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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Beschluss verkündet am 05.04.2001
Aktenzeichen: 5 Ss OWi 246/01
Rechtsgebiete: StVO, StPO


Vorschriften:

StVO § 3
StPO § 267
Leitsatz

Zum erforderlichen Umfang der Feststellungen bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zur Nachtzeit


Beschluss Bußgeldsache gegen R.G,

wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamm vom 5. Dezember 2000 hat der 5. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm am 05.04.2001 durch die Richterin am Oberlandesgericht sowie die Richter am Oberlandesgericht nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen Verworfen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße in Höhe von 150,00 DM sowie ein einmonatiges Fahrverbot festgesetzt und dazu folgende Feststellungen getroffen:

"Am 20.04.2000 gegen 02:35 Uhr befuhr der Betroffene mit dem Pkw Toyota, amtliches Kennzeichen D-UD 597, in Hamm außerhalb geschlossener Ortschaft die A2 in Richtung Hannover. Obgleich im maßgeblichen Autobahnabschnitt die zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Verkehrszeichen 274 auf 100 km/h begrenzt war, hielt der Betroffene bei seiner Fahrt im Bereich zwischen Kilometer 400 und Kilometer 399 diese Begrenzung nicht ein, sondern befuhr die Strecke mit einer Geschwindigkeit von mindestens 153 km/h. Da die Geschwindigkeit sowohl im Bereich der Ausfahrt der Anschlussstelle Hamm als auch unmittelbar nach dem Ende des Beschleunigungsstreifens der Auffahrt dieser Anschlussstelle durch Verkehrszeichen 274 auf 100 km/h begrenzt worden war und der Betroffene diese Beschilderungen, die er beide mit seinem Fahrzeug passierte, hätte wahrnehmen können, ist diese Geschwindigkeitsüberschreitung zumindest auf Unaufmerksamkeit des Betroffenen zurückzuführen."

In Rahmen der Beweiswürdigung hat das Amtsgericht unter anderem folgendes ausgeführt:

"Zwar konnten sich die Polizeibeamten nicht mehr an alle Einzelheiten der Messungen erinnern; der Polizeibeamte N. hat jedoch bekundet, dass er und seine Kollegin in der Tatnacht zum Zwecke der Geschwindigkeitsmessung mit dem Zivilfunkstreifenkraftwagen, dessen Tachometer noch gültig justiert gewesen sei, auf der BAB 2 auf einer Strecke von 1000 m und zwar zwischen Kilometer 400 und Kilometer 399 in einem gleichbleibenden Abstand von ca. 100 m hinter dem Pkw des Betroffenen hergefahren seien. Dieser sei ihnen bereits vor der Messstrecke wegen seiner hohen Geschwindigkeit aufgefallen. Beim Nachfahren hätten sie auf dem justierten Tacho des Polizeifahrzeugs eine Geschwindigkeit von 180 km/h während des gesamten Messvorgangs abgelesen. Den Beginn und das Ende der Messstrecke habe er anhand der blauen Kilometertafeln festgestellt. Trotz der Dunkelheit hätten sie den Abstand zu dem vorausfahrenden Kraftfahrzeug anhand der seitlich der Autobahn alle 50 m installierten Neben- bzw. Reflexpfosten schätzen können. Obwohl während des Nachfahrens möglicherweise innerhalb der Messstrecke ausweislich seiner damals gefertigten Notizen drei Lastkraftwagen überholt worden seien, sei er sich sicher, dass der Abstand während des gesamten Messvorgangs nahezu unverändert 100 m betragen habe. Dieser sei immer wieder anhand der Neben- bzw. Reflexpfosten überprüft worden."

Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig eingelegte und form- und fristgerecht begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

Das Rechtsmittel ist entgegen der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft nicht begründet.

Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung um 53 km/h. Das Amtsgericht hat die von der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Feststellung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren zur Nachtzeit außerhalb geschlossener Ortschaften entwickelten Grundsätze, denen sich die Bußgeldsenate des Oberlandesgerichts Hamm angeschlossen haben, (noch) ausreichend berücksichtigt.

Die Länge der Messstrecke (1000 m), der gleichbleibende Abstand von 100 m zwischen dem vorausfahrenden Fahrzeug des Betroffenen und dem nachfahrenden Polizeifahrzeug sowie der 15 %ige Toleranzabzug vom abgelesenen Geschwindigkeitswert bei einem justierten Tachometer sind nicht zu beanstanden. Soweit die Generalstaatsanwaltschaft Darlegungen des Amtsgerichts zu den Sichtverhältnissen vermisst, liegt ebenfalls kein durchgreifender Fehler vor. Zwar sind bei einer Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren zur Nachtzeit grundsätzlich Feststellungen zu den Beleuchtungs- bzw. Sichtverhältnissen zu treffen (vgl. dazu OLG Hamm VM 1993, 67). Diese sind jedoch dann entbehrlich, wenn sich den übrigen Feststellungen ohne weiteres entnehmen lässt, dass die nachfahrenden Polizeibeamten das vorausfahrende Fahrzeug des Betroffenen im Blick hatten und den Abstand zwischen den Fahrzeugen zuverlässig ermitteln konnten. Im vorliegenden Fall haben die Polizeibeamten übereinstimmend bekundet, trotz der Dunkelheit den Abstand zu dem vorausfahrenden Fahrzeug anhand der seitlich der Autobahn alle 50 m installierten reflektierenden Nebenpfähle ermittelt und wiederholt überprüft zu haben. Sie seien sich sicher, dass der Abstand während des gesamten Messvorganges nahezu unverändert 100 m betragen habe. Darauf hat der Tatrichter seine Überzeugung von der Ordnungsgemäßweit und der Zuverlässigkeit der zur Nachtzeit durchgeführten Geschwindigkeitsmessung gestützt. Diese Schlussfolgerung ist, da ein Denkverstoß nicht feststellbar ist und alle wesentlichen Gesichtspunkte, auch die erschwerten Umstände bei Dunkelheit zum Zeitpunkt der Messung, Berücksichtigung gefunden haben, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Auch der Rechtsfolgenausspruch begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Zwar befasst sich das amtsgerichtliche Urteil nicht ausdrücklich mit der Möglichkeit, von der Anordnung eines Fahrverbots ausnahmsweise abzusehen bei gleichzeitiger Erhöhung der Regelgeldbuße (§ 2 Abs. 4 BKatV). Der Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe lässt nach Auffassung des Senats, nicht zuletzt deswegen, weil die verhängte Geldbuße deutlich unter der Regelgeldbuße liegt, noch hinreichend deutlich erkennen, das sich der Amtsrichter dieser generellen Möglichkeit bewusst gewesen ist (vgl. BGH NJW 1992, 446), zumal er sich in den Urteilsgründen eingehend mit Besonderheiten in der Tat und der Person des Betroffenen auseinandergesetzt, ein Absehen vom Fahrverbot gleichwohl für nicht gerechtfertigt angesehen hat.

Nach allem war die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus den §§ 46 Abs. 1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen.

Ende der Entscheidung

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