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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 07.04.2005
Aktenzeichen: 4 Ws 163/05
Rechtsgebiete: StPO


Vorschriften:

StPO § 230 Abs. 2
StPO § 233
StPO § 411 Abs. 2 S. 1
Grundsätzlich ist ein Antrag, vom Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden zu werden, allein kein hinreichender Entschuldigungsgrund für das Ausbleiben des Angeklagten. Eine Ausnahme ist jedoch dann anzuerkennen, wenn der rechtzeitig gestellte Entbindungsantrag nicht beschieden worden ist.
Beschluss

Strafsache

gegen C. L.

wegen Betruges.

Auf die weitere Beschwerde des Angeklagten vom 11. Januar 2005 gegen den Beschluss der 11 .Strafkammer des Landgerichts Münster vom 23. Dezember 2004 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 07. 04. 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Der Haftbefehl des Amtsgerichts Rheine vom 30. November 2004 - 6 Cs 26 Js 2034/03 (28/04) - wird aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Gründe:

Die Generalstaatsanwaltschaft hat zum Rechtsmittel des Angeklagten wie folgt Stellung genommen:

"I. Das Amtsgericht Rheine hat am 19.04.2004 Strafbefehl gegen den Angeklagten wegen Betruges in 13 Fällen erlassen (BI. 68 f. d.A.), gegen den der Angeklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt hat (BI. 74 d.A.). Daraufhin hat das Amtsgericht Rheine Hauptverhandlungstermin auf den 30.11.2004 anberaumt (BI. 75 R d.A.). Den Antrag des Verteidigers vom 18.11.2004, eingegangen bei dem Amtsgericht Rheine am 22.11.2004 (BI. 83 d.A.), den Angeklagten von seiner Pflicht zum persönlichen Erscheinen zu entbinden, hat das Amtsgericht nicht beschieden.

Im Hauptverhandlungstermin hat das Amtsgericht am 30.11.2004 Haftbefehl gem. § 230 Abs. 2 StPO gegen den ausgebliebenen Angeklagten erlassen (BI. 87, 90 f. d.A.). Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 30.11.2004 hat der Angeklagte gegen diesen Beschluss Haftbeschwerde eingelegt (BI. 88 f. d.A.).

Das Amtsgericht Rheine hat der Beschwerde nicht abgeholfen (BI. 92 d.A.).

Mit Beschluss vom 23.12.2004 (BI. 93 d.A.) hat das Landgericht Münster die Beschwerde des Angeklagten verworfen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die weitere Beschwerde des Angeklagten vom 11.01.2005 (BI. 110 ff. d.A.), mit der er die Aufhebung des Haftbefehls des Amtsgerichts Rheine vom 30.11.2004 erstrebt. Das Landgericht Münster hat der weiteren Beschwerde nicht abgeholfen (BI. 123 d.A.).

II. Die gem. § 310 Abs. 1 StPO statthafte weitere Beschwerde des Angeklagten ist zulässig und begründet.

Das Landgericht Münster hat die Haftbeschwerde des Angeklagten zu Unrecht verworfen, da das Ausbleiben des Angeklagten genügend entschuldigt war und die Voraussetzungen des § 230 Abs. 2 StPO zum Erlass eines Haftbefehls nicht vorlagen. Grundsätzlich ist ein Entbindungsantrag allein kein hinreichender Entschuldigungsgrund für das Ausbleiben des Angeklagten (zu vgl. BGH NJW 74, 868, 869), da er sich regelmässig nicht darauf verlassen kann, dass seinem Antrag stattgegeben werden wird. Eine Ausnahme ist jedoch dann anzuerkennen, wenn der rechtzeitig gestellte Entbindungsantrag nicht beschieden worden ist (zu vgl. Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 329 Rdnr. 25; LR-Gössel, StPO, 25. Aufl., § 329 Rdnr. 43 m.w.N.), wobei die für § 329 StPO aufgestellten Grundsätze auch im Strafbefehlsverfahren gelten, § 412 StPO.

Das ist hier der Fall. Nach Eingang des Antrages am 22.11.2004 verblieb dem Amtsgericht genügend Zeit, darüber zu befinden und den entsprechenden Beschluss - notfalls per Fax - zuzustellen. Aus der unterbliebenen Ablehnung durfte der Angeklagte schließen, dass seinem Antrag stattgegeben werden würde, zumal der Antrag auf Entbindung vom persönlichen Erscheinen begründet gewesen sein dürfte. Da im Strafbefehlsverfahren entschieden worden war, dürfte dem Gericht die Sach- und Rechtslage auch ohne Hauptverhandlung hinreichend aufgeklärt erschienen sein. Eine Änderung der Sachlage, die nunmehr das persönliche Erscheinen des Angeklagten erforderlich gemacht hätte, ist nicht ersichtlich."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt der Senat sich an.

Die Kostenentscheidung trägt dem Erfolg des Rechtsmittels Rechnung.

Ende der Entscheidung

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