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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.01.2007
Aktenzeichen: 4 Ss OWi 832/06
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 261
StPO § 267
Zu den Anforderungen an die tatrichterliche Beweiswürdigung bei der Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, wenn Messfehler nicht ausgeschlossen werden können.
Beschluss

Bußgeldsache gegen H.-J. R.,

wegen Verkehrsordnungswidrigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Brilon vom 6. Juli 2006 hat der 4 . Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 4. Januar 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Kallhoff als Einzelrichter auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Brilon zurückverwiesen.

Gründe:

I. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen §§ 3 III, 49 StVO, 24, 25 StVG zu einer Geldbuße von 300,- EUR verurteilt sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt.

Den Urteilsfeststellungen zufolge fuhr der Betroffene am 24. Februar 2005 gegen 22.55 Uhr im Bereich der Stadt Marsberg die Bredelarer Straße aus Richtung Stadtmitte kommend in Richtung Bredelar. Innerhalb der geschlossenen Ortschaft soll er die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 33 km/h überschritten haben. Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt und seine Freisprechung erstrebt.

II. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Zuschrift vom 12. Dezember 2006 zur Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels Folgendes ausgeführt:

"Unabhängig von der Frage, ob das Amtsgericht Brilon für die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde zuständig gewesen ist, ist der die Wiedereinsetzung gewährende Beschluss des Amtsgerichts Brilon vom 21.09.2006 gleichwohl unanfechtbar und unwiderruflich (vgl. Göhler, OWiG, 14. Auflg., § 79 Rdn. 34 d).

Die Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht begründet worden.

Das Fehlen eines ausdrücklichen Beschwerdeantrages führt vorliegend nicht zur Unzulässigkeit der Rechtsbeschwerde, da aus der Begründungsschrift ersichtlich ist, dass der Betroffene einen Freispruch und damit eine Aufhebung des Urteils begehrt (vgl. Göhler, a.a.O., § 79 Rdn. 27 a).

Auch wenn die Sachrüge nicht ausdrücklich erhoben worden ist, kann aus der Gesamtheit der Ausführungen in der Beschwerdebegründung zudem noch hinreichend entnommen werden, dass die Nachprüfung auch in sachlich-rechtlicher Hinsicht begeht wird."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt der Senat sich an.

III. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen hat einen zumindest vorläufigen Erfolg.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zur erhobenen Sachrüge Folgendes ausgeführt:

"Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils erweist sich als lückenhaft.

Aufgrund der zu dem Vortest getroffenen Feststellungen durfte das Amtsgericht nicht mehr von einem standardisierten Messverfahren ausgehen. Die Betriebsanleitung der Firma Riegl schreibt für das benutzte Lasergerät bei Überprüfung der Visiereinrichtung eine Mindestentfernung von 150 bis 200 m vor, die im vorliegenden Fall nicht eingehalten wurde. Insoweit liegen konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit von Messfehlern vor mit der Folge, dass das Gericht, wenn es die Verurteilung auf ein solches, durch den Mangel eines Verstoßes gegen die Gebrauchsanweisung belastetes Messergebnis stützen will, dessen Korrektheit individuell zu überprüfen hat. Eine solche Überprüfung ist in aller Regel ohne Mitwirkung eines Sachverständigen für Messtechnik nicht möglich (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 12.08.2005 - 1 Ss 141/05 -). Dem angefochtenen Urteil ist zwar zu entnehmen, dass das Amtsgericht einen Sachverständigen zu Rate gezogen hat. Über den Fachbereich dieses Sachverständigen enthält das Urteil jedoch keine Angaben. Ob dieser über die erforderliche Sachkunde auf dem Gebiet der Laser-Technik verfügt, bleibt offen.

Auch im Übrigen erweist sich die Beweiswürdigung des Urteils als lückenhaft. Der Tatrichter, der das Sachverständigengutachten eingeholt hat und ihm Beweisbedeutung beimisst, muss in der Regel die Ausführungen des Sachverständigen in einer zusammenfassenden Darstellung unter Mitteilung der zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen im Urteil wiedergeben, um dem Rechtsmittelgericht die gebotene Nachprüfung zu ermöglichen (vgl. Göhler, a.a.O., § 71 Rdn. 43 d). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil nicht. So ist nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Erkenntnisse der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt ist, die fehlerhafte Überprüfung der Visiereinrichtung betreffe nicht die Messgenauigkeit. Es bleibt offen, ob es sich insoweit um Erkenntnisse aufgrund eigener Versuche oder um Herstellerangaben handelt. Soweit der Tatrichter im Übrigen im Rahmen der Beweiswürdigung auf die Anlagen A 10 und A 12 des schriftlichen Sachverständigengutachtens Bezug genommen hat, ist mangels der Darstellung des Inhalts dieser Anlagen eine Überprüfung der Beweiswürdigung seitens des Rechtsmittelgerichts nicht möglich."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt der Senat sich an.

IV. Wegen des aufgezeigten Mangels ist das Urteil insgesamt aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Brilon zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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