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Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 04.11.2008
Aktenzeichen: 4 Ws 316/08
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 154 Abs. 2
StGB § 176
StGB § 176 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers verworfen.

Gründe:

I.

Der Untergebrachte wendet sich mit seiner zulässigen sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß der Strafvollstreckungskammer Münster, durch den nach Anhörung der Staatsanwaltschaft Wuppertal, des Leiters der LWL-Maßregelvollzugsanstalt S2 und nach mündlicher Anhörung des Verurteilten die Fortdauer der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet worden ist.

II.

Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht die Fortdauer der Unterbringung angeordnet. Es ist weder zu erwarten, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird (§ 67 d Abs. 2 StGB), noch stellt sich der weitere Vollzug der Maßregel noch nicht als unverhältnismäßig dar (§ 67 d Abs. 6 StGB).

Es besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, daß der Untergebrachte im Fall seiner Unterlassung infolge Vorliegens einer schweren Persönlichkeitsstörung in Verbindung mit der ebenfalls bestehenden heterosexuellen Pädophilie und eines Exhibitionismusses kurzfristig erneut Kinder durch Vornahme erheblicher sexueller Handlungen in schwerwiegender Weise sexuell mißbrauchen wird.

1. Der Verurteilte ist bereits seit 1975 immer wieder einschlägig strafrechtlich in Erscheinung getreten.

a) Am 03.03.1975 verurteilte ihn das Landgericht Wuppertal (3 KLs 1/75) wegen sexueller Handlungen vor Kindern in zwei Fällen zu neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach Ablauf der dreijährigen Bewährungszeit wurde die Strafe erlassen. Im ersten der beiden verurteilten Fälle onanierte er vor zwei ihm neugierig zusehenden etwa siebenjährigen Schülerinnen; einen Monat später begab er sich an den gleichen Tatort und zeigte sich insgesamt vier etwa zehnjährigen Schülerinnen mit entblößtem Glied, an dem er onanierte.

b) 1975, 1976 und 1979 wurde er dreimal wegen Diebstahls bzw. versuchten Diebstahls mit Geldstrafen belegt.

c) Wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei Fällen verurteilte ihn das Landgericht Wuppertal am 29.01.1980 (22 KLs 3 Js 935/79 - 88/79 11 -) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr, deren Vollstreckung mit vierjähriger Frist zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährung mußte später widerrufen werden. Er verbüßte die Strafe bis zum 19.06.1989 nach zwischenzeitlicher Bestrafung und deren Verbüßung. Schuldvorwurf dieser beiden Fälle war, daß er sich an den Rand eines Spielplatzes begab und sich jeweils zwei neun- bis zehnjährigen Mädchen mit seinem entblößten Geschlechtsteil, welches er in der Hand hielt, zeigte, um sich sexuell zu erregen.

Während des Laufes dieser Bewährungszeit kam es zu den nachfolgend geschilderten beiden weiteren Taten:

d) Im Juli 1981 näherte er sich zweimal im Abstand von ca. zwei Wochen zwei in der Nähe seines Grundstücks spielenden Nachbarmädchen im Alter von 10 bzw. 14 Jahren mit entblößtem Penis, an dem er mit den Händen manipulierte. Als die Mädchen sich abwandten, ging er ihnen nach und sprach sie im zweiten Fall sogar an. Er wurde deshalb vom Landgericht Wuppertal am 19.04.1982 (22 KLs 3 Js 901/81 - 61/82 11 -) wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in zwei Fällen, in einem Fall mit exhibitionistischer Handlung, zu einem Jahr und neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Die Strafe verbüßte er bis zum 07.11.1988.

e) Im Juli 1984 näherte er sich in drei Fällen Mädchen im Alter von ca. 10 Jahren in sexuell mißbräuchlicher Art. Im ersten Fall näherte er sich zwei Freundinnen mit entblößtem Penis, verfolgte sie bis auf das Gartengrundstück ihrer Eltern, verdeckte hier seine sexuelle Absicht damit, daß er sich den Anschein des Urinierens bzw. Verrichtens der Notdurft gab, und verwickelte die Mädchen sogar in ein Gespräch. Im zweiten Fall sprach er in einem Schwimmbad zwei Mädchen an, bot sich ihnen an, sie einzucremen und nutzte diese mehrfach gebotene Gelegenheit dazu, eines der Mädchen zunächst an den Brustwarzen, später am ganzen Körper und auch im Schambereich unter der Badebekleidung anzufassen. Es gelang ihm, zu diesem - durch Pornofilme offenbar schon neugierig gewordenen - Mädchen einen engeren Kontakt herzustellen, der ihm ein weiteres Treffen mit ihr gestattete, bei dem er mehrfach vor ihr onanierte, ihr beim Urinieren zuschaute, ihr in die Trainingshose griff, ohne allerdings an ihre Scheide zu gelangen, und sie nach deren Bemerkung, es brenne beim Urinieren in ihrer Scheide, veranlassen konnte, sich mit nacktem Unterkörper breitbeinig vor ihm zu bücken, so daß er ihre Gesäßbacken auseinanderziehen und im Schambereich nachschauen konnte.

Wegen dieser Handlungen verurteilte ihn die Jugendkammer des Landgerichts Wuppertal am 25.09.1985 (24 KLs 3 Js 1129/84 - 106/85 IV -) wegen sexuellen Mißbrauchs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, die er bis zum 9. September 1988 verbüßte.

Auch in der Folgezeit kam es in zunehmender Häufigkeit und zunehmender Intensität trotz zwischenzeitlicher Bestrafungen zu weiteren ähnlichen Taten.

f) Am 11.09.1986 erhielt er vom Jugendschöffengericht Wuppertal (23 Ls 3 Js 610/86) wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern (er hatte sich wiederum zwei neun- bzw. dreizehnjährige Schülerinnen mit nacktem Penis, den er in der Hand hielt, gezeigt und sie bis nach Hause verfolgt) zehn Monate Freiheitsstrafe. Die Strafe verbüßte er bis zum 17.02.1989.

g) Wegen eines sexuellen Mißbrauchs vom 13.08.1989, also sechs Monate nach Strafende aus der Vortat, wurde er vom Amtsgericht Langenfeld am 3. Mai 1990 zu neun Monaten Freiheitsstrafe bestraft (23 Ls 714 Js 1136/89). Diese Strafe wurde in die nachfolgende Verurteilung einbezogen.

h) Am 12. April 1990 hatte er sich nämlich in einem Hallenbad an zwei etwa zehnjährige Mädchen herangemacht, mit ihnen im Wasser getollt und diese Gelegenheit genutzt, ihnen einerseits sein aus der Hose heraushängendes Geschlechtsteil zu zeigen und ihnen andererseits mehrfach unter den Badeanzug an die Scheide zu fassen. Dieses führte zur Verurteilung wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei Fällen in Tateinheit mit exhibitionistischen Handlungen durch das Jugendschöffengericht Wuppertal (83 Ls 3 Js 592/90) am 14.08.1990 zu einem Jahr und neun Monaten Gesamtfreiheitsstrafe. Das Jugendschöffengericht stellte in diesem Urteil nach Anhörung eines Sachverständigen fest, daß der Angeklagte durchaus in der Lage sei, seine abnormen Triebbedürfnisse unter Kontrolle zu halten.

i) In gleicher Weise hatte er sich im November 1991 wieder Kindern im Alter von 10 bis 12 Jahren in einem Schwimmbad genähert. Erneut spielte er mit zwei Mädchen im Wasser und nutzte die Gelegenheit, ihnen über und unter dem Badeanzug in den Vaginalbereich zu fassen. Diese Kinder entzogen sich ihm, erstatteten über ihre Eltern Anzeige, was eine Woche später zur vorläufigen Festnahme des Angeklagten führte. Der Haftrichter verschonte ihn jedoch mit der Auflage, keine Schwimmbäder mehr aufzusuchen. Knapp einen Monat später war er wieder in einem Hallenbad, berührte zwei Mädchen im Alter von ca. 12 Jahren im Wasser bewußt am Gesäß, sprach sie, als sie sich zum Beckenrand hin absetzten, an, daß man in Holland schon mit 12-jährigen Mädchen Geschlechtsverkehr haben dürfe, nahm schließlich ein gleichaltriges Mädchen in den Arm und befühlte ihre Brüste und benutzte das weitere Spiel der drei Mädchen im Wasser dazu, sie an Brüsten und zwischen den Beinen zu betasten. Später lud er sie zu einer Cola ein, was die Kinder jedoch ablehnten.

Das Schöffengericht Wuppertal verurteilte ihn deshalb am 30.04.1992 (82 Ls 3 Js 1704/91) wegen sexuellen Mißbrauchs von Kindern in zwei Fällen zu einem Jahr und zehn Monaten Gesamtfreiheitsstrafe. Davon verbüßte der Angeklagte einen Teil und wurde am 31. Juli 1992 bedingt entlassen.

j) Schon am 30.11.1993 suchte der Angeklagte wiederum ein Hallenbad in T auf und faßte zwei dort badenden acht bzw. sieben Jahre alten Mädchen unter dem Badeanzug an die entblößte Scheide. Das insoweit vor dem Amtsgericht Schwelm anhängig gemachte Verfahren wurde mit Rücksicht auf die vorliegenden Sachen gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Der Angeklagte hat diese beiden Taten in der Hauptverhandlung, die der Unterbringung zugrunde liegt, eingestanden.

2. Die Taten, die der Unterbringungsanordnung zugrunde liegen, beging er sodann am 1. Januar 1994 und ab Mai 1994. Der mindestens durchschnittlich intelligente Angeklagte hat schon in den früheren Verfahren eingesehen, daß er ohne äußere Hilfe seinen Trieb nicht mehr beherrschen konnte. Deshalb nahm er ärztliche und psychologische Hilfe in Anspruch. Ab März 1993 nahm er als Vorbereitung auf die damals anstehende bedingte Strafentlassung regelmäßig an einer ambulanten Therapie bei einem Psychologen teil. Seine regelmäßige Teilnahme an etwa 34 Sitzungen bis zum 29.06.1994 und das subjektive Gefühl, daß es zu einer Abnahme seines sexuell devianten Verhaltens gekommen sei, gaben dem Angeklagten den Eindruck, auf dem Weg der Besserung zu sein, wobei er übersah, und dem Therapeuten auch verschwieg, daß er zwischenzeitlich erneut und in erschwerter Form rückfällig geworden war. Als der Psychologe von diesen Rückfällen erfuhr, lehnte er, unabhängig davon, daß der Angeklagte ohnehin seit Ende Juni 1994 nicht mehr erschienen war, jede weitere Therapie ab.

Äußerlich unbeeindruckt von den vielfältigen Bestrafungen, die zu offenen Bewährungen und Strafverbüßungen geführt hatten, suchte der Angeklagte bewußt neue Gelegenheiten, um seinen exhibitionistisch-pädophilen Neigungen neue Nahrung zu geben. Im einzelnen kam es zu folgenden Straftaten:

a) Am 1. Januar 1994 suchte der Angeklagte in der Erwartung, dort spielende Kinder anzutreffen, den Spielplatz an der T-Straße in X auf. Tatsächlich spielten dort die damals sieben Jahre alte N H und ihre acht Jahre alte Freundin B S. Der Angeklagte ging auf beide Mädchen zu, verwickelte sie in ein Gespräch, um ihr Vertrauen zu gewinnen und um seine Chancen abzuchecken, mit ihnen in sexuellen Kontakt zu kommen. Denn er wußte aus langjähriger Erfahrung, daß manche Mädchen entweder aus Unwissenheit oder aus Neugierde oder gar eigenem sexuellen Interesse seinen Annäherungsversuchen keineswegs auswichen. Auch hatte er aufgrund langjähriger sportlicher Tätigkeiten, unter anderem als Jugendbetreuer, die Fähigkeit entwickelt, auf Kinder so einzugehen, daß sie ihn eher als Spielgefährten denn als Erwachsenen akzeptierten. So ließen sich auch N und B auf Gespräche und auch auf ein Fangspiel ein, das ihm Gelegenheit bot, seiner sexuellen Absicht entsprechend, die Kinder am Gesäß anzufassen, was er mehrfach mit festem Griff bei N machte. Als er dann urinieren mußte, stellte er sich bewußt so an ein Randgebüsch, daß die Kinder sein aus der Hose geholtes Glied sehen konnten. Mindestens N beobachtete ihn, als er urinierte und anschließend masturbierende Bewegungen an seinem Penis machte. Vorher hatte er sich unter anderem mit ihnen darüber unterhalten, ob sie schon einmal einen Mann beim "Pinkeln" gesehen hätten. Erst als der Lebensgefährte der Mutter von N H hinzutrat, um nach den Kindern zu sehen, trennten sich die Kinder von ihm. Sie erzählten später ihren Eltern ihre Erlebnisse, so daß Anzeige erfolgte.

b) Im Oktober 1991 hatte der Angeklagte zufällig die am 27.08.1982 geborene U E auf einem Spielplatz kennengelernt. Im April 1994 saß er nach einer Fahrradtour an einem Spielplatz, als er von U E, die in Begleitung von zwei weiteren Kindern war, auf sein Fahrrad hin angesprochen wurde. Er unterhielt sich mit den Kindern, die er aufgrund seiner Erfahrung altersgemäß richtig einschätzte. Etwa zwei Wochen später befand er sich mit Rollschuhen auf eben diesem Spielplatz, als U auf ihn zukam, ihn wegen der Rollschuhe ansprach und ihm aufgrund des voraufgegangenen Treffens eine gewisse Zutraulichkeit entgegenbrachte.

U E lebte zu dieser Zeit in einfachen familiären Verhältnissen und fühlte sich zu Hause emotional zurückgesetzt und vernachläßigt; sie beklagte die Strenge des Vaters mit dessen häufigen Züchtigungen. Sie hatte den Eindruck, immer nur Pech im Leben zu haben, von anderen nicht verstanden und akzeptiert zu werden, und hatte bereits mehrmals überlegt, von zu Hause wegzulaufen.

Körperlich erreichte sie gerade ein altersgemäßes Entwicklungsbild; seelisch-intellektuell trat eine deutliche Diskrepanz zwischen kindlich-verspielter, unreifer allgemeiner Wesensart, die dem Entwicklungsstand eines Grundschulkindes entsprach, und einer sexuellen Aufgeschlossenheit, die sowohl im Kenntnisstand (Geschlechtsverkehr als Ursprung der Kinderzeugung, Anwendung von Verhütungsmitteln, Bedeutung des Samenergusses) als auch in ihren Wunschvorstellungen weit über ihr Alter hinausging.

Dem Angeklagten gefiel U Zutraulichkeit und Anhänglichkeit, ohne daß er allerdings von vorneherein sexuelle Absichten bei ihr verfolgte. Diese brachen bei ihm erst bei einem weiteren zufälligen Treffen am 7. Mai 1994 durch. An jenem Tag gingen beide sofort aufeinander zu, unterhielten sich, tauschten die Namen aus, gingen gemeinsam einkaufen, besuchten zusammen eine Kirmes, gestanden sich gegenseitig dabei ein, daß sie sich mochten und gaben sich Wangenküsse. Der Angeklagte brachte es sogar soweit, daß sie sich gegenseitig beim Urinieren zuschauten. So verbrachten sie den gesamten Mittag und Nachmittag zusammen, bis er U mit der Verabredung, daß sie ihn am nächsten Tag anrufen solle, nach Hause brachte.

aa) Am nächsten Tag, Sonntag dem 8. Mai 1994, kam es zum ersten verfahrensgegenständlichen sexuellen Übergriff des Angeklagten auf U E. Der Angeklagte traf sich verabredungsgemäß mit ihr. Er hatte inzwischen durchaus gemerkt, daß er ein Mädchen getroffen hatte, das sowohl altersmäßig als auch in seiner sexuellen Verführbarkeit seinen Wünschen entsprach, so daß er mit Ungeduld auf das Treffen mit ihr wartete.

Gemeinsam fuhren sie auf seinem Fahrrad zwei Spielplätze an, wo sie herumtollten. Auf einem Spielplatz regte er an, gemeinsam zu urinieren, worauf sie sofort einging. Sie beobachteten sich dann gegenseitig und er fragte sie anschließend, ob er ihre Scheide "einmal richtig" sehen dürfe. Sie willigte ein, wollte jedoch einen ruhigeren Ort aufsuchen. Gemeinsam gingen sie zum sogenannten Teufelsberg, den beide kannten. Während sie dort vor ihm urinierte und anschließend so sitzen blieb, daß er ihre Scheide sehen konnte, holte er seinen erigierten Penis aus der Hose und onanierte vor ihr bis zum Samenerguß. Zwischendurch streichelte er an ihrer nackten Scheide, "damit es schneller geht". Später kaufte er Mineralwasser; beide tranken und urinierten noch mehrmals voreinander. Als sie später eine Notdurft verrichten mußte, "half er ihr beim Abputzen". Später brachte er sie mit der Verabredung eines weiteren Treffens in einem Schwimmbad nach Hause. Diesem erneuten Treffen fieberte der Angeklagte in dem Bewußtsein entgegen, in U ein Mädchen gefunden zu haben, das auf seine sexuellen Wünsche einging, ohne daß er es über mehr zufällige, und von Kindern nicht sofort als sexuell empfundene Vorgänge (wie zum Beispiel das Urinieren) dazu verführen mußte. U, die in dem Angeklagten weniger einen erwachsenen Menschen als einen Freund sah, der auf sie einging, der ihr das Gefühl des Verstehens und des Beachtens gab, war bereit, seinen Wünschen nachzukommen, um ihn als Kameraden nicht zu verlieren. Diese Bereitschaft förderte der Angeklagte zusätzlich durch kleine Geschenke. Wenn sie unterwegs waren, bekam U alles, was sie wollte. Zu Hause "verwöhnte" er sie, indem er ihr immer das kochte, was sie essen wollte. So wurde er immer zudringlich-fordender, ohne daß sie ihm Widerstand leistete. Jeweils aber ging die Initiative von ihm aus.

bb) Als sie am 12. Mai 1994 im Freibad O geschwommen hatten und anschließend an einer versteckten Stelle auf ihren Badetüchern lagen, fragte er, ob er sie wieder an der Scheide streicheln und sich dabei selbst befriedigen dürfe. Während dies geschah, fragte er weiter, ob sie einmal sein Glied anfassen wollte, worauf sie sofort einging und einige Bewegungen mit seinem Penis machte; anschließend masturbierte er bis zum Samenerguß. Danach spielten beide Tischtennis und schwammen miteinander.

cc) Im späteren Verlauf des gleichen Nachmittages lagen sie - er nackt und sie nur mit einem T-Shirt bekleidet - nebeneinander auf der Liegewiese. Als sie sich auf seinen Körper setzte, führte er sein Glied an ihre entblößte Scheide, vermied jedoch ein Eindringen. Er führte sein Glied mehrfach an ihrer Scheide entlang. Als er gegen Abend mit ihr nach Hause fuhr, machte er ihr klar, daß das, was sie gemacht hätten, verboten sei, worauf sie antwortete, sie werde schon nichts verraten. Das und die Empfänglichkeit u beflügelten ihn, seine sexuellen Attacken zu steigern. Ihm fiel aber gleichzeitig auf, daß sie empfindsam reagierte, wenn er ihr seine Kameradschaft entzog. Ihm wurde deutlich, daß sie genau gemerkt hatte, daß sie sich seine Kameradschaft und eine Geborgenheit bei ihm durch sexuelle Spielereien erkaufen konnte. In den folgenden Tagen holte der Angeklagte U von der Schule ab und nahm sie während des Nachmittags mit in seine Wohnung.

dd) Am 18. Mai 1994 nahm er sie nachmittags nach der Schule wieder mit in seine Wohnung. Beide zogen sich bis auf die Unterhosen aus und legten sich auf sein Bett. Er fragte sie, ob er ihre Scheide streicheln dürfte, streifte, als sie bejahte, ihre Hose herunter und berührte sie dann mit den Fingern insbesondere an der Klitoris. Nach einigen Berührungen fragte er sie, ob er sie auch einmal mit seinem "Pimmel" streicheln dürfte. Als sie ebenfalls bejahte, führte er mehrmals seinen Penis über ihre Klitoris und masturbierte anschließend, allerdings ohne Samenerguß.

ee) Am 21. Mai 1994 hatte er sie wieder in seine Wohnung geholt. Während er - wie häufig - für sie ein Mittagessen bereitete, setzte sie sich an den Schreibtisch und schrieb auf einen dort liegenden Zettel: "Du darfst meine Muschi streicheln, solange bis der Samen kommt, aber küssen darfst du sie nicht". Sie hatte sich inzwischen so sehr an die sexuelle Vertrautheit mit dem Angeklagten gewöhnt, daß sie sich von sich aus nackt auf sein Bett legte. Da er infolge eines erlittenen Fahrradunfalles an dem rechten Arm Gips trug, wogegen sie empfindlich reagierte, führte er wieder seinen Penis über ihre Scheide hinweg, wobei sie ihm insoweit entgegenkam, als sie sich hinkniete und ihn aufforderte, von hinten an ihre Scheide zu gelangen. Er ließ es dabei nicht zum Samenerguß kommen. Beide hatten sich inzwischen ineinander verliebt, daß sie keine Scheu trugen, sich gemeinsam in der Öffentlichkeit zu zeigen, wobei sie ihn allerdings als ihren Onkel ausgab oder - bei anderer Gelegenheit - zum Schein mit "Papa" anredete. Er scheute sich auch nicht, sie zu Hause abzuholen oder gar mit in ihr Zimmer zu gehen, wenn die Mutter nicht anwesend war.

ff) Am 6. Juni 1994 hielten sich beide wiederum in seiner Wohnung auf. Sie legte sich nackt auf sein Bett, während er Essen zubereitete. Als er sich später neben sie legte, gab sie ihm einen Zungenkuß. Als er sie dann an der entblößten Scheide streicheln wollte, bat sie mit Blick auf seinen Gipsarm, er solle das mit seinem "Pimmel" machen. Gleichzeitig kniete sie sich wieder so hin, daß er von hinten mit seinem Glied über ihre Scheide streicheln konnte.

Bisher hatte er - bis auf Fälle des Onanierens vor ihr - es vermieden, es im Bereich ihrer Scheide zur Ejakulation kommen zu lassen. Andererseits hatte er durchaus gespürt, daß sie im Scheidenbereich feucht wurde. In der Folgezeit ließ er seine Hemmungen weiter fallen. Es kam zu zwei Übergriffen, die nicht Gegenstand der Anklage waren.

Am 25.06.1994 legten sich beide wieder in seiner Wohnung nackt auf sein Bett; er berührte mit seinem Penis ihre Scheide, bis sie einen Orgasmus bekam und es auch bei ihm zum Samenerguß kam. Das ungewöhnliche Gefühl des Orgasmus machte U verlegen. Später gestand sie ihm auf seine Frage, daß es "geil" gewesen sei.

Einige Tage später verband er mit der Frage, ob er sie im Scheidenbereich küssen dürfte, die Aufforderung an sie, seinen Penis in den Mund zu nehmen. Sie schreckte zunächst davor zurück, kam dann aber seiner Aufforderung doch - allerdings sehr zaghaft - nach.

gg) In der Folgezeit trafen sich die beiden aus verschiedenen Gründen seltener und auch nur jeweils für kurze Zeit. Am 11.07.1994 hielten sich beide zunächst wieder in seiner Wohnung auf. Er versuchte sogleich, wieder eine erotische Atmosphäre zu schaffen, indem er unter Anspielung auf ihre früheren Schilderungen des sexuellen Mißbrauchs durch ihren Vater fragte, wessen "Pimmel" größer sei, der seine oder der ihres Vaters. Sie wollte jedoch auf dieses Thema des sexuellen Mißbrauchs durch den Vater nicht mehr eingehen und war verstimmt. Später gingen sie gemeinsam in die Stadt. In einer Drogerie ging U - mit der der Angeklagte schon einmal über Verhütungsmittel gesprochen hatte - gezielt auf Kondome zu und forderte den Angeklagten zum Kauf auf. Übermütig fragte sie an der Kasse, was man damit mache, ob man sie aufblasen könne. Draußen drängte sie darauf, ein Kondom auszuprobieren. Sie begaben sich in ein Gebüsch, in dem er sich ein Kondom über den Penis streifte; dann zog sie ihre Hose herunter und forderte ihn auf, "es mal zu versuchen". Er berührte zwar mit seinem Glied ihre Scheide, hielt dann aber inne, weil es ihm in der Öffentlichkeit doch zu gefährlich erschien. Er vertröstete sie auf den nächsten Tag und brachte sie nach Hause.

hh) Am folgenden Tag trafen der Angeklagte und U sich in der Wohnung des Angeklagten. Nach gemeinsamen Essen legten sie sich unbekleidet auf sein Bett. Sie streifte ein Kondom über seinen Penis und berührte damit ihre Scheide. Sie bemerkte, daß das doch zu trocken sei. Er entfernte das Kondom und berührte mit seinem nackten Glied solange ihre Scheide, bis beide zu einem Orgasmus kamen.

ii) Montag, den 18.07.1994, verbrachten der Angeklagte und U zunächst mit einem gemeinsamen Besuch im Zoo. Dann begaben sie sich in die Wohnung des Angeklagten, wo sich U unbekleidet mit gespreizten Beinen auf das Bett legte und masturbierte. Sie bat den Angeklagten, sich auch selbst zu befriedigen, was er tat. Als er ihr bei diesem Tun zusah, schämte sie sich ihrer Handlungsweise und bat ihn wegzusehen. Ihn faszinierte das Bild aber so sehr, daß er nicht wegschauen mochte. Daraufhin stellte sie ihre Selbstbefriedigung ein. Er war enttäuscht und kam nicht zum Samenerguß.

Nach dem Einweisungsgutachten, der gutachterlichen Stellungnahmen der behandelnden Kliniken F und S2 sowie der Maßregelvollzugsgutachten der Sachverständigen Prof. Dr. L vom 30. Dezember 1998, Prof. Dr. M vom 7. Januar 2002, Prof. Dr. W vom 4. August 2004 und Dr. S vom 10. Juni 2007 steht außer Frage, daß der Untergebrachte unter einer schwerwiegenden Persönlichkeitsstörung leidet, die nach dem Behandlungsverlauf und ihren sich leicht verändernden Ausprägungen wohl am ehesten als kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD 10: F60) einzuordnen ist. Weiter bestehen eine heterosexuelle Pädophilie (ICD 10: F65.4) und Exhibitionismus (ICD 10: F65.2).

Seine zahlreichen und gewichtigen Vorstrafen wie auch der bisherige Behandlungsverlauf zeigen eindrucksvoll, daß seine Gefährlichkeit, die im Gewicht seiner Straftaten zum Ausdruck kommt, im Laufe der Zeit kontinuierlich zugenommen hat. Weder Bewährungsstrafen, noch Haftverbüßungen und oder solche mit nachfolgenden Bewährungszeiten haben ihn davon abhalten können, immer wieder nach kurzer Zeit einschlägig straffällig zu werden. Obwohl die Unterbringung seit dem 12. März 1996 vollzogen wird und damit zweifelsfrei schon lang andauert, hat sich an dieser Einschätzung einer hohen und schnellen Rückfallgefahr für einschlägige Straftaten nichts geändert. Insoweit stimmt der Senat den Gutachten der Sachverständigen und den Stellungnahmen der behandelnden Kliniken zu, die zu demselben Ergebnis gekommen sind. Pädophilie selbst ist, worauf der Sachverständige Dr. S zu Recht hingewiesen hat, nicht heilbar. Der Untergebrachte kann allenfalls den Umgang mit dieser Neigung erlernen, wodurch die Rückfallgefahr herabgesetzt werden kann. Dieses Ziel konnte aber bisher nicht erreicht werden. Insoweit erweist sich als problematisch die fehlende Störungseinsicht des Untergebrachten, der Umstand, daß bisher eine adäquate Behandlung der Persönlichkeitsstörung nicht möglich war, seine kognitiven Verzerrungen in der Darstellung seiner Straftaten, die Unterschätzung einer Rückfallgefahr durch den Untergebrachten selbst und seine schwerwiegende Persönlichkeitsstörung mit erhöhter Kränkbarkeit, Mangel an Empathie und eingeschränkter Frustrationstoleranz. Tragfähige Beziehungen zu Personen außerhalb der Klinik, insbesondere zu Frauen, sind nicht erkennbar. Seit Jahrzehnten ist er nicht in der Lage, Beziehungen zu Frauen aufzubauen und zu erhalten, so daß er immer wieder zur Befriedigung seines Sexualtriebes auf Kinder ausgewichen ist. Diese waren, wie sein gezieltes subtiles Vorgehen zeigt, auch aufgrund seiner Auswahl letztlich "leichte Beute", die seinen sexuellen Wünschen keinen entscheidenden Widerstand entgegenzusetzen vermochten. Auch wenn der Untergebrachte in keinem Fall Gewalt angewandt hat und eine solche Gewaltanwendung von ihm auch nicht zu erwarten ist, handelt es sich doch bei seinen Taten um schwerwiegende Eingriffe gegen die ungestörte Sexualentwicklung der Kinder, der nach Ansicht des Senats aber auch nach dem in den Strafmaßen der §§ 176, 176 a StGB zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers hohes Gewicht beizumessen ist.

Unter diesen Voraussetzungen sieht der Senat den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit selbst dann noch gewahrt, wenn die Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. L in seinem Gutachten vom 30. Dezember 1998 zutreffend sein sollte, daß - mit Ausnahme von U E - die früheren Geschädigten durch seine Taten seelisch nicht erheblich geschädigt worden seien. Immerhin zeigt die erhebliche Progredienz bei den Taten zum Nachteil von U, daß vom Untergebrachten auch Taten zu erwarten sind, die eine derartige Schädigung mehr als nahelegen. Die Wahrscheinlichkeit schwerwiegender Taten schätzt der Senat auch als hoch ein, da nicht erkennbar ist, daß der Untergebrachte altersadäquate Beziehungen aufrechterhalten kann und deshalb kurzfristig wieder Beziehungen zu jungen Mädchen im geschützten Altersbereich aufnehmen wird.

III.

Gleichwohl sieht sich der Senat aufgrund der sich abzeichnenden Unverhältnismäßigkeit einer weiteren Unterbringung, nicht zuletzt auch aufgrund der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im Beschluß vom 2. November 2005, zu folgenden Hinweisen veranlaßt.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwingt dazu, dem Untergebrachten nunmehr unverzüglich weitere Lockerungen (1 : 1-Ausgang) zu gewähren und bei erfolgreicher Erprobung alsbald in ein Übergangsheim zu beurlauben, wenn nicht ohne vorangegangene Lockerungen das kaum vertretbare Risiko eingegangen werden soll, daß der Untergebrachte demnächst aus Verhältnismäßigkeitsgründen in die Freiheit oder zur Verbüßung der Restfreiheitsstrafe (§ 67 Abs. 4 StGB) aus der Maßregel entlassen werden muß. Seit längerer Zeit halten die behandelnde Klinik und die Sachverständigen, zuletzt der Sachverständige Dr. S, weitere Lockerungen grundsätzlich für vertretbar, weil das Mißbrauchs- und Fluchtrisiko als ausreichend gering eingeschätzt werden. Der bislang entgegenstehende Gesichtspunkt, daß der Untergebrachte die Gewährung weiterer Lockerungen als "falsches Signal" verstehen könnte - diese Gefahr wird von der Klinik S2 im Übrigen jetzt nicht mehr in dieser Stringenz geteilt -, muß nach Ansicht des Senats nunmehr unbedingt zurücktreten, da die weitere Unterbringung sonst in einer Sackgasse verharrt. Unvertretbar ist, daß die Unterbringung weiter in der Klinik in S2 vollzogen wird, in der aufgrund einer politischen Vereinbarung die erforderlichen Vollzugslockerungen nicht gewährt werden dürfen. - Der Senat weist insoweit daraufhin, dass durch eine solche Vereinbarung die gesetzlichen Regelungen des Maßregelvollzugsgesetzes NRW nicht außer Kraft gesetzt werden können. Eine Verweigerung von Lockerungen bei Vorliegen der Voraussetzungen gestützt auf diese Vereinbarung wird einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten -. Der Untergebrachte ist deshalb mit Nachdruck in eine andere Klinik zu verlegen, in der er unter Gewährung weitergehender Lockerungen behandelt werden kann. Insoweit kann es nicht darauf ankommen, inwieweit eine Aufnahmebereitschaft besteht, noch weniger darauf, ob eine Austauschpatient gefunden werden kann. Sollte nicht kurzfristig eine adäquate andere Klinik gefunden werden, sollte der Untergebrachte seine Verlegung nach Einschätzung des Senats in dem dafür vorgesehenen Verfahren notfalls mit gerichtlicher Hilfe erzwingen können.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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