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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: 4 U 195/08
Rechtsgebiete: BO


Vorschriften:

BO § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. August 2008 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die klagende Zahnärztekammer begehrt Unterlassung als irreführend bewerteter Werbung.

Der Erstbeklagte und die Zweitbeklagte sind Zahnärzte und betreiben in F eine Zahnarztpraxis "Dr. T & G". Die Drittbeklagte war eine bei ihnen angestellte Assistenz-Ärztin. Gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen ihr und dem Erst- sowie der Zweitbeklagten bestanden nicht. Die Beklagten warben in der elektronischen Version des Branchentelefonbuchs "Gelbe Seiten" unter der Überschrift "Zahnarztpraxis Dr. T & G" mit dem Zusatz: "Ärztegemeinschaft T" bzw. "Ärztegemeinschaft C". Zu weiteren Einzelheiten der Werbung wird auf Blatt 6 der Akten Bezug genommen.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass die vorgenannte Werbung irreführend sei. Eine Irreführung liege einmal in der Verwendung des Begriffes "Ärztegemeinschaft", weil dies vom durch die Werbung angesprochenen Personenkreis so verstanden werde, dass sich nicht nur Zahnärzte, sondern auch Mediziner anderer Fachbereiche zu einer Gemeinschaft zusammengefunden hätten. Die Verwendung des Begriffes "Ärztegemeinschaft" verletze zugleich § 15 der Berufsordnung.

Eine Irreführung liege ferner deshalb vor, weil die Zahnärztin C unstreitig keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zum Erst- und zur Zweitbeklagten eingegangen sei.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 11. August 2008 die Beklagten zu 1) - 3) unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken

in den "Gelben Seiten" im Internet für ihre zahnärztlichen Leistungen mit dem Hinweis "Ärztegemeinschaft C" zu werben.

Die weitergehende Klage, mit der die Klägerin auch ein Verbot der Bezeichnung "Ärztegemeinschaft T" als irreführend erstrebt hat, hat es als unbegründet abgewiesen.

Wegen des Inhaltes des Urteiles im Einzelnen wird auf Blatt 43 ff der Akten verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr abgewiesenes Verbotsbegehren weiterverfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages sieht die Klägerin weiterhin in dem von den Beklagten zu 1) und 2) verwendeten Begriff "Ärztegemeinschaft" eine Irreführung. Es werde der Eindruck erweckt, die Zahnarztpraxis der Beklagten zu 1) und 2) sei (mindestens) Bestandteil einer im Übrigen mit Ärzten betriebenen beruflichen Kooperation. Ferner werde mit dem Begriff "Ärztegemeinschaft" der unrichtige Eindruck erweckt, die Behandlung erfolge nicht allein nach zahnärztlichen, sondern auch nach allgemeinen ärztlichen Regeln der Heilkunde. Zu Unrecht meine das Landgericht, dass sich die angesprochenen Patienten keine Gedanken darüber machten, ob der Ärztegemeinschaft Ärzte unterschiedlicher medizinischer Fachrichtungen angehörten. Entweder habe das Landgericht irrigerweise unterstellt, dass ein Zahnarzt zugleich Arzt sei, oder das Landgericht habe zutreffend zwischen Zahnarzt und Arzt differenziert, diese Differenzierung aber für unerheblich gehalten. Zwischen den Qualifikationen von Ärzten und Zahnärzten sei aber zu trennen. Die Beklagten zu 1) und 2) verschafften sich durch die unberechtigte Führung der Zusatzbezeichnung "Ärztegemeinschaft" einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren rechtsloyalen Kollegen. Dass die Beklagten zu 1) und 2) mit der Bezeichnung in der Reihenfolge der im Internet Genannten begünstigt werden wollten, sei kein rechtfertigender Grund für die Irreführung.

Die Klägerin beantragt,

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Essen vom 11.08.2008 - Aktenzeichen 44 O 69/08, wird den Beklagten zu 1.) und 2.) bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,, ersatzweise Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in den "Gelbe Seiten" im Internet für ihre zahnärztlichen Leistungen mit dem Hinweis "Ärztegemeinschaft T" zu werben.

Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages stellen die Beklagten zu 1) und 2) nach wie vor eine Irreführung durch den Begriff "Ärztegemeinschaft" in Abrede. Dieser Begriff besage nicht, dass in ihrer Zahnarztpraxis auch humanmedizinische Leistungen im Zusammenhang mit multifaktoriellen Krankheitsbildern behandelt würden. Die angesprochenen Patienten zögen aus dem Begriff "Ärztegemeinschaft" nicht den Schluss, sie hätten es mit Medizinern unterschiedlicher Fachrichtungen zu tun. Es dürfe auch nicht abstrakt über den von der Klägerin beanstandeten Begriff "Ärztegemeinschaft" entschieden werden. Es sei vielmehr zu fragen, ob die beanstandete Eintragung in den Gelben Seiten geeignet sei, bei angesprochenen Marktteilnehmern irreführende Vorstellungen hervorzurufen. Dies sei nicht der Fall, weil es in den Gelben Seiten zwei Hinweise auf eine Zahnarztpraxis gebe. Zum einen stehe dort in Fettdruck "Zahnarztpraxis Dr. T und G". Zum anderen befinde sich unter den beanstandeten Begriffen der Zusatz "Zahnärzte". Damit werde der angesprochene Patient erkennbar auf die angebotene rein zahnärztliche Tätigkeit hingewiesen.

Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht eine Irreführung verneint.

Es geht in der Berufungsinstanz nur noch um die Irreführung durch die Bezeichnung "Ärztegemeinschaft". Den Beklagten soll dieser Ausdruck auch nicht schlechthin verboten werden, sondern nur so, wie er in den Gelben Seiten erscheint. Denn der Berufungsantrag wie auch schon der Klageantrag nimmt ausdrücklich auf die "Gelben Seiten" im Internet Bezug. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagten die Bezeichnung "Ärztegemeinschaft" in anderem Zusammenhang gebraucht haben. Insoweit würde es für ein Schlechthinverbot auch an der erforderlichen Wiederholungsgefahr fehlen.

Zu Recht hat das Landgericht aber hinsichtlich dieser Eintragung in den "Gelben Seiten" eine Irreführung verneint. Bestimmt wird dieser Eintrag durch die hervorgehobene Anfangszeile "Zahnarztpraxis Dr. T & G". Auch die angegriffene Unterzeile "Ärztegemeinschaft T" hat als Ergänzung in der Zeile darunter die Bezeichnung "Dr. med. dent.".

Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass sich ein Zahnarzt nicht schlechthin als Arzt bezeichnen darf. Isoliert gesehen mag dann aus dem Begriff "Ärztegemeinschaft" zu folgern sein, dass dort keine Zahnärzte oder zumindest nicht nur Zahnärzte tätig sind.

Eine solche isolierte Sichtweise ist hier aber nicht angezeigt. Es muss vielmehr der Gesamteindruck der Eintragung in den Gelben Seiten ins Auge gefasst werden, weil er auch so dem Patienten entgegentritt. Diese Gesamtschau der "Gelben Seite" macht hier deutlich, dass es sich nur um eine Zahnarztpraxis handelt. Denn in Großdruck und in Großbuchstaben ist in der Oberzeile unübersehbar von "ZAHNARZTPRAXIS" die Rede. Damit wird für den Patienten hinreichend deutlich, dass der Begriff "Ärztegemeinschaft", der dieser hervorgehobenen Bezeichnung folgt, nicht im technischen Sinne gemeint sein kann, sondern sich nur auf die vorhergehende Oberzeile als die maßgebliche Angabe bezieht. Es fehlt zudem jeder Hinweis auf weitere Praxismitglieder anderer Fachrichtungen. Es wird auch auf eine über eine bloße zahnärztliche Behandlung hinausgehende Ganzheitsmethode nicht hingewiesen. Der Verkehr ist es aber gewohnt, dass auf besondere Ausgestaltungen einer Praxis im Hinblick auf eine über das im Vordergrund stehende Fachgebiet hinausgehende Ausgestaltung besonders hingewiesen wird. Von daher hat der Verkehr hier keine Veranlassung, in der Ärztegemeinschaft T mehr zu sehen als eine normale Zahnarztpraxis, wie sie dem Patienten in der Oberzeile verheißen wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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