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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 17.01.2008
Aktenzeichen: 4 U 161/07
Rechtsgebiete: UWG, ZPO


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4 Nr. 10
UWG § 5
UWG § 8 Abs. 1
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1
UWG § 12 Abs. 2
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 12.09.2007 verkündete Urteil der VII. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Unterlassungstenor nach den Worten "bis zu 52 % an Telefongebühren sparen" zusätzlich heißt: "wie geschehen in dem Telefonat mit der Kundin N, C-Straße, #### C vom 30.07.2007."

Es bleibt bei der Kostenentscheidung des Landgerichts für die Kosten erster Instanz.

Von den Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Antragstellerin 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

A.

Die Antragstellerin ist das auf dem Gebiet der Telekommunikationsdienstleistungen größte deutsche Unternehmen. Sie bietet für Festnetzanschlüsse Leistungen nach den Tarifen "Q" und "Q1" an. Der Tarif "Q" wird von ihr seit 2005 für Neukunden nicht mehr angeboten.

Die Antragsgegnerin vermittelt u.a. Telefonate im Festnetz. Dabei bietet sie insbesondere den Tarif "Q2" an. In einer Gegenüberstellung (Anl. K 2) listet sie die Gebühren für ihren neuen Festnetztarif unter Gegenüberstellung mit den Gebühren "Q" der Antragstellerin auf und kommt dort im Verhältnis dazu zu Einsparungen von "bis zu 52 %". Der Tarif "Q1" der Antragstellerin wird dabei nicht erwähnt. Dieser Tarif liegt unter dem von "Q". Wegen der Einzelheiten der Tarife und Gebühren wird auf die von den Parteien vorgelegten Tabellen in der Antragsschrift vom 27.08.2007, der Berufungserwiderung der Antragstellerin vom 19.12.2007 und dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 15.01.2008 Bezug genommen.

Bei Gesprächen im Tarif "Q2" der Antragsgegnerin ist das Telefonieren in der Hauptzeit von 07.00 bis 19.00 Uhr geringfügig günstiger als das Telefonieren im Tarif "Q" der Antragstellerin. In der Zeit zwischen 21.00 Uhr und 07.00 Uhr ist der Tarif der Antragsgegnerin teurer als der Tarif der Antragstellerin.

Im Juli 2007 verschickte die Antragsgegnerin an Kunden der Antragstellerin eine sog. "Tarif-Information", die am 28.07.2007 u.a. einer Frau N in C zugesandt wurde und die in diesem Verfahren Gegenstand eines weiteren Verfügungsantrags (Ziff. 1) war, der nunmehr nach Antragsrücknahme durch die Antragstellerin im Senatstermin nicht mehr streitgegenständlich ist. Darin wurde der angesprochene Kunde in Bezug auf eine Tarifinformation zum Festnetzanschluss ohne nähere weitere Informationen gebeten, kostenlos bei der Antragsgegnerin anzurufen. Auf den näheren Inhalt dieser Benachrichtigung (= Anl. K 7) kommt es nicht mehr an.

Frau N wählte daraufhin die genannte Rufnummer. Daraufhin wurde ihr in dem Telefonat von dem Call-Center-Mitarbeiter der Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie, wenn sie ihren Telefonanschluss auf die Antragsgegnerin im Wege eines Pre Selection voreinstellen lassen würde, bis zu 52 % an Telefongebühren sparen könne. Wie dieses Einsparpotential zu erreichen war, wurde ihr nicht näher erläutert.

Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, dass die Erklärung der Antragsgegnerin über ein Einsparpotential von bis zu 52 % irreführend sei und gegen §§ 3, 4 Nr. 10, 5 UWG verstoße.

Die Antragstellerin hat beantragt,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft - zu vollstrecken an dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin -, zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs 1. (...)

und / oder 2. zu behaupten und / oder behaupten zu lassen, nach Abschluss eines Pre-Selection-Vertrages mit TSD könne der Kunde bis zu 52 % an Telefongebühren sparen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat gemeint, die Aussage bezüglich einer Ersparnis von bis zu 52 % sei nicht irreführend. Dies ergebe sich schon daraus, dass sie deutlich hinzugesetzt habe: "bis zu". Tatsächlich werde diese Ersparnis auch erreicht. Ein Großteil der von der Werbung angesprochenen Kunden benutze noch den Tarif "Q" der Antragstellerin. Der Kunde, der bisher im Tarif Q telefoniere, könne tatsächlich bei Ferngesprächen bis zu 52 % sparen. Überdies erfolge der größte Teil der Telefonate der Verbraucher in der Zeit zwischen 07.00 und 18.00 Uhr.

Das Landgericht hat die Antragsgegnerin hinsichtlich des Antrags zu 2) zur Unterlassung verurteilt, den Antrag zu 1) betreffend die Benachrichtigung hingegen zurückgewiesen.

Zur Begründung hat es zu Ziff. 2), also zum Komplex "Sparen bis zu 52", ausgeführt, dass die Antragstellerin von der Antragsgegnerin die Unterlassung ihrer Behauptung verlangen könne, nach Abschluss eines Pre-Selection-Vertrages mit TSD könne der Kunde bis zu 52 % an Telefongebühren sparen. Unstreitig böten die Parteien, was im Einzelnen ausgeführt wird, Telefongespräche zu unterschiedlichen Tarifen an. Danach ergebe sich ein uneinheitliches Preisgefüge bei beiden Anbietern, das in einigen durchaus wesentlichen Bereichen zu einer Ersparnis, in anderen Bereichen jedoch zu einer Verteuerung gegenüber den Tarifen der Antragstellerin führe. Angesichts dieser Sachlage sei es irreführend, eine Ersparnis von bis zu 52 % zu bewerben. Diese Aussage suggeriere bei dem durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbraucher jedenfalls den Schluss, dass er bei der Wahl des Angebotes der Antragsgegnerin zu einer nennenswerten Ersparnis im Telefonbereich komme. Bei der Aussage "bis zu 52 %" bedeute das sicherlich nicht, dass in jedem Bereich der unterschiedlichen Tarife eine derartige Ersparnismöglichkeit bestehe. Die Aussage über die Ersparnis sei vernünftigerweise doch so zu verstehen, dass jedenfalls durchgehend nennenswerte Vorteile zu erwarten seien. Das Herausgreifen nur eines Tarifes, der so viel günstiger sei unter Vernachlässigung von durchaus üblichen Tarifen wie dem Nah-Tarif, bei dem die Antragstellerin erheblich günstigere Preise anbiete, sei irreführend und deshalb zu untersagen.

Die Parteien haben beiderseits gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Antragstellerin hat eine weitergehende Untersagungsanordnung auch hinsichtlich der postalischen Benachrichtigung (Ziff. 1), die Antragsgegnerin die Zurückweisung des Antrags zu 2) (Aussage "Sparen bis zu 52 %") begehrt.

Die Antragsgegnerin macht insoweit geltend, die Aussage des von der Kundin angerufenen Call-Center-Mitarbeiters, dass diese durch den Tarif der Antragsgegnerin "bis zu 52 %" an Telefongebühren sparen könne, habe sich auf ihren Tarif für Ferngespräche "Q2" im Verhältnis zum Tarif "Q" der Antragstellerin für Ferngespräche bezogen. Auch wenn dieser Tarif nicht mehr an Neukunden vergeben werde, so sei doch offensichtlich, dass ein Großteil der "Bestandskunden" der Antragstellerin lediglich 2 Jahre nach Einstellung des Tarifs im Festnetzbereich nach wie vor über den Tarif "Q" telefoniere. Dieser Tarif sei der Standardtarif gewesen, der gerade von Kunden genutzt worden sei, die bereits vor dem Jahr 2005 keinerlei Interesse an Sondertarifen gezeigt hätten und damit auch nach der Einstellung des Tarifs kein Interesse an einem Tarifwechsel haben dürften bzw. sich hierum nicht kümmerten. Das Landgericht habe insoweit zutreffend festgestellt, dass ein Kunde der Antragsgegnerin für Ferngespräche innerhalb der ganz maßgeblichen Zeit von 7.00 bis 18.00 Uhr tagsüber bis zu 52 % billiger telefoniere als ein Kunde der Antragstellerin in der Tarifgruppe Q. Unerheblich sei, dass es in derselben Zeit zu keiner Ersparnis im Verhältnis zu dem Tarif "Q1" gekommen sei. Auf den Vergleich zu weiteren Tarifen komme es nicht an. Vielmehr sei völlig ausreichend, dass mindestens gegenüber einem (Standard-) Tarif der Antragstellerin eine Ersparnis von bis zu 52 % möglich gewesen sei. Dass beim verständigen Verbraucher der Schluss erweckt werde, dass er bei der Wahl des Angebots der Antragsgegnerin "jedenfalls durchgehend nennenswerte Vorteile zu erwarten" habe, treffe nicht zu. Nach der am Telefon zur Eröffnung eines Werbegesprächs getätigten Aussage, der Kunde könne bis zu 52 % an Telefongebühren sparen, werde der maßgebliche Verkehrskreis gerade nicht erwarten, dass er in jedem Fall, egal welchen Tarif er zugrunde lege, welche Uhrzeit und Verbindungsentfernung er wähle, eine Ersparnis erziele, die in weiten Teilen erheblich sei. Vielmehr interpretiere jeder verständige Werbeadressat die Aussage so, dass es je nach zugrunde gelegtem Vergleichstarif in manchen Konstellationen zu einer Ersparnis von bis zu 52 % komme. Die Annahme, der durchschnittliche Verbraucher erwarte hiervon eine durchgehende Ersparnis, sei angesichts der Gewöhnung des Verkehrs an die plakativen Darstellungen heutiger Werbung lebensfremd. Die Aussage zu Beginn des Werbegesprächs habe zudem erkennbar nur das Potential des im Weiteren näher dargestellten Angebotes deutlich machen sollen. Das weitere Gespräch böte die Möglichkeit zu prüfen, inwieweit dieses Potential für den Kunden realisierbar sei. Inhaltlich sei die Aussage in keiner Weise irreführend. Denn wenn der Kunde bisher im Tarif Q telefoniert habe und in dem angebotenen Tarif überwiegend tagsüber telefoniere, könne die Ersparnis realisiert werden. Auch in anderen Konstellationen könne eine, wenn auch geringere, Ersparnis realisiert werden. Die Antragstellerin habe ihrerseits nicht glaubhaft gemacht, dass der für die Antragsgegnerin tätige Call-Center-Mitarbeiter eine Aussage im Sinne einer automatischen, unbedingten und für alle Konstellationen und sämtliche Ausgangstarife geltenden Ersparnis des Kunden bei Wechsel des Telefonanbieters getätigt habe, zumal diese Anpreisung lediglich der Eröffnung eines direkten, telefonischen Dialogs mit dem Kunden gedient habe.

Dabei sei nur ein Aussageteil unstreitig, nicht aber der Bezug. Die Aussage habe sich konkret auf den Vergleich der Gesprächskosten für nationale Ferngespräche in den Tarifen Q und Q2 bezogen. Der weit gefasste Verfügungsantrag führe alsdann aber dazu, dass die entsprechende einstweilige Verfügung für alle denkbaren Zusammenhänge gelten müsse. Die Aussage müsse dann stets als irreführend zu beurteilen sein. Der Antrag sei aber bereits dann unbegründet, wenn er auch wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Handlungen umfasse. Die Unbegründetheit setze mithin nur voraus, dass nur bei einem denkbaren Tarifvergleich die Aussage stimme. Die Antragstellerin habe die Unrichtigkeit der behaupteten Aussage einer möglichen Ersparnis bis zu 52 % bei den Telefonkunden unter allen denkbaren Umständen weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Dazu geht die Antragsgegnerin auf die von der Antragstellerin angestellten Tarifvergleiche ein, die sie für unzutreffend hält. Tatsächlich komme es nicht bzw. nicht durchgehend zu den von der Antragstellerin dargestellten Verteuerungen. Bei Ferngesprächen sei sogar eine höhere Einsparung als 52 % möglich. Die Antragsgegnerin rügt weiter, dass die Antragstellerin bei dem Vergleich mit dem Tarif Q1, bei dem es in bestimmten Fällen tatsächlich zu Verteuerungen komme, nur eine Fallgestaltung herausgegriffen und dabei nicht alle relevanten Faktoren des Tarifs Q3 berücksichtigt habe. Bei einem pauschalen Vergleich müssten alle in Betracht kommenden Tarife der Parteien berücksichtigt werden, sodann auch ihr weiterer Tarif "Q4". Die Antragsgegnerin wehrt sich gegen den von der Antragstellerin erweckten Eindruck, dass im Gegensatz zu der von ihr behaupteten Ersparnis im Regelfall mit einer Verteuerung zu rechnen sei. Tatsächlich könne nicht nur in ungewöhnlichen Fällen eine Ersparnis von bis zu 52 % erreicht werden. Der Verkehr nehme bei der gerügten pauschalen Werbeaussage nicht an, dass es unter keinen Umständen zu Verteuerungen komme. Dem Kunden sei nämlich die Vielfalt der Tarife bekannt, die teils günstig, teils aber auch extrem ungünstig sein könnten. Insgesamt liege, so die Antragsgegnerin, keine Irreführung vor.

Die Antragsgegnerin beantragt (hinsichtlich der titulierten Unterlassungsanordnung gemäß Ziff. 2 der Antragsschrift vom 27.08.2007),

das Urteil insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Antragstellerin hat den Verfügungsantrag zu 1) im Senatstermin zurückgenommen und beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass es im Unterlassungstenor nach den Worten "bis zu 52 % an Telefongebühren sparen" zusätzlich heißt: "wie geschehen in dem Telefonat mit der Kundin N, C-Straße, #### C vom 30.07.2007."

Sie meint, die von der Antragsgegnerin bemühte Rechtsprechung sei nicht einschlägig, denn dort sei es lediglich darum gegangen, ob und in welchem Falle die prozessuale Ersparnis erreicht worden sei. Im Streitfall sei indes, was im Einzelnen ausgeführt wird, eine erhebliche Verteuerung der beworbenen Angebote gegeben, wobei unstreitig ist, dass der Tarif "Q1" ihr aktueller Standard-Tarif ist, dass den Tarif Q ur noch Bestandskunden nutzen können und dass Neukunden diesen Tarif seit 2005 nicht mehr erhielten. Dabei sei es - so die Antragstellerin weiter - so, dass ein Kunde, der den Tarif "Q1" nutze und sodann einen Pre-Selection-Vertrag über den Tarif "Q 2" abschließe, rund um die Uhr teurer, nämlich bis zu 284 % teurer, telefoniere. Weiterhin habe auch ein Kunde, der den Tarif "Q" nutze und dann einen Pre-Selection-Vertrag über den Tarif "Q2" abschließe, jedenfalls für Orts- und Nahgespräche rund um die Uhr mit Verteuerungen zu rechnen, und zwar ebenfalls bis zu 284 %. Dadurch werde nichts gespart. Sparen sei genau das Gegenteil einer Verteuerung. Dies gelte erst recht, wenn überhaupt keine Ersparnis erzielt werden könne, nämlich wenn der Kunde über den aktuellen Standardtarif Q1 verfüge. Der angesprochene Verkehr verbinde mit der betreffenden Aussage die Vorstellung, er könne seine Telefonkosten garantiert senken, und zwar um annähernd 52%, günstigtenfalls sogar um exakt 52 %, was jedoch nicht der Fall sei. Daher werde der angesprochene Verkehr in verbotswidriger Weise dazu animiert, sich mit dem Angebot der Antragsgegnerin näher zu befassen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin, über die nur noch zu befinden ist, ist unbegründet. Es besteht von Seiten der Antragstellerin gegen sie gemäß §§ 8 I, III Nr. 1; 3; 5 UWG ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Behauptung, nach Abschluss eines Pre-Selection-Vertrages mit TSD könne der Kunde bis zu 52 % an Telefongebühren sparen.

I.

Soweit die Anordnung nunmehr durch den Maßgabezusatz "wie geschehen in dem Telefonat mit der Kundin N, C-Straße, #### C vom 30.07.2007" ergänzt worden ist, handelt es sich zunächst im Hinblick auf § 253 II Nr. 2 ZPO lediglich um eine klarstellende Konkretisierung, die den Streitgegenstand nicht ändert und sich letztlich auch kostenmäßig nicht auswirkt. Die hier in Rede stehende Verletzung in Form der Irreführung nämlich kann nur nach Maßgabe der konkreten Verletzungshandlung beurteilt werden. Bei etwaigen anderen Tarifen, um die es vorliegend nicht ging, könnte eine Bewerbung mit einer Ersparnis von "bis zu 52 %" durch den Abschluss eines Pre-Selection-Vertrages auch zukünftig, so die Aussage dann zutreffen sollte, zumindest theoretisch möglich und zulässig sein. Die Beurteilung hängt maßgeblich von der jeweiligen Tarifstruktur ab, die hier Vergleichsmaßstab war und die in entsprechender Weise dann Eingang in das mit der Kundin N geführte Telefonat gefunden hat.

II.

Der Verfügungsgrund ist nach § 12 II UWG zu vermuten. Auch die vom Senat in ständiger Rechtsprechung postulierte Monatsfrist, die sich nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt und sich nicht als eine förmliche Frist im zivilprozessualen Sinne darstellt, ist insofern eingehalten, als die Kundin N am 28.07.2007 die beanstandete postalische Benachrichtigung erhalten hat, die im Anschluss daran auch den Anruf vom 30.07.2007 bei der Antragsgegnerin ausgelöst hat. Unter dem 27.08.2007 ist alsdann im Anschluss an die Abmahnung vom 16.08.2007 der Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereicht worden. Dabei ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin bereits zuvor Kenntnis von einer solchen postalischen Benachrichtigung hatte oder die Geltendmachung des Antrags sonst irgendwie verzögert hätte.

III.

Der Verfügungsanspruch in Bezug auf die Behauptung, nach Abschluss eines Pre-Selection-Vertrages mit der Antragsgegnerin könne der Kunde bis zu 52 % an Telefongebühren ist, ist zu bejahen.

1.

An der Klageberechtigung der Antragstellerin nach § 8 III Nr. 1 UWG und an einem einschlägigen wettbewerblichen Handeln der Antragsgegnerin bestehen keine Zweifel.

2.

Auch in materiellrechtlicher Hinsicht hat das Landgericht zu Recht die Untersagung angeordnet. Die telefonisch gegenüber der Zeugin N aufgestellte Behauptung, nach Abschluss eines Pre-Selection-Vertrages mit TSD könne der Kunde bis zu 52 % sparen, war nicht zutreffend. Die dadurch beim Kunden vermittelte Vorstellung auch in Bezug auf Bestandskunden, dass bei diesem Abschluss eine nennenswerte Ersparnis bis hin zu 52 % erzielt werden könne, war falsch, schon deshalb, weil verallgemeinernd nur ein Vergleich zu dem zwar teilweise noch bestehenden, aber seit 2005 bereits als Standardtarif abgelösten Tarif "Q" hergestellt wurde, überdies aber auch deshalb, weil auch nach dem "alten" Vergleichstarif nur in geringen Bereichen maßgebliche Ersparnisse erzielt werden können. Die Aussage war, was ausreicht, geeignet, einen beträchtlichen Teil der angesprochen Verkehrskreise in die Irre zu führen.

a)

Im Allgemeinen erwartet der Kunde bei einer Werbung mit einer Preisreduzierung "bis zu ...", dass einerseits jedenfalls der genannte Höchstsatz (hier "50 %") nicht nur bei einem unbedeutenden, im Rahmen des Gesamtangebots nicht ins Gewicht fallenden Teil der Waren (bzw. Dienstleistungen) erreicht wird (vgl. BGH GRUR 1983, 257 - bis zu 40 %, betr. Buchhandel) und dass andererseits die übrigen Preisherabsetzungen nicht beträchtlich hinter der beworbenen Höchstreduzierung zurückbleiben (BGH GRUR 1966, 382, Jubiläum; OLG Stuttgart WRP 1996, 469, betr. Möbelhandel). Entsprechend ist bei den beworbenen Telefonkosten anzunehmen, dass der Werbende seine Verbindungsleistungen im Verhältnis zum Vergleichsniveau generell zu einem entsprechend erheblich niedrigeren Preis anbietet. Dabei erwartet der Kunde, dass eine derartige Reduzierung nicht nur in bestimmten Tarifsegmenten entsteht (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.05.2005, Az. I-20 U 17/05 = Anl. K 14, betr. Ferngespräche außerhalb des Nahbereichs von 50 km), sondern dass für alle Verbindungsleistungen unabhängig von Zeitpunkt und Reichweite des Gesprächs "unter dem Strich" eine Tarifstruktur angeboten wird, die im Vergleich zu den Vergleichstarifen eine deutliche Ersparnis bei allen üblichen Gesprächsarten ermöglicht, wenn auch nicht generell zu dem angegebenen Spitzenwert ("bis zu ..."). Das bedeutet gleichzeitig auch, dass nicht angenommen wird, dass erhebliche Anteile der beworbenen Telefongespräche dann noch erheblich teurer werden als beim Konkurrenten (OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Schleswig, Beschl. v. 27.09.2004, 6 U 37/0 = Anl. K 10).

b)

Hiervon ausgehend ist festzustellen, dass vorliegend hinsichtlich der von der Antragstellerin angebotenen Tarife - nach eigenem Vortrag der Antragsgegnerin - lediglich ein Vergleich mit dem (alten) Tarif Q angestellt worden sein soll. Dieser Tarif aber war - insoweit unstreitig - bereits seit Anfang 2005 nicht mehr aktuell und wurde jedenfalls Neukunden nicht mehr angeboten, so dass auch bereits eine beträchtliche Zahl von Bestandskunden aus der Zwischenzeit den neuen Standardtarif Q1 der Antragstellerin nutzten. Im Vergleich zu diesem aktuellen Tarif Q1 ist der Pre-Select-Tarif der Antragsgegnerin Q2 rund um die Uhr im Wesentlichen teurer, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich, wie von der Antragstellerin behauptet, eine Verteuerung von bis zu 284 % bestand. Bei der Herstellung des Vergleichs mit dem nur teilweise noch bestehenden Tarif Q wurde verschwiegen, dass im Verhältnis zum aktuellen Tarif, der gleichfalls gewählt werden kann, jedenfalls keine relevante Ersparnis, wie behauptet, sondern eine beträchtliche Verteuerung erfolgt. Die gegenteilige Behauptung ist insofern irreführend. Eine Irreführung liegt schon deshalb vor, weil eine Maximalersparnis allenfalls in einem Tarifsegment, nämlich bei echten Ferngesprächen erzielt wird. Der Verbraucher telefoniert indes in erheblichem Umfang üblicherweise auch im Orts- und Nahbereich. In diesen Bereichen aber sind die Telefonate bei der Antragsgegnerin wiederum um ein Vielfaches teurer, so dass "unter dem Strich" nicht die beworbene Ersparnis in einem vom Kunden erwarteten Umfang erreicht wird.

c)

Überdies ist nicht einmal davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin tatsächlich in dem Telefonat mit der Kundin N nur einen Tarifvergleich zwischen dem Tarif Q einerseits und ihrem Tarif Q2 mitgeteilt hat. Durch die von der Antragstellerin vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Kundin N vom 01.08.2007 ist vielmehr glaubhaft, dass die Äußerung, wonach der Kunde nach Abschluss eines Pre-Selection-Vertrages mit TSC bis zu 52 % an Telefongebühren einsparen könne, einschränkungslos und ohne nähere Konkretisierung aufgestellt worden ist. Nach ihrer eidesstattlichen Versicherung wurde diese pauschale Aussage zum Einsparpotential von 52 % zwar in dem Telefonat mehrfach wiederholt. Eine Konkretisierung, wie sie dieses Einsparpotential erreichen könne, sei indes nicht erfolgt. Die Antragsgegnerin hat demgegenüber ihrerseits ein anderes nicht etwa durch eine eidesstattliche Versicherung ihres Call-Center-Mitarbeiters oder auch indiziell durch die Vorlage eines betreffenden Gesprächsleitfadens glaubhaft gemacht. Insofern war gerade auch der aktuelle Standardtarif der Antragstellerin Q1 mit in die Betrachtung einzubeziehen. Eine signifikante Ersparnis bei Abschluss eines entsprechenden Pre-Selection-Vertrages bei der Antragsgegnerin, und dann auch in einer Höhe, die bis zu 52 % erreicht und auch ansonsten wesentlich ist, jedenfalls nicht zu einer Verteuerung führt, wird dabei nicht erzielt.

Dabei ist keineswegs maßgeblich, wie die Antragsgegnerin meint, dass allein in einzelnen - insgesamt aber bei einer Gesamtbetrachtung nicht durchschlagenden Segmenten, so wenn "lediglich weit überwiegend im Fernbereich" telefoniert wird - eine vereinzelte Preisersparnis möglich ist, ebenso wenig, dass es bei ihrem Tarif Q3 "nicht durchgehend" zu Verteuerungen kommt. Die Darstellung muss auch nicht, wie eingangs (unter 2 a) ausgeführt, in Bezug auf jedes einzelne Tarifsegment irreführend sein. Im übrigen ist auch nicht feststellbar, dass die Antragsgegnerin durch ihren Mitarbeiter die Tarife entsprechend differenziert erläutert hat, nämlich auch darauf hingewiesen hat, dass man nur in eingeschränkten Segmenten, so bei entsprechenden Ferngesprächen in der genannten Zeitspanne, soll günstiger telefonieren können. Insgesamt kommt es danach für den Q3-Kunden der Antragsgegnerin auch unter Berücksichtigung ihres weiteren Vortrags zu den beiderseitigen Tarifstrukturen in keiner Konstellation entsprechend der werblichen Erwartungshaltung zu einer Ersparnis von "bis zu 52".

Von daher ist auch die vom Landgericht ausgesprochene Verbotsfassung nicht zu weit. Es wird konkret die Verletzungshandlung, nämlich das aufgegriffen, was von Seiten der Antragsstellerin glaubhaft gemacht worden ist, nämlich dass allgemein mitgeteilt worden ist, dass der Kunde bei dem Abschluss mit der Antragsgegnerin eine Ersparnis von bis zu 52 % erzielen könne.

Die Werbung ist irreführend. Die Wiederholungsgefahr ist nicht ausgeräumt. Die Berufung der Antragsgegnerin ist danach unbegründet. Auf die weiteren von der Antragstellerin geltend gemachten Verbotstatbestände, so § 4 Nr. 10 UWG, kommt es nicht mehr an.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I, 97 I, 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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