Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 13.02.2001
Aktenzeichen: 4 Ss 1166/00
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 259 Abs. 1
Leitsatz

Zur Hehlerei an gestohlenem Geld, wenn dieses zuvor gewechselt worden ist


Beschluss Strafsache gegen H.T.,

wegen Hehlerei.

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 3. kleinen Strafkammer des Landgerichts Paderborn vom 23. August 2000 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 13. 02. 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gemäß § 349 Abs.4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Gründe:

I. Das Amtsgericht Lippstadt hat den Angeklagten am 25. Mai 2000 wegen Hehlerei zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 40,00 DM verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die Strafkammer durch das angefochtene Urteil mit der Maßgabe verworfen, dass die Geldstrafe auf 30 Tagessätze zu je 20,00 DM herabgesetzt wird.

Nach den getroffenen Feststellungen ließen sich der Angeklagte und der Zeuge K. am 8. Januar 2000 gegen 4.00 Uhr in Lippstadt mit einem von dem Zeugen S. gesteuerten Taxi zu der Gaststätte "Marktdeele" bringen. Beide hatten die zwischen den Vordersitzen des Wagens abgelegte Geldtasche des Taxifahrers, in der sich 300,00 bis 400,00 DM in kleinen Scheinen und Münzen befand, bemerkt. Der Zeuge K, der im Fonds des Wagens saß, nahm die Tasche an sich und warf sie noch während der Fahrt aus dem Fahrzeug.

Zum weiteren Tatgeschehen ist in dem Urteil ausgeführt:

"Bei der Gaststätte "Marktdeele" angekommen stiegen der Angeklagte und der Zeuge K. aus. Der Zeuge K. ging zunächst ein Stück auf der Straße zurück, um die Geldtasche zu holen, während der Angeklagte sich sofort in die Gaststätte begab. Nachdem der Zeuge K. ebenfalls in die Gaststätte gekommen war, zeigte er dem Angeklagten das aus der Geldtasche entnommene Geld und erklärte dazu zunächst, er habe am Geldspielautomaten gewonnen, bevor er wahrheitsgemäß mitteilte, dass das Geld aus der entwendeten Geldtasche des Zeugen S. stammte. Der Angeklagte forderte den Zeugen K. nun auf, ihm von dem Geld etwas mitzugeben. Dazu war der Zeuge K. bereit, wechselte das Kleingeld aber zunächst einvernehmlich in teils größere Scheine um. Danach überließ er dem Angeklagten von dem eingewechselten Geld 80,00 bis 100,00 DM. Von der Gaststätte "Marktdeele" aus fuhren der Angeklagte und der Zeuge K. zusammen nach Geseke, wo sie das Geld verspielten."

Die Strafkammer hat den Angeklagten auf dieser Grundlage der Hehlerei gemäß § 259 Abs.1 StGB für schuldig befunden und dazu dargelegt, der Angeklagte habe sich in Kenntnis aller Umstände einen Teil des von dem Zeugen K. durch den Diebstahl zum Nachteil des Zeugen S. erlangten Geldbetrages verschafft, wobei es unerheblich sei, dass der Zeuge K. das erlangte Kleingeld vor der konkreten Teilung noch habe umwechseln lassen.

Mit der Revision erstrebt der Angeklagte die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und primär seine Freisprechung, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts. Nach seiner Auffassung ist der Sachverhalt lediglich als (straflose) Ersatzhehlerei zu werten.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat keinen Antrag gestellt.

II. Die zulässige Revision hat Erfolg. Der Sachverhalt, den die Kammer zum Tatgeschehen festgestellt hat, trägt den Schuldspruch der Hehlerei nicht.

Der Hehlereitatbestand des § 259 Abs.1 StGB in seinen verschiedenen Handlungsalternativen sanktioniert (nur) das rechtswidrige Aufrechterhalten der durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Vortat eines anderen geschaffenen Vermögenslage. Tauglicher Gegenstand einer Hehlerei kann eine Sache danach nur sein, wenn und solange eine durch die Vortat entstandene rechtswidrige Besitzlage an ihr besteht (Schönke/Schröder/Stree, StGB, 25. Aufl., § 259 Rdnr. 8, 13; Leipziger Komm.-Ruß, StGB, 10. Aufl., § 259 Rdnr.14). Daraus folgt, dass der Erlös beziehungsweise der Ersatz für eine durch die Vortat erlangte Sache seinerseits nicht mehr Gegenstand einer Hehlerei sein kann. Das Sichverschaffen, Absetzen oder Absetzenhelfen der Ersatzsache ist als sogenannte "Ersatzhehlerei" straflos (Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl. Rdnr. 8, 9; Schönke/Schröder/Stree, aaO, Rdnr. 14; Leipziger Komm.-Ruß, aaO, Rdnr. 14). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Ersatzsache selbst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete (Vor-) Tat im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB - wie etwa Betrug - erworben wurde.

Nach den von der Kammer getroffenen Feststellungen hat der Zeuge K. dem Angeklagten von dem durch den Zeugen eingewechselten Geld 80,00 bis 100,00 DM überlassen. Das somit in die Verfügungsgewalt des Angeklagten gelangte Wechselgeld als solches scheidet nach den vorstehenden Darlegungen als tauglicher Hehlereigegenstand jedoch aus. Bei dem eingewechselten Geld handelt es sich um eine Ersatzsache. Die Möglichkeit einer - auch nur teilweisen - Identität mit den durch den Diebstahl des Zeugen K. erlangten Geldscheinen und Münzen ist nach den tatrichterlichen Feststellungen ausgeschlossen. An dem Wechselgeld selbst ist eine rechtswidrige Besitzlage durch den Tausch nicht entstanden. Das Einwechseln des gestohlenen Geldes stellt keine strafbewehrte Verletzung fremden Vermögens zum Nachteil des Tauschpartners dar, was daraus folgt, dass dieser uneingeschränkt Eigentum an den Geldscheinen und Münzen erwirbt (vgl. § 935 BGB). Bei der Entgegennahme vom Dieb bereits "gewaschenen" Geldes - wie hier - ist danach ein Fall der straflosen Ersatzhehlerei gegeben (vgl. Tröndle/Fischer, aaO, Rdnr. 8; Schönke/Schröder/Stree, aaO, Rdnr. 14; Leipziger Komm.-Ruß, aaO, Rdnr. 14).

Der von der Kammer festgestellte Sachverhalt lässt auch nicht die Wertung zu, der Angeklagte habe sich im Zusammenhang mit dem Einwechseln des Kleingeldes der Hehlerei in der Tatbestandsalternative der Absatzhilfe schuldig gemacht. Zwar kann grundsätzlich auch gestohlenes Geld Gegenstand eines Wertumsatzes im Sinne von § 259 Abs.1 StGB sein, insbesondere durch Umwechseln erbeuteter Scheine und Münzen (vgl. BGHSt 9, 137, 138; BGHSt 10, 1, 2; Leipziger Komm.- Ruß, aaO Rdnr. 28). Die täterschaftliche Absatzhilfe, die dem Vortäter geleistet wird, erfordert jedoch ein einverständliches Mittätigwerden des Helfers zur wirtschaftlichen Verwertung der Sache, das dem auf Absatz gerichteten Interesse des Täters zu dienen bestimmt ist (BGHSt 9, aaO; Schönke/Schröder/Stree, aaO, Rdnr. 37; Leipziger Komm.-Ruß, aaO, Rdnr. 28 f). Ein die Einwechslung des Beutegeldes förderndes, den Zeugen K. unterstützendes Verhalten des Angeklagten ist von der Kammer nicht festgestellt. Dass der Angeklagte beim Umtausch des Kleingeldes irgendeine Tätigkeit entfaltet hätte, geben die Feststellungen zum Tatgeschehen nicht her. Diese legen vielmehr nahe, dass der Zeuge K. das Umwechseln allein bewerkstelligt hat.

Das angefochtene Urteil kann daher aus Rechtsgründen keinen Bestand haben und war gemäß § 353 Abs.1 StPO aufzuheben.

Da nach Lage des Falles in einer erneuten Hauptverhandlung mit Feststellungen, die zu einer Strafbarkeit des Angeklagten führen könnten, nicht mehr zu rechnen ist, war der Angeklagte mit der notwendigen Kostenfolge aus § 467 Abs.1 StPO freizusprechen (§ 354 Abs.1 StPO).

Ende der Entscheidung

Zurück