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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.08.2003
Aktenzeichen: 4 Ss OWi 466/03
Rechtsgebiete: StVG, BKatV


Vorschriften:

StVG § 24 a
StVG § 25
BKatV § 4
Zu den Anforderungen an die Entscheidung über die Verhängung eines Fahrverbotes bei einem Verstoß gegen § 24 a StVG.
Beschluss

Bußgeldsache

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit, (Vergehen gemäß § 24 a StVG).

Auf die Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft Arnsberg gegen das Urteil des Amtsgerichts Warstein vom 11. Februar 2003 hat der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 08. 2003 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie des Betroffenen bzw. seines Verteidigers beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Warstein zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Warstein hat den Betroffenen durch Urteil vom 11. Februar 2003 wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen § 24 a Abs. 1 StVG zu einer Geldbuße von 400,- € verurteilt. Von der Verhängung des Regelfahrverbots ist - gegen Erhöhung der Regelgeldbuße - abgesehen worden, da ein Fahrverbot für den Betroffenen eine unangemessen harte Sanktion bedeute.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Staatsanwaltschaft, der die Generalstaatsanwaltschaft unter Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch mit ergänzendem Bemerken beigetreten.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.

Zwar kann von der Verhängung des Regelfahrverbots auch im Falle einer Verurteilung nach § 24 a StVG ausnahmsweise - ggf. unter Erhöhung der Regelgeldbuße - abgesehen werden, wenn entweder die Tatumstände so aus dem Rahmen üblicher Begehungsweise fallen, dass die Vorschrift über das Regelfahrverbot offensichtlich darauf nicht zugeschnitten ist, oder aber die Anordnung für den Betroffenen eine Härte ganz außergewöhnlicher Art bedeuten würde (vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rdnr. 18 zu § 25 StVG m.w.N.). Zwar kann der vom Amtsgericht angenommene drohende Arbeitsplatzverlust als Folge eines Fahrverbots ein Absehen davon rechtfertigen. Der Tatrichter muss für diese seine Überzeugung vom Vorliegen eines Ausnahmefalles jedoch eine auf Tatsachen gestützte Begründung geben (vgl. BGHSt 38, 231, 237), die sich nicht nur in einer unkritischen Wiedergabe der Einlassung des Betroffenen erschöpfen darf (ständige obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. OLG Hamm, VRS 95, 138, 140; Hentschel a.a.O., Rdnr. 26 m.w.N.). Zwar ist es dem Tatrichter nicht schlechthin verwehrt, eine Behauptung zu glauben. Entlastende Angaben des Betroffenen, der sich auf das Vorliegen einer persönlichen Ausnahmesituation beruft und regelmäßig ein großes Interesse daran haben wird, der Verhängung eines Fahrverbotes zu entgehen, dürfen jedoch nicht ohne weitere Prüfung hingenommen werden. Ggf. muss darüber Beweis erhoben werden. Im Zweifelsfalle ist ferner die arbeitsrechtliche Durchsetzbarkeit einer angeblich drohenden Kündigung zu prüfen.

Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.

Es lässt hinreichend konkrete und für das Rechtsbeschwerdegericht überprüfbare Feststellungen zu den von dem Betroffenen behaupteten existentiellen Schwierigkeiten, die, wenn überhaupt, ein Absehen von der Verhängung eines Fahrverbots rechtfertigen könnten, vermissen und beschränkt sich auf die Wiedergabe der offenbar unkritisch und ungeprüft hingenommenen Einlassung des Betroffenen dazu. Im Übrigen hat das Amtsgericht die Möglichkeit, das Fahrverbot ggf. auf bestimmte Fahrzeugarten zu beschränken, unerörtert gelassen. Schließlich wird im erneuten Hauptverhandlungstermin die Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG im Hinblick auf das dann möglicherweise bereits bevorstehende neue Urlaubsjahr Berücksichtigung finden müssen.

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass in Anbetracht der vom Amtsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, wonach die bei dem Betroffenen ermittelte Atemalkoholkonzentration 0,3 mg/l betragen hat, die spätere Formulierung im Rahmen der Erörterung des Rechtsfolgenausspruches, wonach die Atemalkoholkonzentration "0,3 Promille" betragen habe - was von der Verteidigung im Schriftsatz vom 8. August 2003 übernommen worden ist - unzutreffend ist. Es ist, vgl. § 24 a Abs. 1 StVG, zwischen der Atemalkoholkonzentration und der Blutalkoholkonzentration zu unterscheiden.

Wegen der aufgezeigten Begründungsmängel unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung im tenorierten Umfang.

Die Sache war daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Warstein zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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