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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.10.2009
Aktenzeichen: 4 U 137/09
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 250
BGB § 273
BGB § 273 Abs. 1
BGB § 274 Abs. 1
BGB § 320
BGB § 433 Abs. 2
BGB § 437
ZPO § 128 Abs. 2
ZPO § 273 Abs. 3
ZPO § 148
ZPO § 309
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Juni 2009 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Arnsberg wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin produziert und vertreibt Tintenkartuschen für Computerdrucker. Sie belieferte bis zum 31. August 2007 auch die Beklagte. Die vertraglichen Beziehungen der Parteien regelte der sogenannte Rahmenvertrag vom 8. September 2006 nebst Anlagen.

Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Kaufpreisforderung für ihre Lieferungen gemäß den Rechnungen vom 23. Januar 2007 bis zum 19. Oktober 2007, wie sie in der Anlage K 2 zusammengefasst sind, in Höhe von 766.580,35 € geltend gemacht. Die Beklagte hat die Kaufpreisforderung als solche zunächst nicht bestritten, aber die Zahlung verweigert, weil ihr gegenüber die Firma T im Jahre 2006 beanstandet hatte, dass die von der Klägerin stammenden Tintenkartuschen ihr Patent EP ##### verletzten. Die Firma T verlangte von der Beklagten eine Unterlassungsverpflichtungserklärung. Die Beklagte nahm mit der Klägerin Kontakt auf. Sie gab am 4. Juni 2007 gegenüber T eine Unterlassungsverpflichtungserklärung ab. Sie verpflichtete sich, Rechnung zu legen, in welchem Umfang die H die zuvor bezeichneten Handlungen ab dem 6. Dezember 2002 begangen hatte. Ferner erklärte sie rechtsverbindlich, dass die H weder die bezeichneten Tintenpatronen besitzt noch diese in Verwahrung hat. Außerdem erklärte sie, der Firma T allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die vorbezeichneten, seit dem 6. Dezember 2002 begangenen Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird. Alle Verpflichtungen sollen aber entfallen, wenn das europäische Patent EP ###### ganz oder in einem für den Schutzumfang relevanten Umfang teilweise widerrufen oder für nichtig erklärt wird.

Die Beklagte erteilte der Firma T unter dem 29. September und 2. November 2007 Auskunft. Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten legten eine gutachterliche Stellungnahme zur Höhe der möglichen Schadensersatzforderung der Firma T vor. Sie errechneten einen Betrag von 766.580,35 €. Die Firma T forderte aber mit Schreiben vom 3. Januar 2008 die Beklagte zur Zahlung von gerundet 7,3 Mio € auf.

Die Beklagte zahlte auf diese Forderung der T bislang nichts. Nach der Entscheidung des europäischen Patentamtes vom 29. Februar 2008 ist das Patent EP ###### nach dem vierten Hilfsantrag und damit eingeschränkt aufrechterhalten worden. Die Beklagte hat im Oktober 2008 vor der Patentkammer des Landgerichts Düsseldorf -4a 229 / 08 unter anderem Klage auf Feststellung erhoben, dass sie wegen der beanstandeten Tintenkartuschen gegenüber der Firma T nicht schadensersatzpflichtig sei. Wegen der dort gestellten Anträge im Einzelnen wird auf Seite 2 des Schriftsatzes der Anwälte der Beklagten vom 27. Mai 2009 (Bl.184) Bezug genommen.

Die Beklagte hat gegenüber der Kaufpreisforderung der Klägerin mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 766.982,35 € aufgerechnet, die sie aus ihrer drohenden Inanspruchnahme durch die Firma T herleitet. Die Klägerin hat gemeint, dass die Beklagte wegen der fehlenden Fälligkeit der Schadensersatzforderung nicht aufrechnen könne.

Das Landgericht hat die Beklagte durch Vorbehaltsurteil vom 11. April 2008 zur Zahlung von 766.580,35 € nebst Zinsen verurteilt und die Entscheidung über die Aufrechnung der Beklagten mit einer Schadensersatzforderung in gleicher Höhe dem Nachverfahren vorbehalten. Der Senat hat durch Urteil vom 31. Juli 2008 (4 U 90/08) auf die Berufung der Beklagten das Vorbehaltsurteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung an das Landgericht Arnsberg zurückverwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil in den Akten (Bl. 118 ff.) Bezug genommen.

Nach der Zurückverweisung der Sache an das Landgericht hat die Klägerin begehrt, ihr die unstreitige und schlüssig berechnete Kaufpreisforderung in Höhe von 766.580,35 € aus der Lieferung von Tintenkartuschen nunmehr uneingeschränkt zuzusprechen. Sie hat gemeint, es sei keine Aufrechnungslage gegeben und die Beklagte könne auch weder die Einrede des nicht erfüllten Vertrages des § 320 BGB noch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB geltend machen. Für die Erhebung der Einrede des § 320 BGB fehle an einem Synallagma zwischen der offenen Kaufpreisforderung und der Schadensersatzforderung, die aus anderen, bereits abgerechneten Lieferungen resultiere. Die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts sei angesichts der Umstände des Falles treuwidrig. Denn auch wenn die Beklagte mittlerweile vor dem Landgericht Düsseldorf eine Klage erhoben habe, die auch die Feststellung zum Gegenstand habe, dass T ihr gegenüber wegen des Vertriebs der von der Klägerin gelieferten Kartuschen keine patentrechtlichen Ansprüche zuständen, sei dort in absehbarer Zeit nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. Außerdem sei auch einer Entscheidung in diesem Rechtsstreit noch nicht zu entnehmen, ob und in welcher Höhe sie, die Klägerin, der Beklagten Schadensersatz leisten müsse. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin ihren Mitverschuldenseinwand wiederholt. Die Beklagte habe auch nach der Abmahnung durch T in Kenntnis der Risiken weiterhin die beanstandeten Kartuschen vertrieben.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag von 766.580,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für einen Betrag von 493.121,71 € seit dem 1. November 2007 und für einen Betrag von 273.458,64 € seit dem 1. Dezember 2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die früher geltend gemachte Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 BGB nicht mehr aufrecht erhalten. Sie hat aber wegen der im Raume stehenden Schadensersatzansprüche der Firma T gegen sie gegenüber der Kaufpreisforderung ein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 BGB geltend gemacht. Sie hat gemeint, aus dem durch den Rahmenvertrag verknüpften selben rechtlichen Verhältnis könne sie einen fälligen rechtlichen Freistellungsanspruch gegenüber der Klägerin geltend machen. Erstmals hat die Beklagte nunmehr allerdings auch die schlüssige Darlegung der bis dahin unstreitigen Klageforderung in Zweifel gezogen.

Das Landgericht hat das prozessuale Verhalten der Beklagten jedenfalls zuletzt so verstanden, dass die Beklagte die Aufrechnungserklärung zurücknehmen und im Hinblick auf den Schadensersatzanspruch nur noch das Zurückbehaltungsrecht geltend machen wollte. Auf einen entsprechenden Hinweis (Bl.169) hat die Beklagte auch nichts Gegenteiliges erklärt.

Das Landgericht hat die Beklagte mit Einverständnis der Parteien im schriftlichen Verfahren nach Richterwechsel uneingeschränkt zur Zahlung von 766.580,35 € nebst gestaffelter Zinsen an die Klägerin verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Anspruch auf Zahlung des Restkaufpreises ergebe sich aus § 433 Abs. 2 BGB und der Kaufpreis sei auch der Höhe nach schlüssig vorgetragen worden. Die Beklagte könne dem Zahlungsanspruch auch kein Zurückbehaltungsrecht im Sinne des § 273 BGB entgegenhalten, weil ihr ein solcher Einwand nach den Grundsätzen von Treu und Glauben versagt sei. Ein solches Zurückbehaltungsrecht scheide aus, wenn gegenüber einer unbestrittenen Forderung ein Gegenanspruch geltend gemacht werde, dessen Klärung so schwierig und zeitraubend sei, dass die Durchsetzung der unbestrittenen Forderung auf absehbare Zeit verhindert werde. Denn das Zurückbehaltungsrecht solle der Sicherung des eigenen Anspruchs dienen, nicht aber zu einer faktischen Vereitelung der Durchsetzung des Gegenanspruchs führen. Diesen Rechtsgedanken könne die Klägerin hier für sich in Anspruch nehmen. Die Frage, ob der Beklagten gegenüber der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zustehe, weil von dieser gelieferte Tintenkartuschen patentrechtswidrig gewesen seien, werde in absehbarer Zeit nicht geklärt. Zwar sei es möglich, dass im Anschluss an den Termin im März 2010 eine Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf ergehe. Damit wäre aber noch nicht rechtskräftig über einen Schadensersatzanspruch der Firma T entschieden. Außerdem könnte die unterlegene Partei Berufung einlegen. Es komme hinzu, dass damit noch nicht rechtskräftig das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten geklärt wäre, welches im vorliegenden Rechtsstreit zu erfolgen habe. Die unsichere Rechtslage eines möglichen Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen die Klägerin wegen eines möglichen Schadensersatzanspruches der Firma T gegen die Beklagte führe dazu, dass die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechtes treuwidrig sei. Die Klägerin büße auf unabsehbare Zeit Liquidität ein, während die Beklagte während dieser Zeit noch keine Liquiditätseinbuße habe.

Wegen des Inhaltes des Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 189 ff d.A. verwiesen.

Die Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an. Sie verfolgt ihre schon früher begehrte Klageabweisung weiter. Sie hat zunächst die Verletzung des § 309 ZPO gerügt, weil eine Richterin entschieden habe, die nicht an einer mündlichen Verhandlung in dieser Sache teilgenommen habe. In der Sache meint sie dann, dass die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nicht treuwidrig sei. Es treffe hier nicht zu, dass der Gegenanspruch auf unabsehbare Zeit nicht festgestellt werden könnte. Es sei in Düsseldorf nunmehr Termin auf den 17. November 2009 anberaumt worden, so dass mit einer Entscheidung der Patentkammer Ende November/Anfang Dezember 2010 zu rechnen sei. In dem negativen Feststellungsverfahren werde auch über die Höhe des Anspruchs der Firma T entschieden. Ein Zeitraum bis Dezember 2009 sei aber absehbar. Die Beklagte verweist auf das Urteil des Bundesgerichtshofs in NJW-RR 2005, 969, in dem dieser den Ausschluss der Berufung auf Baumängel im Rahmen einer Werklohnklage für unrechtmäßig gehalten hat. Die dortige Rechtsprechung lasse sich unschwer auf den vorliegenden Fall übertragen. Schließlich meint die Beklagte auch, dass das Treueverhältnis zwischen den Parteien ausgewogen sein müsse. Wenn das Zurückbehaltungsrecht ausscheide, wenn sich der Schuldner treuwidrig verhalte, müsse dem Schuldner auf der anderen Seite aber auch die Einrede erhalten bleiben, wenn dem Gläubiger ein treuwidriges Verhalten anzulasten sei. Das sei hier aber der Fall. Die Klägerin habe die Beklagte mit den patentverletzenden Patronen beliefert und damit den Schadensersatzanspruch selbst ausgelöst.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin meint, eine Verletzung des § 309 ZPO scheide hier aus, weil diese Bestimmung im schriftlichen Verfahren auch dann keine Anwendung finde, wenn vor dem Übergang ins schriftliche Verfahren eine mündliche Verhandlung stattgefunden habe. Das Landgericht habe zutreffend erkannt, dass der Geltendmachung der Einrede des Zurückbehaltungsrechts die Einrede der Treuwidrigkeit entgegenstehe. Das von der Beklagten zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs, welches das Landgericht selbst gesehen und zugrunde gelegt habe, könne auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragen werden. Die dort geltend gemachten Baumängel hätten in direktem Zusammenhang mit der eingeklagten Werklohnforderung gestanden und in demselben Rechtstreit berücksichtigt werden müssen. Es habe sich allein die Frage gestellt, ob der Zeitaufwand wegen der erforderlichen umfangreichen Beweisaufnahme zur Frage der Mangelhaftigkeit des Werkes in demselben Rechtsstreit dem Zurückbehaltungsrecht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben entgegengesetzt werden könnte. Hier rühre der Vorwurf der Patentverletzung aus einer völlig anderen Charge von Kartuschen her. Die früheren Verkäufe stünden in keinem Zusammenhang mit der Lieferung der Kartuschentypen, deren Bezahlung mit der Klage verlangt werde. Außerdem sei die Firma T als Gläubiger eines möglichen Schadensersatzanspruches involviert, so dass die Frage, ob der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, nicht im selben Rechtsstreit zwischen den Parteien geklärt werden könne. Der Ausgang des von der Beklagten gegen die Firma T angestrengten Verfahrens sei auch völlig offen. Auch die Dauer des Verfahrens sei ungewiss, weil ein Urteil des Landgerichts mit der Berufung angegriffen werden könnte. Obwohl die Beklagte im Rahmen der fast ein Jahr nach der Anspruchsberühmung erhobenen negativen Feststellungsklage selbst davon ausgehe, dass keine Patentverletzung vorgelegen habe, nutze sie die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts, um die Begleichung der fälligen unstreitigen Forderung längstmöglich zu verzögern. Darin allein sei schon die Treuwidrigkeit zu sehen. Es habe auch den Anschein, als wenn die Firma T den Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte wegen der vermeintlichen Patentrechtsverletzung nach dem teilweisen Unterliegen in dem Verfahren vor dem Europäischen Patentamt nicht mehr weiterverfolgen wolle. Aber selbst wenn die Feststellungsklage rechtskräftig abgewiesen werde, sage das nichts darüber aus, ob und in welcher Höhe der Beklagten ein Anspruch gegen die Klägerin zustehe. Das mögliche Anschlussverfahren könne sich dann auch wieder über mehrere Instanzen hinziehen. Zusammenfassend sei zu berücksichtigen, dass über den dem Zurückbehaltungsrecht zugrunde liegenden Anspruch der Beklagten erst in drei separaten, hinter einander geschalteten Verfahren entschieden werde, wobei noch nicht einmal feststehe, ob die Firma T einen ihr zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen werde. Während der gesamten Zeit werde ihr, der Klägerin, in erheblichem Umfang Liquidität entzogen.

In einem weiteren Schriftsatz hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sich die Klägerin schon deshalb nicht auf eine Treuwidrigkeit berufen könne, weil sie es nach der Aufdeckung der Patentverletzung allein ihr, der Beklagten, überlassen habe, in Bezug auf die Schadensersatzansprüche der Firma T "die Kohlen aus dem Feuer zu holen".

In der mündlichen Verhandlung hat sie zusätzlich beantragt, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung der Patentkammer des Landgerichts Düsseldorf auszusetzen. Sie hat angeregt, die Revision zuzulassen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, weil der Klägerin die geltend gemachte Kaufpreisforderung nebst Zinsen zusteht, und die Beklagte dieser Forderung auch kein Zurückbehaltungsrecht entgegen halten kann.

1) Durchgreifende Bedenken gegen die erkennende Richterin im Hinblick auf § 309 ZPO bestehen nicht. Zwar hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, an der die entscheidende Richterin am Landgericht nicht beteiligt gewesen ist. Die Entscheidung ist aber nach § 128 Abs. 2 ZPO mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren erfolgt. Insoweit ist ein Richterwechsel und eine Entscheidung durch den zur Zeit der Entscheidung zuständigen Richter auch dann zulässig, wenn schon eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, an der dieser nicht mitgewirkt hat; § 309 ZPO gilt gerade nicht analog (Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 128 Rdn. 11 m.w.N.; BGH NJW-RR 1992, 1065 -Pajero).

2) Die beantragte Aussetzung nach § 148 ZPO kommt mangels einer Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Verfahren vor dem Landgericht Düsseldorf nicht in Betracht. Die dortige Entscheidung ist schon deshalb nicht präjudiziell für die Entscheidung über die Kaufpreisforderung im hiesigen Verfahren, weil in Düsseldorf nur geklärt wird, ob der Firma T Ansprüche gegen die Beklagte zustehen oder nicht. Ob und insbesondere in welcher Höhe der Beklagten wegen der Inanspruchnahme durch die Firma T Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin zustehen, wird dort nicht entschieden.

3) Der Klägerin steht wegen der Lieferung von Druckerkartuschen an die Beklagte der Kaufpreisanspruch in Höhe von 766.580,35 € nebst den ausgeurteilten Zinsen zu. Der Senat hat die Kaufpreisforderung aus den Rechnungen vom 23. Januar 2007 bis zum 19. Oktober 2007, wie sie sich aus der Anlage K 2 ergibt, in seinem Urteil vom 31. Juli 2008 als unstreitig angesehen. Die Berechnung des Betrages ist auch ohne jede Mühe nachvollziehbar. Die Beklagte hat zwar nach dem Senatsurteil im Widerspruch zu ihrem früheren Vortrag erstmals die Schlüssigkeit der Klageforderung in Frage gestellt. Dieses Bestreiten war aber nicht substantiiert, weil nicht näher dargelegt worden ist, warum die Kaufpreisforderung nunmehr nicht mehr unstreitig sei. Die Beklagte hat auch die Feststellung der Höhe der Klageforderung durch das Landgericht unter Hinweis auf die Anlage K 2 mit der Berufung nicht mehr angegriffen.

4) Im Gegensatz zur Annahme des Senats im Rahmen der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorbehaltsurteils ist jetzt unstreitig, dass die gelieferte Ware, deren Bezahlung verlangt wird, mangelfrei ist. Der Vorwurf der Patentrechtsverletzung durch die Firma T bezieht sich nicht auf diese Kaufgegenstände, sondern auf frühere, bereits abgerechnete Lieferungen von Druckerkartuschen. Angesichts dieses Umstandes macht die Beklagte wegen der gerügten Mängel an den früher gelieferten Waren nicht die Einrede des nicht erfüllten Vertrages, sondern ein Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB geltend. Nach ihrer Erklärung im Schriftsatz vom 7. April 2009 (Bl.167) und der Reaktion der Beklagten auf den klarstellenden Hinweis des Landgerichts vom 9. April 2009 (Bl.170) ist davon auszugehen, dass die Beklagte nach der kritischen Einschätzung der Aufrechnungslage durch den Senat die Aufrechnungserklärung zurückgenommen und im Hinblick auf die denkbare Schadensersatzforderung stattdessen ein Zurückbehaltungsrecht geltend macht. Unstimmig bleibt dann allerdings, dass die Beklagte weiterhin den Klageabweisungsantrag stellt. Im Falle der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes kann nach § 274 Abs. 1 BGB nur eine Verurteilung zur Erfüllung Zug-um-Zug gegen Empfang der Gegenleistung erfolgen. Auf diese Umstände hat der Senat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen.

5) Das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht kann die Beklagte der Klägerin nach § 273 Abs. 1 BGB nicht entgegen halten. Die Erhebung der Einrede des Zurückbehaltungsrechts setzt zunächst in aller Regel voraus, dass der Beklagten ein fälliger Gegenanspruch gegen die Klägerin zusteht. Nur ganz ausnahmsweise kann ein vorläufiges Zurückbehaltungsrecht auch wegen eines noch nicht fälligen Anspruchs geltend gemacht werden. Zur wirksamen Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts gehört es deshalb, dass die geltend gemachte Gegenforderung genau bezeichnet wird (BGH NJW 2000, 948, 949). Es ist schon zweifelhaft, ob die Beklagte einen solchen fälligen Anspruch schlüssig dargelegt hat. Sie will wegen der möglichen Inanspruchnahme in Höhe des von ihr in Form eines anwaltlichen Gutachtens errechneten Mindestschadens im Sinne einer Sicherheit unstreitige Kaufpreise zurückhalten. Dafür müsste ihr aber ein Schadensersatzanspruch in Geld zustehen. Nur dann könnte auch ein denkbarer Anspruch in Höhe der Klageforderung schlüssig dargelegt worden sein. Der Anspruch der Beklagten auf Freistellung könnte sich aber nur unter den Voraussetzungen des § 250 BGB in einen Schadensersatzanspruch in Geld umgewandelt haben. Dafür müsste die Klägerin die geschuldete Freistellung endgültig verweigert haben. Dazu hat die Beklagte bislang nicht ausreichend vorgetragen. Die Klägerin stellt ihre Haftung nicht in Frage, wenn die Patentrechtsverletzung feststeht und die Firma T die Beklagte deswegen zu Recht in Anspruch nimmt. Es ist bislang insoweit nur vorgetragen. dass die Klägerin im Rahmen von Vergleichsverhandlungen zu einer Freistellung durch Sicherheitsleistung in vollem Umfang nicht bereit gewesen sei. Sie hat insoweit ein Mitverschulden der Beklagten eingewandt. Die Beklagte hat aber im Einvernehmen mit der Klägerin schon eine Unterwerfungserklärung gegenüber der Firma T abgegeben, Auskunft erteilt und sich zu einer Schadensersatzleistung wegen der Verletzung des Patents EP ###### verpflichtet. Das alles steht aber noch unter der Bedingung des Bestands des genannten Patents, der angesichts einer wesentlichen Einschränkung durch das europäische Patentamt fraglich ist. Deshalb erscheint zweifelhaft, ob der Vortrag für einen wahrscheinlichen Schadensersatzanspruch in Höhe des voraussichtlich anfallenden Mindestschadens, der auf der Grundlage der erteilten Auskünfte errechnet worden ist, ausreicht. Das kann aber letztlich dahingestellt bleiben.

6) Denn selbst wenn ein Schadensersatzanspruch in Geld oder ein entsprechender Freistellungsanspruch in Höhe von mindestens 766.580,35 € Geld als schlüssig dargelegter denkbarer Gegenanspruch der Beklagten in Betracht käme, könnte ein solcher Anspruch dem Klageanspruch nämlich nicht im Wege der Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts entgegen gehalten werden. Zwar gäbe es keine Bedenken gegen eine Konnexität der beiderseitigen Ansprüche. Zwischen ihnen besteht das Band des Rahmenvertrages, das dann die wechselseitig erhobenen Ansprüche im Rahmen des weiten Anwendungsbereichs als aus demselben rechtlichen Verhältnis beruhend erscheinen lässt. Bei der im Rahmen der Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gebotenen Abwägung der Interessen der Klägerin an der sofortigen Verwirklichung ihres unstreitigen Zahlungsanspruchs mit dem Sicherungsinteresse der Beklagten wegen der möglichen Inanspruchnahme durch die Firma T wegen mangelhafter Lieferung anderer Waren, muss aber das Interesse der Beklagten zurücktreten. Das hat das Landgericht zutreffend gesehen.

a) Die Beklagte nimmt die Klägerin wegen der Lieferung anderer, möglicherweise patentverletzender Waren auf Freistellung von wahrscheinlich in einer bestimmten Höhe anfallenden Schadensersatzansprüchen der Firma T in Anspruch. Die darin zu sehende Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts bis zur Klärung der genauen Höhe der wahrscheinlich anfallenden Schadensersatzansprüche darf aber nicht treuwidrig sein. Das Zurückbehaltungsrecht als besonderer Fall des Verbots unzulässiger Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB darf selbst nicht in einer gegen Treu und Glauben verstoßenden Weise ausgeübt werden. Weil das Zurückbehaltungsrecht nur der Sicherung eigener Ansprüche dient, ist seine Ausübung etwa dann ausgeschlossen, wenn die Erfüllung einer Forderung wegen einer Gegenforderung verweigert wird, deren Klärung schwierig und zeitraubend ist und dadurch die Durchsetzung der Forderung des Gegners auf unabsehbare Zeit verhindern kann (vgl. BGH NJW 2000, a.a.O.; OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 364, 365 m.w.N.).

b) Legt man diese Gesichtspunkte zugrunde, so liegt hier eine solche nicht genau bestimmbare und deshalb nicht hinnehmbare Verzögerung der Zahlung der unstreitigen Kaufpreise vor. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Firma T die Beklagte bislang ungeachtet der Unterwerfungserklärung, Auskunftserteilung und Verpflichtung zur Schadensersatzleistung noch im Jahre 2007 nur in einer sehr vagen Weise Anfang 2008 unter Bezugnahme auf eine völlig utopische Forderung auf Schadensersatz in Anspruch genommen hat. Da alle Verpflichtungen der Beklagten entfallen sollten, wenn das Patent EP ###### ganz oder in einem für den Schutzumfang relevanten Umfang teilweise widerrufen oder für nichtig erklärt werden sollte, wird der Bestand der Schadensersatzverpflichtung von der Beklagten selbst in Frage gestellt. Denn nach einer Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 29. Februar 2008 ist das Patent tatsächlich nur nach dem vierten Hilfsantrag, also sehr eingeschränkt aufrechterhalten worden. Die Beklagte selbst hat nun insoweit die Initiative übernommen, als sie gegen die Firma T vor dem Landgericht Düsseldorf mit einer negativen Feststellungsklage vorgegangen ist. Insoweit ist auf den vom Senat schon angesprochenen Gesichtspunkt des gespaltenen Vortrags der Beklagten entscheidend abzustellen. Da die Beklagte nunmehr im Rechtsstreit vor dem Landgericht Düsseldorf selbst vorträgt, dass die von der Klägerin gelieferten Kartuschen nicht (mehr) patentrechtswidrig gewesen seien, ist zunächst zu klären, ob die Kartuschen überhaupt mangelhaft sind, so dass die Klägerin nach § 437 BGB einstandspflichtig wäre. Die Beklagte verspricht sich von der Klage Erfolg, da sie sie sonst nicht erhoben hätte. In diesem Verfahren ist auch angesichts der Vorverlegung des Termins vor Ende 2009 keine Entscheidung durch das erstinstanzliche Landgericht zu erwarten. Es ist nach dem Vortrag der Beklagten auch nur wahrscheinlich, dass dann schon entschieden werden kann. In jedem Fall ist höchst fraglich, ob bei einer solchen Tragweite der Unterlegene die Entscheidung hinnimmt. Wird gegen das Urteil Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt, ist der Zeitpunkt, an dem festgestellt wird, dass der Firma T bestimmte Ansprüche nicht zustehen, oder an dem die Klage abgewiesen wird, tatsächlich nicht absehbar. Stellt sich in dem Rechtsstreit heraus, dass die Klägerin entsprechend dem Vorbringen der Beklagten nicht einstandspflichtig ist, so hat sie eine unzumutbar lange Zeit auf die Bezahlung der fälligen Forderung in voller Höhe von 766.580,35 € warten müssen. Selbst wenn die Klage der Beklagten in Bezug auf die hier entscheidende Feststellung aber abgewiesen werden sollte, weil die gerügte Patentrechtsverletzung festgestellt wird, wäre damit immer noch nicht abschließend geklärt, in welchem Umfang die Beklagte tatsächlich von der Firma T in Anspruch genommen wird und in welchem Umfang die Klägerin dafür einstehen müsste. Die Klägerin müsste dann noch eine weitere Zeit auf die Begleichung ihrer Forderung in voller Höhe warten, auch wenn sie der Beklagten möglicherweise nur eine erheblich geringere Schadensersatzleistung erstatten müsste. Die Klägerin wäre während der Wartezeit massiv in ihrer Liquidität betroffen, während die Beklagte solange nicht in Anspruch genommen würde. Zwar könnte die Klägerin nach § 273 Abs. 3 ZPO Sicherheit leisten. Auch eine solche Sicherheitsleitung würde angesichts der Höhe der Klageforderung die Liquidität der Klägerin ganz erheblich beeinflussen. Dieser Beeinträchtigung berechtigter Interessen der Klägerin stehen keine gleichberechtigten Interessen der Beklagten gegenüber. Es geht dieser zwar darum, gegenüber möglichen Schadensersatzansprüchen voll abgesichert zu sein. Dieses Sicherungsinteresse ist aber in doppelter Weise nur bedingt berechtigt. Zum einen ist gerade angesichts der ungeklärten Rechtslage und des zurückhaltenden Vorgehens der Firma T noch nicht klar, ob die Beklagte tatsächlich zahlen muss. Zum anderen kann die Beklagte dann noch immer ihren Erstattungsanspruch gegenüber der Klägerin geltend machen. Dann ist das Risiko der Beklagten allein die Möglichkeit, dass die Klägerin die Gegenforderung eines Tages nicht bezahlen kann, wenn die Kaufpreise jetzt voll ausgekehrt werden. Dabei handelt es sich um ein normales wirtschaftliches Risiko, zumal wenn die Beklagte die Kaufpreise für die vermeintlich mangelhaften Kartuschen jedenfalls teilweise unter Berücksichtigung von Rabatten schon gezahlt hat. Das Risiko wäre bei einer Freistellung der Beklagten durch die Klägerin im Hinblick auf etwaige Ansprüche der Firm T nicht anders.

Die sich aus § 543 Abs. 2 ZPO ergebenden Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen in dem vorliegenden Einzelfall nicht vor.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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