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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.06.2005
Aktenzeichen: 31 U 79/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 607
BGB § 609 a.F.
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19.02.2004 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe: I. Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer Sachanträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 5.156,23 € ergebe sich aus den §§ 607,609 BGB a.F. Die Beklagte habe das Konto bei der Klägerin eröffnet. Das Formular zur Eröffnung des Kontos sei ersichtlich eigenhändig unterschrieben worden. Das ergebe sich schon aus einem laienhaften Vergleich mit Unterschriften der Beklagten. Es sei auch nicht plausibel, dass der Zeuge W "als Mann" mit dem Personalausweis der Beklagten das Konto eröffnet habe, zumal der Antrag eine eigenhändige Unterschrift verlange und der Bedienstete der Postbank die Eigenhändigkeit nur bestätigen könne, wenn der Antragsteller die Unterschrift in seiner Gegenwart leiste. Da die Beklagte schon wenige Tage nach der Kontoeröffnung aus der stationären Behandlung entlassen worden sei, sei auch davon auszugehen, dass die Beklagte am 05.10.1998 gesundheitlich in der Lage gewesen sei, das Krankenhaus für einige Stunden zu verlassen. Außerdem habe auch der Zeuge W bekundet, dass er das Konto nicht eröffnet habe. Der Zeuge habe zudem gesehen, wie die Beklagte die EC-Karte gebraucht habe. Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie trägt vor, das Landgericht habe den Sachverhalt nicht erschöpfend ermittelt. Zudem sei die Beweiswürdigung fehlerhaft. Die Klägerin ihrerseits verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen C3 und W. II. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin steht kein Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Beklagte weder den Kontoeröffnungsantrag unterschrieben und das Konto bei der Klägerin eröffnet noch dem Zeugen W Vollmacht zur Eröffnung des Kontos erteilt hat. 1. Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass sich die Beklagte im Zeitpunkt der Eröffnung des Kontos aufgrund eines Arbeitsunfalls in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus in I2 befand. Die Klägerin hat nunmehr mitgeteilt, dass der Kontoeröffnungsantrag in einer Filiale der Klägerin in F eingereicht worden ist. Der Senat hält es für ausgeschlossen, dass die Beklagte während ihrer stationären Behandlung längere Zeit das Krankenhaus verlassen und sich von I2 nach F begeben hat, um gerade dort - und nicht in I2 - einen Kontoeröffnungsantrag einzureichen. Ein derartiger Geschehensablauf wäre gänzlich lebensfremd. 2. Der Überzeugung des Senats steht insbesondere nicht die Aussage des Zeugen W entgegen. Die Aussage des Zeugen ist nicht glaubhaft. Der Zeuge W hat entgegen seinen Angaben in erster Instanz vor dem Senat erklärt, nicht die Beklagte habe das Konto selbst eröffnet, sondern er - der Zeuge - habe das Formular für die Beklagte ausgefüllt, es ihr sodann zur Unterschrift in das Krankenhaus gebracht und anschließend den von der Beklagten selbst unterschriebenen Antrag bei der Postfiliale in F unter Vorlage einer Vollmacht und ihres Personalausweises abgegeben. Die Aussage des Zeugen entspricht damit im Kern nunmehr dem Vorbringen der Beklagten, nicht sie, sondern der Zeuge W habe die Kontoeröffnung veranlasst, während der Zeuge in erster Instanz noch jegliche Beteiligung an der Kontoeröffnung - wie sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt - von sich gewiesen hat. Stattdessen hat der Zeuge vor dem Landgericht erklärt, er wisse "nicht mehr, ob Frau T seinerzeit selbst zur Deutschen Postbank hingegangen ist", er "meine" aber, "die Unterschrift auf dem Kontoeröffnungsantrag" als die Unterschrift der Beklagten zu erkennen. Widersprüchlich zu seinen jetzigen Angaben hat der Zeuge in erster Instanz ferner ausgesagt, er habe für die Beklagte jedenfalls nicht ein Konto eröffnet. Der Senat hält die Angaben des Zeugen W auch insoweit nicht für glaubhaft, als dieser nun bekundet, die Beklagte habe den Antrag im Krankenhaus unterschrieben und ihn sodann schriftlich bevollmächtigt, das Formular für sie bei der Postbank abzugeben. Die Angaben stehen - wie aufgezeigt - in völligem Widerspruch zu der erstinstanzlichen Aussage, wonach der Zeuge gerade nicht gewusst haben will, ob die Beklagte seinerzeit selbst zur Postbank gegangen ist, um das Konto zu eröffnen. Die Aussage weist darüber hinaus weitere Widersprüche auf. So erklärte der Zeuge zu den zu den Akten gereichten Vollmachten, die Beklagte habe ihm eine Vollmacht erteilt, weil er bei der Sparkasse I2 für sie habe nachfragen sollen, welche Forderungen dort noch offen seien. Er habe die Vollmacht im Original bei der Sparkasse belassen, zu den Akten habe er lediglich Kopien von dieser Vollmacht gereicht. Bei den zu den Akten gereichten Vollmachten handelt es sich indes erkennbar nicht um Kopien. Widersprüchlich zu seinen jetzigen Angaben hat der Zeuge in erster Instanz zudem bekundet, er habe mit einem Herrn I verhandeln sollen, deswegen habe er die Vollmachten von der Beklagten erhalten. Aufgrund der zahlreichen Widersprüche hält der Senat auch nicht die erstmalige Bekundung des Zeugen für glaubhaft, die Beklagte habe ihm ebenfalls für die Post eine Vollmacht mitgegeben, die er bei der Klägerin belassen habe. Eine solche Vollmacht hat die Klägerin auch bislang weder erwähnt, noch mit den weiteren Unterlagen dem Gericht vorgelegt; sie hat vielmehr stets vortragen lassen, die Beklagte selbst habe das Konto eröffnet. Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen spricht ferner, dass der Zeuge auf Vorhalt des Senats nunmehr eingeräumt hat, dass ihm eine eigene EC-Karte für das Konto bei der Klägerin zur Verfügung gestanden und er diese Karte auch zu Lasten des Kontos eingesetzt hat, u.a. bei Einkäufen im Globus Handelshof St.Wendel. Der Zeuge hat sogar bekundet, er habe nicht nur eine EC-Karte von der Beklagten erhalten, sondern ihm sei auch die Geheimzahl für die Karte bekannt gewesen. Demgegenüber hat er in erster Instanz erklärt, er habe mitbekommen, dass die Beklagte von der EC-Karte Gebrauch gemacht habe. Wird die Angabe des Zeugen W, er habe eine eigene EC-Karte besessen, zugrunde gelegt, hätte für den Zeugen auch nicht - wie das Landgericht angenommen hat - die Notwendigkeit bestanden, mehrfach die Unterschrift der Beklagten bei Abhebungen und Lastschriften zu fälschen. Dem entspricht, dass nach den vorgelegten Kontoauszügen die Rückbuchung vom 05.12.1998 "W" als Zahlungspflichtigen ausweist, dieser mithin offenbar auch unter eigenem Namen die EC-Karte verwandt hat. Der Vortrag der Beklagten, der Zeuge W habe das Konto unbefugt auf ihren Namen eröffnet, wird schließlich durch die Aussage des Zeugen C3 gestützt. Der Zeuge C3 hat bestätigt, dass W während des Krankenhausaufenthalts der Beklagten bei ihm angerufen und veranlasst habe, dass der Lohn der Beklagten von Oktober 1998 auf das neu eröffnete Konto der Klägerin gezahlt werde. Die Erklärung des Zeugen W hierzu, die Beklagte habe ihn gebeten, den Anruf zu tätigen, ist schon deshalb wenig plausibel, weil die Beklagte vom Krankenhaus ohne weiteres den Anruf selbst hätte erledigen können. Die Beklagte hat auch keinesfalls zeitnah dazu ihr Konto bei der Sparkasse I2, auf welches zuvor die Lohnzahlungen eingegangen sind, aufgelöst, wie der Zeuge W hat glauben machen wollen. Von dem Konto ließ die Beklagte vielmehr weiterhin bis Mitte Dezember 1998 fest anfallende Kosten abbuchen, statt - was allein nahe gelegen hätte - die Abbuchungen nunmehr ebenfalls vom Konto der Klägerin vornehmen zu lassen. Aufgrund der zahlreichen Widersprüche in den Aussagen des Zeugen W vermochte der Senat den Angaben des Zeugen auch nicht teilweise zu folgen. Der Senat hält den Zeugen insgesamt für nicht glaubwürdig. Nicht zu verkennen war insoweit auch, dass der Zeuge am Ausgang des Verfahrens ein erhebliches Interesse hat. Denn sollte der Zeuge die Unterschrift der Beklagten gefälscht haben, müsste gerade er für die Forderungen der Klägerin aufkommen. 3. Die Klägerin kann schließlich ebenfalls nicht durch ein Schriftsachverständigengutachten die Überzeugung des Senats erschüttern, dass die Beklagte aufgrund ihres Krankenhausaufenthalts den Antrag nicht selbst unterschrieben hat. Gemäß der Mitteilung der Klägerin vom 28.01.2005 liegen weder das Original des Girokontoeröffnungsantrags noch des Unterschriftenblattes vor, so dass die Einholung eines Gutachtens zu dem Urheber dieser Unterschriften nicht möglich ist. 4. Eine Vernehmung des Zeugen C2 war nicht geboten. Die Klägerin hat schon nicht mitgeteilt, aufgrund welcher eigenen Wahrnehmungen dieser Zeuge in der Lage sein soll, etwas zu dem angegebenen Beweisthema auszusagen. Auf ihren nicht hinreichenden Vortrag ist sie bereits mit Verfügung vom 18.02.2005 hingewiesen worden. Die Revision war nicht zuzulassen, da die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die entscheidungserheblichen Fragen sind solche des Einzelfalls oder höchstrichterlich bereits geklärt. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

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