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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.02.2006
Aktenzeichen: 4 U 128/05
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 84
BGB § 164 Abs. 1 S. 2
BGB § 164 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 1. September 2005 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,- EUR abzuwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Tatbestand:

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung im Rahmen von Kapitalanlageberatung in Anspruch.

Die Kläger beteiligten sich im März 1997 auf Anraten des Beklagten, der seinerzeit als Handelsvertreter für den B tätig war, mit einem Betrag von 50.000,00 DM zuzüglich 2.500,00 DM Abwicklungsgebühr an der J. E2 Renditefonds 6 KG, U-str. 68 in ####1 N (im Folgenden D-fonds). Zur Finanzierung schlossen die Kläger am 28.01./04.02.1997 einen Darlehnsvertrag mit der A-bank, nunmehr firmierend unter G-Bank, über einen Nettokreditbetrag von 50.000,00 DM mit einem fiktiven Jahreszins von 9,64 Prozent. Hierauf mussten die Kläger monatlich 510,65 DM leisten. Zugleich verpfändeten sie den Fondsanteil bei der E2 KG zur Sicherheit an die A-bank. Die Auszahlung des Darlehnsbetrages in Höhe von 50.000,00 DM erfolgte unmittelbar von der A-bank an den D-fonds. Der Beklagte hatte den Klägern angeraten, die Beteiligung am D-fonds mit einem Kredit zu finanzieren.

Ferner beteiligte sich der Kläger zu 1) auf Anraten des Beklagten im März 1997 mit einem Eigenkapitalbetrag von 50.000,00 DM zuzüglich 2.500,00 DM Abwicklungsgebühr an der Dreiländerbeteiligung E - X.G. - KG, einem geschlossenen Immobilienfonds (im Folgenden Dreiländerfonds).

Im August 2000 begehrten die Kläger eine Kündigung der Fondsanteile und Auszahlung der Anlagesummen. Mit einem von dem Beklagten vorbereiteten Schreiben vom 04.08.2000 kündigten sie die Beteiligung am Dreiländerfonds. Ferner kündigten sie mit ebenfalls vom Beklagten vorbereiteten Schreiben vom 21.08.2000 das Darlehn bei der Allbank und stellten im Jahr 2001 die Zahlung der monatlichen Tilgungsleistungen ein. Jene begehrte darauf hin die Rückzahlung des Darlehnsbetrages einschließlich aufgelaufener Zinsen in Höhe von insgesamt 26.513,56 €. Daraufhin teilte der Beklagte mit Schreiben vom 21.06.2002 der A-bank mit, dass der hinterlegte Fondsanteil am D-fonds verkauft und der Erlös aus dem Fonds zur Darlehnsrückzahlung genutzt werden solle. Da der Beklagte entgegen früherer Äußerungen weiterhin nichts unternahm, erging zu Gunsten der A-bank ein Mahnbescheid über 27.226,06 €. Daraufhin teilte der Beklagte unter dem 27.12.2002 den Klägern mit, dass er hinsichtlich der Beteiligung Dreiländerfonds und D-fonds am selben Tag um ein Auflösungsangebot gebeten habe.

Der Dreiländerfonds teilte daraufhin mit, dass eine Kündigung des Fonds und eine Auszahlung der Anlagesumme nicht möglich sei. Er verwies auf den E-Zweitmarkt für Beteiligungen in I. Jener erklärte, dass bei einem Verkauf der Dreiländerfondsbeteiligung ein Nominalwert von 32 % zu erzielen sei. Der D-fonds teilte mit, dass eine Kündigung erstmals zum 31.12.2014 möglich sei und verwies ebenfalls auf den E-Zweitmarkt in I.

Bei einer Besprechung am 01.04.2003 hielt der Beklagte gegenüber dem Kläger zu 1) und dessen Prozessbevollmächtigten daran fest, dass der Dreiländerfonds gem. § 15 des Treuhandvertrages gekündigt werden könne. Da die Kündigung bereits am 04.08.2000 erfolgt sei, müsse die Anlagesumme sofort ausgezahlt werden. Auf Anfrage des Prozessbevollmächtigten der Kläger teilte der Dreiländerfonds daraufhin mit, dass die Kündigung des Treuhandvertrages nicht zu einer Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses führe. Eine Kündigung des Gesellschaftsvertrages sei erst am 31.12.2012 möglich. Zuvor sei lediglich eine Veräußerung auf dem E- Zweitmarkt möglich.

In der Folgezeit erzielten die Klägerin mit der A-bank eine Einigung. Sie zahlten aufgelaufene Tilgungsraten in Höhe von 1.417,56 € nach, verpflichteten sich ab Juni 2003 zu Zahlung von 108,00 € monatlich.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der Beklagte als selbständiger Handelsvertreter auch neben dem B hafte, zumal er zum Zeitpunkt der Kündigungsschreiben nicht mehr beim B beschäftigt, sondern als Finanzdienstleister tätig gewesen sei.

Die Kläger behaupten vom Beklagten mit Nichtwissen bestritten , dem Beklagten schon im Rahmen der Beratungsgespräche im Jahre 1997 deutlich zu verstehen gegeben zu haben, dass sie keine langfristigen Anlageprojekte wünschten. Vielmehr hätten sie seinerzeit, wie dem Beklagten auch bekannt gewesen sei, beabsichtigt, eine Familie zu gründen. Zudem habe der Kläger zu 1), der seinerzeit noch angestellt gewesen sei, beabsichtigt, sich selbständig zu machen. Ferner hätten sie von Mai 1997 bis Juni 2003, also in 44 monatlichen Raten á 510,65 DM insgesamt 37.788,10 DM an die A-bank gezahlt, von Juli 2003 bis Januar 2004 monatlich 108,00 €, insgesamt also 756,00 €, und von Februar 2004 bis November 2004 monatlich 150,00 €, insgesamt 1.500,00 €, mithin zusammengerechnet 21.576,75 €. Unter Anrechnung der jährlichen Ausschüttung aus dem D-fonds von insgesamt unstreitig 9.139,34 € beziffern die Kläger den Schaden bezüglich des D-fonds auf 12.437,41 €. Bezüglich des Dreiländerfonds sei ausgehend von einer Anlagesumme von 52.250,00 DM abzüglich unstreitiger Ausschüttungen von 12.827,15 DM ein Schaden von 39.672,00 DM (= 20.284,41 €) entstanden.

Steuerliche Vorteile aus den Beteiligten haben die Kläger ihrer Behauptung nach nicht gezogen. Für das Jahr 1997 sei es zu einer Erstattung von rund 5.000,00 DM gekommen. Für die Jahre 1998 und 1999 hätten sie angesichts der zwischenzeitlichen Selbständigkeit des Klägers zu 1) keine Steuern zu zahlen gehabt, aus den Fondsbeteiligungen mithin keine Vorteile gezogen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass der Beklagte ihnen entgegen ihrer Absicht, die von dem Beklagten ausweislich dessen Schreiben vom 22.12.1998 auch so verstanden worden sei, eine langfristige Anlage vermittelt habe. Ferner habe er seine Pflichten insoweit verletzt, als er zu einer kreditfinanzierten Fondsbeteiligung geraten habe. Zudem habe er auch nicht auf die Risiken der Beteiligung, dass nämlich sogar ein gänzlicher Vermögensverfall eintreten könne, und auf die nur eingeschränkte Veräußerbarkeit über den E-Zweitmarkt hingewiesen.

Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 30. Juni 2005 den Kläger und den Beklagten persönlich angehört.

Es hat ferner den Zeugen L über die Tilgungsleistungen der Kläger gegenüber der A-bank als Zeugen vernommen.

Wegen des Inhaltes der Äußerungen der Parteien und des Zeugen im einzelnen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 30. Juni 2005 (Bl. 82 ff d.A.) verwiesen.

Das Landgericht hat sodann durch Urteil vom 1. September 2005 antragsgemäß wie folgt für Recht erkannt:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger zu 1) und 2) 12.437,41 € nebst 5 % Zinsen seit dem 12.07.2003 zu zahlen und diese von ihren Verbindlichkeiten gegenüber der B-Bank (bis zum 01.04.2004 A-bank) aus dem Darlehnsvertrag vom 28.01./04.02.1997 freizustellen, jeweils Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung an den J. E2 Renditefonds 6 KG, Anteilsnummer 60 663, mit einem Nominalbetrag von 25.564,59 €.

Der Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger zu 1) 20.284,41 € nebst 5 % Zinsen seit dem 12.07.2003 zu zahlen, und zwar Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung an dem E - X.G. - KG, Beteiligungsnummer xxx ####.

Den Klägern stehe gegen den Beklagten ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo (c.i.c.) zu. Auch wenn der Beklagte zum Zeitpunkt der Vermittlung der Fondsbeteiligung für den B tätig gewesen sei, mithin als Vertreter der B-GmbH aufgetreten sei, so sei er gleichwohl im vorliegenden Fall passivlegitimiert, da er besonderes persönliches Vertrauen der Kläger in Anspruch genommen habe. Es habe ein Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien bestanden. Dies werde auch daran deutlich, dass die Kläger im Rahmen der Kündigung der Beteiligung sich immer wieder an den Beklagten gewandt hätten und dieser für die Kläger Schreiben an die Fondsgesellschaften formuliert habe.

Die daraus resultierende Pflicht zur anlage- und anlegergerechten Beratung habe der Beklagte verletzt. Der Beklagte habe nicht auf das Risiko eines völligen Kapitalverlustes hingewiesen. Ebenso habe er über die eingeschränkte Veräußerbarkeit der Fondsanteile, nämlich nur über den E-Zweitmarkt, nicht aufgeklärt. Darüber hinaus habe der Beklagte auch nicht hinreichend anlegerbezogen beraten. Denn mit den von den Klägern geplanten beruflichen und privaten Veränderungen sei der Abschluss der streitgegenständlichen Kapitalanlagen nicht in Einklang zu bringen. Aus der vom Beklagten geführten Korrespondenz ergebe sich, dass dieser offenbar selbst im Irrtum bezüglich der Laufzeiten der Anlage bzw. der Möglichkeiten einer vorzeitigen Kündigung der KG-Beteiligungen gewesen sei.

Auch der Höhe nach hätten die Kläger ihren Schaden zutreffend berechnet.

Wegen des Inhaltes des Urteiles im einzelnen wird auf Bl. 118 ff d.A. verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er sein Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages ist der Beklagte weiterhin der Ansicht, dass ein Vertragsverhältnis nur zwischen den Klägern und dem B zustandegekommen sei, nicht aber mit ihm persönlich. Die Beteiligung am D-fonds sei von den Klägern als Steuerersparnismodell gewünscht worden. Dabei habe er ausdrücklich auf eine Laufzeit der Anlage von 15 Jahren hingewiesen. Er habe auch darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse des Fonds infolge der tatsächlichen Vermietungsergebnisse oder Instandhaltungsausgaben pp. besser oder schlechter werden könnten. Entsprechend seien den Klägern auch die Fondsunterlagen und Prospekte übergeben worden.

Es liege mithin auch nur ein Fall der Anlagevermittlung vor und nicht ein Fall der Anlageberatung, so dass auch schon deshalb eine Eigenhaftung des Beklagten als bloßer Anlagevermittler nicht in Betracht komme. Eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende persönliche Vertrauensbeziehung habe zwischen den Parteien gerade nicht bestanden. Tatsächlich sei es so gewesen, dass der Kläger von sich aus auf den Beklagten zugegangen sei, von dem er gewusst habe, dass er Anlagen vermittle, und den er aus diesem Grund angesprochen habe. Die Kontaktaufnahme habe sich ergeben, als der Kläger sich beim Beklagten als PC-Spezialist zur Wartung und Pflege beworben habe. In diesem Zusammenhang habe er den Beklagten nach Anlagen gefragt. Sinngemäß habe der Kläger mitgeteilt, er habe Geld über, und angefragt, ob ihm der Beklagte bei der Anlage helfen könne. Eine solche bloße Anfrage schaffe noch nicht die besondere Vertrauenssituation, die für eine Eigenhaftung des Vertreters unabdingbar sei.

Unabhängig davon fehle es aber auch an einer haftungsbegründenden Pflichtverletzung des Beklagten. In den überreichten Prospekten seien ausführliche Risikohinweise enthalten gewesen. Eine fehlerhafte Beratung lasse sich auch nicht daraus schließen, dass der Beklagte irrtümlich mehr als ein Jahr nach Abschluss der Beteiligungen davon ausgegangen sei, man könne diese kündigen. Dem stünden schon die gegenteiligen Angaben in den überreichten Prospekten entgegen.

Schließlich sei zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht festzustellen, ob und inwieweit die damals vermittelten Anlagen nach Ablauf der Zeit werthaltig sein würden. Ein Totalverlust des Drei-Länder-Fonds könne bereits deswegen nicht festgestellt werden, weil Immobilienanlagen regelmäßig erst nach 20 - 30 Jahren wirtschaftlich bewertet werden könnten. Von daher lasse sich derzeit nicht absehen, ob den Klägern überhaupt ein Schaden entstanden sei.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Paderborn 4 O 654/04 vom 1. September 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages beantragen die Kläger,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zum Schadensersatz verurteilt.

Dabei mögen die Angriffe des Beklagten gegen die Auffassung des Landgerichts, die Haftung des Beklagten aus c.i.c. zu begründen, konstruktiv durchaus berechtigt sein. Dies nützt dem Beklagten im Ergebnis aber nichts, weil hier zugunsten der Kläger nicht von einer Eigenhaftung des Beklagten als Vertreter nach c.i.c. auszugehen ist, sondern die Gesichtspunkte, die das Landgericht schon in diesem Zusammenhang angesprochen hat, vielmehr eine eigene Vertragspartnerstellung des Beklagten begründen.

Dabei ist vorliegend zwischen der Beratungstätigkeit des Beklagten und dessen Vermittlungstätigkeit zu unterscheiden.

Soweit es um die bloße Vermittlung von Geldanlagen geht, ist regelmäßig davon auszugehen, dass der entsprechende Vermittlungsvertrag zwischen dem Anleger und dem Unternehmen zustande kommt, für das der einzelne Handelsvertreter tätig wird. Dies folgt schon aus den Vertretungsgrundsätzen bei unternehmensbezogenen Geschäften (Senatsurteil vom 20. Juli 2004 - 4 U 37/04). Denn nur das hinter dem einzelnen Vertreter stehende Unternehmen, das mit dem Vertrieb der Anlagen befasst ist, kann diese Anlagen vermitteln, nicht der einzelne Vertreter, der für dieses Unternehmen tätig wird.

Da der Beklagte bei Zeichnung der Anlagen durch die Kläger als Handelsvertreter für den B tätig war, mag die bloße Vermittlung der Anlagen für den B erfolgt sein.

In einer solchen bloßen Vermittlung von Anlagen erschöpfte sich die Beziehung der Parteien aber nicht, wie das Landgericht in anderem Zusammenhang, nämlich bei der Frage der anlegergerechten Beratung, schon zutreffend ausgeführt hat.

Als Handelsvertreter, bei dem es sich nach § 84 HGB um einen selbständigen Gewerbetreibenden handelt, konnte der Beklagte neben einer Vermittlungstätigkeit für den B auch eigene Pflichten im Rahmen eines eigenständigen Beratungsvertrages begründen (BGH NJW 1998, 1854, 1857). Solche Pflichten gehen dann über die Pflichten im Rahmen eines Auskunftsvertrages hinaus, zu dem es regelmäßig im Rahmen einer Anlagenvermittlung kommt. Solche bloßen Auskunftspflichten über die zu vermittelnde Kapitalanlage treffen dann denjenigen, der letztlich hinter dem Vertrieb der Anlage steht, hier also den B. Die bloße Auskunft über die vermittelten Anlagen mag der Beklagte deshalb noch für den B als dessen Vertreter erteilt haben können.

Vor der Vermittlung der konkreten Anlagen über den B oblag es dem Beklagten im Rahmen des bestehenden Vertrauensverhältnisses, die Kläger zu beraten, welche Anlagen überhaupt von ihnen zweckmäßigerweise gezeichnet werden konnten und sollten. Es ging den Klägern dabei nicht um bloße Vermittlung bestimmter Anlagen, sondern um eine Beratung, ob und welche Anlagen für sie überhaupt in Frage kamen. Dies ließ einen Beratungsvertrag zustande kommen, bei dem der Beklagte gerade nicht als bloßer Vertreter des B gehandelt hat, sondern im eigenen Namen. Denn es war von den Klägern gerade sein Sachverstand gefragt. Gerade vom Beklagten persönlich, den sie kannten und dem sie vertrauten, wollten die Kläger beraten werden. Seine Eigenschaft als Handelsvertreter des B ist dabei nicht das ausschlaggebende Moment gewesen. Dies begründete in den Augen der Kläger lediglich zusätzlich die eigene Kompetenz des Beklagten. Die Eigenschaft des Beklagten als Handelsvertreter des B gewinnt im Rahmen des Beratungsvertrages kein entscheidendes Gewicht als Umstand i.S.d. § 164 Abs. 1 S. 2 BGB, der auch die Beratungstätigkeit des Beklagten als Vertreterhandeln erscheinen lassen könnte.

Ein etwaiger entgegenstehender Wille des Beklagten, sich hinsichtlich des Beratungsvertrages nicht persönlich binden zu wollen, ist mangels Verlautbarung nach § 164 Abs. 2 BGB unbeachtlich.

Schon in der Klageschrift haben die Kläger, was die Beratung durch den Beklagten betrifft, ein Eigengeschäft des Beklagten behauptet. Der B als Prinzipal des Beklagten taucht in der Klageschrift nicht auf, auch nicht in den überreichten Anlagen.

Der B wird erst vom Beklagten in der Klageerwiderung ins Spiel gebracht, nämlich mit der unwidersprochenen Behauptung, bei Zeichnung der Anlagen für den B als Handelsvertreter tätig gewesen zu sein. Wie dargelegt besagt dies aber nicht, dass der Beklagte gerade auch die von den Klägern nachgefragten Beratungsleistungen im Namen des B und nicht im eigenen Namen erbracht hat. Der Beklagte behauptet zwar in diesem Zusammenhang, dass die Unterlagen über die in Rede stehenden Anlagen vom B herausgegeben worden seien. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung im Zusammenhang mit dem E2-Fonds verweist, besagt dies für die Vertragspartnerstellung des Beklagten im Rahmen des Beratungsvertrages nichts. Denn dort ist lediglich von "B Q" die Rede. Die Adresse ist aber die des Beklagten. Das mag auf Verbindungen des Beklagten zum B hinweisen, besagt aber nichts darüber, in wessen Namen der Beklagte seine Beratungsleistungen erbracht hat und nach den Umständen erbringen wollte und sollte. Soweit die Kläger in der Berufungserwiderung vor dem Hintergrund einer Anlagevermittlung das landgerichtliche Urteil verteidigt haben, haben sie damit nicht zugestanden, dass auch ein etwaiger Beratungsvertrag nicht mit dem Beklagten persönlich zustandegekommen ist. Die Kläger haben insoweit lediglich zur Anlagevermittlung des Beklagten als Vertreter des B Stellung genommen. Im übrigen ist die Abgrenzung zwischen Handeln im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten auch zu komplex, als daß das eine oder das andere als Rechtstatsache zugestanden werden könnte.

Auch die eigenen Einlassungen des Beklagten sprechen dafür, dass hier ein Beratungsvertrag zwischen den Klägern und dem Beklagten persönlich zustandegekommen ist. Nach der persönlichen Anhörung des Klägers und des Beklagten vor dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der Kläger, und zwar auch namens der Klägerin, sich an den Beklagten gleichsam als den Anlagefachmann gewandt und ihn gefragt hat, ob er wisse, wie er die von seinem Vater für ihn angesparten 50.000,00 DM anlegen könne, um mehr Zinsen als bei "der Bank" zu erhalten. Dementsprechend hat der Beklagte in der Berufungsbegründung ausgeführt, dass es tatsächlich so gewesen sei, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben habe, dass es eben dieser gewesen sei, der von sich aus auf den Beklagten zugegangen sei, von dem er gewusst habe, dass er Anlagen vermittelt. Deshalb habe der Kläger ihn angesprochen und nach Anlagen gefragt.

Kommt es in einer solchen Situation dann zu der erwünschten Beratung durch den Fachmann, entsteht aber nicht ein bloßer Anlagevermittlungsvertrag mit entsprechenden Auskunftspflichten, sondern ein Anlageberatungsvertrag mit entsprechenden Beratungspflichten. Der Beklagte hat eben nicht nur den Vertrieb und die Vermittlung für eine bestimmte Kapitalanlage übernommen, sondern den Klägern überhaupt erst eröffnet, wie sie ihr Geld gewinnbringend anlegen könnten. Bei dieser Beratungstätigkeit des Beklagten, in deren Folge es dann um Kapitalanlagen gegangen ist, die im Repertoire des B vorhanden waren, ging es dem Kläger ersichtlich zunächst nicht um die Vermittlung einer bestimmten Anlage, bei der es für ihn wesentlich gewesen wäre, den B als Vertragspartner zu haben, der für den Beklagten einzustehen hätte, sondern der Beklagte sollte ihm bei der Anlage wegen seiner Kenntnisse helfen. Gerade die Person des Beklagten war es, denen die Kläger weitreichendes persönliches Vertrauen entgegenbrachten.

Dem entspricht auch das Verhalten des Beklagten in der Folgezeit, in der er sich um die Interessen der Kläger gekümmert hat (vgl. Anlage K 6 - K 19 der Klageschrift). Ein solches Verhalten passt nicht in das Bild eines bloßen Vermittlers für den B. Wie sich aus der Anlage K 6 zur Klageschrift ergibt, war der Beklagte in 1998 bereits bei dem B ausgeschieden. Gleichwohl hat er sich intensiv in die Rückabwicklung der Anlagen eingeschaltet. Das ist nur verständlich, wenn nicht der B Partner des Beratungsvertrages mit den Klägern geworden ist, sondern der Beklagte persönlich. Denn es ging ja dabei um den Ausgleich von Beratungsfehlern. Hätte der B die Kläger bei Zeichnung der Anlagen beraten, wäre es dessen Sache gewesen, die Kläger weiterhin zu beraten, wie ihr misslungenes finanzielles Engagement hätte bereinigt werden können. Der B ist aber auch im Nachhinein niemals gegenüber den Klägern in Erscheinung getreten.

An diesen Feststellungen zur persönlichen Beraterstellung des Beklagten gegenüber den Klägern ist der Senat nicht durch das landgerichtliche Urteil gehindert. Denn das Landgericht hat insoweit keine gegenteiligen bindenden Feststellungen getroffen. Im Tatbestand des angefochtenen Urteils hat das Landgericht sogar ausgeführt, dass beide Anlagen auf Anraten des Beklagten von den Klägern gezeichnet worden seien. Der Beklagte habe in der Folgezeit, als er nicht mehr für den B tätig gewesen sei, Schreiben im Zusammenhang mit der Kündigung der Fondsanteile für die Kläger vorbereitet und sich selbst an die Fondsbetreiber für die Kläger gewandt. Angesichts dieser ausführlichen Feststellungen des Landgerichts zu den Ereignissen nach Zeichnung der Anlagen beinhalten die kursorischen Ausführungen eingangs der Entscheidungsgründe lediglich eine rechtliche Schlussfolgerung, die den Senat nicht bindet, wenn es dort heißt "auch wenn der Beklagte zum Zeitpunkt der Vermittlung der Fondsbeteiligung für den B tätig war, mithin als Vertreter der B-GmbH auftrat ..." (vgl. Bl. 124 d.A.).

Der Beklagte hat seine Pflichten aus diesem Beratungsvertrag auch verletzt.

Es fehlt schon an einer anlegergerechten Beratung. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass dem Beklagten zur Zeit des Engagements bekannt war, dass der Kläger sich in einem Zeitraum von fünf Jahren habe selbständig machen wollen. Die Folgerungen, die das Landgericht aus der persönlichen Anhörung des Klägers und des Beklagten insoweit gezogen hat, sind nicht zu beanstanden, so dass zwecks Vermeidung von Wiederholungen darauf verwiesen werden kann (vgl. Bl. 136 ff d.A.). Das Schreiben des Beklagten an den Kläger vom 22. Dezember 1998 (Anlage K 6 zur Klageschrift) macht auch nur Sinn, wenn die frühe Verfügbarkeit der Anlagen Thema zwischen den Parteien war.

Vor diesem Hintergrund waren beide Kapitalanlagen schon allein wegen der langen Laufzeit und der gleichsam wirtschaftlichen Unverkäuflichkeit nicht als anlegergerecht zu bewerten, da sie den Interessen der Kläger an einer Verfügbarkeit in dem oben genannten Zeitraum widersprachen. Dies gilt insbesondere auch für die fremdfinanzierte Anlage bei dem "J. E2 Renditefonds 6 KG", die nicht mit der Absicht des Klägers in Einklang zu bringen war, sich in absehbarer Zeit selbständig zu machen, und zwar unter Einsatz des Kapitales von wenigstens 50.000,00 DM.

Der Verweis des Beklagten auf überreichte Prospekte ist nicht geeignet, ihn zu entlasten. Denn damit hat er seine Pflicht zur persönlichen Beratung der Kläger nicht erfüllt.

Neben dem fehlenden Hinweis darauf, dass der Beklagte die wirtschaftliche Plausibilität der empfohlenen Anlagen nicht selbst geprüft hat, kommt hier vor allen Dingen auch noch als Pflichtverletzung hinzu, dass der Beklagte auch nach seiner eigenen Einlassung die Kläger jedenfalls nicht darauf hingewiesen hat, dass sogar das Risiko eines Totalverlustes des eingesetzten Geldes hier in Betracht kam.

Hinsichtlich des Schadens gilt, dass es entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf die Werthaltigkeit der Anlagen im jetzigen Zeitpunkt oder später ankommt. Der Schaden besteht im Gegenteil schon darin, dass die Kläger ihr Geld überhaupt in die fraglichen Anlagen investiert haben, was sie bei ordnungsgemäßer Beratung durch den Beklagten nach der Lebenserfahrung gerade nicht getan hätten, so dass auch die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung des Beklagten und dem eingetretenen Schaden gegeben ist.

Diese Pflichtverletzung des Beklagten ist auch schuldhaft geschehen. Soweit sich der Beklagte über den Umfang der Beratungspflichten, die aus dem mit den Klägern geschlossenen Beratungsvertrag resultierten, geirrt hat, liegt lediglich ein unentschuldbarer Rechtsirrtum vor. Ein Irrtum des Beklagten hinsichtlich seiner eigenen Vertragspartnerstellung gegenüber den Klägern ist nach § 164 Abs. 2 BGB unbeachtlich.

Den Schaden hat das Landgericht der Höhe nach zutreffend berechnet. Insoweit erhebt der Beklagte in der Berufungsinstanz auch keine Einwendungen mehr.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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