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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 03.06.2004
Aktenzeichen: 4 Ss 138/04
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 185
Zur Beleidigung durch Meinungsäußerungen in einem Gerichtsverfahren.
OBERLANDESGERICHT HAMM BESCHLUSS

4 Ss 138/04 OLG Hamm

Strafsache

wegen Beleidigung u.a..

Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 2. kleinen Strafkammer des Landgerichts Detmold vom 22. Januar 2004 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 3. Juni 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Leygraf, den Richter am Oberlandesgericht Eichel und den Richter am Oberlandesgericht Kallhoff

nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Beleidigung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen in Höhe von jeweils 15,- € verurteilt und dabei Einzelstrafen in Höhe von 45 Tagessätzen in Ansatz gebracht. Die Berufung des Angeklagten gegen dieses Urteil blieb erfolglos. Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte wegen Beleidigung und übler Nachrede zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15,- € verurteilt wurde.

Den Feststellungen der Berufungskammer zufolge führte der Angeklagte vor dem Sozialgericht Detmold mehrere Rechtsstreitigkeiten. In dem Rechtsstreit S 14 U 58/02 setzte sich der Angeklagte gegen Beitragsbescheide der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft zur Wehr. Das Verfahren führte der Richter am Sozialgericht S., mit dessen Prozessführung der Angeklagte in weiten Teilen nicht einverstanden war. Unter dem 12. Juli 2003 stellte der Angeklagte ein Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Sozialgericht S., in dem es u.a. heißt:

"5. Richter S. lügt offensichtlich, wenn er behauptet, für den von ihm angesetzten Verhandlungstermin am 19.07.2002 die Akten der Beklagten beigezogen zu haben, tatsächlich aber alle Prozessakten unter S 14 U 58/02 einschließlich der Verwaltungsakten der Beklagten seit dem 3. Juni 2002 bei dem Landessozialgericht NRW unter Zeichen L 2 B 4/02 ER sich befinden und die Beklagte selbst erklärt hat, über keine weiteren Originalverwaltungsakten zu verfügen. Richter S. inszeniert auf diese Weise einen reinen Schauprozess gegen mich."

Das Landessozialgericht wies das Ablehnungsgesuch des Angeklagten, in dem er noch weitere Vorwürfe gegen den Richter am Sozialgericht S. erhob, als unbegründet zurück. In dem Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Dezember 2002 heißt es u.a.:

"Hingegen sind ... die den vorliegenden Rechtsstreit betreffenden Akten beigezogen worden. Ausweislich der Verfügung vom 28. Juni 2002 und 3. Juli 2002 hat der abgelehnte Richter das Landessozialgericht ausdrücklich unter Hinweis auf den Termin am 19. Juli 2002 um Rücksendung der dort befindlichen Akten gebeten. Der Vorwurf der "offensichtlichen Lüge" ist daher unberechtigt."

Der Angeklagte stellte unter dem 23. Januar 2003 ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Landessozialgericht S. und begründete dies u.a. wie folgt:

" 6. Richter S. verweigert in diesem Rechtsstreit unbegründet nahezu jegliche Zurkenntnisnahme meines Vortrags. Gemeint ist in diesem Zusammenhang weniger seine bereits dargestellte Untätigkeit in Bezug auf von mir gestellte Anträge, sondern vielmehr die Tatsache, dass Dokumente auf die ich in meinen Vorträgen verweise nicht wie erforderlich in den Prozessakten dieses Rechtsstreits aufgenommen werden. Statt dessen werden teilweise sogar Aktenstücke bzw. Dokumente in offenkundiger Verschleierungsabsicht wieder aus der Prozessakte von Richter S. entfernt. Dies trifft z.B. auf die vielen Widersprüchlichkeiten im Vortrag der Beklagten zu, die bei der Aktendurchsicht vom Landessozialgericht nicht mehr auffindbar waren. Auch unbegründet wiederholt an mich gerichtete Aufforderungen, Auskunft zu den Umständen oder Tatsachen zu geben, zu denen ich bereits vorher schon eindeutig Stellung bezogen hatte, z.B. zu Einkommensfragen, müssen deshalb in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Eine unter dem Aspekt der Verweigerung rechtlichen Gehörs mich benachteiligende parteiische Haltung hat Richter S. auch eingenommen als er die weitere Stellungnahme zu meinem Ablehnungsantrag vom 12.07.2002 verweigert hat."

Die Berufungskammer hat ferner folgende Feststellungen getroffen:

"Tatsächlich hatte der Zeuge S. keine Aktenbestandteile entfernt.

Dieses Ablehnungsgesuch verwarf der Zeuge S. am 31. Januar 2003 als unzulässig.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen wies am 06.03.2003 die Beschwerde des Angeklagten zurück. Dessen Gegenvorstellung wies es am 28.04.2003 zurück. Zwischenzeitlich fand am 31. Januar 2003 die vom Zeugen S. anberaumte mündliche Verhandlung statt. Auch hier wurde über die Ablehnungsgesuche gesprochen. Zu Gunsten des Angeklagten geht die Kammer davon aus, dass der Angeklagte hier erklärte, die Befangenheitsanträge zielten nicht auf die Person, sondern dienten nur der Auseinandersetzung im Prozeß. Es wird auch davon ausgegangen, dass er den Vorwurf der Aktenentfernung gegenüber dem Zeugen S. zurücknahm.

Noch am Tage der Hauptverhandlung veranlasste der Zeuge S. die Weiterleitung der Ablehnungsgesuche vom 12. Juli 2002 und 23. Januar 2003 an den Präsidenten des Sozialgerichts. Dieser erfuhr hierdurch am 12.01.2003 (gemeint war offensichtlich der 12.02.2003) erstmals von dem Inhalt der Schreiben und stellte unter dem 26. Februar 2003 Strafantrag gegen den Angeklagten."

Die Strafkammer hat die Formulierung des Angeklagten im Schreiben vom 12. Juli 2002 "Richter S. inszeniert auf diese Weise einen reinen Schauprozess gegen mich" als Beleidigung gewertet und die Behauptung im Ablehnungsgesuch vom 23. Januar 2003 "Statt dessen werden teilweise sogar Aktenstücke bzw. Dokumente in offenkundiger Verschleierungsabsicht wieder aus den Prozessakten von Richter S. entfernt" als üble Nachrede qualifiziert. Nach Auffassung der Kammer handelte der Angeklagte nicht in Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB), da die Verwendung des Begriffes "Schauprozess" eine Formalbeleidigung darstelle und die Behauptung, der Zeuge habe Dokumente aus der Akte entfernt, sei "ins Blaue hinein" aufgestellt worden, ohne dass der Angeklagte dafür Anhaltspunkte gehabt habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, mit der er den Freispruch erstrebt.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen.

II.

Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg. Auf die Sachrüge hin ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Angeklagte freizusprechen, weil die Berufungskammer die beanstandeten Äußerungen zu Unrecht als Beleidigung und üble Nachrede gewertet hat.

1. Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zufolge ist bei Angriffen auf die Ehre eines anderen zunächst zu untersuchen, ob eine Äußerung eine Tatsachenbehauptung oder die Kundgabe einer Meinung, d.h. eines Werturteils, darstellt. Bei der Tatsachenbehauptung steht die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Realität im Vordergrund, so dass sie auch einer Überprüfung auf ihren Wahrheitsgehalt zugänglich ist. Hingegen sind Meinungen, auf die sich der grundgesetzliche Schutz in erster Linie bezieht, durch die subjektive Beziehung des Einzelnen zum Inhalt seiner Aussage und durch die Elemente der Stellungnahme und des Dafürhaltens geprägt (BVerfG, StV 2000, 416, 418; NJW 1994, 1779). Tatsachenbehauptungen können jedoch auch in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG fallen, und zwar dann, wenn sie im Zusammenspiel die Voraussetzung für die Bildung von Meinungen sind, weil sich diese in der Regel auf tatsächliche Annahmen stützen oder zu tatsächlichen Verhältnissen Stellung beziehen (BVerfG NJW 1994, 1779). Ob der Tatrichter den Aussagegehalt einer beanstandeten Äußerung zutreffend erfasst und rechtlich einwandfrei zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil unterschieden hat, unterliegt revisionsrechtlicher Nachprüfung (BGH NJW 1997, 2513). Zu bewerten ist die beanstandete Äußerung in ihrer Gesamtheit; einzelne Elemente dürfen aus einer komplexen Äußerung nicht herausgelöst und einer vereinzelten Betrachtung zugeführt werden, weil dies den Charakter der Äußerung verfälscht und ihr damit den ihr zustehenden Grundrechtsschutz von vornherein versagen würde (BGH a.a.O.). Die Anwendung dieser Grundsätze führt hinsichtlich der beiden beanstandeten Äußerungen des Angeklagten zu folgender Bewertung:

a) Hinsichtlich der beanstandeten Äußerung im Befangenheitsgesuch des Angeklagten vom 12. Juli 2002 hat die Berufungskammer die Äußerung aus ihrem Zusammenhang genommen und sie bei der sich dann ergebenden isolierten Betrachtung zu Unrecht als Beleidigung gewertet. Der Vorwurf des Angeklagten gegen den Richter am Sozialgericht S., dieser lüge offensichtlich und inszeniere einen reinen Schauprozess gegen ihn, den Angeklagten, erweist sich als Glied einer Argumentationskette des Angeklagten: Der Richter habe für den 19. Juli 2002 einen Verhandlungstermin angesetzt, obwohl sich sämtliche Prozessakten beim Landessozialgericht befänden. Die Beklagte habe keine weiteren Originalverwaltungsakten. Also inszeniere der Richter gegen ihn einen reinen Schauprozess. Mit dieser Argumentationskette wollte der Angeklagte darlegen, dass ein Verhandlungstermin ohne die Prozessakten jeglicher Grundlage entbehrt und eben einen "Schauprozess" darstellt. Damit gab der Angeklagte, der den Urteilsfeststellungen zufolge mit seinen Äußerungen nicht auf die Person des Richters zielte, ein Werturteil über die Pro-zessführung des Richters am Sozialgericht S. ab. Erweist sich jedoch eine Äußerung als Werturteil oder Meinungskundgabe, geht die Meinungsfreiheit grundsätzlich dem Persönlichkeitsschutz vor, ohne dass es darauf ankommt, ob die Äußerung begründet oder grundlos, emotional oder rational, scharf oder verletzend formuliert ist, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingestuft wird (BVerfG NJW 1994, 1779). Im "Kampf um das Recht" darf ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfähige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seine Kritik anders hätte formulieren können (BVerfG, StV 1991, 458). Die Äußerung des Angeklagten fällt als Werturteil mithin in den geschützten Bereich der Meinungsfreiheit. Die Meinungsfreiheit muss nur dann zurücktreten, wenn sich die Äußerung als Angriff auf die Menschenwürde oder als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellt (BVerfG NJW 1999, 2262, 2263). Dies trifft indessen auf die beanstandeten Äußerungen des Angeklagten nicht zu. Dem Richter am Sozialgericht S. sollte nicht die personale Würde abgesprochen werden, in dem Sinne, dass er als unterwertiges Wesen beschrieben werden sollte. Dies ergibt sich aus den Feststellungen der Berufungskammer. Mithin kann von einem Angriff auf die Menschenwürde des Richters nicht die Rede sein. Es liegt auch keine Schmähung vor. Denn den getroffenen Feststellungen zufolge ging es dem Angeklagten allein um die Durchsetzung einer prozessualen Position und deren Begründung. Auch eine Formalbeleidigung kann nicht angenommen werden. Der Angriff auf den abgelehnten Richter ergibt sich aus dem Inhalt der dem Angeklagten vorgeworfenen Äußerung und nicht aus ihrer Form.

b) Die Äußerung des Angeklagten, der abgelehnte Richter entferne in "offenkundiger Verschleierungsabsicht" Aktenstücke aus der Prozessakte, ist ebenfalls im Gesamtzusammenhang zu sehen. Der Angeklagte argumentierte nämlich wie folgt: Der abgelehnte Richter nimmt meinen Vortrag in diesem Prozess nicht zur Kenntnis. Er beachtet nicht die vielen Widersprüchlichkeiten im Vortrag der Beklagten, verlangt Auskünfte von mir, dem Angeklagten, die ich bereits gegeben habe und nimmt nicht zum Ablehnungsantrag vom 12.07.2002 Stellung. Daher liegt für den Angeklagten die Bewertung nahe, dass Aktenbestandteile entfernt worden sein müssen. Die tatsächlichen Behauptungen stellen sich mithin als Elemente einer Argumentationskette dar, die in ein Unwerturteil mündet und Grundlage für ein Befangenheitsgesuch ist. Ebenso wie die "Schauprozess"-Äußerung des Angeklagten erweist sich auch der Vorwurf der teilweisen Aktenvernichtung nicht als Angriff auf die Menschenwürde, Schmähkritik oder als Formalbeleidigung.

2. Da es sich um Meinungsäußerungen des Angeklagten handelt, die die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gesetzten Grenzen nicht verletzen, ist eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und Ehrenschutz geboten, deren Ergebnis verfassungsrechtlich nicht vorgegeben ist, bei der jedoch alle wesentlichen Umstände des Falles zu berücksichtigen sind und bei der es auf die Schwere der Beeinträchtigung der betroffenen Rechtsgüter ankommt (BVerfG NJW 1996, 1529 und NJW 1999, 2262, 2263). Für den Angeklagten streitet, dass er seine Meinungsäußerung nicht als unbeteiligter Dritter, sondern als Partei eines gerichtlichen Verfahrens im Kampf um Rechtspositionen gemacht hat. Dabei kommt es grundsätzlich nicht darauf an, dass er seine Kritik hätte anders formulieren können (BVerfG StV 1991, 458, 459). Zu berücksichtigen ist ferner, dass für den Angeklagten als juristischen Laien einige gerichtliche Vorgänge unverständlich waren und er an diesen Vorgängen deutliche Kritik üben wollte.

Dieser grundgesetzlich geschützten Position des Angeklagten steht die Schwere der Ehrkränkung des angegriffenen Richters und sein Anspruch auf Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte gegenüber. Sowohl der Vorwurf des Schauprozesses als auch der (teilweisen) Aktenvernichtung bedeutet für jeden Richter eine inakzeptable Kränkung, auch wenn die Vorwürfe später zurückgenommen worden sind. Obgleich die Äußerungen des Angeklagten inakzeptabel und letztlich unnütz sind und vor allem unnötige Schärfe in ein alltägliches Gerichtsverfahren bringen, ist hier der Meinungsfreiheit ein höheres Gewicht beizumessen als der verletzten Rechtsposition des angegriffenen Richters. Denn bei der Abwägung ist ausschlaggebend, dass an einer unparteilichen und objektiven, ausschließlich Gesetz und Recht folgenden Rechtsprechung ein überragendes öffentliches Interesse besteht; ein Beteiligter muss und darf daher - sofern nur die aufgezeigten Grenzen eingehalten werden - Kritik üben und angebliches oder tatsächliches Fehlverhalten aufzeigen dürfen, ohne sogleich befürchten zu müssen, Strafverfolgung ausgesetzt zu sein (vgl. KG, StV 1997, 485, 486; BayObLG NStZ-RR 2002, 41, 43). Der Ehrenschutz kann in Fällen wie dem vorliegenden auch deshalb zurücktreten, weil Richter solchen inakzeptablen Angriffen auch anders begegnen können als auf der Ebene der strafrechtlichen Verfolgung. Dem Senat ist die Problematik mehr als zur Genüge aus eigener Erfahrung bekannt. Es vergeht kaum ein Tag, an dem bei den hiesigen Strafsenaten nicht Schreiben mit Äußerungen, die auf oder unter dem Niveau der Äußerungen des Angeklagten liegen, eingehen. Es gibt unterhalb der Schwelle der strafrechtlichen Ahndung zahlreiche Möglichkeiten, auf derartige Anwürfe zu reagieren, in der Regel reicht jedoch schon schlichtes Ignorieren aus. Weiter ist zu bedenken, dass die Einleitung von Strafverfahren in solchen Fällen zu einer erheblichen Belastung der Strafjustiz mit Bagatelldelikten führen würde. Personen, die zu ehrverletzenden Äußerungen neigen, würde Gelegenheit gegeben, über drei Instanzen in ihrem Tun fortzufahren, was wieder neue Strafverfahren zur Folge hätte. Es ist auch zu beachten, dass private Anzeigenerstatter regelmäßig auf den Privatklageweg verwiesen werden (vgl. hierzu auch die Kritik bei Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., vor § 185 Rdnr. 6 a).

3. Da im Hinblick auf die umfangreichen Darlegungen im angefochtenen Urteil weitere erhebliche Feststellungen nach einer Zurückverweisung ausgeschlossen werden können und die Aufhebung des Urteils nur wegen fehlerhafter Rechtsanwendung auf den festgestellten Sachverhalt erfolgt, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 354 Abs. 1 StPO). Ohne dass es einer Überprüfung der Verfahrensrügen bedarf, ist der Angeklagte auf die Sachrüge hin aus sachlich-rechtlichen Gründen freizusprechen, weil die beanstandeten Äußerungen Werturteile sind, die sich weder als Angriff gegen die Menschenwürde, noch als Schmähkritik oder Formalbeleidigung darstellen und der Persönlichkeitsschutz hier im Rahmen der Abwägung der Grundrechtspositionen zurücktritt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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