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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.12.2007
Aktenzeichen: 31 U 359/06
Rechtsgebiete: HWiG, VerbrKrG, BGB, ZPO


Vorschriften:

HWiG § 1
HWiG § 1 Abs. 1
HWiG § 1 Abs. 2 Nr. 1
HWiG § 2
HWiG § 2 Abs. 1 S. 2
HWiG § 3 Abs. 1
HWiG § 3 Abs. 1 S. 1
HWiG § 3 Abs. 3
HWiG § 3 Abs. 3 S. 1
VerbrKrG § 9
VerbrKrG § 9 Abs. 1
BGB § 195
BGB § 197 a.F.
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 288
BGB § 289
BGB § 355 Abs. 2 S. 3
BGB § 361a Abs. 1 S. 3
BGB § 361a Abs. 1 S. 5
BGB § 818 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen der Parteien wird das am 25.09.2006 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.

Die Beklagte wird verurteilt,

a) an den Kläger 2.990,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5,9 % aus 462,55 € seit dem 01.01.2004 und aus 1.227,96 € seit dem 01.01.2005 sowie Zinsen in Höhe von 6,5 % aus 1.300,11 € seit dem 01.10.2005 zu zahlen,

b) dem Kläger die ihr - der Beklagten - abgetretene Lebensversicherung bei der X-Lebensversicherung mit der Versicherungsnummer 24247957 zurück abzutreten und dem Kläger die Originalpolice auszuhändigen,

Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Fondsbeteiligung an der W GbR (J Immobilienfonds) im Nennwert von 70.000,- DM sowie Übertragung der Rechte aus dem Treuhandvertrag vom 14.02./10.04.2000 mit der D mbH.

Es wird festgestellt, dass der Kläger aus dem zwischen den Parteien unter dem 16.02./30.03.2000 geschlossenen Darlehensvertrag keine Verpflichtungen mehr gegenüber der Beklagten hat.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte sich mit der Annahme des Angebots zur Übertragung der Rechte aus der Fondsbeteiligung und aus dem Treuhandvertrag in Verzug befindet.

Die weitergehende Klage des Klägers wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten und die weitergehende Berufung des Klägers werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 14 % und die Beklagte 86 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der beklagten Bank die Rückzahlung von Zinsleistungen sowie die Rückabtretung einer Lebensversicherung Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus einer Fondsbeteiligung; er begehrt ferner die Feststellung, dass er gegenüber der Beklagten aus dem zur Finanzierung der Fondsbeteiligung abgeschlossenen Darlehensvertrag keine Verpflichtungen habe. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger vertraglich geschuldete Zinsen in Höhe von insgesamt 14.156,42 € erbracht hat. Er hat Ausschüttungen in Höhe von insgesamt 3.937,01 € erhalten; ferner sind ihm unverfallbare Steuervorteile in Höhe von insgesamt 7.228,78 € zugeflossen. Auf die Aufstellungen des Klägers, Bl. 13 GA sowie Bl. 395 ff. GA, wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagte verurteilt, Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots auf Abtretung von Anteilen an der W GbR (J Immobilienfonds) im Nennwert von 70.000,- DM an den Kläger 7.416,64 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.01.2006 zu zahlen sowie die ihr abgetretene Lebensversicherung mit der Versicherungsnummer 24247957 an den Kläger zurück abzutreten und dem Kläger die Originalpolice auszuhändigen. Es hat ferner die beantragten Feststellungen ausgesprochen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stünden gegen die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 HWiG in der bis zum 30.09.2000 geltenden Fassung in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VerbrKrG die zugesprochenen Ansprüche zu. Es könne dahin stehen, ob das Erstgespräch am 03.02.2000 oder am 09.02.2000 stattgefunden habe. Ferner könne dahin stehen, ob der Kläger seine Erklärungen zum Fondsbeitritt am 16.02.2000 oder bereits am 14.02.2000 abgegeben habe. Die am 16.02.2000 abgegebene Erklärung zum Darlehensvertrag sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme in allen Fallkonstellationen maßgeblich aufgrund einer Haustürsituation zustande gekommen. Der Kläger habe den Darlehensvertrag noch am 15.12.2005 widerrufen können, da die Widerrufsbelehrung der Beklagten fehlerhaft gewesen sei; sie habe den unzulässigen Zusatz enthalten, dass im Falle des Widerrufes auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande gekommen seien. Da der Darlehensvertrag und die treuhänderische Beteiligung an dem Immobilienfonds ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG bildeten, schulde der Kläger der Beklagten lediglich die Abtretung der Rechte aus der Fondsbeteiligung. Die Beklagte sei zur Rückzahlung der vom Kläger ab dem 01.01.2002 erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 9.564,12 € abzüglich der vom Kläger dargelegten Ausschüttungen in Höhe von 2.147,48 € verpflichtet. Ansprüche auf Ersatz von Zins- und Tilgungsleistungen für die Zeit vor dem 01.01.2002 seien gemäß § 197 BGB a.F. verjährt. Zinsen könne der Kläger gemäß §§ 288, 289 BGB erst seit dem 24.01.2006 geltend machen; ein Anspruch auf Nutzungsersatz gemäß § 818 Abs. 1 BGB bestehe nicht.

Gegen das Urteil richten sich die wechselseitigen Berufungen der Parteien.

Die Beklagte stellt unstreitig, dass sämtliche Gespräche mit den Vermittlern in der Privatwohnung des Klägers stattgefunden haben. Sie trägt vor, der Besprechung vom 03.02.2000 sei eine Bestellung des Klägers vorausgegangen; selbst wenn das Erstgespräch nicht auf Wunsch des Klägers geführt worden sei, habe dieser in Kenntnis der Gesamtumstände, insbesondere der vorgesehenen Finanzierung, jedenfalls das Zweit- oder Drittgespräch am 16.02.2000 mit dem Vermittler vereinbart. Im Übrigen - so behauptet die Beklagte erstmals - habe der Kläger am 03.02.2000 eine Einwilligung zur Einholung einer Schufa-Auskunft unterzeichnet; da in dem Formular der Name, das Geburtsdatum und die Anschrift des Klägers maschinenschriftlich eingesetzt gewesen seien, sei davon auszugehen, dass bereits vor dem 03.02.2000 ein Besprechungstermin stattgefunden habe. Dies belege auch ein Faxschreiben vom 04.02.2000, welches ein Angebot über eine Kapitalversicherung für den Kläger zum Inhalt habe.

Die Beklagte behauptet weiter, am 14.02.2000 seien der Zeichnungsschein zur Fondsbeteiligung und die dazu gehörige Widerrufsbelehrung und am 16.02.2000 sei der Darlehensvertrag unterzeichnet worden. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung vom 16.02.2000 entspreche den gesetzlichen Anforderungen. Dies gelte insbesondere für den in der Belehrung enthaltenen Hinweis, dass der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag erst dann widerrufen könne, wenn er die von der Bank gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten habe. Der Hinweis sei nicht falsch und stelle auch kein den Verbraucher verwirrendes Element dar; dies zeige sich bereits daran, dass die spätere Regelung des § 361a Abs. 1 S. 3 und 5 BGB bzw. § 355 Abs. 2 S. 3 BGB zwingend vorschreibe, dass dem Verbraucher eine Vertragsurkunde ausgehändigt werde. Darüber hinaus sei dem Kläger ein längeres Widerrufsrecht eingeräumt worden; die Regelung in der Belehrung habe ihn begünstigt. Der Verweis auf eine mögliche Formwidrigkeit sei wegen "der vorgelegten Anlage R1" (Bl. 296 GA) auch rechtsmissbräuchlich. Der Kläger habe seinem eigenen Vortrag zufolge am 16.02.2000, zeitgleich mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrages, die Erklärungen zur Fondsbeteiligung abgegeben. Der Fonds sei mit einer wirksamen Widerrufsbelehrung versehen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Essen vom 25.09.2006 im Kostenpunkt aufzuheben und dahin abzuändern, dass

a) festgestellt wird, dass die Beklagte dem Kläger aus dem zwischen den Parteien unter dem 16.02./30.03.2000 abgeschlossenen Darlehensvertrag ab dem 01.01.2003 bis zum Ende des Darlehensverhältnisses Zinsen in Höhe von nicht mehr als 4 % nominal schuldet,

b) im Übrigen die Klage abgewiesen wird.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen;

2. unter Abänderung des am 25.09.2006 verkündeten Urteils des Landgerichts Essen, Az.: 6 O 491/05, die Beklagte zur Zahlung weiterer 2.803,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5,9 % p.a. aus 1.371,80 € seit dem 01.01.2001, aus 1.431,42 € seit dem 01.01.2002, aus 1.431,42 € seit dem 01.01.2003, aus 1.968,26 € seit dem 01.01.2004, aus 1.986,26 € seit dem 01.01.2005, aus 208,76 € seit dem 01.02.2005 sowie Zinsen in Höhe von 6,5 % p.a. aus 1.839,92 € seit dem 01.10.2005 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger trägt vor, die Behauptung der Beklagten, bereits vor dem 03.02.2000 habe ein Besprechungstermin mit ihm stattgefunden, sei unzutreffend und nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Das Erstgespräch sei - wie die Datumsangabe in der Selbstauskunft ergebe - am 03.02.2000 geführt worden; das Erstgespräch sei auf telefonische Initiative des Zeugen W2 zustande gekommen, was in erster Instanz unstreitig gewesen sei. Insgesamt habe es lediglich zwei Gespräche gegeben.

Die Widerrufsbelehrung der Beklagten sei fehlerhaft. Die Beklagte habe in einer besonderen Erklärung darauf hingewiesen, dass der Kredit unabhängig von dem finanzierten Geschäft und seinen Risiken zurückzuzahlen sei; aufgrund dieser ergänzenden Erklärung habe er davon ausgehen müssen, dass im Falle des Widerrufs des Darlehensvertrags zwar das Fondsgeschäft nicht zustande komme, er aber gleichwohl die Darlehensvaluta zurückzahlen müsse. Die Belehrung lasse zudem nicht erkennen, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginne und wann sie ende; die Belehrung enthalte keine Verlängerung der Widerrufsfrist, sondern eine unzulässige Verschiebung. Ferner verstoße die Belehrung gegen das Deutlichkeitsprinzip. Nach § 2 HWiG in der bis zum 30.09.2000 gültigen Fassung sei die Belehrung vom Verbraucher gesondert zu unterzeichnen gewesen. Durch die durchgezogene Linie, die sich unterhalb der die Belehrung abschließenden Grußformel finde, werde optisch der Eindruck vermittelt, dass die vom Verbraucher zu leistende Unterschrift vor allem darauf gerichtet sei, im Interesse der Bank die Kenntnisnahme der Belehrung zu quittieren.

Der Kläger meint, er habe Anspruch auf Erstattung auch der vor dem 01.01.2002 geleisteten Zinszahlungen. Für die Rechte, die aufgrund eines Widerrufs nach dem HWiG entstünden, beginne die Verjährung erst mit Ausübung des Widerrufsrechts. Hinsichtlich der geleisteten Zinsraten stehe ihm zudem ein Anspruch auf Vergütung der Nutzung nach § 3 Abs. 3 HWiG zu. Die Höhe der zu zahlenden Vergütung sei entsprechend dem jeweils vertraglich vereinbarten Zinssatz von 5,9 % bzw. 6,5 % festzusetzen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Berichterstattervermerk zur Senatssitzung vom 12.11.2007 verwiesen.

II.

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Dem Kläger steht ein Anspruch aus § 3 Abs. 1 HWiG in der bis zum 30.09.2000 gültigen Fassung (im Folgenden: HWiG) auf Rückzahlung geleisteter Zinsraten in Höhe von nur 2.990,63 € zu. Auf die Berufung des Klägers waren Zinsen in Höhe von 5,9 % aus 462,55 € seit dem 01.01.2004 und aus 1.227,96 € seit dem 01.01.2005 sowie Zinsen in Höhe von 6,5 % aus 1.300,11 € seit dem 01.10.2005 gemäß § 3 Abs. 3 S. 1 HWiG zuzusprechen. Im Übrigen waren die Berufungen zurückzuweisen.

1. Dem Kläger steht ein Widerrufsrecht nach § 1 HWiG zu, da er durch mündliche Verhandlungen im Bereich einer Privatwohnung zum Abschluss des auf den 16.02./30.03.2000 datierten Darlehensvertrags bestimmt worden ist.

Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass am 03.02. oder 09.02.2000 dem Kläger das Anlagemodell und die zugrunde liegende Finanzierung in seiner Wohnung vorgestellt worden ist. Der Kläger hat bei seiner Anhörung vor dem Senat glaubhaft erläutert, dass das erste Gespräch über die finanzierte Anlage tatsächlich am 03.02.2000 stattgefunden hat. Soweit die Beklagte einwendet, dem Erstgespräch sei eine Bestellung des Klägers im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG vorausgegangen, hat die Beklagte schon nicht bewiesen, dass die Initiative zu der Terminsverabredung von dem Kläger ausgegangen ist. Ferner ist sie für den Umstand beweisfällig geblieben, dass in dem zur Verabredung des Hausbesuchs geführten Gespräch dem Kläger bereits die finanzierte Fondsbeteiligung vorgestellt worden ist, so dass dieser mit einem solchen Angebot am 03.02.2000 hat rechnen müssen. Der in erster Instanz vernommene Zeuge W2 hat hierzu bekundet, dass er den Kläger gefragt habe, ob dieser "es" (Bl. 226 GA) sich nicht einmal anhören möchte. Als er mit dem Kläger über den ersten Termin gesprochen habe, habe er - der Zeuge - gesagt, dass es um Steuerersparnis gehe; der Begriff Immobilienfonds sei nicht gefallen. Der Aussage des Zeugen entsprechen die Angaben des Klägers in erster Instanz, wonach der Zeuge W2 bei ihm telefonisch nachgefragt hat, ob er Interesse an einem Steuersparmodell habe; der Kläger hat weiter erklärt, er habe im Prinzip vor dem Erstgespräch nicht gewusst, worum es gehe. Soweit die Beklagte vorträgt, jedenfalls das weitere Gespräch am 16.02.2000 sei mit dem Kläger vereinbart worden, lässt dies die festgestellte Haustürsituation vom 03.02.2000 nicht entfallen. § 1 Abs. 1 HWiG setzt nicht den Abschluss des Vertrags in einer Haustürsituation voraus, sondern es genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluss mitursächlich geworden ist.

Der streitgegenständliche Darlehensvertrag wurde von dem Kläger am 16.02.2000, mithin 13 Tage nach dem ersten Hausbesuch des Vermittlers unterzeichnet. Der relativ enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Haustürsituation am 03.02.2000 und der Abgabe der auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Erklärung des Klägers ist Indiz dafür, dass die Überraschungssituation vom 03.02.2000 fortwirkte und sich der Kläger am 16.02.2000 noch in einer Lage befand, in der er in seiner Entschließungsfreiheit, den ihm angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen, beeinträchtigt war. Umstände, die diese Indizwirkung entkräften oder ausschließen könnten, sind nicht gegeben. Soweit die Beklagte behauptet, am 14.02.2000 habe ein weiteres Gespräch in der Wohnung des Klägers stattgefunden, bei dem dieser die Fondsbeteiligung und die dazu gehörige Widerrufsbelehrung unterzeichnet habe, ist nicht erkennbar, dass das behauptete Gespräch ein Fortwirken der durch die Haustürsituation vom 03.02.2000 aufgebauten Überraschungssituation beendet hätte. Insbesondere wird nicht aufgezeigt, dass das behauptete Gespräch dem Kläger Veranlassung gegeben hätte, den Abschluss des am 03.02.2000 angebahnten Darlehensvertrages noch einmal zu überdenken. Auch käme einer dem Kläger am 14.02.2000 zur Fondsbeteiligung erteilten Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz keine die Indizwirkung abschwächende oder ausschließende Bedeutung zu. Die Widerrufsfrist von einer Woche wäre am 16.02.2000 noch nicht abgelaufen gewesen; insoweit ließe der Umstand, dass das Widerrufsrecht hinsichtlich der Fondsbeteiligung bis zum 16.02.2000 nicht ausgeübt worden ist, keinen Schluss darauf zu, dass der Kläger sich bei Unterzeichnung des Darlehensvertrages bereits bewusst für die Fondsbeteiligung und die Finanzierung entschieden gehabt hätte.

Soweit die Beklagte behauptet, dass bereits vor dem 03.02.2000 ein Beratungsgespräch mit dem Kläger geführt worden sei, der Zeitraum zwischen Haustürsituation und Unterzeichnung des Darlehensvertrages mithin 13 Tage überschreite, ist ihr vom Kläger bestrittener Vortrag nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen, unter denen neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmsweise zulässig sind, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Entsprechendes gilt, soweit sich die Beklagte zum Beweis ihrer Behauptung auf eine Erklärung zur Schufa-Auskunft vom 03.02.2000 (Bl. 326 GA) sowie ein Faxschreiben vom 04.02.2000 (Bl. 448 GA) beruft. Die von der Beklagten verspätet vorgelegten Unterlagen sprechen zudem nicht für die Richtigkeit ihrer Behauptung. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass in der am 03.02.2000 unterzeichneten Schufa-Auskunft - anders als in der am selben Tag unterzeichneten Selbstauskunft (Bl. 149 GA) - Name, Geburtsdatum und Anschrift des Klägers maschinenschriftlich eingetragen waren, ist schon nicht ausgeschlossen, dass der Zeuge W2 das Formular zur Schufa-Auskunft vor dem Gespräch am 03.02.2000 vorbereitet hatte; der Zeuge W2 kannte den Kläger - so hat er bei seiner Vernehmung bekundet - von der Bundeswehr. Möglich erscheint gleichfalls, dass der Zeuge diese wenigen persönlichen Daten bei der Vereinbarung des Besprechungstermins abgefragt hat. Das von der Beklagten im Termin am 12.11.2007 vorgelegte Faxschreiben der Vermittlungsgesellschaft F, für welche der Vermittler I nach Aussage des Zeugen W2 sowie nach den Angaben im vorgelegten Zeichnungsschein (Bl. 28 GA) tätig war, enthält gleichfalls keinen Hinweis darauf, dass bereits vor dem 03.02.2000 mit dem Kläger über die finanzierte Anlage gesprochen worden ist. Das Faxschreiben, welches eine Kapitalversicherung für den Kläger anbietet, wurde erst am 04.02.2000 nachmittags versandt. Dass eine entsprechende Anfrage zu der Versicherung aufgrund einer Beratung des Klägers vor dem 03.02.2000 erfolgt ist, ergibt sich aus dem Schreiben nicht.

2. Der Kläger hat seine Erklärung zum Abschluss des Darlehensvertrages mit Schreiben vom 05.12.2005 wirksam widerrufen. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HWiG hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen. Zwar führt der Zusatz, dass im Falle des Widerrufes auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande kommen, nicht zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung (vgl. BGH, WM 2007, 1117). Die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung enthielt aber die Erklärung, dass die Widerrufsfrist frühestens beginne, wenn die Belehrung über das Widerrufsrecht ausgehändigt worden sei, "jedoch nicht bevor Sie die von uns gegengezeichnete Ausfertigung des Darlehensvertrages erhalten haben" (Bl. 35 GA). Sie genügte damit nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 1 S. 2 HWiG; die Widerrufsfrist begann nach dieser Vorschrift - unabhängig vom Erhalt einer Ausfertigung des Darlehensvertrages - mit der Aushändigung einer Belehrung an den Verbraucher. Die Belehrung der Beklagten war insoweit inhaltlich unzutreffend; sie war geeignet, den Verbraucher davon abzuhalten, sein Widerrufsrecht bereits unmittelbar nach Aushändigung der Belehrung auszuüben.

Soweit die Beklagte einwendet, die Berufung auf eine mögliche "Formwidrigkeit" sei wegen einer "Anlage R1" (Bl. 296 GA) rechtsmissbräuchlich, hat sie am 12.11.2007 vor dem Senat erklärt, dass mit der Anlage R1 - die sie nicht vorgelegt hat - die Widerrufsbelehrung zum Fondsbeitritt gemeint sein dürfte. Dem Umstand, dass der Kläger über die Möglichkeit des Widerrufs in der Widerrufsbelehrung zum Fondsbeitritt zutreffend informiert worden sein könnte - diese Widerrufsbelehrung ist nicht zu den Akten gereicht worden -, kommt keine Bedeutung zu. Der Belehrung wäre schon nicht zu entnehmen gewesen, dass unter den gleichen Bedingungen die Erklärung zum Darlehensvertrag widerrufen werden kann; aufgrund der inhaltlich abweichenden Belehrung zum Darlehensvertrag musste der Kläger im Gegenteil davon ausgehen, dass die jeweiligen Widerrufsfristen unterschiedlich zu laufen beginnen.

Die Beklagte kann die Zulässigkeit der von ihr verwendeten Belehrung auch nicht damit rechtfertigen, dass sie auf spätere Gesetzesvorschriften (§§ 361a Abs. 1 a.F., 355 Abs. 2 BGB) verweist. Die dem Kläger erteilte Widerrufsbelehrung ist allein an den im Zeitpunkt der Erteilung der Belehrung geltenden Vorschriften, mithin an § 2 HWiG in der Fassung vom 16.01.1986 gültig bis zum 30.09.2000 zu messen. Eine vom Gesetzeswortlaut abweichende Auslegung des § 2 HWiG im Sinne der späteren Gesetzesvorschriften kommt nicht in Betracht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Fristbeginn nach dem Willen des damaligen Gesetzgebers abweichend vom Wortlaut der Regelung erst mit Aushändigung eines vollständig unterzeichneten Vertrages beginnen sollte. Soweit die Beklagte im Einklang mit dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 02.05.2007 (Az.: 3 U 271/06, S. 12 f. UA) meint, die Belehrung führe im Ergebnis zu einer Begünstigung des Verbrauchers, lässt dies die Unrichtigkeit der erteilten Belehrung nach damals geltendem Recht nicht entfallen. Tatsächlich wird der Verbraucher auch nicht begünstigt; die Widerrufsfrist wird nach der Belehrung der Beklagten nicht verlängert, sondern deren Beginn verschiebt sich lediglich auf eine für den Verbraucher nicht absehbare Zeit.

Dahin stehen kann insoweit, ob die vom Kläger mit der Widerrufsbelehrung zeitgleich unterzeichnete "Besondere Erklärung" (Bl. 452 GA) bei der Beurteilung der Widerrufsbelehrung mit zu berücksichtigen und die Belehrung daher auch aufgrund des Hinweises, dass der Kreditnehmer unabhängig von dem finanzierten Geschäft und seinen Risiken den Kredit zurückzuzahlen habe (Bl. 452 GA), inhaltlich unzutreffend ist. Gleichfalls kann dahin stehen, ob die unterhalb der Belehrung gesetzte Empfangsbestätigung Anlass zu Bedenken gibt; der Vortrag des Klägers, zwischen Belehrung und Empfangsbestätigung finde sich eine durchgezogene Linie, trifft auf die vom Kläger vorgelegte Widerrufsbelehrung schon nicht zu.

3. Nach den nicht angefochtenen und überzeugend getroffenen Feststellungen des Landgerichts bilden der Darlehensvertrag und die treuhänderische Beteiligung an dem Immobilienfonds ein verbundenes Geschäft im Sinne von § 9 VerbrKrG. Der Kläger ist aufgrund dessen nicht verpflichtet, der Beklagten die Darlehensvaluta zurückzuzahlen; er hat lediglich die Rechte aus seiner Fondsbeteiligung bzw. die Rechte aus dem Treuhandvertrag zu übertragen. Umgekehrt schuldet die Beklagte gemäß § 3 Abs. 1 S. 1 HWiG Rückzahlung der vom Kläger erbrachten Zinsraten in unstreitiger Höhe von insgesamt 14.156,42 €, wobei die vom Kläger vereinnahmten Ausschüttungen in Höhe von unstreitig insgesamt 3.937,01 € sowie die von ihm erzielten Steuervorteile in Höhe von unstreitig insgesamt 7.228,78 € anzurechnen sind (BGH, WM 2007, 1173 ff.). Danach verbleibt nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien ein Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 2.990,63 €.

Der Kläger hat ferner Anspruch auf eine marktübliche Verzinsung der von ihm auf das Darlehen gezahlten, der Beklagten zur Nutzung zu Verfügung stehenden Raten aus § 3 Abs. 3 HWiG. Eine geeignete Schätzungsgrundlage bieten hierfür die von der Beklagten vereinnahmten Vertragszinsen von ursprünglich 5,9 % bzw. ab Februar 2005 von 6,5 % (vgl. BGH, NJW 2000, 2816 ff.). Nach Abzug der jeweiligen Fondsausschüttungen und der gezogenen Steuervorteile, deren Zufluss mit dem jeweiligen Steuerjahr angesetzt worden ist (§ 287 ZPO), ergibt sich erstmals für Zinszahlungen im Jahre 2003 ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 462,55 €, der - entsprechend dem Antrag des Klägers - seit dem 01.01.2004 in Höhe von 5,9 % zu verzinsen ist. Für Zinszahlungen im Jahre 2004 besteht ein Rückzahlungsanspruch in Höhe von 1.227,96 € nebst Zinsen von 5,9 % seit dem 01.01.2005 und für Zinszahlungen im Jahre 2005 ein Anspruch in Höhe von 1.300,11 € nebst Zinsen in Höhe von 6,5 % seit dem 01.10.2005.

Im Einzelnen gilt:

 Jahr Zinsleistungen Ausschüttungen Steuervorteile alter Saldo neuer Saldo
2000 2.087,16 715,81 3.803,08 - 2.431,73
2001 2.505,14 1.073,72 559,81 - 2.431,73 - 1.560,12
2002 2.505,14 1.073,72 618,65 - 1.560,12 - 747,35
2003 2.505,14 536,88 758,36 - 747,35 462,55
2004 2.505,14 536,88 740,30 1.227,96
2005 2.048,70 - 748,59 1.300,11

Soweit die vom Kläger erlangten Ausschüttungen und Steuervorteile im jeweiligen Veranlagungsjahr die Zinszahlungen übersteigen (hier: neuer Saldo), ist der verbleibende Zufluss (hier: alter Saldo) von den Zinszahlungen in den jeweils nachfolgenden Jahren abzuziehen. Dadurch wird der Rechtsprechung des BGH Rechnung getragen, dass dem Darlehensnehmer im Falle eines Widerrufs nach dem Haustürwiderrufsgesetz kein Gewinn in Form von Ausschüttungen und Steuervorteilen verbleiben soll, sondern alle erzielten Vorteile den Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückzahlung erbrachter Leistungen mindern (BGH, WM 2007, 1173 ff.).

Da ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung erstmals für Zinszahlungen im Jahr 2003 gegeben ist, weil in den Jahren zuvor die Ausschüttungen und Steuervorteile die von dem Kläger erbrachten Leistungen übersteigen, geht die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung für Zinszahlungen bis zum 31.12.2001 unabhängig vom Verjährungsbeginn ins Leere. Tatsächlich entstanden die sich aus dem Widerruf nach dem HWiG ergebenden Rückzahlungsansprüche nach § 3 HWiG auch erst mit dem Widerruf vom 05.12.2005 und konnten deshalb vor dem Widerruf nicht geltend gemacht werden. Die seit dem 01.01.2002 geltende dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB hätte gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht vor dem 31.12.2005 zu laufen begonnen.

4. Im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages nach § 3 Abs. 1 HWiG ist die Beklagte gegenüber dem Kläger ferner zur Rückabtretung der Rechte aus der Lebensversicherung bei der X-Lebensversicherung mit der Versicherungsnummer 24247957 und zur Aushändigung der Originalpolice verpflichtet. Ferner waren die beantragten Feststellungen auszusprechen, dass der Kläger aus dem Darlehensvertrag vom 16.02./30.03.2000 nicht mehr verpflichtet ist und die Beklagte sich mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der Rechte aus der Fondsbeteiligung und dem Treuhandvertrag in Verzug befindet.

Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92 Abs.1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen. Das Oberlandesgericht Celle hat in seinem Urteil vom 02.05.2007, Az.: 3 U 271/06, die Formulierung in der Widerrufsbelehrung der Beklagten, dass der Lauf der Frist erst mit Aushändigung der Belehrung, nicht jedoch vor Erhalt einer gegengezeichneten Ausfertigung des Darlehensvertrages beginne, für gesetzeskonform erachtet. Da der Senat von dieser obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht, erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

Der Streitwert für die Berufung wird endgültig auf 53.179,81 € festgesetzt. Abweichend vom Beschluss des Senats vom 05.02.2007, auf den im Übrigen verwiesen wird, war der Antrag des Klägers auf Feststellung des Annahmeverzugs zusätzlich mit 500,- € zu bewerten.

Ende der Entscheidung

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