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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Hamm
Urteil verkündet am 31.05.2007
Aktenzeichen: 5 U 21/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 148
BGB § 226
BGB § 242
BGB § 903
BGB § 917
BGB § 917 Abs. 1
BGB § 1004 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 21. Dezember 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz.

Die Berufungsbeklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufungsbeklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Berufungskläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

540 ZPO)

A)

Die Parteien streiten darum, ob die Berufungskläger verpflichtet sind, einen Teilbereich der Straße "M-Straße", der in ihrem Eigentum steht, geöffnet zu halten bzw. zumindest dessen Nutzung zu dulden.

Das Landgericht hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 04.03.2004 nach § 148 ZPO bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung eines - auch von Berufungsbeklagten gegen die Stadt T geführten Rechtsstreits vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg, Az. 7 K 3724/03, ausgesetzt. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat diese auf Feststellung der Öffentlichkeit des oben genannten Weges gerichtete Klage durch Urteil vom 16.12.2004 abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf dieses Urteil verwiesen (Bl. 98 - 114 d. A.). Den hiergegen gerichteten Antrag auf Zulassung der Berufung hat das Oberverwaltungsgericht Münster zurückgewiesen. Nach Wiederaufnahme des Verfahrens hat das Landgericht eine Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten nebst Fahrversuchen im Einmündungsbereich "M-Straße" / "X-Straße" vorgenommen. Hierbei konnten - jeweils im Schritttempo - zwei Fahrzeuge mit einer verbleibenden Bodenfreiheit von geschätzten 5 Zentimetern langsam in die "X-Straße" einbiegen. Zwei Fahrzeugen (tiefergelegter Golf / Honda Prelude) gelang dies nicht. Das Landgericht hat die Klage derjenigen Kläger, die nicht Eigentümer der betroffenen Grundstücke sind, abgewiesen und der Klage der übrigen Kläger, also der Berufungsbeklagten, unter Abweisung im übrigen nur hinsichtlich eines Notwegerechts stattgegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, einschließlich der gestellten Anträge, sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 200 - 206 d. A.) verwiesen.

Hiergegen wenden sich die Berufungskläger mit der Berufung, die sie wie folgt begründen: Die Berufungsbeklagte zu 7.) und der Berufungsbeklagte zu 14.) seien entsprechend dem unwidersprochenen Vortrag in ihrem Schriftsatz vom 22.01.2004 (= Bl. 58 d. A.) bereits nicht Eigentümer der jeweiligen Grundstücke. Ein Notwegerecht sei allerdings auch nicht begründet. Ein Abstellen von Fahrzeugen auf der "X-Straße" sei zumutbar. Im Ortstermin sei festgestellt worden, dass ein Befahren der "M-Straße" ohne Schwierigkeiten möglich sei. Lediglich einzelnen Fahrzeugen sei ein Passieren des Einmündungsbereiches nicht möglich gewesen. Das Landgericht habe nicht die strengen Anforderungen berücksichtigt, die an ein Notwegerecht zu stellen sind. Zumindest sei eine Vernehmung der von ihnen benannten Zeugen einschließlich des Fahrers eines Tanklastzuges, denen ein Befahren ebenfalls möglich sei, erforderlich gewesen. Auch Müllfahrzeugen sei ein Wenden möglich. Bei der Schulbushaltestelle in der "M2-Straße" im Einmündungsbereich zur "M-Straße" handele es sich um einen über andere Wege erreichbaren Linienbus.

Die Berufungskläger beantragen,

das angefochtene Urteil abändern und nach ihren in der Schlussverhandlung erster Instanz gestellten Anträgen zu erkennen.

Die Berufungsbeklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufungsbeklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Die Voraussetzungen für ein Notwegerecht seien erfüllt, da ihre Grundstücke ansonsten nur unzumutbar erreichbar seien. Entscheidend sei, das Fahrzeuge mit geringer Bodenfreiheit während des Abbiegevorgangs aufsetzen würden. Dies habe das Landgericht eindeutig festgestellt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass auch anderen Fahrzeugführern nur mit Mühe der Abbiegevorgang geglückt sei. Auch die fehlende Möglichkeit der Andienung durch Müllfahrzeuge sowie das Verhindern des Zugangs zur Schulbushaltestelle sei zu berücksichtigen.

B)

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte, Berufung ist begründet.

Die Berufungsbeklagten haben keinen Anspruch gegen die Berufungskläger nach § 1004 Abs.1 BGB auf Duldung der Nutzung des auf dem Grundstück der Berufungskläger befindlichen Teils der "M-Straße".

I.)

Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht festgestellt, dass es sich bei dem betroffenen Teil der M-Straße um keine öffentliche Straße handelt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe auf Seite 6 des Urteils (Bl. 205 d. A.) verwiesen.

II.

Entgegen den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil besteht zu Gunsten der Berufungsbeklagten allerdings auch kein Notwegerecht nach § 917 Abs.1 BGB.

1.) Die Berufungsbeklagten zu 7.) und zu 14.) sind bereits nicht aktivlegitimiert. Sie sind nicht Eigentümer des jeweils betroffenen Grundstücks. Nur ein Eigentümer kann aber ein Notwegerecht gerichtlich geltend machen. Dies hat das Landgericht in seinem Urteil auf Seite 7 (Bl.206 d. A.) zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (= BGH NJW-RR 2006, 1160 [juris Rn.6]) ausgeführt. Die Berufungskläger haben bereits in erster Instanz unbestritten darauf verwiesen, dass die Berufungsbeklagten zu 7.) und 14.) keine Eigentümer sind. Auch im Berufungsverfahren ist dieses (erneute) Vorbringen der Berufungskläger unwidersprochen geblieben.

2.) Unabhängig davon besteht aber auch kein Notwegerecht.

Es fehlt bereits nicht die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung des jeweiligen Grundstücks der Berufungsbeklagten zu einem öffentlichen Weg. Die Verbindung fehlt einem Grundstück nämlich, wenn es von einem öffentlichen Weg vollkommen isoliert ist, also dazwischen liegende Grundstücke einen unmittelbaren Zugang von dem öffentlichen Weg ausschließen (Münchener Kommentar-Säcker, Bürgerliches Gesetzbuch, 4. Auflage, § 917 BGB, Rn.7; Palandt-Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage, § 917 BGB, Rn.3). Dies ist nicht der Fall. Die Grundstücke der Berufungsbeklagten haben unmittelbar eine Anbindung an den öffentlichen Bereich der "M-Straße" und von dort an die öffentliche "X-Straße".

Die jeweils vorhandene Verbindung genügt auch den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Benutzung. Maßgebend für die Beurteilung sind die Bedürfnisse des jeweiligen Grundstücks. Diese werden durch eine sich an den Eigenschaften eines Grundstücks ausrichtende Bewirtschaftung geprägt (OLG Hamm SchAZtg 2002, 79 [juris Rn. 20]). Unter diesem Gesichtspunkt kann eine bestehende Verbindung im Einzelfall unzureichend sein, wenn durch den bestehenden Weg nur ein Teil des Grundstücks ordnungsgemäß benutzt werden kann (BGH NJW 1954, 1321). Eine derartige Grundstückssituation besteht jedoch nicht.

Soweit die Berufungsbeklagten letztlich darauf abstellen, dass nur ein Anfahren ihres jeweiligen Grundstücke über den im Eigentum der Berufungskläger stehenden Bereich der "M-Straße" zumutbar sein soll, greift dieses Vorbringen ebenfalls nicht.

a.) Bereits im Ausgangspunkt ist das Vorbringen der Berufungsbeklagten zur Darlegung eines Notwegerechts ungeeignet. Selbst wenn das Befahren der Einmündung "M-Straßae / X-Straße" als unmöglich oder unzumutbar anzusehen sein sollte, was allerdings nicht der Fall ist, könnte dies nicht generell das Zubilligen eines Notwegs zu diesem Zweck rechtfertigen.

Soweit die Berufungsbeklagten in diesem Zusammenhang davon ausgehen, dass ein "Recht" zum Anfahren ihres jeweiligen Grundstücks zwangsläufig gegeben sein muss, geht diese Ansicht nämlich bereits fehl. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Zufahrtsmöglichkeit nur zu gewährleisten, wenn ein notwendiges Befahren vorliegt, während ein einfacheres, müheloseres bzw. bequemeres Erreichen des Wohnhauses kein ausreichendes Interesse darstellt (OLG Hamm SchAZtg 2002, 79 [juris Rn. 23]; OLG Hamm NJW-RR 1987,137 [138]). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass bei Wohngrundstücken das Befahren mit Fahrzeugen, verbunden mit der Möglichkeit diese auf dem Grundstück abstellen zu können, regelmäßig nicht als für dessen ordnungsgemäße Benutzung erforderlich anzusehen ist (grundlegend: BGHZ 75, 315 ff.). Es ist nämlich unsachgemäß, dass angesichts der Vielzahl der Fälle, in denen Wohngrundstücke nicht mit einem Kraftfahrzeug erreichbar sind, gerade auch in größeren Städten, in einem derartigen Fall grundsätzlich ein Notwegerecht zu bestellen und nur beim Vorliegen besonderer Umstände zu verneinen. Dies gilt insbesondere, wenn davon auszugehen ist, dass Kraftfahrzeuge vor dem Grundstück, in seiner nächsten Nähe oder in benachbarten Straßen abgestellt werden können. Nur besondere Umstände des Einzelfalls können die Notwendigkeit einer Zufahrt zum Zweck des Abstellens eines Fahrzeuges rechtfertigen (BGHZ 75, 315 ff. [juris Rn.17]; ebenso auch: OLG Hamm SchAZtg 2002, 79 [juris Rn. 26]; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 1385; OLG Karlsruhe NJW-RR 1995, 1042 [1043]). Es fehlt aber bereits an jeglichen Darlegungen des jeweiligen Eigentümers, welche konkreten und besonderen Umstände ein notwendiges Bedürfnis für ein Befahren seines Grundstücks zur ordnungsgemäßen Nutzung ergeben sollen. Der Bereich der "M-Straße" bis zu dessen Sperrung durch die Berufungskläger beläuft sich nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien auf ungefähr einen Kilometer. Entscheidend ist aber, an welcher Stelle das Grundstück des jeweiligen Eigentümers liegt, da erst dann beurteilt werden kann, ob ein Abstellen von Fahrzeugen oder bestimmten Fahrzeugen auf der "X-Straße" bzw. auf einer hierzu benachbarten Straße zu verlangen ist. Dies gilt insbesondere für diejenigen Berufungsbeklagten, deren Grundstücke sich im tiefergelegenen Bereich der "M-Straße" befinden. Bereits aus den überreichten Lichtbildern (Bl.151 d. A.) geht hervor, dass schon unmittelbar nach der Einmündung von der "X-Straße" in die "M-Straße" bebaute Grundstücke vorhanden sind. Es wäre zudem aber auch Sache jedes einzelnen Eigentümers die weiteren konkreten Besonderheiten und Bedürfnisse seines Grundstücks im Einzelnen darzulegen. Ein "kollektives Notwegerecht" ist dem Gesetz fremd.

b.) Unabhängig davon scheidet ein Notwegerecht aber auch aus anderen Gründen aus. Aus den obigen Ausführungen ergibt sich nämlich, dass bei der Prüfung dessen Voraussetzungen auf Grund des schwerwiegenden Eingriffs, den ein Notwegerecht für das Eigentum des Nachbarn bedeutet, ein strenger Maßstab anzulegen ist. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Frage, ob die geforderte Zufahrtsmöglichkeit wirklich für eine ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks unerlässlich ist (so ausdrücklich: BGH MDR 1971, 379 [380]). Hiernach genügen die von den Berufungsbeklagten angeführten Umstände nicht.

(aa) Der Hinweis auf die Unzumutbarkeit einer Zufahrt - zumindest für bestimmte Fahrzeuge - auf Grund der Gefährlichkeit und der Probleme im Bereich der Einmündung "M-Straße" / "X-Straße" ist unerheblich. Fragen der Verkehrssicherheit, der verkehrsregelnden Maßnahmen (z.B. Geschwindigkeitsbegrenzungen, Ampelanlagen) oder der Beschaffenheit der Straßenoberfläche bzw. deren Verlauf betreffen den jeweils nach öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zuständigen Hoheitsträger. Derartige Fragen können allenfalls relevant sein, soweit es um die Beurteilung der Erforderlichkeit eines Eingreifens des jeweils zuständigen Hoheitsträgers geht, mag dies in Abhängigkeit von der jeweiligen Maßnahme der Landesbetrieb Straßenbau, die Kreispolizeibehörde oder die Stadt T sein. Derartigen Verpflichtungen sind sich die zuständigen Behörden offensichtlich auch bewusst, was sich bereits aus dem Vermerk der Stadt T vom 30.07.2003 (Bl. 47 - 48 d. A.) ergibt. Hiernach haben seitens der Stadt T bereits Rücksprachen mit der Kreispolizeibehörde und dem Straßenbaulastträger hinsichtlich der Verkehrssituation im Bereich der Einmündung stattgefunden. Allgemeinbekannt ist zudem, dass sich Kreuzungen oder Einmündungen unterschiedlich gefährlich darstellen und vom jeweiligen Verkehrsteilnehmer eine hieran ausgerichtete Fahrweise erfordern. Nichts anderes gilt für die betroffene Einmündung. Die vorgelegten Lichtbilder (Bl. 151 d. A.) und die Lichtbilder aus dem Ortstermin (Bl. 187-192 d. A.) zeigen deutlich, dass es sich im Bereich der Einmündung "M-Straße" / "X-Straße" um eine normale öffentliche Verkehrsfläche handelt, auch wenn dort eine Steigung bzw. eine Bodenwelle vorhanden ist. Eine Belastung des Eigentums der Berufungskläger können derartige Gegebenheiten nicht rechtfertigen. Bereits damit scheidet ein Notwegerecht aus.

Soweit vereinzelte Fahrzeuge (tiefergelegte Fahrzeuge, Wohnwagen etc.) besondere Probleme beim Abbiegevorgang haben oder diesen auch im Schritttempo nicht durchführen können, ist dies aus den vorgenannten Gründen ebenfalls unerheblich. Es steht bereits nicht fest, dass derartige Schwierigkeiten auch nach Durchführung weiterer baulicher Maßnahmen und Veränderungen im Einmündungsbereich verbleiben. Selbst wenn für bestimmte Fahrzeuge bzw. Fahrzeugtypen nachhaltige Schwierigkeiten beim Befahren verbleiben oder diese den Einmündungsbereich dauerhaft nicht befahren können, kann dies keinen Eingriff in Gestalt eines Notwegerechts rechtfertigen. Die jeweiligen Eigentümer hätten sich vielmehr unter Berücksichtigung der oben dargelegten Grundsätze hierauf einzurichten.

(bb) Der Verweis auf die Weigerung der Müllabfuhr zum Befahren der "M-Straße" greift ebenfalls nicht. Insoweit könnten die Berufungsbeklagten ohnehin nur erreichen, dass die Berufungskläger das Befahren mit Fahrzeugen der Müllabfuhr dulden müssten. Allerdings greift auch diese Argumentation der Berufungsbeklagten unter mehreren Gesichtspunkten zu kurz. Zunächst stellt der Verweis auf die Weigerung der Müllabfuhr zum Befahren der Straße im zeitlichen Zusammenhang mit der plötzlichen und überraschenden Sperrung durch die Berufungskläger lediglich eine Wiedergabe der spontanen Reaktion des zuständigen Müllbetriebes dar. Es ist hingegen nicht dargelegt, dass eine dauerhafte Verweigerung der Anfahrt seitens des Müllbetriebes überhaupt und berechtigt erfolgen wird. Zudem ist zu berücksichtigten, dass das Befahren der "M-Straße" mit Müllfahrzeugen erfolgt, um die jeweiligen Eigentümer der dortigen Grundstücks zu "versorgen". Insoweit ist es dann aber Sache des jeweils "versorgten" Eigentümers, den Müllfahrzeugen die Anfahrt zu ermöglichen bzw. zu vereinfachen. Dies hat unter Nutzung des eigenen Grundstücks zu erfolgen und nicht unter Nutzung des Grundstücks eines Dritten. Bereits aus dem von den Berufungsbeklagten zum Beleg ihres Vortrags überreichten Lichtbildern zeigt sich insoweit, dass entgegen ihrer Behauptung sehr wohl eine Wendemöglichkeit für Müllfahrzeuge besteht. Aus den mit der Klageschrift sowie später überreichten Lichtbildern (Bl. 11 u. Bl. 156 d. A.) geht eindeutig hervor, dass das Müllfahrzeug an diesem Tag unmittelbar vor der Schranke zum Grundstück der Berufungskläger nur deshalb nicht wenden konnte, da die dort vor den mindestens vier Garagen befindliche Fläche ebenso mit Fahrzeugen zugeparkt war, wie die darüber befindliche asphaltierte Fläche. Auch wenn es sich hierbei um private Flächen handelt, wäre es Sache der jeweiligen Eigentümer, ggfls. unter Einbeziehung der jeweiligen Mieter, dafür Sorge zu tragen, dass an Tagen der Müllabfuhr eine ausreichende Wendemöglichkeit besteht. Die jeweiligen Eigentümer können aus den oben genannten Gründen hingegen nicht ihre Grundstücke einer derartigen Nutzung entziehen und stattdessen den Berufungsklägern eine Duldung der Überfahrt über ihr Grundstück auferlegen.

(cc) Die fehlende Möglichkeit auf dem direkten Weg von den tiefergelegenen Grundstücken der "M-Straße" die höhergelegenen Grundstücke oberhalb des Grundstücks der Berufungskläger erreichen zu können, ist unerheblich. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass sich im Bereich der Einmündung zur "M2-Straße" eine Schulbushaltestelle befindet. Ein Notwegerecht dient nur der Verbindung des eigenen Grundstücks zum öffentlichen Verkehrsraum.

III.) Aus den Grundsätzen des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses ergibt sich für die Berufungskläger ebenfalls keine Duldungspflicht. Hiernach kann sich allenfalls aus zwingenden Gründen ein Recht ergeben, dass ein Eigentümer von seinem Anspruch aus § 1004 Abs.1 BGB keinen Gebrauch machen darf. Dies müsste aber auf Grund eines über die gesetzliche Regelung hinausgehenden billigen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen dringend geboten sein (grundlegend: BGH NJW 2003, 1392 [juris Rn.8]). Hinsichtlich des Rechts auf Mitbenutzung eines Nachbargrundstücks sind die Pflichten aus diesem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis nämlich grundsätzlich in § 917 BGB abschließend geregelt (OLG Hamm SchAZtg 2004, 248 [252]; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 1385). Derartige besondere Umstände liegen nicht vor. Es ist auf Seiten der Berufungskläger bereits zweifelhaft, ob diese sich näher zu ihrer Motivation äußeren müssen. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Eigentümer im Hinblick auf die ihm durch § 903 BGB eingeräumten Befugnisse, die Nutzung seines Grundstücks nicht rechtfertigen (ausdrücklich: BGH NJW 2000, 1719 [juris Rn.13]). Zudem stellt ihr Grundstück beim Obsiegen im Rechtsstreit das letzte Grundstück einer Sackgasse dar, was jedenfalls auch auf der Hand liegende Vorteile nach sich zieht. Hierdurch entfällt nämlich jeglicher Durchgangsverkehr oder auch nur Verkehr entlang bzw. auf ihrem Grundstück. Zudem haben die Berufungskläger bereits in erster Instanz darauf verwiesen, die Fläche landwirtschaftlich nutzen zu wollen. Dem können die Berufungsbeklagten nicht Hinweise auf die wirtschaftliche Sinnlosigkeit dieses Vorgehens entgegenhalten. Auch räumliche Gesichtspunkte sprechen gegen die Annahme eines krassen Ausnahmefalls. In der Sache werden nämlich die Interessen der Eigentümer als "Anlieger" eines gesamten Straßenabschnitts geltend gemacht, ohne das gegenwärtige oder frühere Vorliegen einer näheren Verbindung zu dem Grundstück oder den Berufungsklägern bzw. deren Rechtsvorgängern. Zudem ist wiederum zu berücksichtigen, dass der Annahme einer derartigen Ausnahme auch die vorhandene Anbindung des jeweiligen Grundstücks der Berufungsbeklagten an öffentliche Verkehrsflächen entgegensteht.

IV.) Aus den vorgenannten Gründen ergibt sich auch aus dem Schikaneverbot nach den §§ 226, 242 BGB kein anderes Ergebnis. Dessen Anwendung erfordert nämlich, dass ein Vorteil des Berechtigten ausgeschlossen ist. Wenn ein berechtigtes Interesse auch nur mitbestimmend sein kann, scheidet ein Rückgriff auf das Schikaneverbot hingegen aus (Palandt-Heinrichs, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage, § 226 BGB, Rn.3 mwN). Nur in ganz außergewöhnlichen Ausnahmefällen sind unter diesem Gesichtspunkt weitere Einschränkungen hinsichtlich der grundsätzlichen Befugnis nach § 903 BGB als Eigentümer einer Sache, mit dieser nach Belieben zu verfahren und andere von der Einwirkung auszuschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, denkbar (OLG Hamm NJW-RR 1987, 137 [138]; OLG Hamm SchAZtg 2004, 248 [252]). Aus den vorgenannten Gründen unter III.) liegen derartige Besonderheiten nicht vor.

V.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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