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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.11.2006
Aktenzeichen: 34 U 61/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 249
BGB § 278
BGB § 291
BGB § 291 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.03.2006 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die vom Landgericht ausgeurteilten Verzugszinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.03.2004 entfallen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beschwer der Beklagten übersteigt 20.000,-- Euro.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus eigenem und aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns die Rückabwicklung des Erwerbs einer Wohnung von der Beklagten in der Anlage E - I, P-Straße - 64.

Die Beklagte kauft größere Anlagen mit Altwohnbeständen, teilt sie in Wohnungseigentum auf, und veräußert diese dann durch ihr Vertriebsnetz weiter, wobei die Anlagen von einer Schwesterfirma der Beklagten, der H mbH mit dem Komplementär der Beklagten als Geschäftsführer, verwaltet werden, ebenso wie ein Mietpool (Mieteinnahmegesellschaft) für die jeweiligen Anlagen.

Am 03. 02. 1995 erwarb die Beklagte das Objekt in E - I. Dabei handelt es sich um eine 1975 errichtete Anlage mit 320 Wohnungen und einer Gesamtwohnfläche von 24.320 qm. Im Februar 1995 war hierfür ein Wertgutachten erstellt worden, nach dem die Wohnungen 1989 saniert worden und keine Schäden daran feststellbar seien. Die Qualität der Gebäude und ihrer Ausstattung wurde darin als zufriedenstellend beurteilt. Die vertragliche Durchschnittsnettomiete betrug 1994 nach einem Schreiben der ehemaligen Verwalterin vom 24. 11. 1994 und einer Zusicherung in dem Vertrag vom 03. 02. 1995 7,97 DM/qm.

Durch notarielle Teilungserklärung vom 15. 03. 1995 wandelte die Beklagte das Objekt in Wohnungseigentum um und begann nach ihrem Vertriebsmuster, in dem auf die Vorteile von Immobilieneigentum, u.a. als Alterssicherung, sowie auf den Komplettservice zur Grundstücksverwaltung und den Mietpool hingewiesen wird, mit dessen Verkauf.

Etwa Anfang Juli 1995 führte der für die Beklagte als Anlagenberater tätige Anlagenberater L ein Beratungsgespräch mit den Klägern über den Erwerb einer Wohnung in E zur Steuerersparnis. Ein weiteres Gespräch erfolgte etwa eine Woche später, an dem auch der Anlagenberater L2 teilnahm. Hierbei wurde eine Musterrentabilitätsberechnung nach einem Formular der Beklagten für eine Wohnung mit 84 qm zu einem Preis von 167.160 DM aufgestellt, nach der die Klägerin und ihr Mann einen Eigenaufwand vor Steuern von 534,- DM monatlich zu tragen gehabt hätten bei monatlichen Zinszahlungen von 1040,- DM (7,95%) und einer monatlichen Tilgungsleistung von 118,- DM (0,75%) für ein Finanzierungsdarlehen von 157.000,- DM. Die Mieteinnahmen waren darin mit 6,50 DM/qm angegeben.

Da die Klägerin und ihr Mann, die damals 42 und 47 Jahre alt waren, am Erwerb einer Wohnung Interesse hatten, stellten sie am 01. 08. 1995 durch Vermittlung der Beklagten zwei Bausparanträge bei der Badenia Bausparkasse über 79.000,- DM und 78.000,- DM, die der Ablösung eines Vorfinanzierungsdarlehens für die Wohnung dienen sollten. Die Höhe der Sparraten war darin nicht angegeben.

Am 03. 08. 1995 suchte der Mitarbeiter N der Beklagten die Klägerin und ihren Mann auf. Hierüber wurde ein sog. von den Klägern und N unterschriebener "Besuchsauftrag" erstellt. Danach sollte die Wohnung 167.160,- DM (1.990,- DM/qm) kosten. Der Eigenkapitalanteil war mit 16.160,- DM, die Finanzierungssumme mit 157.666,- DM angegeben. Weiter hieß es dazu: "Finanzierung durch Badenia BS über Vorausdarlehen und aufeinanderfolgende Ansparung von 2 Bausparverträgen.

Der monatliche Eigenaufwand vor Steuern für die Kläger war mit 534,- DM berechnet bei Zinsausgaben von 1040,- DM (7,95% mit einer Zinsfestschreibung auf 8 Jahre) und Sparleistungen Bausparen von 118,- DM , unter Zugrundelegung von Mieteinnahmen von 546,- DM (6,50 DM/qm) abzüglich 40,- DM Verwaltungskosten für den Mietpool.

Als allgemeine Information war aufgenommen: "Steuerliche Absetzungsmöglichkeit jeweils im Folgejahr durch AfA (37,- DM pro qm) und Unterdeckung aus Zinsen und Nettomiete. Weitergehende steuerliche Hinweise wurden nicht erteilt."

Am 05. 08. 1995 erfolgte, entsprechend dem Vertriebsmodus der Beklagten noch einmal ein Besuch der Klägerin durch den Mitarbeiter C3 der Beklagten, bei dem nochmals ein gleich lautender "Besuchsauftrag" gefertigt wurde, den die Klägerin und ihr Mann sowie Herr C3 unterschrieben. Er enthielt den Zusatz: "Ich wurde darüber informiert, dass bei Wiederverkauf in den nächsten Jahren mit einem Verlust gerechnet werden muss. Darüber hinaus habe ich die in diesem Formblatt erklärten Zahlen verstanden. Nebenabreden mit dem Berater sind nicht getroffen."

Anschließend wurde am 05. 08. 1995 der notarielle Kaufvertrag über die Wohnung Nr. 60 bei dem Notar S in H3 beurkundet.

Der Kaufpreis betrug 167.160,- DM. Die Beklagte übernahmen sämtliche Kosten des Vertrages, seiner Durchführung, einschließlich der Grunderwerbssteuer, entsprechend dem in ihrem Prospekt angegebenen Verkaufskonzept.

Gleichzeitig traten die Klägerin und ihr Mann in einem privatschriftlichen Vertrag dem Mietpool bei. Darin beauftragten sie die H2 mbH gegen eine Verwaltungsgebühr von 40,- DM monatlich, den Mietzins einzuziehen, die Instandhaltungskosten für das Gemeinschafts- und Sondereigentum davon zu begleichen und die restlichen Beträge an die an dem Mietpool beteiligten Eigentümer zu verteilen. Außerdem war der Verwalter bevollmächtigt Mietverträge abzuschließen, zu ändern oder aufzuheben. Die Mitgliedschaft in dem Mietpool konnte mit dreimonatiger Frist zum Ende eines Monats, erstmals zum Ablauf der Amtsperiode des Verwalters, gekündigt werden.

Am 18. 08. 1995 schlossen die Klägerin und ihr Mann durch Vermittlung der Beklagten mit der C Bausparkasse einen Darlehensvertrag über ein Vorausdarlehen zur Finanzierung des Kaufpreises in Höhe von 157.000,- DM mit einem Festzinssatz von 7,85 % für 8 Jahre, das durch die zwei erwähnten Bausparverträge nach deren Zuteilungsreife abgelöst werden sollte. Als monatliche Sparrate für die Bausparverträge, die nacheinander angespart werden sollten, waren darin ansteigende Sparraten beginnend mit 118,50 DM, über 165,90 DM ab dem 4. und 229,10 DM ab dem 7. Jahr, bis 292,30 DM ab dem 10. Jahr festgesetzt. Ferner bestand die Auflage, dem Mietpool beizutreten.

Außerdem bestellten die Klägerin und ihr Mann zur Absicherung des Darlehen noch eine Grundschuld.

An Eigenkapital leisteten die Klägerin und ihr Mann 16.160,- DM auf den Kaufpreis.

In den folgenden Jahre erhielten die Kläger von der H mbH für jedes Kalenderjahr Abrechnungen über die Kosten der Instandhaltung und die Instandhaltungsrücklage des Gemeinschaftseigentums, sowie über den Mietpool, bei dem die Beteiligung zwischen 314 - 317 Wohnungen mit 23.864 qm bis 24.000 qm schwankte, und eine Mietbescheinigung über die von dem Mietpool an die Klägerin und ihren Mann ausgeschüttete Nettomiete.

Die Instandsetzungsrücklage schloss nach diesen Abrechnungen mit folgenden Jahresbeständen ab:

 1995 + 42.173,86 DM,
1996 + 20.487,72 DM,
1997 - 94.703,64 DM,
1998 - 116.198,70 DM,
1999 - 62.085,89 DM,
2000 - 138.979,03 DM,
2001 - 156.540,00 DM,
2002 - 75.500,31 €.

Der Mietpool wies folgende Bestände auf:

 1995 - 95.301,23 DM,
1996 + 55.054,09 DM,
1997 - 81,34 DM,
1998 - 308.851,24 DM,
1999 - 804.817,30 DM,
2000 - 535.890,73 DM,
2001 - 510.222,13 DM,
2002 - 285.864,71 DM.

Die an die Klägerin und ihren Mann abgeführten Nettomieten betrugen nach den Mietbescheinigungen bis Juli 2000 monatlich 506,- DM und ab Juli 2000 noch 339,86 DM aufgrund einer Herabsetzung um 1,50 DM/qm durch Beschluss der Mietpoolversammlung vom 16. 05. 2000. eine weitere Reduzierung auf 2,- €/qm erfolgte durch Beschluss der Mietpoolbeteiligten vom 09. 04. 2005.

An Nachzahlungen an den Mietpool musste die Klägerin und ihr Mann leisten bis zum Jahr 2002:

 1998 1.092,- DM,
1999 2.079,- DM,
2000 1.890,- DM,
2001 1.260,- €,
2002 504,- €.

Bei zu dem Mietpool gehörenden Wohnungen in dem Komplex gab es nach Angaben der Beklagten folgende Leerstände (in Wohnungsmonaten):

 199631
1997121
1998259
1999314
... 
2004733.

Mit Anwaltsschreiben vom 31. 07. 2002 forderten die Klägerin und ihr Mann die Beklagte auf, den Erwerb der Wohnung rückabzuwickeln, da sie nur durch eine falsche Beratung zum Abschluss des Kaufvertrages veranlasst worden seien. Die Beklagte lehnte dies ab.

Die Klägerin hat daraufhin die Rückabwicklung in dem vorliegenden Verfahren geltend gemacht und sich die Rechte ihres Mannes insoweit durch eine undatierte Vereinbarung abtreten lassen.

Sie hat die Ansicht vertreten, ihnen stehe ein Schadensersatzanspruch auf Rückabwicklung gegen die Beklagte zu, da zwischen ihnen und der Beklagten ein Beratungsvertrag zustande gekommen sei und die Beklagte die ihr aus diesem Vertrag obliegenden Pflichten zur fachgerechten Beratung schuldhaft verletzt habe.

Zur Begründung hat die Kläger vorgetragen, die erstellte Rentabilitätsberechnung sei unrichtig, weil die Instandhaltungsrücklage zu niedrig angesetzt und damit die kalkulierte monatliche Mieteinnahme von 6,50 DM/qm unrealistisch gewesen sei. Die Mieteinnahmen seien von Anfang an zu positiv kalkuliert worden. Für die Beklagte sei zumindest wegen des Alters und des Zustandes der Immobilie und daraus resultierenden Sanierungsmaßnahmen schon bei Vertragsschluss erkennbar gewesen, dass die kalkulierte Miete von 6,50 DM nicht nachhaltig zu erzielen sei.

Die Instandhaltungsrücklage habe in den Folgejahren aufgrund immer wieder notwendig werdender Sanierungsmaßnahmen eine stetige Unterdeckung aufgewiesen. Deshalb hätten Nachzahlungen aus dem Mietpool auf die Instandhaltungsrücklage und folglich von den Eigentümern wiederum in den Mietpool geleistet werden müssen. Die Eigenbelastung sei dadurch wesentlich höher gewesen als angegeben.

Auch habe die Beklagte im Rahmen der Beratungsgespräche nicht darauf hingewiesen, dass die Sparraten auf die Bausparverträge laufend ansteigen sollten. Vielmehr seien sie und ihr Mann bei Abschluss der Verträge davon ausgegangen, dass nur eine verbindliche Verpflichtung über durchgängige Sparraten von 118,- DM bestehe. Eine höhere vertragliche Verpflichtung hätten sie nicht eingehen wollen. Darüber hinausgehende Leistungen seien für sie je nach Leistungsfähigkeit nur auf freiwilliger Basis in Betracht gekommen ohne feste Verpflichtung. Die Staffelung der Beträge in dem Darlehensvertrag sei ihnen nicht aufgefallen, mit der Unterschrift unter den Kaufvertrag sei für sie alles gelaufen gewesen. Die Zuteilungsreife der Bausparverträge sei nicht besprochen worden.

Ferner hat die Klägerin den Kaufpreis der Wohnung für sittenwidrig überteuert gehalten.

Darüber hinaus haben die Kläger geltend gemacht, dass der Erwerb der Wohnung unter den vermittelten Finanzierungsbedingungen zum Zwecke der Altersvorsorge ungeeignet sei. Hierauf aber hätten sie Wert gelegt.

Die Klägerin hat beantragt,

1)

die Beklagte zu verurteilen, an sie zu Händen eines von ihr und ihr zu beauftragenden Notars 85.467,55 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02. 03. 2004 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abgabe der notariellen Erklärung der Klägerin und ihres Mannes zur Übertragung des Wohnungseigentums frei von der zugunsten der C AG eingetragenen Grundschuld auf die Beklagte,

2)

festzustellen, dass die Beklagte auch zum Ausgleich des weiteren Vermögensschadens aus dem Erwerb der Wohnung verpflichtet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eine sittenwidrige Überhöhung des Kaufpreises sowie eine Voraussehbarkeit eingetretener Unterdeckungen in Abrede gestellt.

Sie macht geltend, die in die Berechnungen eingeflossenen Mieteinnahmen von 6,50 DM seien bereits um sämtliche Kosten bis auf die Gebühr für die Mietpoolverwaltung bereinigt gewesen. Die tatsächlichen Mieten hätten höher gelegen. Die für das Objekt zu kalkulierenden Instandsetzungskosten seien sachgerecht gewesen. Es seien aber unvorhergesehene Sanierungsarbeiten angefallen. Das Mietpoolkonto habe einen negativen Verlauf genommen aufgrund der nicht vorhersehbaren Leerstände infolge der Entwicklung des Wohnungsmarktes, mit Dumpingmietpreisen bei einer in die Insolvenz geratenen Nachbaranlage.

Die den Klägern mit der Musterberechnung und den Besuchsaufträgen vorgelegten Belastungsberechnungen seien zutreffend, darüber hinausgehende Zusagen seien nicht gemacht worden. Darüber hinausgehender Aufklärungen und Belehrungen habe es nicht bedurft. Die Klägerin und ihr Mann hätten nicht erklärt, die Wohnung zur Alterssicherung erwerben zu wollen. Sie seien auch auf das Ansteigen der Sparleistungen für die Bausparverträge hingewiesen worden. Im übrigen hätten die Klägerin und ihr Mann sogar höhere Sparleistungen als vorgesehen erbracht, was sich daraus ergebe, dass der erste Bausparvertrag früher als geplant zugeteilt worden sei.

Die Wohnung sei auch nicht überteuert gewesen.

Das Landgericht hat der Klage nach uneidlicher Vernehmung der Zeugen T, L2, C2 und N stattgegeben.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem selbstständigen Beratungsvertrag verletzt, indem sie die Klägerin und ihren Ehemann, wie nach der durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere den Bekundungen des Ehemannes festzustellen sei, nicht auf den Anstieg der Sparraten auf die Bausparverträge hingewiesen habe. Die Aussagen der übrigen Zeugen seien demgegenüber zu allgemein gewesen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.

Sie wiederholt und vertieft ihr bisheriges Vorbringen und greift die Beweiswürdigung des Landgerichts an, zumal der Zeuge T ein starkes Eigeninteresse habe und die Abtretung nur vorgenommen worden sei, um ihn als Zeugen präsentieren zu können. Entgegen der Bewertung des Landgerichts seien die Bekundungen der Zeugen L2, C2 und N auch nicht unergiebig gewesen, sondern bestätigten die umfassende Belehrung über die Sparraten.

Darüber hinaus ergebe sich aus den nunmehr von der Klägerin vorgelegten Bausparunterlagen, dass die Klägerin und ihr Mann beständig wesentlich höhere Sparraten erbracht hätten, als in dem Darlehensvertrag vereinbart worden sei. Eine Erwartung einer durchgehenden Sparleistung von 118,50 DM könne somit nicht ursächlich für den Abschluss des Wohnungskaufes gewesen sein.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Ergänzend hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass sich die Mehrleistungen auf den Bausparvertrag durch zweifache vermögenswirksame Leistungen der Arbeitgeber ergeben hätten.

Schließlich hat die Klägerin mit ihrer Berufungserwiderung noch vorgetragen, dass sich nunmehr noch herausgestellt habe, dass in der Anlage asbesthaltige Materialien verwandt worden seien und das der Brandschutz erhebliche Mängel aufweise. Die Sanierung werde weit über 1 Million Euro kosten. Beides hätte die Beklagte vorhersehen können.

Die Beklagte macht dazu geltend, dass ihr beides nicht bekannt gewesen sei und sie einen dadurch bedingten Sanierungsaufwand auch nicht hätte vorhersehen können. Vorsorglich berufe sie sich auch auf die Einrede der Verjährung.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Terminsniederschriften.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber unbegründet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 2004, 64) ist zwischen der Klägerin sowie ihrem Ehemann und der Beklagten ein Beratungsvertrag zustande gekommen, indem die Verkäuferin durch ihre Repräsentanten bei den Verkaufsgesprächen den Käufern ein Berechnungsbeispiel in Form der Besuchsaufträge über die Kosten und Vorteile des Erwerbs vorgelegt hat, das der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen sollte.

Gegenstand dieser Beratung waren, wie sich aus den Besuchsaufträgen ergibt, die Finanzierungsbelastungen sowie die entgegenstehenden Mieteinnahmen und als Kernstück der sich daraus ergebende monatliche Eigenaufwand vor Steuern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zu dem Geschäftsmodell der Beklagten über den reinen Wohnungsverkauf hinaus eine weitere langfristige Betreuung des Erwerbers hinsichtlich der Wohnung durch Beitritt zu dem von der Schwestergesellschaft der Beklagten verwalteten Mietpool gehört. Zweck dieses Mietpools ist es zum einen, Vermietungsrisiken unter den Mitgliedern solidarisch zu tragen und zum anderen, dem Erwerber die gesamte Bewirtschaftung der Wohnung abzunehmen, so dass er letztlich nur noch mit dem von ihm zu tragenden Eigenanteil belastet ist. Dementsprechend wurde auch nur dieser auf der Grundlage der Finanzierungskosten unter Abzug eines bereits um die Allgemeinkosten des Mietobjektes verminderten Mietzinses sowie der Verwaltungsgebühren für den Mietpool in den Berechnung der Besuchsaufträge angegeben.

Dabei war es einmal Aufgabe der Beklagten, die mit dem Wohnungseigentum verbunden Belastungen und vorhersehbaren Risiken sowohl des Gemeinschaftseigentums als auch des Sondereigentums so sachgerecht zu kalkulieren, dass sie mit dem über den auszuschüttenden Anteil hinausgehenden Mieteinnahmen unter vorhersehbaren Umständen abgedeckt werden konnten.

Zum anderen gehörte aber auch dazu, die sich aus der Finanzierung ergebenden Kosten genau aufzuschlüsseln und den Kaufinteressenten umfassen darüber zu unterrichten.

Erst dann kann der von beiden Faktoren abhängige Eigenanteil des Käufers auch längerfristig als gesichert angesehen werden. Eine zuverlässige Kalkulation und eine umfassende Beratung zu dem vom Käufer zu tragenden Eigenanteil sind erforderlich, um ihm eine sachgerechte Grundlage für die Abwägung der Kaufentscheidung zu vermitteltn. Die von den Erwerbern zu tragende Belastung ist demnach das Kernstück der Beratungspflichten der Beklagten.

Dieser Beratungspflicht ist die Beklagte im vorliegenden Fall nicht nachgekommen.

Dazu gehörte der Hinweis auf die ansteigenden Sparbeiträge zu den Bausparverträgen.

Sie steigen im Laufe der Jahre von 118,50 DM um 173,80 DM auf 292,30 DM pro Monat, was bezogen auf den angegebenen Eigenaufwand von 534,- DM eine Steigerung bis zu 32,5 % bedeutet. Über diese Dynamisierung der Sparleistungen und damit des zu tragenden Eigenanteils sind die Klägerin und ihr Mann nicht aufgeklärt worden.

Grundsätzlich trägt zwar ein Käufer die volle Darlegungs- und Beweislast für eine unterbliebene Aufklärung. Im vorliegenden Fall haben sich diese aber umgekehrt. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass in den beiden Besuchsaufträgen vom 03. und 05. August 1995, die nicht nur von der Klägerin und ihrem Mann, sondern auch von den Mitarbeitern der Beklagten unterschrieben wurden, als Sparleistung lediglich der Anfangsbetrag von 118,50 DM enthalten war ohne einen Hinweis auf Steigerungen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers dieser in den Besuchsaufträgen zum Ausdruck gekommenen Mitteilungen konnten die Klägerin und ihr Mann dies nur so verstehen, dass der Sparbetrag konstant blieb. Entsprechend den für schriftliche Verträge geltenden Grundsätzen, dass der Inhalt der schriftlich fixierten Regelungen die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat, muss hier davon ausgegangen werden, dass auch nur über diese Sparrate informiert wurde. Diese Grundsätze finden hier Anwendung, weil die Besuchsaufträge als eine von beiden Seiten unterschriebene Dokumentation über die Belehrung der darin enthaltenen Punkte anzusehen ist. Einen davon abweichenden Hinweis auf ein Ansteigen müsste daher die Beklagte beweisen. Diesen Beweis hat sie nicht erbracht.

Im Gegenteil kann mit dem Landgericht auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme und seiner nachvollziehbaren, umfassenden und abgewogenen Beweiswürdigung in dem angefochtenen Urteil, der sich der Senat anschließt, sogar festgestellt werden, dass eine Aufklärung der Klägerin und ihres Mannes über das Ansteigen der Sparraten unterblieben ist.

Die Angriffe der Beklagten gegen diese Beweiswürdigung sind nicht geeignet, begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Feststellung zu erzeugen, auch wenn diese Feststellungen primär auf die Aussage des Zeugen T gestützt sind. Dabei hat das Landgericht auch in seine Erwägungen miteinbezogen, dass es sich bei diesem Zeugen um den Ehemann der Klägerin handelt, der mit ihr gemeinsam die Wohnung erworben und somit durchaus ein nicht unerhebliches Eigeninteresse an dem Ausgang des Verfahrens hat. Trotzdem ist das Landgericht in nicht zu beanstandender Weise zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Ergänzend ist anzumerken, dass als stützendes Indiz für die Richtigkeit dieser Aussage auch der Inhalt der schriftlichen Besuchsaufträge spricht, die keinen Hinweis auf eine Dynamisierung enthalten. Ebenso gibt es nichts dagegen zu remonstrieren, dass das Landgericht demgegenüber die Bekundungen der Zeugen L2, C2 und N als widersprüchlich und unergiebig angesehen hat.

Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung versucht, die Glaubwürdigkeit des Zeugen y erschüttern und die Aussagen der Zeugen L2, C2 und N aufzuwerten, setzt sie lediglich ihre eigene Beweiswürdigung an die Stelle der des Landgerichts, was aber nicht ausreicht, um die Abwägungen des Landgerichts zu erschüttern. Dabei wird die Glaubwürdigkeit des Zeugen T auch nicht durch die vorgelegte Eidesstattliche Versicherung vom 20. 09. 2004 tangiert. Zum einen handelt es sich dabei erkennbar um einen allgemeinen Vordruck ohne nähere Datailangaben. Zum anderen ging es in dieser Erklärung, wie sich aus dem letzten Absatz ergibt, erkennbar darum, dass über die Aufklärung bezüglich der Einnahmen und Kosten in der Musterrentabilitätsberechnung hinaus keine erweiterte Aufklärung durch ein anderes Schriftstück erfolgt ist. Dem aber stehen die Besuchsaufträge, die insoweit mit den Angaben in der Musterrentabilitätsberechnung übereinstimmen, nicht entgegen.

Einer Wiederholung der Beweisaufnahme bedurfte es demnach nicht. Auf die Vernehmung des Zeugen L hat die Beklagte auch für die Berufungsinstanz verzichtet.

Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen mit der Beklagten, die Bekundungen des Zeugen T als nicht feststellbar ansehen würde, so reichten aber auch die Aussagen der Zeugen L2, C2 und N ebenso nicht aus, um damit den Beweis des Gegenteils führen zu können, so dass in jedem Fall die Beklagte den ihr hier obliegenden Beweis einer vollständigen Aufklärung über das Ansteigen der Sparraten nicht erbracht hätte.

Über die Sparrate als Teil der Belastung ist somit nicht umfassend aufgeklärt worden. Die Klägerin kann daher wegen eines Verstoßes gegen die Beratungspflicht als Schadensersatz Rückgängigmachung des Wohnungserwerbs verlangen. Mit der Klägerin ist nämlich davon auszugehen, dass sie und ihr Mann bei vollständiger Beratung, die Wohnung nicht gekauft hätten.

Dem kann die Beklagte nicht entgegen halten, dass es den Eheleuten auf eine monatliche Sparrate von 118,50 DM für die Frage des Kaufvertragsabschlusses nicht ankam, wie die von ihnen erbrachten Mehrleistungen auf den 1. Bausparvertrag zeigten, die nunmehr durch die vorgelegten Bausparunterlagen belegt seien.

Zutreffend ist insoweit, wie sich aus diesen Unterlagen ergibt, dass dem Bausparkonto höhere Sparleistungen als 118,50 DM gutgeschrieben wurden. Eine genaue Betrachtung dieser Mehrbeträge aber macht deutlich, dass sie zunächst darauf zurückzuführen sind, dass die Arbeitgebersparzulage von 78,- DM bis April 2000 nicht nur einmal, sondern zweimal, also für beide Ehegatten gutgebracht wurde, weil beide berufstätig waren. Der Mehrbetrag beruht also letztlich auf der Leistung eines Dritten, durch die die den Eheleuten zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht eingeschränkt wurden und der von ihnen zu tragende Eigenanteil dadurch keine Mehrbelastung erfuhr.

Mit der Erhöhung der Sparrate auf 165,90 DM ab dem 4. Jahr wurden ab dem 01. 01. 1999 von dem Konto der Eheleute nicht nur der neue Differenzbetrag von 87,90 DM zu einer Arbeitgebersparzulage von 78,- DM eingezogen, sondern zusätzlich auch noch der bisherige Einzugsbetrag von 40,50 DM. Damit erbrachten die Eheleute freiwillig aus ihrem Vermögen eine um 40,50 DM überhöhte Sparrate und zwar auch noch nach Wegfall der zweiten Arbeitgebersparzulage. Ab Oktober 2001 wurde dann nur noch genau der Sparbetrag erbracht, der nach dem Darlehensvertrag ab dem 7. Jahr vorgesehen war und zwar 229,10 DM, nämlich 151,10 DM durch Einzug und 78,- DM durch eine Arbeitgebersparzulage. Die letzte Stufe von 292,30 DM (= 149,45 €) erbrachten die Eheleute dann ab Januar 2005 und zwar 109,57 € durch Bankeinzug und 39,88 € als Arbeitgebersparzulage. Betrachtet man diese Zahlen, so ergeben sich zwar zeitweise geringe Mehrbeträge aus dem eigenen Vermögen der Klägerin und ihres Mannes, die erscheinen aber nicht so hoch, dass sich daraus der Schluss ziehen ließe, der bei ihrer Beratung prognostizierte Sparbetrag und damit die von ihnen zu tragende prognostizierte Eigenleistung habe in keinem Ursachenzusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrages gestanden.

Zu berücksichtigen ist nämlich, dass es sich bei den Mehrbeträgen um Sonderzahlungen, also um zusätzliche freiwillige Leistungen handelte. Solche kann man je nach seinen finanziellen Möglichkeiten erbringen, ohne das eine Verpflichtung dazu besteht. Demgegenüber waren die im Darlehnsvertrag festgesetzten dynamisch ansteigenden Sparraten verbindlich. Eine solche von vornherein festgelegte Belastung aber lässt für den Darlehensnehmer, anders als freiwillige Sonderzahlungen, keinen selbstbestimmten Spielraum nach den jeweiligen finanziellen Möglichkeiten zu, sondern er ist daran starr gebunden. Deshalb ist von jedem Erwerber für die Kaufentscheidung sorgfältig abzuwägen, ob er die Belastungen auch sicher auf Dauer wird erbringen können und zwar auch dann, wenn sie verbindlich ansteigen. Um diese Abwägung vornehmen zu können, muss also genau über die Finanzierungskosten aufgeklärt werden, insbesondere auch über vorgesehene Erhöhungen durch ein Ansteigen der Sparraten auf die Bausparverträge.

Dieser Beratungsverpflichtung ist die Beklagte hier nicht nachgekommen. Die Einhaltung von Aufklärungspflichten gehört zu den an einen Berater zu stellenden Anforderungen (§ 276 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.). Ihre Unterlassung ist fahrlässig und von der Beklagten zu vertreten, die sich nach § 278 BGB das Fehlverhalten ihrer Verkaufsrepräsentanten zurechnen lassen muss.

Wäre die Belehrung insoweit hier erfolgt, ist mit der Klägerin davon auszugehen, dass sie und ihr Mann das Risiko einer solchen festen vertraglichen Bindung mit stetig ansteigenden Sparraten und damit mit wachsenden von ihnen aufzubringenden Eigenanteilen nicht eingegangen wären und deshalb den Wohnungskaufvertrag nicht abgeschlossen hätten.

Die Klägerin kann daher von der Beklagten nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung als Schadensersatz für die fehlerhafte Beratung gemäß § 249 BGB die Rückgängigmachung des Wohnungserwerbs und damit Rückzahlung des kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der erworbenen Wohnung verlangen und zwar lastenfrei in Abteilung III des Wohnungsgrundbuches, wobei der Senat, da dies von der Beklagten nicht angegriffen wurde, davon ausgeht, dass die insoweit im Klageantrag und dem Tenor angeführte Grundschuld zu Gunsten der C Bausparkasse die einzige in Abteilung III eingetragene Belastung ist.

Darüber hinaus ist die Beklagte auch verpflichtet, der Klägerin sämtliche weiteren Vermögensschäden aus dem Erwerb der in Rede stehenden Wohnung zu ersetzen.

Dem Anspruch steht die Einrede der Verjährung nicht entgegen. Vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes zum 01. 01. 2002 unterlagen Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. (Palandt, BGB, 61. Aufl. § 195, Rdn. 9). Danach galt nur noch die 3 - jährige Verjährungsfrist aus § 195 BGB n.F. , allerdings hier mit der Maßgabe, dass ihr Lauf erst ab dem 01. 01. 2002 begann (Art. 229, § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB). Diese Frist wurde dann mit Einreichung der Klage am 19. 01. 2004 gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

Soweit die Beklagte bei der Schadenshöhe, die sich durch den geleisteten Kaufpreis bestimmt, die Steuervorteile in Anrechnung bringen will, ist dem nicht zu folgen. Denn den seit dem Erwerb der Wohnung erlangten Steuerersparnissen der Klägerin und ihres Mannes steht als Nachteil gegenüber, dass sie die Schadensersatzleistung der Beklagten versteuern muss (BGH NJW-RR 1988, 788). Die von der Beklagten dazu angeführte Entscheidung (NJW 2006, 499) betrifft einen anderen Sachverhalt um Fondsanteile.

Ebenso brauchen auch die eingenommenen Mieten nicht von dem zurückverlangten Kaufpreis in Abzug gebracht werden, da diese geringer waren als die für die Finanzierung aufzubringende Zinsleistung. Sie sind daher erst im Rahmen der Abrechnung weiterer Vermögensschäden zu berücksichtigen.

Die begehrte Verzinsung des Kaufpreises nach § 291 BGB ist im Hinblick auf den lediglich Zug um Zug bestehenden Rückerstattungsanspruch nicht begründet. Es fehlt an der Fälligkeit der Schuld. Das Zurückbehaltungsrecht der Beklagten, dem die Klägerin mit ihrem Zug-um-Zug-Antrag Rechnung getragen hat, begründet eine verzögerliche Einrede mit der Wirkung, dass die Forderung noch nicht fällig i. S. des § 291 Satz 1 BGB ist. Insoweit war das Urteil des Landgerichts abzuändern.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, eine Entscheidung des Revisionsgerichts in dieser Sache ist zur Fortbildung des Rechts oder zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung nicht erforderlich.

Ende der Entscheidung

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