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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 4 Ws 551/06
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 68 f Abs. 1
Die "verspätete" Prüfung der Frage des Eintritts der Führungsaufsicht nach § 68 f Abs. 1 StGB führt nicht schlechthin zur Unzulässigkeit der Maßregel überhaupt.
Beschluss

Strafsache

gegen M. S.,

wegen gefährlicher Körperverletzung,

(hier: Entscheidung nach § 68 f Abs. 1 StGB). ,

Auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten vom 10. November 2006 gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 30. Oktober 2006 hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 5. Dezember 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, die durch das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht ausgeräumt werden, auf dessen Kosten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.

Gründe:

Zusatz: Die Generalstaatsanwaltschaft hat zum Rechtsmittel des Verurteilten wie folgt Stellung genommen:

"I. Mit der am 10.11.2006 per Telefax bei dem Landgericht Arnsberg eingegangenen (BI. 232 f VH) sofortigen Beschwerde vom selben Tage wendet sich der Verurteilte gegen den ihm am 03.11.2006 (BI. 238 R VH) zugestellten Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Arnsberg vom 30.10.2006, durch den nach Anhörung des Verurteilten (BI. 216 VH) sowie des Leiters der Justizvollzugsanstalt Werl (BI. 205 f VH) auf Antrag der Staatsanwaltschaft Hagen vom 05.07.2006 (BI. 203 VH) angeordnet worden ist dass nach inzwischen vollständiger Vollstreckung der gegen den Verurteilten vom Landgericht Hagen am 19.12.2001 wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten Führungsaufsicht gem. § 68 f StGB für die Dauer von drei Jahren eintritt.

II. Die gem. §§ 463 Abs. 3, 454 Abs. 3 StPO i.V.m. ,§ 68 f StGB statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die Strafvollstreckungskammer hat die Voraussetzungen des § 68 f StGB rechtsfehlerfrei für gegeben erachtet und zu Recht auf Eintritt der Führungsaufsicht erkannt.

Dass sich der Verurteilte zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits seit über drei Monaten auf freiem Fuß befand, führt nicht zur Unzulässigkeit der angefochtenen Entscheidung. Zwar hat das Vollstreckungsgericht die Entscheidungen nach §§ 68 a - 68 c StGB möglichst vor der Entlassung aus dem Strafvollzug zu treffen, da die prognostische Einschätzung künftigen Verhaltens des Verurteilten unmittelbar vor dessen Entlassung auf der Grundlage der Stellungnahme des Strafvollzuges auf eine fundierte Entscheidungsgrundlage gestützt werden kann. Zu diesem Zweck sieht § 454 a Abs. 2 Strafvollstreckungsordnung auch vor, dass die Vollstreckungsbehörde drei Monate vor der Entlassung des Verurteilten der Strafvollstreckungskammer die Akten zur Entscheidung vorlegt.

Die Nichteinhaltung der vorbezeichneten Frist hat indes nicht zwangsläufig zur Folge, dass dem Vollstreckungsgericht eine Entscheidung verwehrt ist. Es ist anerkannt, dass die "verspätete" Prüfung der Frage des Eintritts der Führungsaufsicht nach § 68 f Abs. 1 StGB nicht schlechthin zur Unzulässigkeit der Maßregel überhaupt führt (zu vgl. Beschluss des BVerfG vom 15.08.1980, NStZ 81,21). Die rechtzeitige Feststellung des Eintritts der Führungsaufsicht ist somit keine zwingende Verfahrensvoraussetzung (zu vgl. Beschluss des OLG Hamm vom 25.02.1982 - 3 Ws 574/81 -). Bis zu welchem Zeitpunkt eine Entscheidung über den Eintritt der Führungsaufsicht als noch verhältnismäßig und mit den verfassungsrechtlichen Grundrechten des Verurteilten vereinbar ist, lässt sich zeitlich nicht genau bestimmen. Von einer unzulässigen Verzögerung dürfte bei dem hier in Rede stehenden Zeitraum insbesondere deshalb nicht auszugehen sein, weil die Stellungnahme des Strafvollzuges der Staatsanwaltschaft erst am 05.07.2006 (BI. 205 VH) vorlag, also dem Tag der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug, und diese eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die vom Vollstreckungsgericht zu treffende Entscheidung darstellt, mit der Folge, dass ein Zuwarten auf die strafvollzugliche Einschätzung über das Vorliegen der Voraussetzungen für den Eintritt der Führungsaufsicht geboten war. Gründe des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerten Vertrauensgrundsatzes rechtfertigen eine abweichende Beurteilung nicht, da die negative Stellungnahme des Strafvollzuges dem Verurteilten noch vor seiner Entlassung bekanntgegeben worden ist (BI. 210 VH), er also mit einer entsprechenden Anordnung rechnen musste. Einen entsprechenden Hinweis wurde dem Verurteilten auch durch das Oberlandesgericht Hamm mit Beschluss vom 18.05.2006 im früheren Beschwerdeverfahren erteilt (zu vgl. BI. 193 R VH). Hinzu kommt, dass die zeitliche Verzögerung vorliegend maßgeblich darauf zurückzuführen ist, dass die Strafvollstreckungskammer, was allerdings nicht zu beanstanden ist, auf Grund der Trennung zwischen der Wohnung des Verurteilten und dem Sitz des Gerichts, also aus sachlich gebotenen Gründen, einem ersuchten Richter die Anhörung übertragen hat, die, obwohl die Akten bereits am 21.07.2006 beim Amtsgericht Hagen eingegangen waren (BI. 213 VH), erst am 20.09.2006 für den 26.10.2006 terminiert wurde (zu vgl. BI. 214 VH). Diese - kurze zeitliche Verzögerung kann nicht zur Unzulässigkeit der angeordneten Entscheidung führen. Auch die Übertragung der Anhörung auf den ersuchten Richter begegnet vor dem Hintergrund der örtlichen Gegebenheiten und mit Blick darauf, dass die Entscheidung weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht mit erheblichen Schwierigkeiten behaftet war, keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Mit Blick darauf, dass seit der Entlassung des Verurteilten aus dem Strafvollzug ein Zeitraum von nur etwas mehr als drei Monaten verstrichen war, bestand für die Strafvollstreckungskammer auch kein Anlass, die soziale Situation des Verurteilten und dessen Lebensführung nach Beendigung des Strafvollzugs, etwa durch die Einschaltung der Gerichtshilfe; näher zu hinterleuchten. Umstände, die eine abweichende Bewertung der von der Strafvollstreckungskammer aufgestellten Prognose rechtfertigten, sind dem Vorbringen des Verurteilten im Rahmen der Anhörung jedenfalls nicht zu entnehmen. Solche hat er auch in seiner Beschwerde nicht vorgetragen.

Da auch die von der Strafvollstreckungskammer getroffenen Anordnungen gem. § 68 b Abs. 2 StGB keinen Anlass zu Beanstandungen geben, ist der sofortigen Beschwerde der Erfolg zu versagen."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt der Senat sich an.

Ende der Entscheidung

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