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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.10.2002
Aktenzeichen: 5 Ss 818/02
Rechtsgebiete: StPO, StGB


Vorschriften:

StPO § 267
StGB § 20
Ein sachlich-rechtlicher Mangel des angefochtenen Urteils liegt darin, dass es sich mit der Möglichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten i.S.v. § 21 StGB nicht auseinandersetzt, wenn sich nach den Feststellungen die zur Person des Angeklagten getroffen worden sind, eine solche Auseinandersetzung aufdrängt.
5 Ss 818/02 OLG Hamm

Beschluss

Strafsache

wegen Diebstahls

Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil der kleinen Strafkammer II des Landgerichts Detmold vom 13. August 2002 hat der 5. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 24. 10. 2002 durch die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft sowie der Angeklagten bzw. ihres Verteidigers gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:

Tenor:

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Detmold zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Detmold hat die Angeklagte wegen "Diebstahls geringwertiger Sachen" zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Die hiergegen von der Angeklagten eingelegte, wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung hat die Strafkammer mit dem angefochtenen Urteil verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Angeklagten mit der Rüge der Verletzung sowohl des formellen wie auch des materiellen Rechts.

Die infolge der wirksamen Berufungsbeschränkung bindenden Feststellungen des Amtsgerichts Detmold lauten:

"Die Angeklagte begab sich mit einem Pelzmantel bekleidet am 02.03.2002 in die Geschäftsräume der Firma K. in Detmold. Die Angeklagte sprach die Zeugin S. auf Kinderjeans an. Die Zeugin S. zeigte ihr einige Exemplare. Die Zeugin S. entfernte sich sodann von der Angeklagten. Die Angeklagte nahm daraufhin eine Kinderjeans im Werte von 12,99 Euro an sich und steckte sie in eine von ihr mitgeführte blaue Tasche. Die Angeklagte verließ die Geschäftsräume der Firma K., ohne an der Kasse zu bezahlen. Der Zeugin W. war es nicht möglich, die Angeklagte an der Kasse anzuhalten, da die Angeklagte sich schnellen Schrittes mit den Worten: "Ich komme gleich wieder" entfernte.

Die Zeugin S. eilte der Angeklagten hinterher. Sie forderte Passanten auf, die Angeklagte aufzuhalten. Die Angeklagte verweigerte es der Zeugin S., in ihre Tasche zu schauen. Die Angeklagte setzte sich in ihren Pkw und fuhr davon."

II.

Die zulässige Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des - nur noch den Rechtsfolgenausspruch betreffenden - Urteils, denn die Ausführungen der Strafkammer zur Strafbemessung begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Eines Eingehens auf die ebenfalls erhobene Rüge der Verletzung formellen Rechts bedarf es daher nicht.

Ein sachlich-rechtlicher Mangel des angefochtenen Urteils liegt darin, dass es sich mit der Möglichkeit einer verminderten Schuldfähigkeit der Angeklagten i.S.v. § 21 StGB nicht auseinandersetzt. Das hätte sich nach den Feststellungen, die die Strafkammer zur Person der Angeklagten im Zusammenhang mit den Erwägungen zur Frage einer Strafaussetzung zur Bewährung getroffen hat, indes aufgedrängt. Diese lauten u.a.:

"Zwar hält sich die Angeklagte für behandlungsbedürftig. Nach ihrer Darstellung kann sie eine entsprechende Therapie allerdings erst im September 2002 beginnen. Auch hierin zeigt sich ein gewisses Maß an Gleichgültigkeit. Die Angeklagte weiß seit langen Jahren, dass sie "diebstahlsgefährdet" ist. In früheren Jahren war sie deshalb in Behandlung. Jetzt hätte sie spätestens die vorliegend abzuurteilenden Tat vom 2. März 2002 zum Anlass nehmen können und müssen, sich umgehend erneut in Behandlung zu begeben."

Aus diesen Ausführungen folgt, dass die Strafkammer von einer Behandlungsbedürftigkeit der Angeklagten hinsichtlich ihrer "Diebstahlsgefährdung" ausgeht. Vor diesem Hintergrund war eine nähere Prüfung, ob die Angeklagte bei Begehung der festgestellten Tat möglicherweise vermindert schuldfähig i.S.v. § 21 StGB war, geboten. Das Fehlen jeglicher Auseinandersetzung mit dieser Frage in dem angefochtenen Urteil stellt bei der gegebenen Sachlage einen durchgreifenden Rechtsfehler dar. Deswegen war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Detmold zurückzuverweisen.

Ende der Entscheidung

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