Ermessen an die Stelle des erstinstanzlichen Gerichts zu setzen (vgl. Paeffgen, Systematischer Kommentar, StPO, Rdnr. 19 zu § 453, OLG Frankfurt NStZ-RR 1998, 126 ff., KK-Fischer, a.a.O.). Das Beschwerdegericht trifft vielmehr seine Entscheidung über die Gesetzwidrigkeit der getroffenen bzw. abgelehnten Anordnung auf der Grundlage des Prozessstoffs, der dem Erstgericht vorgelegen hat. Zwar führt diese eingeschränkte Überprüfung dazu, dass der Verurteilte mit neuem Vorbringen im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen ist, jedoch ist es ihm unbenommen, auf der Grundlage des neuen Vorbringens einen erneuten Antrag auf Abänderung der Bewährungsauflage beim Erstgericht zu stellen. Die nachfolgende Entscheidung des Erstgerichtes unterliegt wiederum der eingeschränkten Überprüfung durch das Beschwerdegericht, so dass dem Verurteilten hierdurch letztlich kein Nachteil, sondern eher eine Besserstellung zuteil wird, weil zwei Gerichte über sein Vorbringen entscheiden und nicht nur das Beschwerdegericht im Falle der Zulassung neuen Vorbringens innerhalb des Beschwerdeverfahrens.

Die Strafkammer hat vorliegend ermessensfehlerfrei die nachträgliche weitergehende Abänderung der Geldauflage abgelehnt, weil sie eine maßgebliche Veränderung der Bewährungssituation, insbesondere der Vermögensverhältnisse des Verurteilten, verneint hat. Aufgrund der Ausführungen des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses ist diese Ablehnung nicht als gesetzwidrig zu beanstanden. Soweit der Verurteilte meint, dass die Strafkammer das Genugtuungsbedürfnis bereits in dem angefochtenen Urteil falsch eingeschätzt habe und aufgrund einer anderen Beurteilung des Genugtuungsbedürfnisses anhand neuer Bewertungsmaßstäbe nachträglich eine Abänderung der Auflage geboten sei, kommt eine nachträgliche Abänderung der Geldauflage ohnehin nicht in Betracht. Eine solche ist nämlich nur zulässig, um das Genugtuungsbedürfnis der sich innerhalb der Bewährungszeit verändernden Bewährungssituation anzupassen, wobei die Strafkammer das ihr eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerhaft gebraucht hat. Es kann nicht darum gehen, dass die nachträglich entscheidenden Richter neue Genugtuungsmaßstäbe setzen, sondern nur darum, dass eine Auflage an eine möglicherweise veränderte Tatsachenlage in der Weise angepasst wird, dass im Anpassungszeitpunkt auch noch das erreicht wird, was im Zeitpunkt des Erlasses des Urteils gewollt gewesen ist (vgl. OLG Stuttgart NStZ-RR 2004, 364).

Zu berücksichtigen ist, dass bei der Verhängung der Auflage im Zeitpunkt der Hauptverhandlung ein enger Zusammenhang mit dem verurteilenden Erkenntnis selbst besteht. Die insoweit bestehende Regelungseinheit gewährleistet, dass die Rechtsfolgen der Tat insgesamt aufeinander abgestimmt sind. Die eingeschränkte Möglichkeit nachträglicher Abänderung von Bewährungsauflagen bzw. die Einräumung gerichtlichen Ermessens bei der Entscheidung über die Abänderung und die eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeiten des Beschwerdegerichts tragen dieser besonderen Abgestimmtheit und der Kompetenz des erkennenden Gerichts, den Schuldumfang und das Genugtuungsbedürfnis umfassend zu bestimmen, Rechnung.

Ohne Rechtsfehler hat die Strafkammer in ihrem Nichtabhilfebeschluss vom 15.03.2005 darauf hingewiesen, dass der Verurteilte seine wirtschaftliche Situation zum Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung weder vollständig noch überschaubar dargetan hat, sondern wesentliche Aspekte lückenhaft und unplausibel bleiben. Da die Beschwerde nicht zur Feststellung der Gesetzwidrigkeit der Ablehnung der begehrten Anordnungen führt, war sie mit der Kostenfolge des § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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