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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 18.09.2007
Aktenzeichen: 34 U 203/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 254
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 398
BGB § 667
BGB § 670
BGB § 675
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. April 2007 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.127,79 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.622,52 € seit dem 24.03.2003, aus 1.638,44 € seit dem 05.06.2003 und aus 5.866,83 € seit dem 10.07.2003 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen; die weitergehende Klage der Klägerin wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beschwer beider Parteien übersteigt nicht 20.000,00 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank unter dem Gesichtspunkt einer weisungswidrigen Ausführung von Überweisungsaufträgen aus eigenem und abgetretenem Recht die Rückerstattung der Beträge von insgesamt drei Überweisungen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezuggenommen.

Das Landgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht ihrer Hausbank - der G eG - aus den §§ 667, 675, 398 BGB ein Anspruch auf Rückerstattung der drei überwiesenen Beträge zu. Die Beklagte habe bei Ausführung der Überweisungsaufträge gegen das Prinzip der formalen Auftragsstrenge verstoßen. Die jeweils zugunsten eines Empfängers "T/X GmbH" bestimmten Überweisungsbeträge hätten von der Beklagten nicht dem bei ihr geführten Konto des Herrn T gutgeschrieben werden dürfen. Die Klägerin habe nämlich in den Überweisungsformularen zum Ausdruck gebracht, daß die Beträge nicht lediglich einem Herrn T hätten zugute kommen sollen, sondern daß es sich zumindest auch um die Erfüllung einer Forderung der GmbH handele.

Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Die Beklagte ist der Auffassung, Ansprüche der Klägerin aus abgetretenem Recht, insbesondere aber Schadensersatzansprüche, bestünden nicht.

Es ermangele bereits einer pflichtwidrigen Handlung der Beklagten. Das Landgericht habe verkannt, daß der Überweisungsauftrag nicht im beleggebundenen, sondern vielmehr - was zwischen den Parteien unstreitig ist - im beleglosen Zahlungsverkehr durchgeführt worden sei. Die Beklagte habe daher die Beträge auf dem angegebenen Konto gutschreiben dürfen, zumal der erste, primär zu beachtende Empfängername identisch mit dem Kontoinhaber gewesen sei. Die Verbuchung der Beträge sei auch angesichts der zusätzlichen Angabe des Fuhrbetriebs nicht pflichtwidrig gewesen. Es gebe zahlreiche Möglichkeiten, bei denen der Kontoinhaber T - etwa im Falle einer Gesamtgläubigerschaft - auf völlig legale Art und Weise Gelder gleichzeitig für sich und für den zusätzlich angegebenen Fuhrbetrieb habe entgegennehmen können.

Die Klägerin habe zudem auch einen Schaden nicht schlüssig dargelegt und überdies verschwiegen, daß die Überweisungen von ihrer ehemaligen - mittlerweile arbeits-, zivil- und strafrechtlich zur Rechenschaft gezogenen - ungetreuen Mitarbeiterin I veranlaßt worden seien, die den veruntreuten Gesamtbetrag bereits zu einem großen Teil zurückerstattet habe. Die Klägerin sei daher für die angeblichen Fehlüberweisungen selbst verantwortlich.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Die Beklagte habe den ihr bei Überweisungen im EZÜ-Verfahren obliegenden Kontonummer-Namens-Vergleich pflichtwidrig unterlassen. Da sie sich nicht strikt an die ihr seitens der Hausbank der Klägerin erteilte Weisung gehalten habe, stehe ihr kein Vergütungsanspruch nach den §§ 670, 675 BGB zu. Die dennoch erlangte Deckung müsse sie - und zwar unabhängig davon, ob ein Verschulden vorliege oder ein Schaden eingetreten sei - nach den §§ 667, 675 BGB wieder herausgeben. Dabei spiele es auch keine Rolle, daß die Klägerin von ihrer früheren Mitarbeiterin I Schadensersatzleistungen erhalten habe und lediglich noch ein Betrag von 14.035,92 € "offen" sei. Auch auf ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin könne die Beklagte sich nicht berufen, da die abgetretenen Herausgabeansprüche ihrer Hausbank davon nicht berührt würden.

II.

Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klage hat lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1)

Zwar sind Ansprüche der Klägerin aus eigenem Recht weder schlüssig vorgetragen noch sonst ersichtlich, da anerkannt ist, daß bei institutsfremden Überweisungen zwischen dem Überweisenden und dem Kreditinstitut des Begünstigten keine Vertragsbeziehungen bestehen (BGH WM 2003, 430; BGHZ 108, 386, 388; BGHZ 103, 143, 145; Palandt/Sprau, BGB, 66. Auflage 2007, § 676 a, Rn. 8).

2)

Der Klägerin steht jedoch aus abgetretenem Recht ihrer Hausbank dem Grunde nach ein Anspruch auf Rückerstattung der drei überwiesenen Beträge zu. Die Beklagte hat gegen den Grundsatz der formalen Auftragsstrenge verstoßen und damit weisungswidrig gehandelt. Die von ihr erlangte Deckung hat sie somit nach näherer Maßgabe des Urteilstenors gemäß §§ 667, 675 BGB herauszugeben.

a)

Im mehrgliedrigen Überweisungsverkehr bestimmen sich die Pflichten der beteiligten Banken zueinander nach den einschlägigen - von den dazu durch die einzelnen Kreditinstitute bevollmächtigten Verbänden sowie der Deutschen Bundesbank vereinbarten-Abkommen und Richtlinien, deren Inhalt auch die Auslegung der dem endbegünstigten Kreditinstituterteilten Weisungen beeinflußt (BGH WM 2003, 430; BGHZ108,386,389).

b)

Die den drei Buchungen zugrundeliegenden Überweisungsaufträge sind zwischen der Hausbank der Klägerin und der Beklagten unstreitig nicht im beleggebundenen, sondern im beleglosen Zahlungsverkehr durchgeführt worden. Maßgeblich für den Pflichtenumfang der Beklagten sind somit im vorliegenden Fall die Regeln des Abkommens zum Überweisungsverkehr vom 16. April 1996 über die - im sogenannten EZÜ-Verfahren erfolgte - beleglose Weiterleitung in Belegform eingereichter Überweisungsaufträge (abgedruckt bei Gößmann in Schimanski/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Auflage, Anhang 3 zu §§ 52-55).

c)

Die sich aus dem vorstehend näher bezeichneten Abkommen zum Überweisungsverkehr ergebenden Pflichten hat die Beklagte vorliegend auch zur Überzeugung des erkennenden Senats verletzt. Die Beklagte hat gegen den Grundsatz der formalen Auftragsstrenge verstoßen.

Die Empfängerbank hat bei Überweisungen im EZÜ-Verfahren - anders als bei im Verfahren des beleglosen Datenaustausches (sogenanntes DTA-Verfahren) erteilten Überweisungsaufträgen, bei denen der Überweisungsbetrag ohne weitere Prüfung dem Konto mit der bezeichneten Kontonummer gutgeschrieben werden darf (vgl. OLG Dresden, WM 2007, 1023, 1024 sowie OLG Karlsruhe, ZIP 2004, 1900 und OLG Hamm, WM 1979, 339) - einen Kontonummer-Namens-Vergleich durchzuführen. Dies hat sie bezüglich der drei hier erfolgten Überweisungen entweder gar nicht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß getan.

aa)

Die in den Überweisungsaufträgen vom 23. März und vom 04. Juni 2003 angegebenen Beträge sollten nach den der Beklagten seitens der Hausbank der Klägerin übermittelten Daten dem bei der Beklagten geführten Konto mit der Nr. #####/#### gutgeschrieben werden.

Kontoinhaber war zwar der in den Überweisungsaufträgen namentlich benannte Herr T. Als Begünstigte war jedoch in den der Beklagten übermittelten Datensätzen neben Herrn T- wenn auch zum Teil nur fragmentarisch - ausdrücklich auch die X GmbH erwähnt.

Maßgeblich im Hinblick auf die der Beklagten übermittelte Weisung im Überweisungsverkehr ist - wie bei jeder Willenserklärung - der objektive Erklärungswert. Danach durfte die Beklagte unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles hier nicht davon ausgehen, daß die Gutschriften zugunsten des Kontos mit der in der Überweisung benannten Kontonummer, dessen Inhaber allein Herr T war, erfolgen sollten. Denn die X GmbH, die ebenfalls als

Begünstigte ausgewiesen war, unterhielt bei der Beklagten kein Konto unter den angegebenen Kontonummern oder den übermittelten Empfängerbezeichnungen. Diese Tatsache hätte bei einem seitens der Beklagten veranlaßten Kontonummer-Namens-Vergleich selbst bei nur ganz oberflächlicher Prüfung unmittelbar auffallen müssen.

bb)

Auch im Hinblick auf den Überweisungsauftrag vom 09. Juli 2003 rechtfertigt sich kein anderes Ergebnis. Zwar durfte die Beklagte bei Durchführung des ihr auch dieserhalb obliegenden Kontonummer-Namens-Vergleichs im Falle einer isolierten Prüfung der Kontonummer davon ausgehen, bei der Tatsache, daß im Überweisungsbeleg die letzte Ziffer der neunstelligen Kontonummer des von Herrn T geführten Kontos fehlte, handele es sich auch und gerade in Ansehung des Umstandes, daß in den Vormonaten bereits zwei Überweisungen der Klägerin auf dieses bei der Beklagten geführte Konto getätigt worden waren, um ein offensichtliches Schreibversehen. Ein Vergleich zwischen der Kontonummer und der Bezeichnung des Begünstigten hätte aber auch hier ohne weiteres zu der Erkenntnis geführt, daß jedenfalls die X GmbH bei der Beklagten kein Konto unter der angegebenen - hier bereits zu berichtigenden - Kontonummer oder der übermittelten Empfängerbezeichnung unterhielt.

3)

Die der Klägerin aus abgetretenem Recht ihrer Hausbank somit dem Grunde nach zustehenden Ansprüche sind jedoch der Höhe nach in dem aus dem Tenor des Senatsurteils ersichtlichen Umfang zu kürzen.

Die Überweisungsaufträge haben ihre konkrete Gestalt erst durch deliktische Handlungen einer früheren Mitarbeiterin der Klägerin gefunden, die das bei der Beklagten geführte Konto des Herrn T dazu genutzt hat, für andere Zwecke bestimmte Firmengelder in rechtswidriger Weise für sich selbst zu vereinnahmen. Die dafür zuständigen Mitarbeiter der Klägerin haben dies nicht rechtzeitig erkannt und die an die Hausbank herausgereichten Überweisungsaufträge und die daraus resultierenden Zahlungsströme offenbar nicht hinreichend gründlich kontrolliert. Den hinsichtlich der drei weisungswidrig seitens der Beklagten ausgeführten Überweisungen bestehenden und auf einem der Klägerin zuzurechnenden Mitverschulden beruhenden Verursachungsbeitrag bewertet der Senat bei zusammenfassender Würdigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles daher mit 50 Prozent.

Es ist dieserhalb anerkannt, daß in (entsprechender) Anwendung der §§ 254, 242 BGB auch im Rahmen des Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB ein Mitverschulden zu beachten ist (vgl. BGH ZIP 1991, 1413, 1415; BGH ZIP 1999, 1961, 1962; OLG Düsseldorf WM 2004, 1233, Tz. 29). Dabei ist es zur Überzeugung des Senats nicht entscheidungserheblich, ob der Hausbank selbst, aus deren Recht die Klägerin ihre Ansprüche ableitet, ein Mitverschulden anzulasten ist. Denn es ist der Klägerin jedenfalls nach Treu und Glauben verwehrt, aus abgetretenem Recht Ansprüche in ungeschmälerter Höhe geltend zu machen, deren Entstehung maßgeblich auf einem ihr selbst zuzurechnenden, schuldhaften Fehlverhalten beruht.

4)

Der zuerkannte Zinsanspruch beruht auf den §§ 286, 288 BGB.

5)

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, 708 Nr. 10, 711 ZPO. 26 Nr 8 EGZPO.

6)

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt oder solche des Einzelfalls.

Ende der Entscheidung

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