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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.05.2009
Aktenzeichen: 4 U 220/08
Rechtsgebiete: UrhG, BGB, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 16
UrhG § 51
UrhG § 72 Abs. 1
UrhG § 94
UrhG § 95
UrhG § 97 Abs. 1 Satz 1
UrhG § 97 Abs. 1 Satz 2
BGB § 242
ZPO § 712
ZPO § 543 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. November 2008 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,- EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger macht Urheberrechte an einem Video geltend, dass den tödlich endenden Fallschirmabsprung des Politikers K W. N am 5. Juni 2003 zum Gegenstand hat. Die Beklagte erwarb mit Vertrag vom 19. Mai 2007 vom Streitverkündeten einen Videofilm mit entsprechendem Inhalt auf einer CD-Rom. Sie erstellte daraus einzelne Bilder und veröffentlichte diese in der C1-Zeitung vom 29. Juni 2007 (Ausgabe 149/26) sowie in der C1-Zeitung vom 30. Juni 2007 (Ausgabe 150/26).

Der Kläger hat behauptet, die von der Beklagten veröffentlichten Filmaufnahmen stammten von ihm. Er habe sich am fraglichen Tage zusammen mit K W. N an Bord des Flugzeuges befunden und habe auch dessen Absprung dokumentiert. Es seien zwar noch weitere Fallschirmspringer mit an Bord gewesen; er sei aber der einzige gewesen, der über eine entsprechende Helmkamera verfügt habe. Der Kläger hat die Filmaufnahme (Hülle Bl.63) überreicht, die die entsprechenden Bilder enthielten. Der Kläger hat behauptet, er habe wegen seines freundschaftlichen Verhältnisses zu K W. N von einer Veröffentlichung des Filmmaterials abgesehen und auch niemandem Nutzungsrechte daran übertragen.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe durch die Veröffentlichung der Lichtbilder sein sich aus § 72 Abs. 1 UrhG i.V.m. § 16 UrhG ergebendes Vervielfältigungsrecht verletzt, so dass er von dieser nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG Schadensersatz verlangen könne. Er behalte sich insoweit vor, von der Beklagten die Herausgabe des Verletzergewinns zu verlangen. Um diesen beziffern zu können, bedürfe es bestimmter Auskünfte und der Rechnungslegung durch die Beklagte. Allein die begehrten Auskünfte, die auch die Einnahmen durch Werbeanzeigen an den fraglichen Tagen oder zu der fraglichen Zeit zum Gegenstand hätten, eröffneten ihm zudem, die volle Wahlmöglichkeit zwischen der konkreten Schadensberechnung, der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie und der Herausgabe des Verletzergewinns effektiv auszuüben. Der Beklagten seien die Auskünfte und Rechnungslegung auch ohne weiteres möglich, da sie über die entsprechenden Daten zur Berechnung der Anzeigenpreise verfüge. Er, der Kläger, könne auch Auskunftserteilung an sich verlangen, da er kein Wettbewerber der Beklagten sei und diese ihm gegenüber kein Geheimhaltungsinteresse geltend machen könne.

Der Kläger hat beantragt,

1. Auskunft zu erteilen über die Anzahl der am 29.06. 2007 (Ausgabe 149/26) sowie am 30.06.2007 (Ausgabe 150/26) verkauften Exemplare der C1-Zeitung sowie durch dezidierte Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen über den mit den jeweiligen Ausgaben in Deutschland erwirtschafteten Gewinn;

2. Auskunft zu erteilen über die Anzahl der in Deutschland an den einzelnen Wochentagen (Montag bis Freitag) des Juni 2007 verkauften Exemplare der C1-Zeitung;

3. Auskunft zu erteilen über die entsprechenden Vergleichszahlen aus dem Monat Juni der Jahre 2005 und 2006.

Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Sie hat ihrem Informanten Rainer M den Streit verkündet.

Die Beklagte hat die Urheberschaft des Klägers bestritten und behauptet, die Lichtbilder seien mit Einwilligung ihres Lichtbildners veröffentlicht worden. Durch die Vereinbarung mit dem Streitverkündeten seien ihr die umfassenden urheberrechtlichen Nutzungsrechte übertragen worden. Sie habe jedenfalls auf die vom Streitverkündeten gegebene schriftliche Zusicherung vertrauen dürfen, dass der Veröffentlichung von Lichtbildern keine Rechte Dritter entgegen stehen würden. Selbst wenn der Streitverkündete sie insoweit getäuscht haben sollte, treffe sie selbst kein Verschulden. Im Übrigen sei die Veröffentlichung der Lichtbilder als Zitate nach § 51 UrhG auch ohne Zustimmung des Urhebers zulässig gewesen.

Vorsorglich macht die Beklagte geltend, dass sich ein etwaiger Auskunftsanspruch im Falle einer schuldhaften Rechtsverletzung durch sie nicht auf die Anzeigenerlöse erstrecken könne, für die die Veröffentlichung der Lichtbilder nicht kausal gewesen sei. Denn die Anzeigen seien von ihren Auftraggebern für die jeweiligen Zeitungsausgaben geschaltet worden, ohne dass diese gewusst hätten, was in den betreffenden Ausgaben veröffentlicht werde. Die Anzeigenpreise seien auch nicht von der Zahl der verkauften Exemplare der Zeitung abhängig gemacht worden.

Die Beklagte meint ferner, im Falle der Verurteilung nach dem Klageantrag zu 1) sei die Aufnahme eines Wirtschaftsprüfer-Vorbehalts geboten. Die Anzeigenkunden und die Anzeigenpreise seien Geschäftsgeheimnisse. Ihr sei nicht zuzumuten, diese dem Kläger zu offenbaren, da nicht auszuschließen sei, dass er sein Wissen an Mitbewerber weitergebe.

Der Streitverkündete ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten, hat aber keinen Antrag gestellt. Er hat behauptet, er habe auf dem Trödelmarkt in C2 im Herbst 2005 einen gebrauchten Computer und Rechner von einem Händler erworben, der eine Vielzahl solcher gebrauchten Geräte angeboten habe. Erst im Jahre 2007 habe er den Rechner näher untersucht und dann auf der Festplatte die Filmsentenzen vorgefunden. Auf einer der CD, die er neben Kabeln und einem Lautsprecher miterworben habe, hätten sich die Filmaufnahmen ebenfalls befunden. Falls der Kläger tatsächlich der Urheber gewesen sei, sei davon auszugehen, dass er sich von seinen Produkten dauerhaft habe trennen wollen, so dass er, der Streitverkündete, gutgläubig Eigentum erworben habe.

Das Landgericht hat den vom Kläger vorgelegten Film in Augenschein genommen, den Kläger angehört sowie Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen T, Frau I, W und C. Nach Durchführung der Beweisaufnahme hat es die Klage zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger die begehrten Auskünfte aus § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG zur Bezifferung des Schadens auf der Basis der Herausgabe des Verletzergewinns sowie aus § 242 BGB zur Bezifferung eines Schadens nach der Lizenzanalogie geltend machen könne. Das Landgericht hat nähere Ausführungen dazu gemacht, dass und warum es aufgrund der Beweisaufnahme feststehe, dass der Kläger Urheber des Videofilms über den tödlich endenden Fallschirmabsprung des Politikers K W. N sei, aus dem die von der Beklagten veröffentlichten Lichtbilder stammten. Das Video entfalte nach §§ 94, 95 UrhG zu Gunsten des Urhebers zumindest Laufbildschutz. Die Beklagte habe ohne Einwilligung des Klägers aus dem Video Bildsequenzen in der C1-Zeitung veröffentlicht und damit in das Urheberrecht des Klägers eingegriffen. Die Beklagte habe insofern auch schuldhaft gehandelt, weil sie nicht mit der gehörigen Sorgfalt geprüft habe, ob der Streitverkündete im Besitz der Verwertungsrechte war, die er für sich in Anspruch nahm. Sie habe sich allein auf die entsprechende Zusicherung im Vertrag vom 19. Mai 2007 verlassen. Wieso in dem Streitverkündeten ein als zuverlässig bekannter Informant zu sehen sein sollte, habe die Beklagte nicht vorgetragen. Das Vorbringen des Streitverkündeten dazu, wie er in den Besitz der Lichtbilder gekommen sein will, spreche entschieden dagegen. Angesichts dieses Vorbringens fehle auch dem Vortrag der Beklagten, der Kläger habe den Streitverkündeten entsprechende Veröffentlichungsrechte eingeräumt, jede Substanz.

Das Landgericht hat ferner ausgeführt, der Auskunftsanspruch erstrecke sich auch auf die erzielten Anzeigenerlöse, weil die Herausgabe der C1-Zeitung auch über solche Werbeeinnahmen, die keine konstante Größe seien, finanziert werde. Eine zuverlässige Berechnung des Verletzergewinns sei nur durch eine dezidierte Gegenüberstellung der Gesamteinnahmen und Gesamtausgaben möglich, wobei die entsprechenden Vergleichszahlen aus dem Monat Juni aus 2007 und den Vorjahren mit herangezogen werden müssten. Der Kläger müsse sich schließlich auch nicht darauf verweisen lassen, dass die Auskunft an einen Wirtschaftsprüfer zu erfolgen habe. Der Kläger sei unstreitig kein Wettbewerber der Beklagten. Die darlegungspflichtige Beklagte habe auch nicht vorgetragen, wieso dennoch Konkurrentenbeziehungen durch die begehrte Auskunft gefährdet sein könnten. Sie habe lediglich in den Raum gestellt, der Kläger könne die sensibeln Daten an Dritte weiterleiten. Einen konkreten Anlass für einen solchen Verdacht habe sie aber nicht vorgetragen.

Die Beklagte greift das Urteil mit der Berufung an. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag zur Rechtsverteidigung, bestreitet aber nicht mehr, dass der Kläger die streitgegenständlichen Videoaufnahmen erstellt hat. Sie beruft sich insbesondere weiterhin darauf, dass sie mit dem Streitverkündeten am 19. Mai 2007 eine Vereinbarung geschlossen habe, in der dieser zugesichert habe, alle für die Veröffentlichung notwendigen Rechte an dem zur Verfügung gestellten Videoband zu besitzen. Sie meint, das Landgericht habe zu Unrecht ein Verschulden ihrerseits angenommen, weil sie sich auf diese eindeutige und schriftliche Zusicherung habe verlassen dürfen. Eine solche Sichtweise gebiete auch schon die Drittwirkung des Grundrechts der Pressefreiheit. Den Presseunternehmen dürften keine überspannten Sorgfaltspflichten auferlegt werden, um ihre tägliche Arbeit nicht unnötig zu erschweren.

Hilfsweise macht die Beklagte weiterhin geltend, dass der zuerkannte Auskunftsanspruch zu weit gehe. Der Kläger könne Auskunft nur hinsichtlich solcher Informationen verlangen, die zur Bezifferung seines Schadensersatzanspruchs erforderlich seien. Ein Gewinn sei bei Schutzrechtsverletzungen nur insoweit herauszugeben, als er gerade auf der betreffenden Verletzung beruhe. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze könne der Kläger von ihr nicht verlangen, dass sie Auskünfte über die von ihr mit der C1-Zeitung am 29. und 30. Juni 2007 erzielten Werbeeinnahmen erteile. Für solche Anzeigenerlöse sei die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Lichtbilder nicht kausal gewesen. Die Auftraggeber der Anzeigen hätten die Anzeigen geschaltet, ohne den redaktionellen Kontext zu kennen, mit dem zusammen ihre Anzeigen veröffentlicht werden sollten. Solche Anzeigenerlöse könnten deshalb auch mangels Kausalität nicht als Verletzergewinn herausgefordert werden. Der Senat möge die von ihm sinngemäß vertretene Ansicht, ein Verletzergewinn könne einer Schutzrechtsverletzung schon dann zugerechnet werden, wenn eine Zahlungsbereitschaft der Inserenten "für vergleichbare Inhalte" bestehe, noch einmal überdenken, weil damit eine dem Gedanken der klassischen Kausalitätslehre widersprechende Gewinnabschöpfung vorgenommen werde.

Das Landgericht habe schließlich auch zu Unrecht von der Aufnahme des beantragten Wirtschaftsprüfervorbehalts abgesehen. Es reiche insoweit nicht aus, dass der Kläger kein Wettbewerber der Beklagten sei. Die Aufnahme eines Wirtschaftsprüfervorbehalts sei stets nach Lage des Einzelfalls zu prüfen, so dass es ausreichen könne, wenn sie die Befürchtung geäußert habe, der Kläger könne die von ihr zu erteilenden Abrechnungen an einen Wettbewerber weiterleiten. Dem sei der Kläger nur unter Hinweis auf das fehlende Wettbewerbsverhältnis entgegen getreten, so dass ihre Befürchtung einer unberechtigten Weitergabe ihrer Daten weiterhin ausdrücklich im Raum stehe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen, hilfsweise ihr das Recht vorzubehalten, die Rechnungslegung durch Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben einem zur Verschwiegenheit verpflichteten, vereidigten Wirtschaftsprüfer gegenüber abzugeben, sofern dieser ermächtigt und verpflichtet ist, dem Kläger auf Antrag mitzuteilen, ob in der Rechnungslegung eine oder mehrere bestimmte Einnahmen enthalten sind;

hilfsweise ihr die Befugnis einzuräumen, gegen Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Klägers abzuwenden, und ihr nachzulassen, die zu erbringende Sicherheitsleistung auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank zu erbringen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, dass das Landgericht ihm rechtsfehlerfrei den begehrten Auskunftsanspruch zugesprochen habe. Das Landgericht habe insbesondere auch zurecht ein Verschulden der Beklagten angenommen. Die Beklagte könne sich auch als Presseunternehmen nicht auf einen abgemilderten Sorgfaltsmaßstab bei der erforderlichen Prüfung der Rechtekette berufen, weil es hier überhaupt nicht um die Tatsachenrecherche bei der Nachrichtenberichterstattung der Presse gegangen sei. Der Kläger beruft sich insoweit auf die diesbezüglichen Ausführungen im Senatsurteil in der Sache 4 U 25 / 08. Auch soweit sich die Beklagte immer noch darauf berufe, der Auskunftsanspruch gehe zu weit, könne ihr Vortrag nicht überzeugen. Die Schutzrechtsverletzung sei hier sehr wohl kausal auch für die von der Beklagten erzielten Anzeigengewinne. Das Landgericht habe lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass an die Kausalität zischen Urheberrechtsverletzung und Verletzergewinn keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürften. Das folge bereits aus dem Präventionscharakter der Abschöpfung des Verletzergewinns. Es gelte in besonderem Maße, wenn es darum gehe, indirekte Finanzierungsquellen wie die Erzielung von Werbeerlösen zu berücksichtigen, wenn sie auf die Werbewirkung der rechtswidrigen Nutzung zurückzuführen seien.

Schließlich sei auch kein Wirtschaftsprüfervorbehalt erforderlich. Im Hinblick auf die Entwicklung und Aufgabe eines solchen Vorbehalts sei stets ein Wettbewerbsverhältnis zwischen den betroffenen Parteien erforderlich, an dem es unstreitig fehle. Die unsubstantiierten und ins Blaue hinein gemachten Ausführungen

der Beklagten zur drohenden Weitergabe der Daten könnten nicht in vergleichbarer Weise die Aufnahme eines solchen Wirtschaftsprüfervorbehaltes rechtfertigen wie ein Wettbewerbsverhältnis.

II.

Die Berufung ist unbegründet, weil dem Kläger der begehrte Auskunftsanspruch im ausgeurteilten Umfang zusteht und die Auskunft auch im selber gegenüber zu erteilen ist.

1) Der Kläger ist zur Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen einer Urheberrechtsverletzung der Beklagten nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG berechtigt.

a) Nunmehr ist unstreitig, dass der Kläger Urheber der Videofilmaufnahmen ist, die die Beklagte in zwei Ausgaben der C1-Zeitung veröffentlich hat. Die Beklagte wendet sich gegen die entsprechende Feststellung des Landgerichts nach Durchführung einer Beweisaufnahme nicht mehr. Das verwendete Video ist nach §§ 94, 95 UrhG zugunsten des Klägers urheberrechtlich geschützt. Die Beklagte hat das geschützte Laufbild durch die Veröffentlichung der betreffenden Bildsequenzen in der C1-Zeitung öffentlich zugänglich gemacht und vervielfältigt, und zwar ohne die Einräumung eines entsprechendes Nutzungsrechts durch den Kläger.

b) Die Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt. Zwar hat ihr der Streitverkündete in der Vereinbarung vom 19. Mai 2007 schriftlich zugesichert, alle zur Veröffentlichung des Videos notwendigen Rechte zu besitzen. Die erforderliche Sorgfalt im Umgang mit geistigem Eigentum erforderte aber zusätzlich, dass die Beklagte die Rechtekette überprüfte. Sie musste insbesondere prüfen, ob der Streitverkündete, der sich selbst nicht als Urheber ausgab, tatsächlich im Besitz der erforderlichen Nutzungsrechte war. Das machen die insoweit strengen Anforderungen erforderlich, wie der Senat schon in den Urteilen vom 24. Juni 2008 (4 U 25 / 08 sowie 4 U 43 / 08) mit näheren Angaben ausgeführt hat. Dort ist auch schon darauf hingewiesen worden, dass die Beklagte als Presseorgan im vorliegenden Fall keinen abgemilderten Sorgfaltsmaßstab für sich in Anspruch nehmen kann, weil es nicht um die Tatsachenrecherche bei der aktuellen Nachrichtenberichterstattung gegangen ist. Es ging vielmehr um die Auswertung von Filmmaterial in Bezug auf ein lange zurückliegendes Ereignis von öffentlichem Interesse und damit um einen Eingriff in ein objektbezogen geschütztes Immaterialgüterrecht, der anders als eine Beeinträchtigung etwa des Persönlichkeitsrechts des von der Berichterstattung Betroffenen bereits die Rechtswidrigkeit indizierte.

c) Die Beklagte hat selbst nicht behauptet, die erforderliche Überprüfung der Rechtekette vorgenommen zu haben. Angesichts des Vortrages des Streitverkündeten, die Laufbilder auf einem auf dem Flohmarkt erworbenen Computer und auf einer miterworbenen CD zufällig vorgefunden zu haben, hätte diese Überprüfung auch schnell dazu geführt, die Richtigkeit der Zusicherung in Frage zu stellen. Wieso der Streitverkündete der Beklagten aus anderen Anlässen als zuverlässiger Informant bekannt gewesen sein sollte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Beklagte hat auch nie substantiiert vorgetragen, dass und wie der Kläger dem Streitverkündeten ein ausschließliches Nutzungsrecht an dem Video übertragen hat, sondern insoweit nur Vermutungen angestellt. Angesichts des Vorbringens des Streitverkündeten kann er dazu auch schlechterdings nicht substantiiert vortragen.

d) Durch die Urheberrechtsverletzung ist dem Kläger auch ein Schaden entstanden. Das Video als von der Beklagten genutztes Leistungsergebnis hat wegen seines Bezuges zur jüngeren Zeitgeschichte einen nicht unerheblichen Wert, wie schon die Tatsache der Veröffentlichung der Lichtbilder oder Sequenzen daraus durch drei Presseorgane deutlich macht. Es ist nicht zu erwarten, dass der ausschließlich Nutzungsberechtigte die Benutzung ohne entsprechende Gegenleistung gestattet haben würde. Da keine Vergütung an den Kläger gezahlt wurde, ist eine Vermögenseinbuße auf seiner Seite indiziert.

2) Dem Kläger steht zur Vorbereitung und Bezifferung seines Schadensersatzanspruches nach § 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F., der im Hinblick auf den Zeitpunkt der vorliegenden Verletzungshandlung noch gilt, ein Auskunftsanspruch zu, soweit es um die Ausübung des Wahlrechts und um die Herausgabe des Verletzergewinns geht, die der Kläger insoweit auch ins Auge gefasst hat. Da der Kläger aber von seinem Wahlrecht noch keinen Gebrauch gemacht hat, kann er ein entsprechendes Auskunftsverlangen auch auf § 242 BGB stützen, soweit es für die Berechnung einer entgangenen Lizenzgebühr und für einen entgangenen Gewinn erforderlich ist. In diesem Verhältnis steht dem Anspruch auch nicht entgegen, dass die Auskunft für die Beklagte nicht zumutbar sein könnte. Es ist davon auszugehen, dass sie die mitzuteilenden Zahlen entweder vorrätig hat oder jedenfalls leicht ermitteln kann.

a) Für die genaue Berechnung des entstandenen Schadens ist der Kläger darauf angewiesen, von der Beklagten Auskunft über die an den fraglichen beiden Tagen, nämlich am 29. und 30. Juni 2007 erzielte Auflage der C1-Zeitung in Form der verkauften Exemplare und über die mit dem Vertrieb der Zeitung an diesen Tagen erzielten Gewinne zu erlangen. Denn nur diese lassen einen Schluss auf den Wert der Nutzung zu, die jedenfalls teilweise mit zu der entsprechenden Gewinnerzielung beigetragen hat. Außerdem kann sich der Kläger im Hinblick auf die Zahl der verkauften Exemplare die erwünschten Vergleichszahlen aus den Jahren 2005 bis 2007 nennen lassen. Das dient insbesondere auch der Kontrolle, inwieweit die mitgeteilten Zahlen zu den verkauften Exemplaren im maßgeblichen Zeitpunkt plausibel sind.

b) Der Kläger kann im Rahmen der Auskunft über den mit den beiden Zeitungsausgaben erzielten Gewinn auch die Angabe der erzielten Werbeerlöse durch die in den Exemplaren veröffentlichten Werbeanzeigen verlangen. Insoweit steht nicht der Vortrag der Beklagten entgegen, dass die Werbenden die Anzeigenaufträge bereits zu einem Zeitpunkt vergeben hätten, als sie vom redaktionellen Inhalt der Zeitung noch nichts wussten. Die konkrete Gestaltung der C1-Zeitung an den fraglichen Tagen mag zwar nicht ursächlich für die erteilten Anzeigenaufträge sein. Die Herausgabe des Verletzergewinns im Falle von Urheberrechtsverletzungen kann auch in der Regel nur insoweit verlangt werden, als der Gewinn kausal auf der unbefugten Benutzung des geschützten Gutes beruht. Bei einer rein mittelbaren Medienfinanzierung wie im Fall von N24 und "Internetadresse" kann es aber nicht auf die Zahlungsbereitschaft der Werbeinteressierten für das tatsächlich benutzte Gut ankommen, sondern entscheidend ist die Zahlungsbereitschaft für vergleichbare Inhalte, die ein Medium für Internetnutzer interessant macht und deshalb als Werbeplattform geeignet erscheinen lässt. Für diese Deutung spricht insbesondere auch die durch die Methode der dreifachen Schadensberechnung beabsichtigte Erleichterung der Schadensberechnung gerade in Fällen von typischerweise vorhandenen Nachweisschwierigkeiten. Aus Präventionsgründen ist insoweit eine Abschöpfung des Verletzergewinns durchaus gewollt. Deshalb kann sich der Verletzer bei einer solchen mittelbaren Finanzierung von Nachrichten und anderen Inhalten nicht auf einen früheren Zeitpunkt der Werbebuchungen berufen, sondern muss sich auch im Hinblick auf die Gewinnherausgabe an der tatsächlichen Nutzung der Lichtbilder und dem damit am Tage der Präsentation insgesamt erzielten Gewinn festhalten lassen. Diese Grundsätze sind entsprechend auch im vorliegenden Fall anzuwenden, wo es um die Verwertung in einer gedruckten Zeitung geht, die nicht nur über Werbung finanziert wird. Denn die C1-Zeitung hat eine bestimmte Anzahl von Abonnenten und Käufern; sie finanziert sich nicht nur über Anzeigenwerbung, sondern in erheblichen Umfang auch über die Kosten des Abonnements oder des Einzelerwerbs. Soweit der Gewinn, der mit der Ausgabe einer einzelnen Zeitung erzielt wird, zumindest teilweise auch auf den Anzeigenerlösen beruht, kann nichts anderes gelten als im Fall der vollständigen mittelbaren Finanzierung wie bei der Präsentation von werbefinanzierten Online-Nachrichten. Der Kläger kann auch hier seinen Schadensersatz erst dann genau beziffern, wenn er den kommerziellen Wert der Nutzung des Videos im Rahmen der maßgeblichen Mitgestaltung der Zeitungen an den beiden fraglichen Tagen in Erfahrung bringt. Dieser Wert lässt sich auch im vorliegenden Fall nur anhand der an diesen Tagen verkauften Exemplare und der an diesen Tagen erzielten Werbeerlöse durch die Anzeigen bestimmen. Auch insoweit muss gelten, dass die Anzeigenkunden eine bestimmte Plattform für ihre Werbung suchen, die sich nicht am aktuellen Inhalt der entsprechenden Zeitung orientiert, sondern an der grundsätzlichen Aufmachung und auch insoweit an vergleichbaren Inhalten. Zur Ermittlung des Gewinns sind dabei sämtliche im Rahmen der Herstellung des unter Benutzung der Laufbilder verwerteten Presseerzeugnisses anfallenden Kosten nebst den Insgemeinkosten des Verletzers dem Erlös gegenüber zu stellen (vgl. Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Auflage, § 97 Rdn. 41), der schon deshalb nicht nur auf den reinen Verkaufserlös beschränkt werden darf, sondern auch die Anzeigenerlöse, die das Presseunternehmen erst in die Gewinnzone bringen, erfassen muss. Die Anzeigenerlöse sind gewissermaßen das Fundament, auf dem dann die Verkaufserlöse aufbauen und in die Gewinnzone gelangen können. Wenn man die Anzeigenerlöse herausnähme, gäbe es quasi nie einen Gewinn, der herausverlangt werden könnte. Für einen zu schätzenden Gewinnanteil kann insoweit nichts anderes gelten. Auch insoweit bedarf es der Angabe der Anzahl der verkauften Exemplare der Zeitung, die dann den Verkaufserlös ermitteln lassen. Zum Verkaufserlös tritt aber untrennbar für die Gewinnermittlung der Erlös aus der Anzeigenwerbung hinzu. Diese werden aufgrund der üblichen redaktionellen Inhalte der Zeitung und der dadurch bedingten Umsatzzahlen geschaltet. Spannende redaktionelle Inhalte fördern deshalb gleichzeitig den Verkauf der Zeitung und die Anzeigenwerbung. Die Benutzung besonders attraktiver Aufmacher wie der hiesigen Laufbilder können demnach die sofortige Wirkung haben, dass mehr Zeitungen verkauft werden, aber auch die langfristige Wirkung, dass die (sicherlich schon vorhandenen) Anzeigekunden erhalten bleiben oder sogar noch vermehrt werden.

c) Nichts anderes würde gelten, wenn sich der Kläger für die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie entscheiden würde. Auch insoweit käme es für die Berechnung einer angemessenen Lizenzgebühr auf den Wert des verletzten Rechts ebenso an wie auf den Umfang der Verletzungshandlung. Der Wert des Rechts bestimmt sich aber wiederum auch und gerade nach dem mit seiner Verwertung zu erzielenden Gewinn.

3) Die Auskunft ist auch im vorliegenden Fall an den Kläger selbst zu erteilen, wie der Senat es auch in den soweit parallel laufenden Fällen entschieden hat. Die Beklagte kann keine Einschränkung der Auskunftserteilung in Form eines sogenannten Wirtschaftsprüfervorbehaltes für sich geltend machen. Das von der Beklagten geschilderte Interesse genügt bei den insoweit bestehenden hohen Anforderungen nicht, wie der Senat im vergleichbaren Fall 4 U 25 / 08 entschieden hat. Es ist schon fraglich, ob Umsatzzahlen überhaupt solche Geschäftsgeheimnisse darstellen können, deren mögliche Preisgabe ausnahmsweise einen Wirtschaftsprüfervorbehalt rechtfertigen könnten. Hier sollen sie zudem auch nicht einem Konkurrenten preisgegeben werden. Zwischen den Parteien besteht gerade kein Wettbewerbsverhältnis. Weshalb der Kläger aber ungeachtet dessen sensible Daten aus der Auskunft Wettbewerbern zur Verfügung stellen sollte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat keine besondere Beziehungen zu einem solchen Wettbewerber. Die Beklagte hat auch keine nachvollziehbaren Gründe für einen solchen Verdacht nennen können, den der Kläger als "ins blaue hinein getätigt" bezeichnet hat. Er hat also diese Möglichkeit gerade nicht im Raum stehen lassen.

Dem Antrag aus § 712 ZPO war nicht zu entsprechen, weil ein nicht zu ersetzender Nachteil der Beklagten nicht dargelegt worden ist.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen wegen der grundsätzlichen Bedeutung nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO in gleicher Weise vor wie in den Sachen 4 U 25 / 08 und 4 U 43 / 08 des Senats.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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