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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 25.10.2009
Aktenzeichen: 31 U 153/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, BGB-InfoV


Vorschriften:

BGB § 346
BGB § 346 Abs. 1
BGB § 346 Satz 1
BGB § 348
BGB § 355
BGB § 355 Abs. 2
BGB § 355 Abs. 3 Satz 3
BGB § 357
BGB § 357 Abs. 1 Satz 1
BGB § 358
BGB § 358 Abs. 1
BGB § 358 Abs. 2
BGB § 358 Abs. 4 Satz 3
BGB § 358 Abs. 2 Satz 2
BGB § 385 Abs. 5
BGB § 495
BGB § 495 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 2
ZPO § 756
ZPO § 765
BGB-InfoV § 14
BGB-InfoV § 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 02. August 2007 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages in Anspruch, das ihm die Beklagte zur Finanzierung einer treuhänderischen Beteiligung an der C3 GbR gewährt hat.

Die in der "Widerrufsbelehrung" als Anlage zu diesem Darlehensvertrag enthaltene Belehrung hat unter der Überschrift "Widerrufsrecht" folgenden Wortlaut (Bl. 17 d.A.):

"Ich bin darüber belehrt worden, dass ich meine auf den Abschluss dieses Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen widerrufen kann, sofern dieses Recht nicht nach Satz 3 ausgeschlossen ist. Widerrufe ich diesen Verbraucherdarlehensvertrag, so bin ich auch an meine auf den Abschluss des verbundenen Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages gegenüber der Bank, gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrages gegenüber dem Unternehmen."

Wegen des Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat antragsgemäß festgestellt (Ziffer 1), dass der Beklagten weder aus Anlass des Kreditvertrages Nr. #####/#### über den Nennbetrag von 17.456,84 EUR noch aus dessen Anschlussfinanzierung noch aus sonstigem Rechtsgrund im Zusammenhang mit der Fondsbeteiligung des Klägers an der C2 GbR oder deren Finanzierung Zahlungsansprüche gegen den Kläger zustünden. Ferner hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.895,76 EUR zzgl. Nutzungsentgelt in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.03.2007 zu zahlen sowie die Sicherheit bei der M AG, Vertragsnummer #####/#### zugunsten des Klägers freizugeben, Zug um Zug um Abtretung aller Rechte aus der anlässlich des Kreditvertrages Nr. #####/#### an die Beklagte bereits abgetretene Fondsbeteiligung des Klägers an dem C GbR an die Beklagte (Ziffer 2). Schließlich hat das Landgericht festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes in Verzug befindet (Ziffer 3).

Der Feststellungsantrag sei begründet, weil der Kläger den Darlehensvertrag als Verbraucher nach den §§ 355, 495 Ab. 1 BGB habe wirksam widerrufen können, weil sein Widerrufsrecht mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht erloschen sei. Denn die Widerrufsbelehrung habe trotz des Umstands, dass die Beklagte in der Widerrufsbelehrung den Darlehensvertrag und die Fondsbeteiligung als Verbundgeschäft angesehen habe, was auch zutreffe, weil ein solches auch vorliege, nicht die zusätzlichen Voraussetzungen des § 385 Abs. 5 BGB erfüllt. Die verwendete Widerrufsbelehrung sei für den Verbraucher missverständlich, denn sie mache nicht eindeutig klar, dass der Widerruf des finanzierten Vertrages, der vorrangig gegenüber dem Widerruf des Darlehensvertrages sei, sich auch auf den Darlehensvertrag auswirke. Für den Verbraucher sei insbesondere nicht erkennbar, dass für den Fall des Widerrufs des finanzierten Vertrages eine Bindung an den Darlehensvertrag für ihn nicht mehr bestehe. Die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung könne bei einem Verbraucher zu der irrigen Annahme führen, dass er glaube, sich zwar mit Widerruf von dem finanzierten Geschäft lösen zu können, dann aber an den Darlehensvertrag und die dort eingegangenen Verbindlichkeiten weiter gebunden zu sein.

Auch der Leistungsantrag sei begründet. Nach den §§ 357 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 346 Satz 1 BGB stehe dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der bisher geleisteten Zinsraten nebst Nutzungsentschädigung zu. Das Freigabebegehren bezüglich der zu sichernden abgetretenen Lebensversicherung sei begründet, weil die Sicherungsabrede aufgrund der Rückabwicklung des Darlehensvertrages hinfällig sei und die Beklagte die Abtretung ohne rechtlichen Grund erlangt habe.

Schließlich sei festzustellen, dass sich die Beklagte im Annahmeverzug bezüglich des Abtretungsangebots für den Fondsanteil befinde. Denn der Kläger habe das Angebot auf Abtretung der Fondsanteile spätestens mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe im Klageentwurf abgegeben.

Hier gegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Sie hält daran fest, dass der Widerruf des Klägers verfristet sei.

Die Beklagte habe die Anforderungen der BGB-InfoV vollständig erfüllt; auch sei ihre Widerrufsbelehrung mit der Musterbelehrung des Bundesverbandes Deutscher Banken identisch. Das Landgericht habe übersehen, dass § 358 BGB in seiner Gesamtheit zwar ein "einheitliches Widerrufsrecht" regeln wolle, was aber nicht bedeute, dass der Inhalt des § 358 BGB in seiner Gesamtheit in eine Widerrufsbelehrung Eingang finden müsse. Der Liefernde habe gemäß § 358 Abs. 1 BGB zu belehren, der Darlehensgeber hingegen gemäß § 358 Abs. 2 BGB. Es bestünde keine Notwendigkeit, über das jeweils anderweitige Widerrufsrecht zu belehren.

Da sie, die Beklagte, die Anforderungen der BGB -InfoV vollumfänglich erfüllte habe, habe sie sicher gehen dürfen, dass die von ihr verwendete Belehrung rechtmäßig sei. Der Einwand einer fehlerhaften, weil gegen die BGB-InfoV verstoßenden Belehrung könne der Beklagten nicht vorgehalten werden.

Die Beklagte beantragt,

abändernd

die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung zurückzuweisen,

2. hilfsweise

die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 872,84 EUR für verrechnetes Disagio zu zahlen, zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5,43 % p.a. seit dem 29.02.2004, sowie weitere 499,20 EUR für überzahlte Kreditraten, nebst Zinsen in Höhe von 5,43 % p.a. aus je 20,80 EUR seit dem 30.03.2004 und jedem weiteren Monatsletzten bis 28.02.2006 einschließlich, nebst weiteren Zinsen in Höhe von 5,43 % aus 499,20 EUR seit dem 01.03.2006 zu zahlen;

festzustellen, dass er, der Kläger, aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrag Nr. #####/#### bis zur vollständigen Darlehenstilgung einen Zinssatz von nur 4 % p.a. schulde.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung weiche in vielfältiger Weise zum Nachteil des Kreditnehmers sowohl von der Musterbelehrung nach BGB-InfoV als auch von der Musterbelehrung des C3 E Banken ab.

Die Widerrufsbelehrung der Beklagten sei unwirksam, weil sie den Verbraucher in der irrigen Annahme belasse, dass er bei einer Widerrufsmöglichkeit hinsichtlich des finanzierten Geschäfts sich nicht von dem Darlehensvertrag lösen könne. Die gebotene Aufklärung über den Widerrufsdurchgriff habe die Beklagte in ihrer Belehrung unterlassen. Hinzu komme, dass der Darlehensnehmer nach der Widerrufsbelehrung der Beklagten gar nicht wisse, ob der Widerruf des Kreditvertrages zulässig oder ausgeschlossen sei, weil die Belehrung der Beklagten, anders als die Musterbelehrung nach der BGB-InfoV den Begriff der wirtschaftlichen Einheit nicht erläutere. Ohnehin habe die Beklagte in der neben der Widerrufsbelehrung dem Darlehensnehmer überreichten "Besondere Erklärung" erklärt, dass der Kredit in jedem Fall zurück zu zahlen sei, unabhängig von dem Schicksal des verbundenen Geschäfts. Hinzu komme, dass die Beklagte die Widerrufsfrist unterschiedlich angegeben habe. Denn nach der Belehrung der Beklagten in ihrem Schreiben vom 10.03.2004 ende die Frist mit Auszahlung der Valuta an den Treuhänder am 30.03.2004, was nur richtig sei, wenn das Begleitschreiben nebst Verträgen dem Kläger bis spätestens 16.03.2004 zugegangen wäre, was die Beklagte weder behauptet noch unter Beweis gestellt habe. Schließlich sei der Hinweis in der Widerrufsbelehrung auf eine vermeintliche Verpflichtung zur Herausgabe von gezogenen Nutzungen und zum Wertersatz bei Unmöglichkeit der Rückgewähr fehlerhaft.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst ihrer Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet, denn das Landgericht hat den Klageanträgen zu Recht stattgegeben.

1.

Zutreffend hat das Landgericht die Feststellung getroffen, dass die Beklagte gegen den Kläger im Zusammenhang mit der treuhänderischen Beteiligung des Klägers an der C GbR oder deren Finanzierung keine Zahlungsansprüche hat.

1.1.

Der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 des Klägers ist zulässig. Das Nichtbestehen eines Zahlungsanspruchs der Beklagten gegenüber dem Kläger ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis, an dessen Feststellung der Kläger auch ein schutzwürdiges Interesse hat, weil die Beklagte die Wirksamkeit des erklärten Widerrufs bestreitet und sich damit des Bestehens von Zahlungsansprüchen gegenüber dem Kläger berühmt. Dem Kläger steht auch keine bessere Rechtsschutzmöglichkeit in Gestalt der gleichzeitig erhobenen Leistungsklage auf Rückzahlung bereits gezahlter Beträge zu, weil die Frage der Wirksamkeit des Darlehensvertrages hierbei lediglich bloße Vorfrage ist und an der materiellen Rechtskraft des Leistungsurteils nicht teilnimmt. Ohnehin ist der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig.

1.2.

Zahlungsansprüche der Beklagten gegen den Kläger aus dem zwischen den Parteien zustande gekommenen Verbraucherdarlehensvertrag vom 16.02./10.03.2004 bestehen nicht, nach dem der Kläger seine auf Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung innerhalb des Klageentwurfs vom 14.06.2006 (Bl. 6 d.A.).2007 widerrufen hat. Dieser Widerruf ist nicht verfristet, sondern vielmehr wirksam, weil das Widerrufsrecht des Klägers aus § 495 Abs. 1 BGB mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB durch Ablauf der Zweiwochenfrist nicht erloschen war.

Die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 355 Abs. 2, 358 Abs. 5 BGB an eine Widerrufsbelehrung bei einem Verbundgeschäft, dessen Vorliegen die Beklagte nochmals ausdrücklich unstreitig gestellt hat (vgl. Bl. 349 d.A.).

Der Wortlaut der von der Beklagten verwendeten Widerrufsbelehrung weicht von dem Muster der Anlage 2 gemäß § 14 Abs. 1 BGH-InfoV ab, so dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten nicht wegen einer dem Muster entsprechenden Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB genügt. Gerade die von der Beklagten in ihrer Berufungserwiderung dargestellte Gegenüberstellung (vgl. 349 d.A.) des Wortlauts des Musters und der eigenen Belehrung zeigt, dass von einer unveränderten Übernahme des Wortlauts des Musters keine Rede sein kann. Denn während es im Muster Anlage 2 u.a. heißt: "Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtung aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. ... Können Sie auch den anderen Vertrag widerrufen, so müssen Sie den Widerruf gegenüber Ihrem diesbezüglichen Vertragspartner erklären", hat die von der Beklagten verwendete Belehrung folgenden, abweichenden Wortlaut: "Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages gegenüber der Bank, gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrages gegenüber dem Unternehmer". Damit werden in der seitens der Beklagten verwendeten Belehrung die Widerrufsfolgen anders als in der Musterbelehrung dargestellt. Denn während die Musterbelehrung der Anlage 2 ausspricht, dass im Falle, dass auch für den verbundenen Vertrag ein Widerrufsrecht besteht, der zutreffende Adressat der Widerrufserklärung der diesbezügliche Vertragspartner ist, spricht die von der Beklagten verwendete Widerrufserklärung davon, dass das Widerrufsrecht des Verbraucherdarlehens ausgeschlossen sei. Anders als in der Musterbelehrung nach Anlage 2, die von Widerruflichkeit beider Verträge ausgeht ("auch den anderen Vertrag"), führt der Widerruf gegenüber der Bank dazu, dass er als Widerruf des verbundenen Vertrages "gelte". Da die Schutzwirkung des § 14 BGB-InfoV nur dann eingreift, wenn die Belehrung unverändert und entsprechend den Gestaltungshinweisen verwendet wird (vgl. Palandt/Sprau, 67. Aufl., § 14 BGB-InfoV Rz 3), kann die Beklagte diese Schutzwirkung nicht für sich in Anspruch nehmen.

Der Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis des Verbrauchers eindeutige Belehrung (BGH NJW 2002, 3396 3397). Hieran fehlt es vorliegend.

Im Fall der hier gegebenen Verbindung des Darlehensvertrages mit einem anderen Vertrag muss die Belehrung gemäß § 358 Abs. 5 BGB auch den Hinweis darauf enthalten, dass der Verbraucher bei Widerruf des einen verbundenen Vertrages auch nicht an den anderen gebunden ist (§ 358 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB) und das nach § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB das Widerrufsrecht hinsichtlich des finanzierten Vertrages vorrangig ist.

In dieser Belehrung fehlt ein für den Verbraucher eindeutiger Hinweis, dass sich der - nach der gesetzlichen Regelung vorrangige - Widerruf des finanzierten Vertrages in seinen Wirkungen auf den Darlehensvertrag erstreckt und in diesem Fall eine Bindung an den Darlehensvertrag nicht mehr besteht. Die Widerrufsbelehrung enthält in ihrem Satz 2 allein für den Fall des Widerrufs des Darlehensvertrages den Hinweis, dass der Widerruf auf den finanzierten Vertrag durchgreift. Die in Satz 3 enthaltene Information, dass im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts für den finanzierten Vertrag das Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages ausgeschlossen ist, entspricht zwar isoliert betrachtet der gesetzlichen Vorrangregelung des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sie ist jedoch unvollständig und irreführend, weil sie weder ausdrücklich noch sinngemäß auf die von § 358 Abs. 1 BGB angeordnete Erstreckung des Widerrufs des finanzierten Geschäfts auf den Darlehensvertrag verweist. Auch der folgende Satz 4 der Belehrung enthält keinen Hinweis auf den sich aus der gesetzlichen Regelung ergebenden Widerrufsdurchgriff.

Der durchschnittliche Verbraucher muss angesichts der Belehrung der Beklagten davon ausgehen, dass der gegenüber dem Darlehensgeber erklärte Widerruf des Darlehensvertrages, wenn zugleich für den verbundenen Vertrag ein Widerrufsrecht besteht, allein zu einer Unwirksamkeit des finanzierten Geschäftes führt und es bei der Wirksamkeit des Darlehensvertrages verbleibt. Damit verkürzt die Belehrung der Beklagten das Gesetz, weil der Verbraucher nicht darüber informiert wird, dass er im Fall des Bestehens eines Widerrufsrechts für den verbundenen Vertrag wegen der Erstreckung in § 358 Abs. 1 BGB auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist. Die Belehrung der Beklagten ist deshalb missverständlich und unvollständig.

Die Beklagte kann schließlich nicht mit Erfolg auf die seit dem 01.04.2008 geltenden neuen Muster zu Widerrufs- und Rückgaberechten des Verbrauchers verweisen. Denn dort ist, anders als bei der hier in Rede stehenden Belehrung der Beklagten, keine Rede davon, dass das Widerrufsrecht in einer bestimmten Konstellation ausgeschlossen sei. Der Umstand, dass insoweit zwar eine Wiederholung des Gesetzeswortlauts des § 358 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BGB vorliegt, rechtfertigt keine der Beklagten günstigere Sichtweise, weil die von ihr verwendete Belehrung - wie dargelegt - insgesamt in missverständlicher Weise die gesetzliche Regelung verkürzt.

1.3.

Anders als die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gemeint hat (Bl. 284 d.A.), hat das Landgericht die Rechtsfolgen des wirksamen Widerrufs zutreffend bestimmt, in dem es die Feststellung ausgesprochen hat, dass der Beklagten gegen den Kläger keine Zahlungsansprüche zustehen.

Denn der seitens des Klägers erklärte wirksame Widerruf befreit beide Parteien von ihren Leistungspflichten (vgl. Palandt/Grüneberg, 67. Aufl., § 346 BGB Rz 4), den Kläger also von der Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen aus dem Darlehensvertrag.

Der Kläger ist nicht verpflichtet, den Nettodarlehensbetrag an die Beklagte zurückzuzahlen. Vielmehr hat er allein seine treuhänderischen Rechte aus der Fondsbeteiligung sowie seine Rechte aus dem Treuhandvertrag mit der D mbH auf die Beklagte zu übertragen.

Anders als die Beklagte meint, ist der Kläger gegenüber der Beklagten nicht nur zur Verweigerung der Rückzahlung in Höhe seines Abfindungsguthabens berechtigt, das er von der Fondsgesellschaft beanspruchen könne. Da der Nettokreditbetrag unstreitig an die Treuhänderin geflossen ist, tritt nach § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB die Beklagte als Darlehensgeberin im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein. Auf die Frage des Vorrangs der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommt es vorliegend deshalb nicht an. Der Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft vom 05.05.2008 (WM 2008, 1026 ff) betrifft allein das Rechtsverhältnis zur Fondsgesellschaft bzw. zur Treuhänderin. Anders als die Beklagte in der Parallelsache 31 U 59/08 meint, gelten die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft - hinsichtlich deren Fortgeltung der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs im Hinblick darauf, dass nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 85/577/EWG der Widerruf bewirkt, dass der Verbraucher aus allen aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen zu entlassen ist, Bedenken hat - nicht im Fall eines Widerrufs eines Darlehensvertrages als Teilstück eines Verbundgeschäfts. Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des Bundesgerichtshof WM 2007, 200 berufen. Denn die seitens der Beklagten in Bezug genommenen Ausführungen des BGH (a.a.O. Tz 18) beziehen sich allein - wie die Tz 17 zeigt - auf den Fall eines wirksamen Darlehensvertrages; für den Fall, dass der Darlehensvertrag auf Grund einer Haustürsituation abgeschlossen worden sei, hat der BGH (a.a.O. Tz 27) auf seine Entscheidung WM 2006, 1003, 1006, 1006 Tz. 18-20 zur Rückabwicklung der Fondsbeteiligung verwiesen. Dort hat der XI. Zivilsenat des BGH dargelegt, dass die Grundsätze der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH zur fehlerhaften Gesellschaft der Freistellung des Darlehensnehmers von der Darlehensrückzahlung nicht entgegen stehen. Die Beschränkung auf das Abfindungsguthaben habe nicht zur Folge, dass der Gesellschafter auch dem Kreditgeber im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrages nur seinen Abfindungsanspruch entgegensetzen könne und eine eventuelle Differenz gegenüber der noch offenen Darlehensvaluta zu zahlen habe. Der Zweck der Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, im Interesse des Rechtsverkehrs an der Erhaltung einer Haftungsgrundlage und der Gesellschafter an der Bewahrung der geschaffenen Werte der Gesellschaft für die Vergangenheit Bestandsschutz zu gewähren, werde nicht tangiert, wenn der Gesellschafter nicht den Gesellschaftsbeitritt, sondern den zu seiner Finanzierung geschlossenen Darlehensvertrag widerrufe. Im Übrigen hat der II. Zivilsenat des BGH bereits selbst entschieden, dass bei einem Widerruf des Darlehensvertrages die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft im Verhältnis des Gesellschafters zu der kreditgebenden Bank keine Anwendung findet und der kreditnehmende Gesellschafter der Bank lediglich zur Übertragung des finanzierten Gesellschaftsanteils verpflichtet ist, nicht aber die Darlehensvaluta zurückzahlen muss (BGHZ 159, 280, 287 f sowie WM 2004, 1527, 1529).

2.

Auch den Leistungsanträgen zu Ziffer 2 hat das Landgericht zutreffend stattgegeben.

Aufgrund des wirksamen Widerrufs der auf den Darlehensvertrag gerichteten Willenserklärung steht dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm an die Beklagte erbrachten Leistungen Zug um Zug gegen Abtretung der treuhänderischen Fondsbeteiligung gemäß §§ 495 BGB, 355, 357, 346, 348 BGB zu.

Wie in der ersten Instanz unstreitig und auch von der Beklagten in der Berufungsinstanz nicht in Abrede gestellt, hat der Kläger insgesamt Zahlungen in Höhe von 1.895,76 EUR geleistet; Ausschüttungen aus dem Fonds hat er nicht erhalten; Steuervorteile sind ihm nicht entstanden.

Nach den §§ 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB sind die gezogenen Nutzungen aus den seitens des Klägers an die Beklagte geleisteten Zahlungen herauszugeben. Dabei können die von einem Kreditinstitut herauszugebenden Nutzungen nach einem Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz berechnet werden (vgl. BGH WM 1998, 1325).

Da der Beklagten gegenüber dem Kläger keine Zahlungsansprüche zustehen, ist die seitens der Beklagten empfangene Sicherheit dem Kläger zurückzugewähren. Deshalb hat die Beklagte die ihr abgetretenen Ansprüche aus dem im Tenor der angefochtenen Entscheidung näher bezeichneten Lebensversicherungsvertrag des Klägers mit der M AG freizugeben.

3.

Schließlich hat das Landgericht zu Recht die Feststellung zu Ziffer 3 getroffen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes zu Ziffer 2 in Annahmeverzug befindet. Die Beklagte ist bei der Rückabwicklung des Darlehensvertrages mit der Annahme der Abtretung der treuhänderischen Fondsbeteiligung dadurch in Verzug geraten (§ 293 BGB), dass sie die ihr angebotene Leistung nicht angenommen hat (§ 295 BGB). Es genügte das wörtliche Angebot, das jedenfalls in der auf Zug-um-Zug-Leistung gerichteten Klage liegt, mit deren Zustellung die Beklagte in Annahmeverzug geriet. Wegen der Regelungen der §§ 756, 765 ZPO hat der Kläger auch das erforderliche Feststellungsinteresse.

4.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen, bestand nicht. Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt sich vorliegend nicht. Denn klärungsbedürftig ist allein eine Rechtsfrage, wenn ihre Beantwortung zweifelhaft ist oder wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und höchstrichterliche Rechtsprechung fehlt. Nach den von den Parteien vorgelegten Entscheidungen von Instanzgerichten wird die Wirksamkeit der hier in Rede stehenden Widerrufsbelehrung übereinstimmend verneint; die an Widerrufsbelehrungen zu stellenden Anforderungen sind überdies höchstrichterlich geklärt. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern ebenso wenig eine Zulassung der Revision. Weder fehlt es für die Beurteilung der hier in Rede stehenden Widerrufsbelehrung an richtungsweisender Orientierung noch fehlt es der Rechtsprechung an der Einheitlichkeit.

Ende der Entscheidung

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