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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.08.2008
Aktenzeichen: 34 U 1/08
Rechtsgebiete: BGB, ABB 2


Vorschriften:

BGB § 421
BGB § 426
BGB § 427
BGB § 428
BGB § 432
BGB §§ 741 ff.
ABB 2 § 24 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. November 2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000,- €.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin und ihr am 15.08.2006 verstorbener Ehemann schlossen am 28./29.06.1999 mit der Beklagten einen Bauspardarlehensvertrag über 100.000,00 DM. Entsprechend den Darlehensbedingungen schloss die Beklagte für die Eheleute als Bausparer eine Risiko-Lebensversicherung zur Besicherung des Kredites ab. Die Versicherung sollte entweder mit dem Tod des versicherten Ehemannes oder mit dem Schluss des Kalenderjahres enden, in dem der Kredit getilgt wurde. Bezugsberechtigte war nach den Versicherungsbedingungen allein die Beklagte. Sie hatte die Versicherungsleistung mit dem noch offenen Teil des Darlehens zu verrechnen und einen etwaigen Überschuss an den bzw. die "nach gesetzlichen Vorschriften oder vertraglicher Vereinbarung Berechtigten" auszuzahlen.

Die Rückzahlung des Darlehens erfolgte am 15.03.2006. Nach dem Tod des Ehemannes am 15.08.2006 zahlte die Versicherung 24.414,00 € an die Beklagte aus. Die Klägerin hat -ebenso wie ihre Kinder und Enkel- die Erbschaft nach ihrem Ehemann ausgeschlagen. Mit ihrer Klage verlangt sie die Auszahlung der 24.414,00 € an sich und vertritt dazu die Auffassung, hinsichtlich dieses Anspruches bestehe eine Gesamtgläubigerschaft. Die Beklagte hingegen meint, zwischen der Klägerin und den -unbekannten- Rechtsnachfolgern ihres Ehemannes bestehe eine Bruchteilsgemeinschaft gem. §§ 741 ff. BGB, so dass die Klägerin nicht die Auszahlung des vollen Guthabens an sich allein verlangen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Parteivorbringens sowie der Anträge in I. Instanz wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, in Hinsicht auf die Verpflichtung der Beklagten auf Auskehrung der (überschießenden) Versicherungssumme bestehe keine Bruchteilsgemeinschaft zwischen der Klägerin und den Erben ihres Ehemannes. Die Klägerin sei vielmehr Gesamtgläubigerin und könne daher Zahlung an sich allein verlangen.

Denn schon in Bezug auf die Ansprüche aus dem mit der Beklagten geschlossenen Bausparvertrag seien die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann Gesamtgläubiger gewesen (OLG München NJW-RR 1992, 498). Die Eheleute hätten als Gesamtschuldner für die Rückzahlung des Bauspardarlehens gehaftet. Als Kehrseite dieser Gesamtschuld nach § 421 BGB bestehe bezüglich eines auf dem Bauspardarlehenskonto entstehenden Guthabens eine Gesamtgläubigerschaft der Bausparer gemäß § 428 BGB, die nunmehr die Klägerin berechtige, die ganze Leistung an sich zu fordern.

Auch in Hinsicht auf die Zahlung der Beiträge für die obligatorisch zur Absicherung des Bauspardarlehens abzuschließende Lebensversicherung hätten die Eheleute gesamtschuldnerisch gehaftet, auch wenn Versicherter lediglich der Ehemann der Klägerin gewesen sei. Beide Verträge -Bauspardarlehens- und Versicherungsvertrag- seien so eng miteinander verknüpft gewesen, dass es gerechtfertigt sei, die gesamtschuldnerisch haftenden Eheleute auch bezüglich der Versicherungsleistung als Gesamtgläubiger zu behandeln. Die Leistung der Versicherung habe zur Rückführung der Darlehensverbindlichkeit dienen und damit beiden Gesamtschuldnern voll zugute kommen sollen. Ein nach Verrechnung überbleibender Betrag sei von der Beklagten an den bzw. die nach den gesetzlichen Vorschriften oder der vertraglichen Vereinbarung Berechtigten auszuzahlen. Der Beklagten stehe es somit frei, entweder an die Klägerin als ursprüngliche Mit-Darlehensnehmerin oder an die Erben ihres Ehemannes als nach den gesetzlichen Vorschriften Berechtigte zu leisten. Gerade in einem Fall der Erbausschlagung liege es auch im Interesse der Beklagten, an einen Berechtigten leisten zu können ohne nachprüfen zu müssen, inwieweit im Innenverhältnis der Berechtigten ein Ausgleich zu erfolgen habe. Eine etwaige Ausgleichungspflicht der Klägerin gemäß § 426 BGB gegenüber den Erben ihres Ehemannes berechtige die Beklagte demnach auch nicht, eine Auszahlung der verbliebenen Versicherungsleistung an die Klägerin zu verweigern.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, mit der sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter verfolgt.

Sie macht geltend, die vom Landgericht zitierte Entscheidung OLG München NJW-RR 1992, 498 sei hier nicht einschlägig. Denn dieser Entscheidung habe ein Bausparvertrag zugrunde gelegen, dessen "Allgemeine Bedingungen für Bausparverträge 2 (ABB 2)" in § 24 IV ABB 2 eine Regelung vorgesehen habe, nach der bei Beteiligung mehrerer Bausparer diese bis auf Widerruf als gegenseitig zur Abgabe und Entgegennahme von Erklärungen und zum Empfang von Leistungen bevollmächtigt gewesen seien. Diese Klausel habe das OLG München als letztlich entscheidendes Indiz dafür gewertet, dass die Bausparer Gesamtgläubiger gemäß

§ 428 BGB seien. Diese oder eine vergleichbare Klausel würden die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge der Beklagten aber gerade nicht vorsehen. Die in Hinsicht auf die Beklagte zu dieser Frage bislang ergangenen Entscheidungen des AG Münster und des AG Hamm seien daher auch zu dem Ergebnis gelangt, dass nach den ABB der Beklagten bei Ehegatten-Bausparverträgen eine Bruchteilsgemeinschaft mit der Rechtsfolge des § 432 BGB gegeben sei.

Allein aus dem Umstand einer gesamtschuldnerischen Haftung für die Rückzahlung des Bauspardarlehens folge jedenfalls noch keine Gesamtgläubigerschaft im Hinblick auf die Leistung aus dem Versicherungsvertrag. Ein dahingehender Rechtsgrundsatz in Form eines Umkehrschlusses existiere nicht. Im Gegenteil: im Zweifel sei nach dem Gesetz von einer Mitgläubigerschaft auszugehen.

Auch das Argument, es könne weder im Interesse des Bausparers noch der Bausparkasse liegen, vor Auszahlung zunächst die Berechtigung des betreffenden Bausparers im Innenverhältnis klären zu müssen, überzeuge nicht. So widerspreche es dem Schutzinteresse der Ehepartner, wenn ein gemeinsamer Bausparvertrag im Trennungsfall von nur einem der Gatten gekündigt und "abgeräumt" werden könne und der andere auf nur schwer durchsetzbare Ausgleichsansprüche verwiesen werde. Dementsprechend werde auch im Schrifttum eine Gesamtgläubigerschaft im Befreiungsinteresse des Schuldners allenfalls dann anerkannt, wenn das hierdurch entstehende Verteilungs- und Gesamtwirkungsrisiko den Gesamtgläubigern zuzumuten sei.

Auch die Interessenlage der Beklagten als Schuldnerin rechtfertige die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft nicht. Bei einer Auszahlung an nur einen "Mitberechtigten" würde die Beklagte angesichts der ständigen Rechtsprechung des AG Münster Gefahr laufen, auf eine entsprechende Klage eines weiteren "Mitberechtigten" hin nochmals das volle Bausparguthaben auszahlen zu müssen.

Aus den Bestimmungen zur Risiko-Lebensversicherung ergebe sich gleichfalls nicht, dass die Klägerin Gesamtgläubigerin in Bezug auf die nicht verbrauchte Versicherungsleistung sei.

Schließlich wäre auch im Falle einer Mitgläubigerschaft die Versicherungsleistung der Klägerin zugute gekommen, da sie als Gesamtschuldnerin neben den Erben nicht weiter für die Rückzahlung der Darlehensschuld gegenüber der Beklagten gehaftet hätte.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Dazu führt sie aus, es könne rechtlich nicht zweifelhaft sein, dass die Gesamtgläubigerschaft das Gegenstück zur Gesamtschuld darstelle. In den ABB der Beklagten werde durchgängig von "dem Bausparer" gesprochen. Die gesamte Korrespondenz zwischen den Parteien, insbesondere aber auch der Versicherungsschein der Provinzial sei gerichtet an die Eheleute N und H1 C2. Daraus folge ohne vertretbare Alternative, dass die Verpflichtungen der Klägerin und diejenigen ihres Ehemannes als wirtschaftliche Einheit zu betrachten seien. Unter Berücksichtigung des Rechtsgrundsatzes der Gesamtgläubigerschaft als Kehrseite der Gesamtschuld sei es dann aber nicht vertretbar, in der einen Richtung eine Gesamtschuld anzunehmen, in der anderen Richtung jedoch eine Gesamtgläubigerschaft zu verneinen. Aufgrund dieser Umstände bedürfe es zur Begründung einer Gesamtgläubigerschaft nicht der dem vom OLG München entschiedenen Fall zugrundeliegenden Klausel in den ABB.

Auf ihre angeblich gegenläufige Interessenlage könne die Beklagte nicht abstellen. Denn wenn das Urteil des Landgerichts rechtskräftig werde, könne sich die Beklagte auf ihre sich daraus ergebende Zahlungsverpflichtung gegenüber der Klägerin berufen und müsse nicht befürchten, von unbekannten Erben ihres verstorbenen Ehemannes zusätzlich in Anspruch genommen zu werden, was aufgrund der umfassenden Erbausschlagungen ohnehin unwahrscheinlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache unbegründet.

Das Landgericht ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin als Gesamtgläubigerin die Auszahlung des auf dem bei der Beklagten geführten Bauspardarlehenskonto bestehenden Guthabens in Höhe von 24.414,00 € an sich allein verlangen kann. Die Stellung der Klägerin als Gesamtgläubigerin ergibt sich hier aus einer wertenden Betrachtung der gesamten Vertrags- und Lebensumstände unter besonderer Berücksichtigung des wohnungswirtschaftlichen Bedürfnisses für die Begründung einer Gesamtgläubigerschaft bei gemeinschaftlichen Bausparverträgen von Ehegatten und die daraus folgende Qualifizierung des Bausparkontos bzw. des Bauspardarlehenskontos als sogenanntes "Oder-Konto".

1.

Soweit die Parteien teilweise von der Auszahlung der "Versicherungssumme" an die Klägerin bzw. die Berechtigten gesprochen haben, ist dieser Begriff nicht zutreffend. Denn die Leistung aus der bei der Provinzial abgeschlossenen Lebensversicherung (Bl. 24 GA) ist nach dem Tode des versicherten Ehemannes der Klägerin am 15.08.2006 an die Beklagte ausgezahlt worden. Letztere war ausweislich der Ziffer 11.3 der "Bestimmungen zur Risiko-Lebensversicherung" (Bl. 23 GA) auch alleinige Bezugsberechtigte. Damit sind die beiderseitigen Pflichten aus dem Versicherungsvertrag erfüllt und dieses Schuldverhältnis ist erloschen.

Die Versicherungsleistung von 24.414,00 € musste seitens der Beklagten dann nicht mehr mit der restlichen Valuta des an die Eheleute C2 ausgereichten Bauspardarlehens verrechnet werden, da das Darlehen von den Ehegatten bereits am 15.03.2006 -und damit noch vor dem Tod des Ehemannes- vollständig zurückgezahlt worden war (Bl. 25 GA). Infolgedessen bestand nunmehr auf dem Bauspardarlehenskonto ein Guthaben in eben dieser Höhe, um dessen Auszahlung gestritten wird.

2.

An welche Person(en) das Guthaben auszuzahlen ist, bestimmt sich mithin anhand der Bestimmungen des Bauspardarlehensvertrages oder anhand des Gesetzes (vgl. auch Ziffer 11.3 der Bestimmungen zur Risiko-Lebensversicherung - Bl. 23 GA).

a)

Die Klägerin hat mit ihrem Begehren (Auszahlung des Guthabens allein an ihre Person) jedoch deshalb Erfolg, weil sie hinsichtlich dieses Auszahlungsanspruches Gesamtgläubigerin neben ihrem Ehemann bzw. nunmehr neben dessen Erben ist; § 428 BGB.

Eine Gesamtgläubigerschaft kann sich ergeben kraft Gesetzes, aus vertraglicher Vereinbarung oder "zum Schutz des Schuldners" (Erman-Ehmann, BGB, 12. Aufl. 2008, § 428 Rdnr. 3) bzw. -noch allgemeiner- "aus praktischen Gründen" (Bydlinski in: Münchener Kommentar zum BGB, 5. Aufl. 2007, § 428 Rdnr. 9).

b)

Eine gesetzliche Regelung, aus der sich hier eine Stellung als Gesamtgläubigerin für die Klägerin ergeben würde, ist indes nicht ersichtlich. Zwar wird die Gesamtgläubigerschaft häufig als "Kehrseite" oder "Gegenstück" (Palandt-Grüneberg, BGB, 67. Aufl. 2008, § 428 Rdnr. 1) der Gesamtschuldnerschaft betitelt. Aus der Tatsache, dass mehrere Beteiligte Gesamtschuldner gemäß § 427 BGB eines gegenseitigen Vertrages sind, ergibt sich jedoch keine Vermutung, geschweige denn ein Rechtsgrundsatz dafür bzw. dahingehend, dass sie dann auch Gesamtgläubiger der Gegenleistung dieses Vertrages sind (Erman-Ehmann, a.a.O., § 428 Rdnr. 4). Das erweist sich anhand der unterschiedlichen Ausformulierungen des § 427 BGB (gesetzliche Vermutung für eine Gesamtschuldnerschaft) und des § 428 BGB, der eine solche gesetzliche Vermutung gerade nicht enthält (Palandt-Grüneberg, a. a. O., § 428 Rdnr. 1 unter Bezugnahme auf BGH NJW 1984, 1357). Daher ist bei der Annahme einer stillschweigend vereinbarten Gesamtgläubigerschaft zwar eher Zurückhaltung geboten (BGH NJW 1996, 2859); die einzelnen Umstände des Vertragsinhaltes sowie der zugrundeliegenden Lebensverhältnisse und wirtschaftlichen Zusammenhänge können aber gleichwohl gebieten, dass im Einzelfall bzw. bei bestimmten Vertragskonstellationen und Lebenssachverhalten allein die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft den Interessen der beteiligten Parteien gerecht wird.

Beleuchtet man unter diesen Prämissen die hier vorgegebene bankrechtsspezifische Vertragskonstellation und die ihr zugrundeliegenden Interessen der Parteien, so gelangt man zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass dem Landgericht in der Annahme einer Gesamtgläubigerstellung der Klägerin beizupflichten ist.

Den Vertragsunterlagen -soweit sie zur Akte gereicht worden sind- ist zu entnehmen, dass die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann gemeinschaftlich in ihrer beiderseitigen Eigenschaft als Bausparer am 28./29.06.1999 den streitgegenständlichen Bauspardarlehensvertrag abgeschlossen haben. Nach Ziffer 11.3 der Bestimmungen zur Risiko-Lebensversicherung war die Versicherungsleistung dem Konto des Bausparers gutzuschreiben. Das Bausparkonto wiederum war nach § 29 Abs. 1 S. 1 der Bausparbedingungen als Kontokorrentkonto zu führen. Gerade bei Ehegatten ist jedoch bei gemeinsamen Girokonten die typische und gebräuchliche Kontoführungsform das sogenannte "Oder-Konto", bei der beide Eheleute als Gesamtgläubiger jeweils allein zu Verfügungen über das Konto bzw. das darauf befindliche Guthaben berechtigt sind. In der Praxis hat sich diese Kontoform gerade auch im Interesse der Kreditwirtschaft durchgesetzt. Denn in dem von beiden Parteien argumentativ angesprochenen und in der Praxis nicht seltenen Fall einer einseitigen "Konto-Abräumung" sind die Kreditinstitute bestrebt, in den internen Streit zwischen den Eheleuten als Kontoinhabern nicht einbezogen zu werden (was von der bankrechtlichen Iudikatur gebilligt wird und was auch nach der Schilderung des Vertreters der Beklagten im Senatstermin am 19.08.2008 mit Grund dafür war, dass eine Vielzahl von Bausparkassen die zuvor in ihren Allgemeinen Bausparbedingungen enthaltene Regelung, nach der bei einer Mehrheit von Bausparern jeder einzelne Bausparer über das Guthaben zu verfügen berechtigt war, fallen gelassen haben). Diese Interessenlage besteht in verstärktem Maße gerade bei gemeinschaftlich eingerichteten Bausparkonten. Hierzu merkt Noack in Staudinger, Kommentar zum BGB, Stand März 2005, zu § 428 unter Rdnr. 77 unter Hinweis auf die Entscheidungen OLG München NJW-RR 1992, 498 und LG Bielefeld FamRZ 1990, 1240, zutreffend Folgendes an:

"Schließen Ehegatten einen Bausparvertrag, sind sie im Zweifel Gesamtgläubiger der angesparten Bausparsumme; dafür sprechen insbesondere das Interesse der Bausparkasse als auch der Bausparer an einer praktikablen und reibungslosen Abwicklung ohne Pflicht der Sparkasse zur Prüfung der materiellen Berechtigung im Auszahlungsfall."

In diesem Zusammenhang ist zudem die dem Konzept des Bausparens zugrundeliegende wohnungswirtschaftliche Motivation, wonach die Bausparkasse nicht gegebenenfalls auf Jahre hinaus den Fluss der für die Aus- oder Fortführung eines Bauvorhabens erforderlichen Mittels sistieren soll, bis die gesetzlichen Erben des verstorbenen Bausparers gefunden worden sind, als für eine Gesamtgläubigerschaft des einzelnen Bausparers sprechendes Argument zu beachten.

c)

Gegenteiliges kann auch nicht dem in diesem Zusammenhang regelmäßig zitierten Urteil des OLG München vom 24.10.1991 -1 U 3596/91- (veröffentlicht in: NJW-RR 1992, 498) entnommen werden. Dazu merkt die Beklagte zu Unrecht an, das OLG München habe eine Gesamtgläubigerschaft nur deshalb angenommen, weil in dem dort zu entscheidenden Fall dem Vertrag eine Klausel (dort: § 24 IV ABB 2) zugrunde gelegen habe, nach der bei Beteiligung mehrer Bausparer diese als gegenseitig zur Abgabe und Entgegennahme von Erklärungen und zum Empfang von Leistungen bevollmächtigt gewesen seien. Bei genauer Lektüre dieser Entscheidung fällt jedoch auf, dass das OLG München gerade von der Prämisse einer möglichen Unwirksamkeit dieser Klausel ausgegangen ist und seine Annahme einer Gesamtgläubigerschaft dann ("gleichwohl") aus dem "sonstigen Vertragsinhalt und den Gesamtumständen" hergeleitet hat. Das Interesse der Bausparkasse wie auch der Bausparer an einer komplikationslosen Abwicklung würde nämlich zu unzumutbaren Erschwernissen und Verzögerungen führen, wenn die Bausparkasse erst die Berechtigung des betreffenden Bausparers im Innenverhältnis zu seinem Mitsparer klären müsste.

Dies wird auch in den von der Beklagten zitierten und zur Akte gereichten Entscheidungen des Amtsgerichts Münster vom 10.05.1995 -29 C 666/94- und vom 17.01.1996 -29 C 467/95- verkannt.

d)

Der Senat schließt sich der Argumentationslinie des OLG München an und erachtet es nach der Interessenlage der am Bausparvertrag Beteiligten für sachgerecht und geboten, bei einer Mehrheit von Bausparern vom Bestehen einer Gesamtgläubigerschaft gemäß § 428 BGB auszugehen. Dies hat zur Konsequenz, dass die Klägerin berechtigt ist, von der Beklagten die Auszahlung des Bausparguthabens an sich allein zu fordern, und die Berufung der Beklagten gegen das eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten aussprechende Urteil des Landgerichts mithin unbegründet ist.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4.

Der Senat hat die Revision gemäß § 543 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 ZPO zugelassen.

Nachdem eine Vielzahl von Bausparkassen die zuvor in ihren Allgemeinen Bausparbedingungen enthaltene Regelung, nach der bei einer Mehrheit von Bausparern jeder einzelne Bausparer über das Guthaben zu verfügen berechtigt war, fallen gelassen haben, ist zur Herstellung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Schaffung der Rechtssicherheit für die Auszahlungspraxis der Bausparkassen in Fallkonstellationen der hier in Rede stehenden Art, deren wiederholtes Auftreten in der Praxis naheliegt, die Frage grundsätzlich klärungsbedürftig, ob bei einer Mehrheit von Bausparern eine Gesamtgläubigerschaft gemäß § 428 BGB vorliegt oder nicht.

Ende der Entscheidung

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