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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 30.12.2003
Aktenzeichen: 4 Ss 668/03
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 20
StGB § 21
StGB § 242
Kann nicht ausgeschlossen werden, dass beim Angeklagten eine Tatzeitblutalkoholkonzentration von 2,36%o vorgelegen hat, liegt die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit nahe.
Beschluss

Strafsache

wegen Diebstahls.

Auf die (Sprung-)Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Strafrichter - Paderborn vom 24. September 2003 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 30. 12. 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Strafrichter - Paderborn zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgerichts hat den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt.

Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Sprungrevision, mit der er unter näherer Darlegung die Verletzung materiellen Rechts rügt und die Aufhebung des angefochtenen Urteils insgesamt erstrebt. Die Sachrüge ist allgemein erhoben worden.

Die Revision hat zumindest vorläufig Erfolg.

Das Amtsgericht hat festgestellt, daß der Angeklagte am 17. Juli 2003, zwei Tage nach seiner Haftentlassung in einem anderen Verfahren, aus den Auslagen der Firma K. drei Lederjacken und zwei Hosen mit einem Verkaufswert von insgesamt 687,85 EUR entwendet und mit der gestohlenen Bekleidung das Kaufhaus verlassen habe. Die Tat sei um 15.45 Uhr begangen worden. Die dem Angeklagten um 17.45 Uhr entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 1,76%o ergeben. Anhaltspunkte für eine erheblich verminderte oder aufgehobene Schuldfähigkeit hat das Amtsgericht nicht gesehen, weil "die Blutalkoholkontration des Angeklagten zur Tatzeit nicht zwei Promille übersteigt".

Das angefochtene Urteil unterliegt - wie auch von der Generalstaatsanwaltschaft beantragt - insgesamt der Aufhebung.

Die Verteidigung hat in ihrer Revisionsbegründungsschrift zutreffend darauf hingewiesen, daß hier eine Rückrechnung auf die Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit vorzunehmen ist, und zwar mit einem stündlichen Abbau von 0,2%o und einem Sicherheitszuschlag von weiteren 0,2%o (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 51. Auflage, § 20 StGB Rdnr. 13). Damit ist zumindest nicht auszuschließen, daß beim Angeklagten eine Tatzeitblutalkoholkonzentration von 2,36%o vorgelegen haben kann, was zumindest die Annahme erheblich verminderter Schuldfähigkeit nahe legt.

Vorliegend ist jedoch das Urteil nicht nur im Rechtsfolgenausspruch, sondern insgesamt aufzuheben, weil angesichts der knappen Feststellungen im angefochtenen Urteil nicht sicher auszuschließen ist, daß die Schuldfähigkeit des Angeklagten sogar ausgeschlossen gewesen sein könnte. Insoweit sind angesichts der nicht unerheblichen Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit weitere Feststellungen zur psychodiagnostischen Leistungsfähigkeit des Angeklagten erforderlich, die sich z.B. aus seinem Verhalten bei der Ergreifung und bei der Blutentnahme ergeben könnten. Gegebenenfalls bedarf diese Frage der sachverständigen Beurteilung.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben, und die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts - Strafrichter - Paderborn zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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