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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 19.07.2001
Aktenzeichen: 4 Ws 137/01
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 473 Abs. 4
Zur Kosten- und Auslagenentscheidung bei nachträglicher Beschränkung des Rechtsmittels
Beschluß

Strafsache gegen J.B.,

wegen Trunkenheit im Verkehr,

(hier: Anfechtung der Kosten- und Auslagenentscheidung).

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten vom 25. Mai 2001 gegen die Kostenentscheidung des Urteils der 5. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Münster vom 22. Mai 2001 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 19. 07. 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und die Richterin am Landgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Verurteilten verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht Münster hatte den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt, die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf einer Sperrfrist von einem Jahr keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen und gegen ihn ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten festgesetzt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte zunächst unter dem 30. Januar 2001 ein umbenanntes "Rechtsmittel" eingelegt, es mit Schriftsatz vom 5. März 2001 unter Beifügung einer entsprechenden Vollmacht seines Verteidigers als Berufung bezeichnet und diese "auf das Strafmaß" beschränkt. Mit Schriftsatz vom 10. Mai 2001 hat der Verteidiger unter Versicherung seiner "ordnungsgemäßen Bevollmächtigung" die Berufung auf den "Rechtsfolgenausspruch" beschränkt und u.a. ausgeführt:

"... Die damit dokumentierte Unrechtseinsicht und die oben dargestellten präventiven Maßnahmen erscheinen ausreichend, letztmalig die Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen.

Eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe ist auch das Ziel der Berufung."

In der Berufungshauptverhandlung hat das Landgericht "festgestellt, dass die Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist."

Das Landgericht Münster hat die Berufung des Angeklagten mit der "Maßgabe verworfen", dass "die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet" und "die Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe und der Unterbringung zur Bewährung ausgesetzt" wird. Dazu hat das Landgericht folgende Kostenentscheidung getroffen:

"Die Gebühr für die Berufungsinstanz wird um 1/2 ermäßigt. In diesem Umfang hat die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Angeklagten in der Berufungsinstanz zu tragen."

Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich der Angeklagte gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des Landgerichts. Er ist der Auffassung, sein Rechtsmittel habe nach seiner Rechtsmittelbeschränkung vollen Erfolg gehabt. Deshalb müssten die Kosten des Berufungsverfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt werden.

Die zulässige sowie form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Abgesehen davon, dass bei der Kostenentscheidung schon dem Umstand Rechnung zu tragen wäre, dass der Angeklagte zunächst ein unbeschränktes Rechtsmittel eingelegt hat und in der nachträglichen Beschränkung eine Teilrücknahme mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO gesehen werden könnte (vgl. OLG Hamm, NStZ-RR 1998, 221; MDR 1982, 778), hat das Landgericht im übrigen die auf § 473 Abs. 4 StPO gestützte angefochtene Kostenentscheidung zu Recht getroffen, weil der Angeklagte die Berufung (später) wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt, das Ziel seiner Berufung jedoch nicht in vollem Umfang erreicht hat.

Bei einer Strafmaßberufung kommt es insoweit auf einen Vergleich zwischen der in der Vorinstanz erkannten Rechtsfolge und der in der Rechtsmittelinstanz erreichten Milderung an (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 473 Rdnr. 21 m.w.N.). Zwar hat der Angeklagte sein erklärtes Ziel der Strafaussetzung zur Bewährung erreicht. Demgegenüber hat das Landgericht aber die Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und die Vollstreckung der Maßregel zur Bewährung ausgesetzt. Die Anordnung der Maßregel, die ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot nach § 331 Abs. 2 StPO möglich war, kann aber entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft nicht rechtlich "neutral" bewertet werden. Sie enthält vielmehr eine maßgebliche Beschwer des Angeklagten, der im Falle eines Widerrufs der Bewährungsaussetzungen jetzt nicht nur die Verbüßung einer viermonatigen Freiheitsstrafe (wie in erster Instanz verhängt), sondern den Vollzug der Maßregel mit einer Höchstdauer von zwei Jahren (§§ 64, 67 d Abs. 1 StGB) zu gewärtigen hat. Das bedeutet, dass er im Falle eines Widerrufs Gefahr läuft, u.U. über zwei Jahre Freiheitsentzug zu erleiden (vgl. auch § 67 Abs. 4 StGB). Angesichts dieser im Ergebnis ausgesprochenen "Verschlimmerung" des Rechtsfolgenausspruchs ist die vom Landgericht getroffene auf § 473 Abs. 4 StPO beruhende Kosten- und Auslagenentscheidung rechtlich zutreffend ergangen und auch aus Billigkeitsgründen nicht zu beanstanden.

Die Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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